Eröffnungsrede von Christine Beerli, Präsidentin

51. Solothurner Filmtage 21.-28. Januar 2016
ERÖFFNUNGSREDE VON CHRISTINE BEERLI, PRÄSIDENTIN
Solothurn, 21. Januar 2016
Sperrfrist: 18 Uhr
Es gilt das gesprochene Wort
Meine Damen und Herren,
Kürzlich flog ich von Zentralasien herkommend über den Balkan und sah unter mir die
mäandernde Donau. Ich war mir bis anhin nicht bewusst, dass sie so viele weite Schleifen
schlägt und dass es so wenige Brücken gibt. Was von oben wie ein Film von
eindrücklicher Schönheit aussah, muss für alle die Menschen, die sich seit Monaten und in
nicht abreißendem Strom gegen Norden durchschlagen nur mühsam und beschwerlich
sein.
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Ich hatte eine Konferenz besucht, an der viel über Konflikte und fehlende politische
Lösungen sowie die Notwendigkeit von Brückenschlag und Frieden gesprochen worden
war – und flog nun ich wieder heim, über die Köpfe der Flüchtenden hinweg. Lösungen
waren und sind keine in Sicht, so wenige wie Brücken über die Donau. Was unter mir wie
ein Film vorbeizog, liess keinen Einblick zu in das, was wirklich geschieht und die
Menschen bewegt. Man müsste, um zu verstehen, eintauchen können, einen Zoom haben
der erlaubt, die Beweggründe und Antriebe der Vorwärtsstrebenden und die Ängste und
Abwehrhaltungen der sich der Bewegung Entgegenstellenden zu ergründen.
Ein Dokumentarfilm, der Menschen mit Aufmerksamkeit und Takt über längere Zeit
begleitet, kann dies tun. Im Gegensatz zu den unzähligen und reißerischen
Nachrichtenflashes, die uns andauernd überfluten, kann ein sorgfältig recherchierter
Film komplexe Zusammenhänge aufzeigen, Verständnis erwecken und zum Nachdenken
anregen. Er kann zu Diskussionen Anlass geben, die auf mehr als nur momentaner
emotionaler Betroffenheit beruhen.
Zugegeben, es ist schwierig, nach den Anschlägen von Paris und den Bildern von
Flüchtlingen an den Schlagbäumen europäischer Grenzen kühlen Kopf zu bewahren und
trotzdem ist gerade dies von größter Bedeutung. Hilfreich ist dabei nicht die Kamera, die
das sensationellste, reißerischste Bild schießt, sondern die Filmschaffenden, die genau
hinsehen, sich die Zeit nehmen, Zusammenhänge aufzuzeigen und verschiedene
Blickwinkel wählen, um eine Geschichte zu beleuchten.
Ich bin froh und dankbar, dass wir auch dieses Jahr an den Solothurner Filmtagen eine
ganze Reihe von Filmen dieser Art zeigen dürfen. Ob Fiktion oder Dokumentar, es sind
Filme, die genau hinschauen und uns differenzierte Bilder zeigen. Sie werden damit
meinem wichtigsten Anspruch an einen guten Film gerecht: sie regen zum Nachdenken
und Diskutieren an.
Ich freue mich sehr, dass Sie hier sind, Herr Bundesrat, meine Damen und Herren, und
sich gemeinsam mit uns die Zeit nehmen, um genau hinzuschauen, zu verstehen und sich
eine Meinung zu bilden.
Untere Steingrubenstrasse 19, Postfach 1564, 4502 Solothurn
T +41 32 625 80 80, F +41 32 623 64 10
[email protected], solothurnerfilmtage.ch
Ich danke unseren Sponsorinnen und Sponsoren, die diesen Anlass erst möglich machen,
ganz besonders auch der SRG SSR für das ständige Bemühen, in einer Zeit oft gestörter
Verbindungen tragfähige Brücken zu bauen und wünsche nun ihnen Allen von Herzen
einen interessanten Abend der guten Begegnungen.
Christine Beerli
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Untere Steingrubenstrasse 19, Postfach 1564, 4502 Solothurn
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