SCHÖNER LEBEN Anna Saarinen Teppich «Paperi», dunkelrot (oben links), Papier und Baumwolle, 80 × 185 cm, 870 Fr. Teppich «Onni», blau-weiss-grau (unten links), 100 % Baumwolle, 75 × 170 cm, 690 Fr. SCHMUCKER BODEN unter den Füssen Aus Seide oder Wolle, gewoben oder geknüpft: Handgefertigte TEPPICHE verschönern das Zuhause. Wir stellen zwei Frauen und einen Mann vor, die das kunstvolle Metier pflegen. Text Nicole Tabanyi Fotos Christine Benz Anna Saarinen fertigt Teppiche an ihrem Webstuhl. ANNA SAARINEN, 57 ZÜR ICH i m Sommer ist hier viel los», sagt Anna Saarinen, 57, die seit fünf Jahren in der Altstadt von Zürich Teppiche webt. Mittags eilen die Leute hungrig an ihrem Atelier vorbei – in den Garten der Wirtschaft Neumarkt. «Auf dem Rückweg entdecken sie mich durch das geöffnete Fenster. Sehen mich weben und werden neugierig.» In Anna Saarinens Atelier, das Büro, Showroom und Geschäft ist, finden Passan ten finnische Teppiche in allen möglichen Grössen und Farben. Und da sie alle waschbar sind, passen sie auch in die Küche und ins Bad. «Bei uns in Finnland haben wir die Teppiche früher am See oder am Fluss gewaschen. Heute kommen sie in die Waschmaschine», sagt Anna Saarinen. Vor 30 Jahren kam die Textildesi gnerin von Janakkala nach Zürich. Seit 2010 widmet sie sich ihren Teppichen. «Das ist ein Eisblau», sagt Anna Saarinen und zeigt auf einen Teppich aus Jersey, den man auch in Rostrot bestellen kann. Andere Teppiche versieht sie mit finnischen Mustern, aller dings modern interpretiert. Manche Teppiche webt sie sogar aus Papier. Die Kunst des Teppichwebens hat in Finnland eine lange Tradi tion. Auch Anna Saarinen stammt Teppich «Värikäs», 100 % Baumwolle, 75 × 150 cm, 490 Fr. «IN MEINER finnischen Familie haben die Frauen alles Mögliche GEWOBEN.» aus einer Familie, «in der Frauen alles Mögliche gewoben haben». Als ihr Urgrossvater Kyösti Kallio 1937 finnischer Staatspräsi dent wurde, folgte ihm seine Frau Kaisa nur unter der Bedingung in den Präsiden tenpalast nach Helsinki, dass sie ihren Webstuhl mitneh men durfte. «Das machte den Umzug erträglicher», sagt die Urenkelin. Der Teppich, den sie derzeit webt, heisst «Ilta». Das ist Finnisch und bedeu tet Abend. Adresse Atelier & Showroom, Neumarkt 3, 8001 Zürich. Di bis Fr, 10 bis 18.30 Uhr. Sa, 10 bis 16 Uhr. Tel. 079 249 71 11. Für Beratung vorher anrufen. www.annasaarinen.ch Schweizer Familie 16/2015 47 SCHÖNER LEBEN SALOMÉ BÄUMLIN, 35 Teppich «Nach der Kälte», in Marokko handgeknüpft, Hochflor, 117 × 167 cm, 8300 Fr. Salomé Bäumlin Teppich «Störung» (die Designerin ist darin eingewickelt), Wolle, 100 × 120 cm, 5600 Fr. Teppich «Grau» (an der Wand), Wolle naturbelassen, 120 × 210 cm, 6300 Fr. BER N s alomé Bäumlins Wandund Bodenteppiche sind voller Details. Der eine zum Beispiel besteht aus mindes tens acht verschiedenen Schwarztönen und ist mit knallbunten Zotteln ver sehen, die dem Teppich eine zuckersüsse Note verleihen. Auf einem anderen – Grund farbe Beige-Weiss – sind Linien zu sehen, in Blau, Grün und Braun, die sich wie Spuren in einer Sandwüste verlieren. «Wir färben die Schafwolle mit Indigo, Avocado und Kaffee. Mit Zwiebeln, Lorbeer, Ginster, Granatäpfeln, Rotholz, Randen und Russ», sagt Salomé Bäumlin, 35, in ihrem kleinen Atelier in Bern. An ihren Turnschuhen klebt immer noch etwas Sand von ihrer letzten Reise nach Marokko. Dort, wo inzwi schen 17 Frauen vom Stamm der Ait Tamassin für die Designerin und Künstlerin Teppiche knüpfen und weben. Mitten im Hohen Atlas. Im abgelegenen Bergund Berberdorf Anzal. In einer Landschaft, die karg ist und in der Teppiche mehrere Leben haben: Sie hängen als Zierde an der Wand, oder man schläft auf ihnen. Findet im Dorf eine Hochzeit statt, nimmt man ihn kurzerhand mit und setzt sich drauf. Und ist der Teppich mal beschä «DIE ELEMENTE Wasser, Erde, Luft, Feuer und Metall SIND IN MAROKKO unmittelbar erlebbar.» digt, wird ein Kissen daraus. «Als ich vor 18 Monaten meine ersten Entwürfe dorthin mitbrachte, machten die Frauen mehr oder weniger, was sie wollten», sagt Salomé Bäumlin. «Diese Schweizer Genauigkeit war ihnen sehr fremd.» Mittler Das Atelier von Salomé Bäumlin in Bern. Teppich «Labyrinth» (hinter dem Pult), Wolle, Pflanzfarbe, 121 × 191 cm, 7300 Fr. 48 Schweizer Familie 16/2015 weile aber seien sie als Team eingespielt. Sie waschen die Schafwolle, spinnen und färben sie. Dann geht es ans Knüpfen und Weben. «An schliessend spannen wir die Teppiche, weil sie oft schief sind, verarbeiten die Fransen und waschen sie nochmals.» Bis zu drei Monate dauert dieser Prozess vom Spinnen der heimischen Wolle bis zum fertigen Teppich. Und je nach Knüpf- und Webtechnik fühlen sich die Teppiche so weich an, als würde man einem jungen Kamel über den Rücken streicheln. Salomé Bäumlins neueste Kollektion heisst «Fünf Elemente». Eine kleine modulierbare Serie, die es dem Kunden ermöglicht, verschiedene Teppichtechni ken und -motive frei zu kombinieren. «Der Name kommt daher, weil alle fünf Elemente, Wasser, Erde, Luft, Feuer und Metall, in Marokko unmittelbar erlebbar sind», sagt Salomé Bäumlin. Der Quadratmeter Teppich ist ab 1200 Franken erhältlich. Adresse Production & Vente de Tapis, Kasthoferstrasse 10, 3006 Bern. Tel. 031 381 31 28 www.aitselma.com Verschiedene Einzelstücke, Gewebe und Hochflor, aus der Edition Salomé Bäumlin. Fotos: Name SCHÖNER LEBEN Teppich «Filzbach», in Anatolien gefilzt. 215 × 151 cm, 395 Fr. Teppich «Ennenda», handgewobener Sumak aus Schur- und Baumwolle, 240 × 170 cm, 695 Fr. CHRISTOPH HEFTI, 47 PAR IS, BRÜSSEL , MAILAND b einahe jeder Tag birgt für Christoph Hefti eine Überraschung. Denn derzeit treffen die ersten Teppiche, die er in Nepal rund um das Kathmandu Valley knüpfen liess, bei ihm ein. Einzeln verpackt, einer nach dem andern. Gerade kam ein grosses Paket mit einem Teppich an, der 3 auf 2 Meter misst. Er ist aus unterschied licher Schafwolle geknüpft. «Die Naturgarne habe ich Christof Hefti produziert in Nepal oder Anatolien. «ES PASSIERT MIR OFT, dass ich MIT FREUNDEN auf dem Teppich lande und nicht AUF DEM SOFA.» vorher rot eingefärbt», sagt der 47-jährige Designer aus Zürich, der zwischen Paris, Brüssel und Mailand pendelt. «So wird die weisse Schafwolle knallrot und die braune Wolle bordeaux.» Dort, wo Christoph Hefti seine Teppiche knüpfen lässt, herrscht ein reger Handel. Schafwolle aus Tibet, Nepal und der Mongolei wird hin- und hertransportiert, Körbe voller Seide wechseln die Hände, und in den Teppichmanufakturen herrscht Hochbetrieb. Denn auch Amerikaner lassen hier Teppiche produzieren, jedoch in viel grösserem Format als Christoph Hefti. Oft messen diese Teppiche 8 auf 12 Meter. «Meine Teppiche sind verhältnis mässig klein», sagt Christoph Hefti. «Weil sie Teppichpflege LANGES LEBEN FÜR DIE BODENSCHÄTZE Um an einem Teppich lange Freude zu haben, braucht er die richtige Pflege. Insbesondere Woll- und Orient teppiche bedürfen sorgfältiger Behandlung. Teppiche bei normalem Gebrauch regelmässig mit dem Staubsauger reinigen. Höchstens zweimal die Woche. Beim Saugen mit einer glatten Düse immer in Florrichtung über den Teppich fahren. Drehbewegungen schaden dem Gewebe. 50 Schweizer Familie 16/2015 Essensreste und Schmutz immer zuerst mit einem Messerrücken entfernen. Verschüttete Flüssigkeit sofort mit einem Haushaltpapier auftupfen. Nicht reiben! Den Flor in noch feuchtem Zustand in Strichrichtung bürsten. Dann den Fleck mit handwarmem Wasser behandeln und den Teppich trocknen lassen. Wenn der Fleck nicht weg geht, Teppich in eine Teppich wäscherei bringen. Teppich «Fashion waist», handgeknüpft in Nepal, 100 Knoten pro Quadratzentimeter, 80 × 240 cm. für Europäer gedacht sind und das Design komplex ist. Die Teppiche sind eine Leidenschaft von mir.» Die Christoph Hefti Rugs, wie seine Teppichkollektion heisst – «Rug» ist Englisch und bedeutet Teppich –, sollen Stücke sein, mit denen man lebt. Und die man möglichst lange braucht und geniesst. «Auf dem Teppich sitze ich und trinke Tee», sagt Christoph Hefti. «Wenn ich Freunde einlade, dann passiert es oft, dass wir auf dem Teppich landen und niemand auf dem Sofa sitzt.» Seine allerersten Teppiche entwarf Christoph Hefti 2014 in Anatolien für Atelier Pfister. Atelier Pfister ist ein eigenständiges Unternehmen unter dem Dach des Möbel herstellers Möbel Pfister. «Durch diese Filzteppiche kam ich auf den Geschmack», sagt Christoph Hefti. Die Teppiche «Ennenda» und «Filzbach», designt von Christoph Hefti, sind bei Möbel Pfister erhältlich. Ausstellung Die Kollektion Christoph Hefti Rugs ist in Mailand am Salone del mobile vom 14. bis 19. April 2015 im Palazzo Clerici bei der Maniera Design Gallery Brussels erstmals zu sehen. Ebenso an der Design Miami Basel vom 16. bis 21. Juni 2015. www.atelierpfister.ch
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