Neue Zuercher Zeitung 15. August 2015 Immunität für Markwalder Entscheid in Kasachstan-Affäre Gegen die FDP-Nationalräte Markwalder und Müller wird definitiv kein Strafverfahren eröffnet. Das Parlament will nach der KasachstanAffäre aber seine Regeln zu Lobby-Einladungen überprüfen. hä. Bern · Die Bundesanwaltschaft kann nicht gegen die zwei FDPNationalräte Christa Markwalder (Bern) und Walter Müller (St. Gallen) ermitteln. Nach der Immunitätskommission des Nationalrats hat auch die Rechtskommission des Ständerats beschlossen, die parlamentarische Immunität der zwei Politiker nicht aufzuheben. Damit ist der Entscheid jetzt definitiv. Hingegen gibt es in der Kasachstan-Affäre ein politisches Nachspiel. Die Rechtskommission des Ständerats ortet Handlungsbedarf beim Umgang mit Einladungen von Lobbygruppen. Zwar hat das Parlament dazu im Jahr 2007 Empfehlungen erlassen. Diese seien aber nicht verbindlich und zu wenig klar, sagt der Präsident der Rechtskommission, Stefan Engler (Graubünden, cvp.). Die Rechtskommission verlangt deshalb, dass das Büro des Ständerats die Empfehlungen überdenkt. Der Auslöser dazu ist die Kasachstan-Reise, die sich Müller von einem undurchsichtigen kasachischen Politiker bezahlen liess. «Nicht verhältnismässig» Zur Frage der Immunität sagte Engler vor den Medien, die Rechtskommission habe das staatliche Interesse an einer Strafverfolgung gegen das Interesse am «Funktionieren des Ratsbetriebs» abgewogen. Dabei sei man zum Schluss gekommen, dass die Aufhebung der Immunität «nicht verhältnismässig» wäre. Die Kommissionsunterlagen, die Markwalder weitergegeben habe, hätten zudem keine echten Geheimnisse enthalten. Auch bei Müllers Gratisreise wäre ein Strafverfahren laut Engler «nicht verhältnismässig» gewesen. Die Kommission weist darauf hin, dass Müller ein strenges Reiseprogramm absolviert und nicht bloss seinem Vergnügen gefrönt habe. Im Fall der Reise wären die Empfehlungen von 2007 wenn auch nicht verbindlich, so doch eindeutig. Sie halten fest, dass Einladungen zu Informationsreisen nur zulässig seien, «sofern die Ratsmitglieder die Reise selber bezahlen». Zwei Gegenstimmen Der Entscheid gegen die Aufhebung der Immunität fiel in beiden Fällen deutlich aus. Im Fall von Markwalder gab es nur eine Enthaltung, im Fall von Müller stimmten zwei Ständeräte für die Aufhebung der Immunität. Im Unterschied zu Müller ist für Markwalder die Affäre noch nicht ganz ausgestanden. Die Immunitätskommission des Nationalrats sah zwar von einer Immunitätsaufhebung ab. Sie forderte das Ratsbüro jedoch auf, stattdessen disziplinarische Massnahmen gegen Markwalder zu ergreifen. Die Bundesanwaltschaft beantragte am 29. Mai die Aufhebung der Immunität der beiden Politiker, nachdem sie mehrere Strafanzeigen erhalten hatte. Eine Anzeige der Jungsozialisten warf Müller wegen seiner Gratisreise Vorteilsnahme im Amt vor. Markwalder wurde von Privatpersonen angezeigt, weil sie im Parlament eine Interpellation und mehrere Fragen an den Bundesrat eingereicht hatte, die teilweise in Kasachstan formuliert worden waren. Anschliessend übergab sie die für die Aussenpolitische Kommission bestimmten Antworten des Bundesrats an eine Lobbyistin. Diese leitete die Papiere nach Kasachstan weiter. Diesen Artikel finden Sie im NZZ E-Paper unter: http://epaper.nzz.ch Neue Zürcher Zeitung: http://www.nzz.ch Copyright (c) Neue Zürcher Zeitung AG
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