Newsletter VERGABERECHT Januar 2016/1 eVergabe in der Praxis: elektronischer Signatur? Nachforderung bei falscher VK Bund, Beschluss vom 6. Oktober 2015 – Az. VK 2-91/15 Sachverhalt Ein öffentlicher Auftraggeber („Ag“) macht ein Vergabeverfahren im Rahmen eines offenen Verfahrens europaweit bekannt. Das Vergabeverfahren wird über die eVergabe-Plattform des Bundes durchgeführt. Die Angebote müssen deshalb über die eVergabe-Plattform eingereicht werden. In den Bewerbungsbedingungen führt der Ag hierzu aus, dass Voraussetzung für die Abgabe eines Angebotes die Verwendung einer von der eVergabe-Plattform zugelassenen elektronischen Signatur ist. Ein Bieter signiert zwar entsprechend dieser Vorgaben sein Anschreiben zum Angebot und sein Preisblatt, nicht jedoch den vom Ag gestellten Angebotsvordruck. Für den Angebotsvordruck verwendet der Bieter stattdessen eine selbst angelegte elektronische Signatur, die nicht den Anforderungen der eVergabe-Plattform entspricht. Der Ag plant daraufhin zunächst das Angebot des Bieters, das nach Einschätzung des Ag das wirtschaftlichste wäre, wegen einer nicht zugelassenen Signatur auszuschließen. Der Bieter leitet in dessen Folge ein Nachprüfungsverfahren ein, woraufhin der Ag von dem geplanten Ausschluss absieht und stattdessen ein den Vorgaben entsprechend signierten Angebotsvordruck nachfordert. Der Bieter kommt der Nachforderung nach, indem er einen inhaltlich unveränderten, aber diesmal ordnungsgemäß signierten Angebotsvordruck einreicht. Daraufhin beabsichtigt der Ag, dem Angebot dieses Bieters den Zuschlag zu erteilen. Dies hält ein anderer Bieter („ASt“) für vergaberechtswidrig. Nach erfolgloser Rüge reicht der ASt seinerseits bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag ein. Der ASt argumentiert, dass das Angebot des anderen Bieters zwingend auszuschließen sei, weil der Angebotsvordruck nicht entsprechend den Vorgaben des Ag signiert worden sei. Es habe auch kein Raum für Nachforderungen gemäß § 19 EG Abs. 2 S. 1 VOL/A bestanden, da der Anwendungsbereich dieser Norm lediglich auf Erklärungen und Nachweise beschränkt sei. Entscheidung Der Nachprüfungsantrag wird als unbegründet zurückgewiesen. Nach Einschätzung der Vergabekammer muss das Angebot trotz fehlender formgültiger Signatur nicht ausgeschlossen werden. Der Angebotsvordruck habe gemäß § 19 EG Abs. 2 VOL/A mit formgültiger Signatur nachgefordert werden dürfen. Eine Kooperation von Nohr–Con und LEXTON Rechtsanwälte - Seite 2 von 2 - Zweck der Norm sei es, einen Ausschluss aus formalen Gründen zu vermeiden. Das Angebot sei deshalb nicht zwingend auszuschließen. Darüber hinaus bestehe auch keine Manipulationsgefahr, da nachvollziehbar sei, dass der nachgereichte Angebotsvordruck inhaltlich mit dem ursprünglich vorgelegten Angebotsvordruck übereinstimmt. Praxishinweis Die Entscheidung dürfte ein Vorgeschmack auf ein Themenfeld für zukünftige Nachprüfungsverfahren sein: Streitigkeiten im Zusammenhang mit der eVergabe. Bekanntermaßen ist die schrittweise Einführung der eVergabe Bestandteil der Vergaberechtsreform. Über die Auslegung der dafür geschaffenen rechtlichen Rahmenbedingungen wird voraussichtlich nicht selten gestritten werden. Sofern öffentliche Auftraggeber noch nicht ausreichend auf die eVergabe vorbereitet sind, ist ihnen dringend zu empfehlen, die erforderlichen technischen Vorkehrungen zu treffen. Darüber hinaus könnte es sich anbieten, zunächst auf die (voraussichtlichen) Übergangsbestimmungen zurückzugreifen, die vorerst auch weiterhin eine Übermittlung von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen auf dem Postweg zulassen, vgl. § 81 Abs. 2 VgVEntwurf des Bundeswirtschaftsministeriums vom 9. November 2015. Ferner ist öffentlichen Auftraggebern bei dem Einsatz einer elektronischen Signatur zu raten, möglichst darauf zu verzichten, ein Signaturerfordernis für jedes einzelne von den Bietern einzureichende Dokument aufzustellen. Stattdessen sollte eine elektronische Signatur für das gesamte Angebot gefordert werden. Das reduziert mögliche Fehlerquellen. Ihre Ansprechpartner bei Nohr-Con und LEXTON Rechtsanwälte: Genadijus Smertjevas Fabian Winters, LL.M. Bereichsleiter Nohr-Con Rechtsanwalt LEXTON Rechtsanwälte Oraniendamm 34 Kurfürstendamm 220 13469 Berlin T + 49 30 437 466 78 F + 49 30 437 466 79 [email protected] www.nohr-con.de 10719 Berlin T + 49 30 8866886-0 F + 49 30 8866886-60 [email protected] www.lexton.de Eine Kooperation von Nohr–Con und LEXTON Rechtsanwälte
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