Expertise Sucht und Teilhabe Anhang

Expertise Sucht und Teilhabe
Anhang
Seite
10.1
Weitere Ergebnisse eines ExpertInnen-Workshops mit VertreterInnen
der niedersächsischen Suchthilfe im März 2015
10.1.1
ExpertInnen-Workshop 25. März 2015 – Berufliche Integration und Teilhabe
suchtkranker Menschen: Protokoll*
128
ExpertInnen-Workshop 25. März 2015 – Berufliche Integration und Teilhabe
suchtkranker Menschen: Ergebnisse (strukturiert)
131
ExpertInnen-Workshop 25. März 2015 – Berufliche Integration und Teilhabe
suchtkranker Menschen: TeilnehmerInnen
135
10.1.2
10.1.3
10.2
Weitere Ergebnisse einer Fokusgruppe mit Akteuren der Suchthilfe aus dem
Bundesgebiet und KooperationspartnerInnen der Suchthilfe im Juli 2015
10.2.1
Fokusgruppe 28. Juli 2015 – Berufliche Integration und Teilhabe suchtkranker
Menschen – Perspektive KooperationspartnerInnen der Suchthilfe:
Protokoll (teilweise anonymisiert)*
136
Fokusgruppe 28. Juli 2015 – Berufliche Integration und Teilhabe suchtkranker
Menschen – Perspektive KooperationspartnerInnen der Suchthilfe:
Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge
139
10.2.2
* Die im Protokoll benannten Handouts von Prof. Dr. Knut Tielking: Einführung „Teilhabe und Sucht“
und von Angela Böttger: „Zentrale Ergebnisse der NLS-Erhebung“ sind in diesem Anhang nicht enthalten, da sie inhaltlich bereits in die Expertise eingearbeitet sind.
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Experten-Workshop 25. März 2015
Berufliche Integration und Teilhabe suchtkranker Menschen
Protokoll
Veranstalterin:
Termin:
Ort:
Teilnehmende:
Moderation:
Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen
25. März 2015, 10.00 – 16.00 Uhr
Akademie des Sports, Hannover
26 leitende Fachkräfte aus ambulanten und stationären Suchthilfeeinrichtungen und -trägern Niedersachsens sowie der Suchtselbsthilfe
(vgl. Teilnehmerliste im Anhang)
Dr. Manfred Rabes, NLS-Geschäftsführer
Prof. Dr. Knut Tielking, Hochschule Emden-Leer
Angela Böttger, Fachreferentin NLS
Der Workshop verfolgte das Ziel, die quantitativen Ergebnisse der NLS-Erhebung „Angebote - Strukturen - Bedarfe zur beruflichen Integration und Teilhabe suchtkranker Menschen“ einer vertiefenden
qualitativen Analyse und Bewertung zu unterziehen. Die Praktiker/innen der Suchthilfe waren eingeladen, ihre Erfahrungen und Ideen hierfür im Rahmen eines offenen inhaltlichen Austausches einzubringen. Dabei sollten sowohl Vorgehensweisen, Strukturen und Instrumente zur Förderung der beruflichen Teilhabe herausgearbeitet werden als auch Verbesserungsbedarfe und Entwicklungspotentiale identifiziert werden. Es war ferner das Ziel, Wünsche und Erwartungen der Praktiker/innen der
Suchthilfe sowohl an Kooperationspartner wie an die NLS zu ermitteln, um diese für die weitere Entwicklung des Arbeitsfeldes berücksichtigen zu können.
Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Herrn Dr. Rabes führte Herr Prof. Tielking mit einem
kurzen Überblick in das Thema „Teilhabe und Sucht“ ein (vgl. Handout im Anhang). Es wurde deutlich, dass die berufliche Teilhabe nur ein Aspekt im komplexen Feld der Teilhabe ist. Zur Teilhabeförderung durch Suchtprävention und Suchthilfe gehören sowohl Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der
Gemeinschaft. Bezogen auf Bedarfe der unterschiedlichen Zielgruppen haben alle Bereiche der Teilhabeförderung ihre Bedeutung. Fokus des Expertenworkshops war die erwerbsbezogene Teilhabe.
Deren Förderung für die Suchthilfe ist gleichwohl nur ein Auftrag unter anderen gleichfalls wichtigen
und relevanten Aufträgen.
Frau Böttger stellte in einem kurzen Überblick die Ergebnisse der NLS-Erhebung zur Förderung der
beruflichen Integration und Teilhabe vor, verbunden mit daraus abgeleiteten Fragestellungen an die
Expert/innen der Suchthilfe, um eine Vertiefung und Bewertung der Erhebungsergebnisse zu erzielen
(vgl. Handout im Anhang).
Bevor diese Fragen in Arbeitsgruppen bearbeitet wurden, waren die Teilnehmenden zunächst gebeten, sich über Stärken der Suchthilfe in Hinsicht auf die berufliche Integration, über diesbezügliche
Verbesserungs- und Entwicklungspotentiale auf Seiten der Suchthilfe und über wichtige Ziele und
Handlungsbedarfe mit ihren Sitznachbarn auszutauschen. Die Ergebnisse dieses Arbeitsschritts sind
in die anhängend beigefügte strukturierte Darstellung der Workshop-Ergebnisse aufgenommen.
Um die zentralen Fragestellungen zu bearbeiten, die sich aus der NLS-Erhebung und aus den Erfahrungen der Praktiker/innen ergeben, wurden sodann vier Arbeitsgruppen gebildet, die sich arbeitsteilig jeweils einem Handlungsfeld widmeten. Themenschwerpunkte waren zum einen das „Leistungsprofil“ und zum anderen die „Kooperationsstrukturen“ der Suchthilfeeinrichtungen. Da es erhebliche
strukturelle Unterschiede zwischen dem ambulanten und dem stationären Leistungsbereich gibt,
wurden für die beiden Themenschwerpunkte je zwei Gruppen gebildet: Leistungsprofil ambulant,
Leistungsprofil stationär, Kooperationsstrukturen ambulant, Kooperationsstrukturen stationär. Als
Moderator/innen fungierten Frau Böttger und Herr Prof. Tielking sowie zwei Mitglieder des Ad-HocAusschusses „Sucht und Arbeit“ der NLS.
128
Die Arbeitsgruppen erhielten die Aufgabe,
- bewährte und empfehlenswerte Vorgehensweisen, Leistungsmodule, Instrumente bzw. bewährte/empfehlenswerte Kooperationsstrukturen für die berufliche Orientierung und Integration
Suchtkranker zusammenzutragen,
- Verbesserungsbedarfe und Entwicklungspotentiale auf Seiten der Suchthilfe zu erörtern sowie
- erforderliche Ressourcen und Unterstützungsbedarf für die Einrichtungen der Suchthilfe zu benennen.
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden einzeln vorgestellt und im Plenum diskutiert. Eine gebündelte Darstellung der Ergebnisse ist anhängend beigefügt (Datei 02), strukturiert nach den Aspekten:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Stärken der Suchthilfe
Was bewährt sich für die berufliche Orientierung und Integration?
a. Leistungsprofil/Vorgehensweisen/Methoden
b. Kooperationsstrukturen
Verbesserungsbedarfe/ Entwicklungspotentiale/ Handlungsziele
a. Leistungsprofil/Vorgehensweisen/Methoden
b. Kooperationsstrukturen
Erforderliche strukturelle Rahmenbedingungen
Probleme/Grenzen: Was hindert?
Grundsätzliches und Spannungsfelder
Welche Unterstützung wird benötigt?
Wünsche/Empfehlungen an die NLS
Als Fazit der gemeinsamen Arbeit und übereinstimmend mit den Erhebungsergebnissen wurde zum
einen resümiert, dass die Leistungsprofile, die Finanzierungsgrundlagen und die Kooperationsstrukturen der Suchthilfeeinrichtungen in Niedersachsen sehr unterschiedlich sind. Es lassen sich eine
ganze Reihe bewährter Instrumente und Methoden für Leistungen und Kooperationsstrukturen zur
Förderung der beruflichen Integration in niedersächsischen Suchthilfeeinrichtungen finden. Aufgrund
der unterschiedlichen Strukturen (Einrichtungsart; Finanzierungsstrukturen; Region; Träger usw.)
sind sie teilweise nur bedingt auf andere Einrichtungen/Einrichtungsarten übertragbar. Sie zeigen
aber eine Vielfalt möglicher Vorgehensweisen und Lösungen an, wenn die Leistungen gewollt und
Ressourcen dafür bereitgestellt werden.
Es wurde weiter resümiert, dass Teilhabe mehr ist als ein Job und in jedem Einzelfall zu klären ist,
welche Beratungs-/Behandlungsziele mit den betroffenen Abhängigen unter Beachtung ihrer realen
Lebenssituation sowie unter Beachtung des Auftrags und Auftraggebers vereinbart und angesteuert
werden können/müssen. Suchthilfeeinrichtungen leisten bereits viel dafür, um die Erwerbsfähigkeit
der Klient/innen und Patient/innen zu erhalten oder wieder herzustellen. Zugleich wurden viele
Hemmnisse aufgelistet, die es für manche Klienten(gruppen) sehr schwer machen, einen (Wieder)Einstieg in das Arbeitsleben oder in eine Berufsausbildung zu finden. Hier sind deutliche Verbesserungen der strukturellen und arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen erforderlich, insbesondere geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten. Diese sollten auch für Leistungsschwache zur Verfügung stehen, z.B. im Rahmen eines zweiten und dritten Arbeitsmarkts.
Übereinstimmend mit den Ergebnissen der Erhebung sehen die Teilnehmenden des Workshops erhebliche Verbesserungs-/Entwicklungspotentiale in der Kooperation mit Leistungsträgern – insbesondere mit Arbeitsagenturen, aber auch mit Jobcentern und nicht zuletzt mit der Reha-Beratung der
DRV. „Was nutzt es, wenn Suchthilfe sich engagiert, Partner aber nicht mitziehen?“
129
Als besonders effektiv werden gemeinsame Fallbesprechungen im Dreieck von Patient/in, Suchthilfeeinrichtung und Jobcenter und/oder DRV-Beratung beurteilt, die in der Praxis aber noch selten
zustande kommen.
Um Klient/innen erwerbsbezogen besser zu fördern, wären zudem die Vernetzung mit weiteren Kooperationspartnern von Bedeutung, insbesondere mit Betrieben und Bildungseinrichtungen - oder
auch der Psychiatrie, sofern dies „auf Augenhöhe“ erfolge. Für sehr wirkungsvoll wird darüber hinaus
der Einsatz von Jobcoaches /Fallmanagern gehalten, allerdings müssten hierfür zusätzliche finanzielle
Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Neben explizit arbeitsmarktspezifischen Leistungsangeboten wird eine gleichfalls wichtige Aufgabe
darin gesehen, für Menschen, die keine realistische Chance mehr auf Vermittlung in Arbeit haben,
Alternativen zur Arbeit zu entwickeln, die z.B. für Tagesstruktur und Sinnstiftung sorgen können.
Bei all diesen Aufgaben sollte die berufsbezogene Suchthilfe auch die Suchtselbsthilfe immer im Blick
haben, die Kooperation aktiv im gegenseitigen Austausch fördern und deren Angebote bewerben
und nutzen.
Die NLS könnte die Einrichtungen mit Schulungsangeboten unterstützen, insbesondere zu teilhabebezogenen Anamnese- und Diagnostikinstrumenten und zu Fördermöglichkeiten der Jobcenter. Förderlich wären auch weitere Fachtagungen mit der Möglichkeit, sich mit Fachkräften aus Jobcentern
auszutauschen.
Unter dem TOP „Empfehlungen an die NLS“ wünschen die Teilnehmer/innen des Workshops sich
eine verstärkte politische Unterstützung durch die NLS, genannt werden eine Einflussnahme auf politische Entscheidungen/Entscheidungsträger und auf Kosten-/ Leistungsträger. Es wird zudem der
Wunsch/Vorschlag geäußert, auf NLS-Ebene eine Vision zu entwickeln, wie es in Anbetracht der gravierenden Strukturveränderungen mit der Suchthilfe in Niedersachsen weitergehen könne/solle.
Hilfreich wäre zudem eine unterstützende Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Pressemitteilungen). Viel Anklang findet der Vorschlag einer Image- bzw. Anti-Stigma-Kampagne, um der weit verbreiteten Stigmatisierung Suchtkranker etwas entgegenzusetzen.
Herr Dr. Rabes informiert die Teilnehmenden abschließend über das weitere Vorgehen. Nachdem auf
diesem Workshop die verbandsinterne Sicht der niedersächsischen Suchthilfe auf die Ergebnisse der
NLS-Erhebung erarbeitet worden ist, sollen in einem nächsten Schritt nun auch externe Perspektiven dazu eingeholt werden. Dies wird im Sommer in Form einer Fokusgruppe stattfinden, zu der Vertreter der Kooperationspartner der Suchthilfe und bundesweite Suchtexperten eingeladen werden.
Im Spätsommer wird zudem von Prof. Tielking eine Expertise zum Thema „Sucht und Teilhabe“ vorgelegt werden, die er im Auftrag der NLS erstellt. Sie wird eine Zusammenschau und Empfehlungen
zu teilhabefördernden Aktivitäten mit dem Schwerpunkt „Sucht und Arbeit“ bieten und dabei auch
die Ergebnisse dieses Workshops wie auch der noch auszurichtenden Fokusgruppe einbeziehen. Anschließend werde der Vorstand der NLS sich damit befassen, welche weiteren Schritte zu initiieren
und aufzubauen sind.
Protokoll: Angela Böttger
17. April 2015
Anlagen:
01 Ergebnisse Expertenworkshop 25.03.2015
02 Handout: Einführung „Teilhabe und Sucht“ (Prof. Knut Tielking)
03 Handout: Ergebnisse NLS-Erhebung (Angela Böttger)
04 Teilnehmerliste Expertenworkshop 25.03.15
130
Experten-Workshop 25. März 2015
Berufliche Integration und Teilhabe suchtkranker Menschen
Ergebnisse (strukturiert)
Im Folgenden werden die Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsphasen und Arbeitsgruppen des Expertenworkshops gebündelt und strukturiert dargestellt:
1.
2.
4.
5.
6.
7.
8.
Stärken der Suchthilfe
Was bewährt sich für die berufliche Orientierung und Integration?
a. Leistungsprofil/Vorgehensweisen/Methoden
b. Kooperationsstrukturen
Verbesserungsbedarfe/ Entwicklungspotentiale/ Handlungsziele
a. Leistungsprofil/Vorgehensweisen/Methoden
b. Kooperationsstrukturen
Erforderliche strukturelle Rahmenbedingungen
Probleme/Grenzen: Was hindert?
Grundsätzliches und Spannungsfelder
Welche Unterstützung wird benötigt?
Wünsche/Empfehlungen an die NLS
1.
Stärken der Suchthilfe
3.
-
Nähe zu den Klient/innen
-
Ganzheitlicher Blick auf deren reale Lebenssituation
-
Analyse der Problemlagen
-
Lösungs- und ressourcenorientierte Suche nach individuell passenden Lösungen
-
Vielschichtige, lebenswelt- und teilhabeorientierte Angebote
-
Hohe Fachkompetenz und viel Erfahrung der Mitarbeiter/innen der Suchthilfe
-
Netzwerkkompetenz: Suchthilfe denkt und arbeitet vernetzt (in Regionen/in Verbünden)
2.
Was bewährt sich für die berufliche Orientierung und Integration Suchtkranker?
a. Leistungsprofil/Vorgehensweisen/Methoden
-
Erwerbsbezug von Beginn an in den Fokus rücken: bei Arbeitslosen genauso wie bei in Arbeit
befindlichen Menschen; frühzeitige Situationsklärung: als definierter Prozess
-
Arbeits-/berufsbezogene Anamnese-/Diagnostikinstrumente
(z.B. COPM, Würzburger Screening, IDA, Melba, SIBAR, SIMBO-C)
-
Therapeutische Interventionen unter Beachtung berufsbezogener Aspekte einsetzen – bzw.
Problematik der Erwerbslosigkeit im Therapieprozess bearbeiten: was steckt dahinter?
-
arbeitsbezogene Angebote/Leistungsmodule: Ergo-/Arbeitstherapie, Indikationsgruppen, berufsbezogene Beratung, fachlich versierte Ansprechpartner für berufsbezogene Fragen/Perspektiven in der Einrichtung
-
Förderung der Stabilisierung der Patient/innen über berufsbezogene Maßnahmen
Arbeitsprojekte und Jobs; Betriebspraktika, Vermittlung auch in ehrenamtliche Tätigkeiten
-
Persönliche Begleitung der Patienten/Klient/innen zum Jobcenter, zu Betrieben usw.
-
Verfahrensstruktur Kombi-Nord zur integrierten Behandlung durch verschiedene Leistungserbringer
131
-
kontinuierliche Netzwerkarbeit in der Region zu Jobcentern, Betrieben, Bildungsträgern, WfB
u.a.
-
Dokumentation/Evaluation: Fragebogen zu arbeitsbezogenen Themen (im Verbund entwickelt und eingesetzt)
b. Kooperationsstrukturen
-
Kontinuität und Verbindlichkeit in der Netzwerkarbeit
-
Erreichbarkeit: Ansprechpartner und interne Durchwahl kennen
-
Anreize zur Kooperation: Finanzierung, Erfolge, Anerkennung
-
mit Jobcenter entwickelte Arbeitsprojekte/Maßnahmen
-
Schulungen für Jobcenter-Mitarbeiter durch Suchthilfeeinrichtung
-
Leistungsvereinbarungen bzgl. Leistungen nach SGB II und SGB XII
-
Schriftlich vereinbarte Kooperation von Fachklinik und Jobcenter
-
SGBII/§16a-Beratung in der Fachstelle
3.
Verbesserungsbedarfe/ Entwicklungspotentiale/ Handlungsziele
hinsichtlich der Vorgehensweisen, Leistungsmodule, Instrumente, Kooperationsstrukturen der Suchthilfe
a. Leistungsprofil/Vorgehensweisen/Methoden
-
Verbesserung/Erweiterung der berufsbezogenen Aktivitäten und Angebote der Suchthilfe
-
Flexibilisierung ambulanter Angebote
-
Therapieziele / Behandlungsplanung im Spannungsfeld von Patientenwunsch und Forderungen der Auftraggeber klären/vereinbaren
-
Motivation der Patienten für Arbeitsaufnahme fördern
-
Alternativen zum reinen Erwerbsbezug für Suchtkranke ohne realistische Chance auf Vermittlung in Arbeit: Sinnstiftung mit Alternativen zur Arbeit
-
Anbindung an Selbsthilfe: bewerben und nutzen (z.B. in Betrieben)
-
Dokumentation beschäftigungsbezogener Leistungen über den KDS (statt Einzellösungen)
-
Evaluation: Katamnesen
b. Kooperationsstrukturen
-
Mehr Netzwerkarbeit: intern und extern
-
Beständigkeit bei den Partnern (Ansprechpersonen)
-
Verbesserung der Zusammenarbeit ambulanter und stationärer Einrichtungen
-
Verbesserung der Zusammenarbeit mit beruflicher Reha-Beratung DRV
-
Zusammenarbeit mit Arbeitsagenturen
-
Weitere Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Jobcentern
-
Gemeinsame Fallbesprechungen im Dreieck von Klient/Patient/in, Suchthilfe und leistungsträger, z.B. Jobcenter
-
Herstellung/Verbesserung der Zusammenarbeit mit Betrieben, Bildungsträgern, Psychiatrie
132
-
Datenschutzregelungen
-
Schulungen für Fachkräfte der Jobcenter durch Suchthilfe
-
Anpassung/Vereinheitlichung von Assessmentinstrumenten bei den verschiedenen Leistungsanbietern (insbes. Suchthilfe und Jobcenter)
-
Einbeziehung der Suchthilfe in Entscheidungsprozesse der Politik und der Kosten-/ Leistungsträger
4.
Erforderliche strukturelle Rahmenbedingungen:
-
(politische) Rahmenbedingungen für Teilhabe schaffen
-
Angemessene Finanzierungsgrundlage für erweiterte Angebote der Suchthilfe (personelle/finanzielle Ausstattung) – Finanzierung aktuell auf sehr unterschiedlichem Niveau
-
Strukturen zur Förderung einer nahtlosen beruflichen Perspektive der Patient/innen im Anschluss (bzw. begleitend) an Beratung/Behandlung,
-
Job-Coaches/Casemanager als Begleitung für Job-Rückkehrer und bei Arbeitsvermittlung; Ansprechpartner in Krisen für Betroffene und für Betriebe/Bildungseinrichtungen
-
Passgenaue Arbeitsangebote; berufsbezogene Maßnahmen/ Projekte/ Arbeitsstellen / Praktikumsstellen u.ä., in die suchtkranke Menschen aufgenommen werden können
-
niedrigschwellige Teilhabemöglichkeiten;
Arbeitsmöglichkeiten für Leistungsschwache; 2./3. Arbeitsmarkt
-
Förderung von Ausbildungsmaßnahmen für Suchtkranke über 30 Jahre
-
Wege vom 1€-Job in weiterführende Jobs/Berufsperspektiven
-
Tagesstrukturierende Angebote für Suchtkranke – niedersachsenweit und trägerübergreifend
Probleme/Grenzen: Was hindert?
5.
-
Verschlechterung der Arbeitsmarktinstrumente
-
Schließung Arbeitsprojekt:
alle, auch JC und Kommune, wollen es – aber es darf nicht finanziert werden
-
fehlende Angebote für 2./3. Arbeitsmarkt
-
häufig mangelnde Kooperationsbereitschaft der Reha-Beratung der DRV
-
Perspektivlosigkeit für ältere Opiatabhängige
-
Stigmatisierung Suchtkranker
-
Schwierige Zugänge für Suchtklientel in Ausbildungen und Arbeits-/Berufsvermittlung
-
pauschaler Ausschluss von Sucht-/Drogenklient/innen für bestimmte Berufe (z.B. i. der Pflege)
-
überregionale Kooperation mit Arbeitsagenturen/Jobcentern gelingt kaum
-
keine Zuständigkeit der JC für Patienten der Eingliederungshilfe in stationärer Phase
-
Überlagerung der Arbeitsplatzsuche durch andere soziale Probleme/Teilhabehemmnisse wie
insbes. Wohnungssuche, z.B. bei vielen Haftentlassenen
133
-
6.
Suchthilfeintern (stationär-ambulant):
- Abbruch positiver erwerbsbezogener Entwicklungsprozesse nach Ende der stationären
Phase und Übergang in ambulante Weiterbehandlung/Nachsorge?
- mangelnde Vermittlung aus stationärer Behandlung in ambulante Weiterbehandlung/
Nachsorge?
Grundsätzliches und Spannungsfelder
-
Grundsatz: beim Menschen bleiben: Patient-/Klient/innenwünsche und -bedarfe berücksichtigen;
-
Teilhabe ist mehr als der Teilbereich „Arbeit“, „ist mehr als ein Job“!
-
Suchthilfe kann nicht Teilhabe herstellen, aber Teilhabefähigkeit
-
Bedeutung der „Arbeit“ muss für/mit den Klient/innen ermittelt/erarbeitet werden
- unter Beachtung der realen Lebenssituation und der Wünsche der Klienten
-
Beratung und Behandlung getrennt betrachten
-
Auftrag beachten:
Abhängigkeit behandeln; Reha/Erwerbsfähigkeit; JC/ Vermittlungshemmnisse;
-
Beschäftigungsbefähigung vs. Arbeitsplatzvermittlung
-
Arbeitsmarkt vs. Sinnstiftung
7.
Welche Unterstützung wird benötigt?
-
Schulungen zu teilhabeorientierten Anamnese-/Diagnostikinstrumenten
-
Schulungen zu arbeitsbezogenen Maßnahmen
-
Überblick über Fördermöglichkeiten
8.
Wünsche/Empfehlungen an die NLS
-
Visionen für die Suchthilfe in Niedersachsen entwickeln
-
Gespräche mit DRV und Arbeitsagenturen/Jobcentern
- zwecks Verbesserung der Kooperationsbedingungen
- und Verbesserung der Finanzierung, z.B. Möglichkeiten der Abrechnung von BORALeistungen mit DRV
-
NLS sollte politisch argumentieren!
-
NLS möge „Lanze brechen“ für Beibehaltung handlungsbezogener Erfahrungsmöglichkeiten
in der Suchtbehandlung statt theoretischer Reflexion und zunehmender Technisierung von
Instrumenten
-
Abbilden, was Suchthilfe für Menschen leistet, die in Arbeit sind
-
Strukturen zur Dokumentation von Teilhabeleistungen: Einfluss nehmen auf neuen KDS
-
Fachtagungen mit Fach-/Führungskräften der Jobcenter
-
Politische Forderung nach 2. und 3. Arbeitsmarkt für Leistungsschwache
-
Mehr Öffentlichkeits-/Lobbyarbeit; z.B. Anti-Stigma-Kampagne Sucht (analog Depression,
Aids)
-
Besseres Marketing hinsichtlich sektorenübergreifender Arbeit der Suchthilfe
134
Experten-Workshop 25. März 2015
Berufliche Integration und Teilhabe suchtkranker Menschen
TeilnehmerInnen
Stationäre Suchthilfeeinrichtungen
Fachklinik Nettetal, Wallenhorst (CV)
Fachklinik St. Marienstift, Neuenkirchen (CV)
Klinik am Kronsberg, Hannover (PN)
Stadthaus Moorkieker (PN)
Stadthaus Moorkieker , Adaption (PN)
Tagesklinik Lukas-Werk Braunschweig (DW)
Therapeutische Gemeinschaft Neues Land Amelith (DW)
Hans-Jürgen Boder
Prof Dr. Dunja Hinze-Selch
Carola Bau
Volkmar Gärtner
Harald Vortmann
Angelika Kahl
Andreas Loewe
Ambulante Fachstellen für Sucht und Suchtprävention (FSS)
FSS Braunschweig (DW)
FSS Emsland (DW)
FSS Georgsmarienhütte (DW)
FSS Goslar (DW)
FSS Hannover-Landkreis (DW)
FSS Herzberg (DW)
FSS Osnabrück (CV)
FSS Osnabrück (DW)
Drobs Braunschweig (PN)
Drobs Delmenhorst (AWO)
Drobs Goslar (PN)
drobs Hannover (PN)
Step Arbeitsprojekte (PN)
Drobs Lüneburg (DW)
drobs Nordhorn (Kommune)
Drobs Oldenburg/Rose 12 (PN)
Johannes Benedde
Dr. Ralf Drewes-Lauterbach
Klaus Polack
Holger Baumann
Beatrix Friedrich-Werner
Ingrid Baum
Monika Schnellhammer
Ulrike Sensse
Petra Bunke
Nicole Meyer-Böhle
Lars Fischer
Lennart Westermann
Mark Meissner
Gudrun Mannstein
Lothar Bergner
Winfried Wigbers
Langzeiteinrichtungen
Haus Hagenberg (PN)
Christian Meininghaus
Selbsthilfe & Vorstandsmitglied NLS
Kreuzbund Osnabrück (CV)
Benno Theisling
Träger & Vorstandsmitglied NLS
CV Osnabrück
Conrad Tönsing
Leitung & Moderation
● Prof. Dr. Knut Tielking, Hochschule Emden-Leer
● Dr. Manfred Rabes, NLS
● Angela Böttger, NLS
AWO
CV
Arbeiterwohlfahrt
Caritasverband
DW
PN
Diakonisches Werk
Paritätischer Niedersachsen
135
Fokusgruppe 28. Juli 2015
Berufliche Integration und Teilhabe suchtkranker Menschen
Perspektive Kooperationspartner der Suchthilfe
Protokoll (teilweise anonymisiert)
Veranstalterin:
Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen
Termin:
28. Juli 2015, 11.00 – 16.00 Uhr
Ort:
Stephansstift, Zentrum für Erwachsenenbildung, Hannover
Teilnehmende Expertinnen und Experten:
Fokus Arbeitsmarkt:
Ulrich Christ, Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion NiedersachsenBremen, Hannover
Christian Bruckert, Jobcenter Region Hannover
Heike Müller-Indorf, Jobcenter Region Hannover
Fokus Bildungsträger: Jens Plate, I.B.I.S. gGmbh, Hannover
Fokus Kommune:
Anja Krause, Region Hannover, Fachbereich Soziales,
Dr. Ina Valentiner, Stadt Emden, Sozialpsychiatrischer Verbund
Fokus Landesdrogenbeauftragte:
Dr. Sabine Brägelmann-Tan, Niedersächsisches Ministerium für Soziales,
Gesundheit und Gleichstellung, Hannover
Fokus RentenVersicherung
Georg Wiegand, Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover
Fokus Suchthilfe
Bundesverbände
Martin Hoppe, Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V. „buss“
Dagmar Rünger, Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.V., „fdr“, Berlin
NLS
Dr. Manfred Rabes, Geschäftsführer
Angela Böttger, Fachreferentin
Moderation:
Prof. Dr. Knut Tielking, Hochschule Emden-Leer
Die nach der sozialwissenschaftlichen Methode einer „Fokusgruppe“ strukturierte Expertendiskussion (vgl. Handout Tielking, Anlage 2, S. 7f) verfolgte das Ziel, die quantitativen Ergebnisse der NLSErhebung „Angebote - Strukturen - Bedarfe zur beruflichen Integration und Teilhabe suchtkranker
Menschen“ einer vertiefenden qualitativen Analyse zu unterziehen. Die eingeladenen Expertinnen
und Experten aus verschiedenen Kooperationsfeldern der Suchthilfe waren gebeten, ihre Erfahrungen, Sichtweisen und Ideen hierfür im Rahmen eines offenen inhaltlichen Austausches einzubringen.
Unter Berücksichtigung sowohl niedersachseninterner als auch bundesweiter Erfahrungen sollten
sowohl bewährte Vorgehensweisen, Strukturen und Instrumente als auch Verbesserungsbedarfe und
Entwicklungspotentiale bei der Förderung der beruflichen Teilhabe Suchtkranker diskutiert werden.
Weiteres Ziel war, Wünsche, Erwartungen und Empfehlungen der Kooperationspartner an die Suchthilfe sowie an die NLS zu ermitteln, um diese für die weitere Entwicklung des Arbeitsfeldes berücksichtigen zu können.
Im Anschluss an die Begrüßung der Teilnehmenden durch den NLS-Geschäftsführer Herrn Dr. Rabes
und eine Vorstellungsrunde der Teilnehmerinnen und Teilnehmer führte Herr Prof. Tielking mit einem kurzen Überblick in das Thema „Teilhabe und Sucht“ ein. Für die Stärkung der Teilhabe von
Menschen mit Suchtproblemen am beruflichen und gesellschaftlichen Leben sind diverse Konzepte,
Gesetze und Richtlinien auf nationaler wie internationaler Ebene in den Blick zu nehmen. Fokus der
Expertendiskussion war die berufs-/erwerbsbezogene Teilhabe, die gleichwohl nur ein Aspekt im
komplexen Feld der Teilhabe ist (vgl. Handout Tielking).
Frau Böttger stellte anschließend zentrale Ergebnisse der o.g. NLS-Erhebung zur beruflichen Integration und Teilhabe suchtkranker Menschen vor, verbunden mit Fragestellungen an die Kooperations136
partner der Suchthilfe zur vertiefenden Analyse und Interpretation der Erhebungsergebnisse (vgl.
Handout Böttger in der Tagungsmappe bzw. Anlage 3).
Die Expertinnen und Experten der Fokusgruppe erhielten zunächst Gelegenheit zu einem kurzen
Statement, um ein erstes Feedback zu geben, eigene Anliegen einzubringen oder weitergehende
Fragestellungen aufzuwerfen. In der darauf folgenden Diskussionsrunde wurde jeder Fokus für sich
betrachtet, thematisch strukturiert nach drei zentralen Fragestellungen:
1. Welche Leistungsarten, Instrumente, Vorgehensweisen und Kooperationsstrukturen bewähren
sich für die berufliche Orientierung und Integration Suchtkranker?
2. Was stellt bisher nicht zufrieden?
3. Mittels welcher Maßnahmen könnten Verbesserungen bewirkt werden?
Als zentrale Themen erwiesen sich
- Fragen zur erforderlichen Datenerhebung und -nutzung verschiedener Akteure/Institutionen, um
die berufliche Integration und Teilhabe Suchtkranker statistisch besser abbilden zu können: was
und wie viel müssen wir erfassen? (Wie) können wir vorhandene Daten besser vernetzen?
- die Beschreibung und Bewertung gesetzlicher und/oder institutioneller Rahmenbedingungen, in
die die Maßnahmen zur beruflichen Integration Suchtkranker im jeweils zur Diskussion stehenden
Fokus eingebunden sind und inwieweit diese eher förderlich oder eher hinderlich sind (z.B. Maßnahmen zur Arbeitsförderung).
- die Beschreibung und Bewertung des aktuellen Standes der Kooperation und Vernetzung zwischen den beteiligten Institutionen und deren Akteuren zum Zweck der beruflichen Integration
Suchtkranker. Je nach Fokus ist sie unterschiedlich ausgeprägt, wird aber in allen Fällen als verbesserungsbedürftig bewertet. Alle Teilnehmenden waren sich darin einig, dass gute Kooperation
und Vernetzung der Schlüssel ist, um begonnene Hilfeprozesse an den Schnittstellen zwischen den
Institutionen weiterführen und zu einem guten Ergebnis für die betroffenen Menschen führen zu
können.
- die Benennung einzelner Maßnahmen, Instrumente und Modelle, die sich für die berufliche Integration Suchtkranker bewähren. Zumeist stehen diese aber nur für Teilgruppen zur Verfügung,
werden aktuell noch nicht von allen Institutionen im Rahmen bestehender Möglichkeiten mitgetragen und/oder kommen nur regional und vereinzelt vor.
- die Bedeutsamkeit der Bereitstellung von Arbeits-/Beschäftigungsmöglichkeiten zur Stabilisierung
arbeitsloser Suchtkranker, auch im Rahmen eines sozialen Arbeitsmarktes. Selbst wenn es (noch)
nicht um berufliche Orientierung und Qualifizierung geht, bieten solche Projekte Tagesstruktur
und die Erfahrung sinnhafter Tätigkeit und damit die Möglichkeit zu beruflicher/gesellschaftlicher
Teilhabe – für die Betroffenen selbst wie auch für deren Familien.
- die Darlegung unterschiedlicher Sichtweisen auf die medizinische Reha Suchtkranker und die Absicht der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover (DRV BS-H), künftig die Integrationsquoten der Reha-Einrichtungen zu messen und zu bewerten. Ziel der DRV BS-H ist die „Amortisierung“ der Leistungsausgaben. Die Suchthilfeverbände sehen die Suchthilfeeinrichtungen damit aber für Ziele in die Verantwortung genommen, auf deren Realisierung sie nur begrenzten
Einfluss haben (z.B. regionaler Arbeitsmarkt).
- die Frage, wie die für eine bessere berufliche Integration Suchtkranker erforderlichen Maßnahmen auf den Weg gebracht und gesteuert werden könnten. Wer kann/muss dies initiieren und befördern? Was können/wollen die einzelnen Akteure dafür tun? Es wurden Ideen und Absichten
137
benannt, entsprechende Fragen und Anliegen im eigenen Hause zu kommunizieren und mögliche
Maßnahmen zu prüfen.
Eine ausführliche Zusammenstellung der Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge ist diesem Protokoll als Anlage 1 beigefügt.
Abschließend wurden die Expertinnen und Experten nach Wünschen und Empfehlungen an die Adresse der NLS für künftige Strategien und Aktivitäten gefragt. Es wurden folgende Ideen und Anliegen formuliert:
- Information: Das „Konsenspapier“ des Schnittstellenausschusses des Drogen-/Suchtrats zur Förderung der Teilhabe Abhängigkeitskranker am Arbeitsleben von 2011 sollte nochmal an die Arbeitsagenturen und Jobcenter gegeben werden.
- Empfehlungspapier: Die NLS könnte Empfehlungen für eine bessere Zusammenarbeit von Suchthilfe und Kooperationspartnern/Arbeitsmarktinstitutionen erarbeiten.
- Regelmäßiger Austausch: Die NLS möge den begonnenen Prozess des Austausches fortführen mit
regelmäßigen Arbeitstreffen der beteiligten Institutionen.
- Modell: Die Fokuspartner aus der Region Hannover könnten in einem nächsten Schritt als gutes
Beispiel der Teilhabeförderung vor Ort zusammenarbeiten. Sie könnten damit anderen Regionen
zugleich als Modell dienen.
Herr Prof. Tielking resümierte, dass es sehr sinnvoll sei, dass Vertreter/innen verschiedener Bereiche
sich für einen Informations- und Erfahrungsaustausch zusammensetzen. Um zu verbindlichen Ergebnisse zu kommen, müsse man sich allerdings häufiger treffen.
Die Diskussion habe erbracht, dass es manche Problembereiche gäbe, die übergeordnet zu regeln
seien, zugleich habe sich gezeigt, dass man nicht nur auf neue Gesetze warten müsse, sondern vor
Ort durchaus viel tun könne.
Er informierte über die weiteren Schritte:
- Protokoll zur Fokusgruppe vom 28. Juli 2015: bis Ende August 2015
- Erstellung einer Expertise durch Prof. Tielking im Auftrag der NLS zum Thema: „Sucht und Teilhabe im Fokus der Menschen mit Suchtproblemen in Niedersachsen“: bis Mitte Oktober 2015
- Fachtagung der NLS zur beruflichen Integration und Teilhabe: am 3. März 2016 in Hannover
Herr Prof. Tielking beendete die Fokusgruppe mit Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer für
ihr Kommen und ihre Mitarbeit.
Protokoll:
Angela Böttger
Hannover, 29.09.2015
Anlagen:
1) Zusammenstellung der Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge der Expertinnen/Experten der
Fokusgruppe vom 28. Juli 2015
2) Handout Prof. Dr. Knut Tielking: Einführung „Teilhabe und Sucht“
3) Handout Böttger, Zentrale Ergebnisse der NLS-Erhebung
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Fokusgruppe 28. Juli 2015
Berufliche Integration und Teilhabe suchtkranker Menschen
Perspektive Kooperationspartner der Suchthilfe
Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge
Fragestellungen:
1. Welche Leistungsarten, Instrumente, Vorgehensweisen und Kooperationsstrukturen
bewähren sich für die berufliche Orientierung und Integration Suchtkranker?
2. Was stellt bisher nicht zufrieden?
3. Mittels welcher Maßnahmen könnten Verbesserungen bewirkt werden?
Foki:
-
Arbeitsmarkt
Bildungsträger
Kommune
Landesdrogenbeauftragte
Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover
Suchthilfe – Bundesverbände
Expertinnen und Experten:
Fokus Arbeitsmarkt:
Ulrich Christ, Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion NiedersachsenBremen, Hannover
Christian Bruckert, Jobcenter Region Hannover
Heike Müller-Indorf, Jobcenter Region Hannover
Fokus Bildungsträger: Jens Plate, I.B.I.S. gGmbh, Hannover
Fokus Kommune:
Anja Krause, Region Hannover, Fachbereich Soziales,
Dr. Ina Valentiner, Stadt Emden, Sozialpsychiatrischer Verbund
Fokus Landesdrogen- Dr. Sabine Brägelmann-Tan, Niedersächsisches Ministerium für Soziales,
beauftragte:
Gesundheit und Gleichstellung, Hannover
Fokus RentenGeorg Wiegand, Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover
versicherung
Fokus Suchthilfe
Martin Hoppe, Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V. „buss“
Bundesverbände
Dagmar Rünger, Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.V., „fdr“, Berlin
NLS
Dr. Manfred Rabes, Geschäftsführer
Angela Böttger, Fachreferentin
Moderation:
Prof. Dr. Knut Tielking, Hochschule Emden-Leer
Fokus Arbeitsmarkt:
1. Bewährtes:
Das Jobcenter Region Hannover verfügt über ein breites Instrumentarium an Eingliederungsleistungen, auch mit niedrigschwelligen Angeboten, wie aufsuchender Sozialarbeit und Einzelcoaching.
Öffentlich geförderte Beschäftigung (wie z.B. Arbeitsgelegenheiten) werden zukünftig durch das
Bundesprogramm "Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt" ergänzt. Alle diese Leistungen können erfolgreich dafür genutzt werden, nach der Entlassung aus der Reha-Einrichtung eine Tagesstruktur aufrechtzuerhalten oder Wartezeiten auf weitere Maßnahmen zu überbrücken.
Die Kooperation mit Suchthilfeträgern bewährt sich. Es werden z.B. gute Erfahrungen gemacht im
Kooperationsmodell der Jobcenter der Region Hannover mit der Fachklinik am Kronsberg: schon
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während der Reha wird Kontakt und Zugang der Betroffenen zum Fallmanagement der Jobcenter
verbindlich herbeigeführt. Wichtig dabei: Freiwilligkeit.
Im Fallmanagement der Jobcenter gibt es viel Erfahrung mit Netzwerkarbeit.
2. Nicht Zufriedenstellendes:
Es mangelt noch an ausreichender Kooperation und Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit von
Arbeitsagenturen und Jobcentern mit der Suchthilfe.
Insbesondere im Bereich der Arbeitsagenturen gibt es wenig Kontakt zur Suchthilfe, obwohl auch
unter den Kunden der BA Menschen mit Suchtproblematik anzutreffen sind.
Suchtkranke sind keine einfache Kundengruppe, Problematiken sind u.a. unrealistische Wünsche,
Rückfallrisiko, Sanktionsbefürchtungen (beeinflussen die Instrumentenwahl) und die Frage der Freiwilligkeit: „der Kunde muss es wollen“.
SGB II §16e-Maßnahmen zur Förderung von Arbeitsverhältnissen kommen nur selten zur Anwendung.
Rahmenbedingungen förderfähiger Maßnahmen der BA und der Jobcenter: Die Kriterien des öffentlichen Interesses, der Wettbewerbsneutralität und der Zusätzlichkeit bedeuten eine starke Einschränkung bzgl. der Entwicklung von Integrationsmaßnahmen. Der Ausschluss von Praktika und Qualifizierungen (seit der Instrumentenreform April 2012) während einer Arbeitsgelegenheit schränken die Art
der Tätigkeiten und die Inhalte ein.
Gesetzliche Begrenzung der Fördermaßnahmen auf max. zwei Jahre pro Person behindert Stabilisierung und Integration von Suchtpatienten, da diese häufig mehr Zeit brauchen.
Bewilligung von Maßnahmen leidet bisweilen unter „Leistungskonkurrenz“ mit anderen Kostenträgern, z.B. der DRV (vorrangige Leistungen?).
Es gibt zwar vor Ort gelegentlich Maßnahmen – aber wenig Transparenz und kaum Steuerung:
„Es läuft manches auf regionaler Ebene – aber wenig auf zentraler Ebene“.
3. Verbesserungsideen; Entwicklungsziele/-wünsche
Perspektive Arbeitsagentur und Jobcenter:
Es ist wichtig, die Lücke zwischen den Leistungsträgern zu schließen.
Auf Geschäftsführungsebene der Arbeitsagenturen thematisieren
- Wie kommen wir zu verbindlicheren Kooperationen und einer intensiveren Vernetzung?
- Wie kann eine zeitnahe Zusteuerung zwischen den Systemen erfolgen?
Könnten Projekte gestartet werden, um Modelle zu erproben?
Das „Konsenspapier“ des Schnittstellenausschusses des alten Drogen-/Suchtrats zur Förderung der
Teilhabe Abhängigkeitskranker am Arbeitsleben von 2011 gibt gute Anregungen, z.B. das Vorhalten
eines Fachkonzepts Sucht in den Arbeitsagenturen und Jobcentern: aber ist das Papier dort bekannt?
Und sind Fachkonzepte vorhanden? Über Regionaldirektion der BA/Niedersachsen nachforschen.
Es ist nötig, frühzeitiger in die Kooperation mit ambulanten und stationären Suchthilfeeinrichtungen
sowie mit der DRV zu gehen, z.B. in Gesundheitscentern: „Angebot aus einer Hand“.
Fallkonferenzen sollten standardmäßig durchgeführt werden.
Es ist nötig, die Fachkräfte der Arbeitsagenturen und Jobcenter für das Thema zu sensibilisieren und
zu schulen: „Wie erkennt man Betroffene? Wie spricht man das Suchtthema an?
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Es ist wieder ein breiteres Instrumentarium mit mehr inhaltlicher Flexibilität nötig, um die Zielgruppe
der Langzeitarbeitslosen adäquat stützen und integrieren zu können.
Das ESF-Bundesprogramm zur Integration langzeitarbeitsloser ALG II-Bezieher in den Arbeitsmarkt
bietet Möglichkeiten, mit Maßnahmen zu experimentieren, u.a. Bezuschussung der Arbeitgeber.
Sozialer Arbeitsmarkt wäre von Bedeutung: gibt Tagesstruktur und vermittelt wichtige Werte.
Immer wieder in der Diskussion: Einsatz von Arbeitslosengeld II zur Finanzierung von öffentlich geförderter (dauerhafter) Beschäftigung.
Erfahrung Kommune Emden: Zur Lösung der Kooperationsprobleme bei großen Entfernungen zwischen Fachklinik und Jobcenter am Heimatort der Klient/innen: „Telemedizin“ nutzen; gute Erfahrungen damit in Emden.
Fokus Bildungsträger:
1. Bewährtes:
Perspektive Bildungsträger:
Für die berufliche Integration dieses Klientels „braucht man Zeit“. Um eine Identitätsänderung zu
bewirken, seien erfahrungsgemäß sechs Monate nötig.
Anstelle unspezifischer Bewerbungstrainings ist es hilfreich, die Bewerbungsstrategien zu hinterfragen und den Prozess der Bewerbung und Zielerreichung zu begleiten.
Bildungsträger I.B.I.S arbeitet gut mit Fachklinik am Kronsberg zusammen.
„Vernetzung ist das A & O!“
Erfahrung Jobcenter:
Bewerbungs-Coaching bewährt sich sehr; anders als (mehrfache) Bewerbungstrainings wird es gut
angenommen.
Hinweis Suchthilfe:
Fachkliniken verfügen über Assessmentverfahren (z.B. MELBA), um Fähigkeitsprofile zu erstellen.
2. Nicht Zufriedenstellendes:
Perspektive Bildungsträger:
Was verbirgt sich konkret hinter berufsbezogenen Leistungen der Suchthilfe wie z.B. dem Bewerbungstraining? „Nur Bewerbungstraining ist zu wenig.“
Kooperation braucht Vertrauen und gegenseitigen Nutzen. Hohe Fluktuation der Beschäftigten in
Jobcentern erschwert die Zusammenarbeit.
Problematisch: „Kürzungsdynamik“ bzgl. Zeitdauer von Fördermaßnahmen, da mentale Veränderungsprozesse Zeit benötigen. (s.o.)
Verpflichtende Ausschreibungen und Zertifizierungsanforderungen sind für kleine Bildungsträger
sehr aufwändig – und fraglich, ob der Aufwand sich lohnt. Behindern die Kooperation mit Jobcentern
als vorgegebene Rahmenbedingungen und Vergabestrukturen sehr.
Perspektive Suchthilfe: Auch Suchthilfeträger mit Qualifizierungsprojekten sind damit schnell überfordert
Perspektive Jobcenter: Sind aber auch von Seiten der Jobcenter nicht zu ändern.
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3. Verbesserungsideen; Entwicklungsziele/-wünsche
Wiederholtes Bewerbungstraining sollte vermieden werden.
Unter den Beteiligten klären und festlegen: wer macht was (am besten) – und was nicht? (z.B. bzgl.
Bewerbungstraining.
Kooperation Bildungsträger mit ambulanter Suchthilfe aktuell auf sehr geringem Niveau, Verbesserung würde Arbeit der Bildungsträger erleichtern.
Fokus Kommune:
Kommunen haben bzgl. der Eingliederungsleistungen nach §16a SGB II sehr unterschiedliche Vorgehensweisen („sind komplett unterschiedlich aufgestellt“). Daraus ergeben sich einerseits Schwierigkeiten (z.B. bzgl. Transparenz und Übertragbarkeit) – es gibt aber andererseits auch Freiheit und Gestaltungsräume.
Es sollte nicht nur auf die freiwilligen Leistungen geschaut werden, sondern auch auf die Pflichtleistungen nach SGB XII.
1. Bewährtes:
Region Hannover
- hat gutes Verfahren für kommunale Eingliederungsmaßnahmen nach § 16a SGB II
- fördert verschiedene Suchtberatungs-/behandlungsstellen, die Kooperation mit Jobcentern ist
dabei immer auch Thema.
§16a-Leistungen sind freiwillige Leistungen und dem Umfang nach begrenzt: „können keine langfristigen Maßnahmen sein“ (Krause); bewähren sich: „ist immerhin ein Anfang“, fädelt ein, über das
Thema zu reden.
Bei §16a-Leistungen müssen die Träger der Leistungsanbieter immer mit ins Boot geholt werden.
Emden
Die Sozialämter leisten – häufig unter Einbeziehung der Sozialpsychiatrischen Dienste - Eingliederungshilfe als Pflichtleistung auch bei vielen Suchtkranken zur Förderung insbesondere der Teilhabe
am gesellschaftlichen Leben (in Emden = 40% Suchtkranke unter Klientel der Eingliederungshilfe);
ist Koordinierung im Einzelfall – aber damit auch auf Strukturebene: Bewirken/“Erzwingen“ von Kooperationsvereinbarungen von Trägern der Einzelfallhilfe.
Niedersachsen:
Teilhabeleistungen am gesellschaftlichen Leben sind gut dokumentiert
- niedersächsischer kommunaler Vergleichsring zu den Eingliederungshilfen in verschiedenen Behinderungsbereichen, darunter für seelische Behinderung und Sucht (steigende Zahlen)
- jährliche Statistik des NLGA (Nieders. Landesgesundheitsamt), wird zu Steuerungszwecken genutzt
2. Nicht Zufriedenstellendes:
Nicht alle Kommunen haben Leistungsvereinbarungen nach §16a.
Leistungen nach §16a SGB II werden möglicherweise dennoch erbracht?
Transparenzproblematik
- es fehlt an statistischen Daten und Übersicht zu kommunalen §16a-Leistungen
- ermitteln: gibt es Ergebnisse aus Abfragen des Sozialministeriums (MS/Referat 101)?
Manchmal schwierig in der Kooperation mit Trägern der Einrichtungen: Abgrenzung der Erbringung
verschiedener Leistungsarten, die unterschiedlichen Leistungsträgern zuzuordnen sind.
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Schnittstellen: Zusammenarbeit mit anderen Leistungsträgern/Behörden oft mühsam – wie könnte
das besser laufen?
„Schwierig für Betroffene, sich in dem Wirrwarr zurechtzufinden.“
Sozialämter in Kommunen sollen eigentlich Gesamtplan erstellen für Organisation der kommunalen
Hilfen – aber kein Beispiel dafür bekannt.
Perspektive Rentenversicherungsträger: Suchtberatungs-/Behandlungsstellen dokumentieren ihre
Leistungen gegenüber den Kommunen manchmal „ängstlich“: aus Sorge, dass Einnahmen aus Leistungen für DRV gegengerechnet und von Förderung abgezogen werden könnten.
3. Verbesserungsideen; Entwicklungsziele/-wünsche
Perspektive Kommune:
Wie können Leistungen nach §16a/SGB II zur sozialen Eingliederung und zur Arbeitsförderung besser
koordiniert und gesteuert werden?
Wie können wir Suchthilfeleistungen besser nutzbar machen und besser steuern?
Suchthilfeleistungen und Beschäftigungsförderung sollten besser integriert werden – statt sie nacheinander durchzuführen; §16a ermöglicht das.
Wo gibt Kommune Impulse, die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure zu verbessern?
→ ins[tu[onelle Förderung; Austauschformen/-foren;
„Eigentlich ist in der Kommune ja alles vor Ort.“
Schnittstellen zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen mit in den Blick nehmen.
Kooperation Suchthilfe auch mit Eingliederungshilfe ist wichtig.
„Wir sind gut vernetzt – aber es müsste immer noch besser sein.“
„Wir brauchen Struktur.“
Sozialpsychiatrische Dienste sollten in die kommunalen Pflichtleistungen gem. SGB XII, Teilhabe am
gesellschaftl. Leben eingebunden sein und im Einzelfall die Schnittstelle zu Maßnahmen des Jobcenters oder § 16a-Leistungen begleiten. Die Häufung von Einzelfällen kann so fachlich fundiert auf der
Strukturebene zur Erarbeitung lokaler Kooperationsvereinbarungen genutzt werden.
Fokus Landesdrogenbeauftragte
1. Bewährtes:
Land Niedersachsen fördert die Arbeit der ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention mit einem
Suchthilfeetat;
Schnittstellen insbesondere zum ambulanten Hilfesystem
2. Nicht Zufriedenstellendes:
Datenproblematik:
- wird eine Erweiterung der Datenerhebung benötigt, z.B. im KDS (Dt. Kerndatensatz der Suchthilfe)?
- Wäre eine Ausweitung der Datenerhebung leistbar? Und wäre dies sinnvoll?
- und/oder wer sammelt sonst noch Daten, die verwendet werden könnten?
Information NLS zur Überarbeitung des KDS: Eine Erweiterung um erwerbsbezogene Items ist für die
aktuelle Überarbeitung des Datensatzes offenbar nicht vorgesehen.
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Perspektive Suchthilfe: Wenn viele Menschen Daten erheben, gibt es viele Unstimmigkeiten, z.B.
durch Interpretationsspielräume und politische Absichten.
Perspektive Rentenversicherungsträger:
Transparenz von Daten scheitert auch an Sorgen vor (politischer) Bewertung.
Statt Abstinenz sollten besser Teilhabekriterien gemessen werden.
Verbesserungsideen; Entwicklungsziele/-wünsche
Soll die Frage der Datenerhebung in die politische Diskussion auf Bund-Länder-Ebene (AG Suchthilfe
der Gesundheitskonferenz der Länder) eingebracht werden?
Perspektive Rentenversicherung:
Verständigung auf gemeinsame Items zur Datenerhebung wäre wünschenswert.
„Es gibt viele Daten: bei Arbeitsverwaltung, bei Land und Kommunen, bei DRV und Krankenkassen:
Vernetzung der Daten anstreben Aber - Perspektive Wissenschaft - statistisches Zusammenführen
von Daten aus sehr unterschiedlichen Quellen „aktuell unmöglich“.
Empfehlung Landesdrogenbeauftragte:
Betriebe „mit ins Boot nehmen“: Großbetriebe verfügen über Standards für betriebliche Suchtprävention oder betriebliches Gesundheitsmanagement.
Fokus Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover
Die Reha-Strategie der DRV ist mittlerweile stark beruflich orientiert, um gesetzlichem Auftrag zu
genügen. Um den Berufsbezug zu stärken, wurde gemeinsam mit Vertretern der Suchthilfe das
„BORA“-Konzept entwickelt (Empfehlungen zur Beruflich orientierten Reha Abhängigkeitskranker),
das es jetzt umzusetzen gilt. Es fordert den Erwerbsbezug vom ersten bis zum letzten Tag und für alle
an der Reha beteiligten Berufsgruppen.
Ziel der DRV Braunschweig-Hannover ist eine Verbesserung der Integrationsquoten der Rehabilitanden in den 1. Arbeitsmarkt, um damit zu einer Amortisierung der Leistungsausgaben zu gelangen. Die
Integrationsquoten der Reha-Einrichtungen sollen gemessen und die Einrichtungen danach vermutlich auch bewertet werden.
Aus Sicht der Suchthilfe ist dies Vorhaben, das sich lediglich bei der DRV Braunschweig-Hannover und
sonst bei keinem anderen Regionalträger der DRV findet, hoch problematisch. „Damit würden Einrichtungen an Ergebnissen gemessen, für die sie nichts können“ und deren Rahmenbedingungen (z.B.
regionaler Arbeitsmarkt) sie nicht beeinflussen können.
Es sei zudem fraglich, ob es auf Seiten der Arbeitsagenturen und Jobcenter auf Zustimmung stoße,
wenn die Suchthilfe, veranlasst durch die DRV, Aufgaben der Arbeitsverwaltung übernehmen müsste.
Hoffnungen der Suchthilfe auf mehr berufliche Reha-Beratung durch die Reha-Fachberater der DRV
müssten enttäuscht werden: nur durchschnittlich 1,5% der Klientel haben ein Anrecht auf LTA.
1. Bewährtes:
Die DRV bietet für definierte Klientengruppen und Rehaeinrichtungen ein Fallmanagement über berufliche Anbieter an, das sich bewährt.
Für „schwierige“ Zielgruppen bewähren sich die Adaptionsphasen: mit einer Integrationsquote von
45%. Eine Adaptionseinrichtung erreicht sogar eine Vermittlungsquote von 95% - und zwar an der
Arbeitsverwaltung vorbei. Es wird überlegt, dies auch den anderen Adaptionseinrichtungen zu empfehlen.
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2. Nicht Zufriedenstellendes:
Rehabilitanden, die in der Reha gut für die Integration in den Arbeitsmarkt motiviert und vorbereitet
wurden, treffen am Arbeitsmarkt auf hohe Hürden; „An den Nahtstellen zur Integration in den 1.
Arbeitsmarkt bleibt vieles stecken.“
Die allgemeinen beschäftigungsorientierten Maßnahmen der Arbeitsverwaltung bewähren sich im
Allgemeinen nicht für die berufliche Integration der Sucht-Rehabilitanden.
3. Verbesserungsideen; Entwicklungsziele/-wüsche
Perspektive Rentenversicherungsträger:
Die ambulanten Behandlungsstellen müssen noch stärker für die berufsbezogene Ausrichtung der
Reha sensibilisiert werden.
Jeder Reha-Patient/in sollte mit Arbeits-/Berufsprofil aus der Reha-Einrichtungen gehen und Arbeitsagentur/ Jobcenter sollten damit dann weiterarbeiten: z.B. ein Anforderungsprofil erstellen und abgleichen.
Dazu ist es notwendig, dass die jeweiligen Instrumente „wechselseitig sprachlich verständlich“ und
„lesbar“ werden. Jobcenter und DRV sollten sich zusammensetzen, voneinander lernen und Instrumente „handlich machen“; was braucht der jeweils andere, um in seinen Strukturen etwas bewirken
zu können? Es würden innovative Lösungen gesucht.
Es müssten mehr Betriebe erschlossen werden, die Arbeitsplätze für die berufliche Orientierung und
Integration Suchtkranker zur Verfügung stellen. „Wie kriegt man das hin?“
Hinweis Jobcenter: Hilfreich könnten Arbeitgeberzuschüsse sein, hiermit würden im ESFBundesprogramm gute Erfahrungen gemacht.
Die DRV Braunschweig-Hannover und die Regionaldirektion der BA Niedersachsen-Bremen könnten
ihre Zusammenarbeit verbessern, die teilnehmenden Vertreter vereinbaren, dies in ihren jeweiligen
Strukturen zu kommunizieren und einzuleiten.
Perspektive Arbeitsagentur/Jobcenter:
(Wie) können Erfolge der Integrationsbemühungen gemessen werden?
- empirisch schwierig bis unmöglich
- Abstinenzkriterium dafür genauso wenig ausreichend wie Vermittlung, müsste kleinschrittiger
erfolgen
Fokus Suchthilfe – Bundesverbände
1. Bewährtes:
Fachverbände befassen sich in internen Gremien intensiv mit dem Thema der arbeits-/ erwerbsbezogenen Teilhabe und Integration und entwickeln entsprechende Konzepte.
Sie arbeiten in der Teilhabe-AG der Bundesdrogenbeauftragten mit und können Erfahrungen aus
langjähriger Praxis mit erwerbsbezogenen Maßnahmen und Projekten zur beruflichen Integration
einbringen. Sie geben ihren Mitgliedseinrichtungen Impulse zum Aufbau entsprechender Strukturen
und zur Implementierung entsprechender Maßnahmen.
Das Kombi-Nord-Modell ist ein gelungenes Beispiel für Vernetzung von ambulanter und stationärer
Suchthilfe und dem Leistungsträger.
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2. Nicht Zufriedenstellendes:
Die Datenlage zur Thematik der beruflichen Teilhabe/Integration ist sehr unbefriedigend, es ist ein
anderes Instrument als der KDS dafür nötig.
Nahtlosigkeit ist wichtiges Erfolgskriterium für gelingende berufliche Integration. Das Nacheinander
von Zuständigkeiten (erst muss Reha beendet sein, bevor andere Leistungsträger aktiv werden (dürfen) behindert Integration in Arbeits-/Erwerbstätigkeit.
Die Kooperation mit Jobcentern ist für überregional belegte stationäre Einrichtungen sehr schwierig,
da Heimatort der Patienten und Klinikregion oft weit voneinander entfernt sind. „Wir können nicht
mit allen Jobcentern Kooperationsverträge haben.“
Die gute Lage am Arbeitsmarkt führt zu geringerer Arbeitslosenquote. Das macht es für die, die keine
Arbeit haben/finden, noch schwieriger.
3. Verbesserungsideen; Entwicklungsziele/-wünsche
Perspektive Suchthilfe:
Es gilt nun, das BORA-Konzept umzusetzen, das in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von DRV und
Fachverbänden entwickelt worden ist.
Es ist nötig, auf unterschiedliche Ziel-/Patientengruppen spezifisch und differenzierter als bisher einzugehen.
Ein gemeinsames Netzwerk ist „unbedingt nötig“.
Es ist wichtig
- die Arbeitsprojekte zu erhalten
- Zuverdienstprojekte zu schaffen
- soziale Betriebe zu schaffen und den sozialen Arbeitsbereich auch für Menschen mit Suchtproblemen zu denken und zu organisieren, analog zu den Integrationsbetrieben für Menschen mit Behinderung.
- AGHs sind wichtig für die Klient/innen, sollten aber sinnhafte Beschäftigung anbieten.
- auch Drogenabhängige müssen als Zielgruppe berücksichtigt werden.
Nicht für alle Betroffenen ist 1. Arbeitsmarkt das passende Ziel: es muss auch niedrigschwellige Wege
geben. „Wir brauchen viele Wege!“
In der Suchttherapie sollte Teilhabe nicht ausschließlich als Teilhabe am Erwerbsleben verstanden
werden, Teilhabeaspekte sind vielmehr umfassender zu berücksichtigen, für Erwerbstätige und für
Nichterwerbsfähige.
Perspektive Jobcenter:
Wunsch an Suchthilfe: für Arbeitsgelegenheiten werben! „Direkt im Anschluss an die Klinik „muss
was stehen“ - und AGH geben z.B. die wichtige Tagesstruktur.
Protokoll:
Angela Böttger
Hannover, 29.09.2015
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Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen
Podbielskistr. 162
30177 Hannover
Tel: 0511 626266-0
Fax: 0511 626266-22
Email: [email protected]
Internet: www.nls-online.de
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