Psychiater aus Leidenschaft

Praxis-Besuch in den Elbvororten
Fototermin im Therapieraum: Dr. Becker und Ehefrau Heide.
Sie bilden auch in der Praxis ein Team.
Psychiater aus Leidenschaft
Menschen interessieren ihn einfach, sagt Peter Becker von sich selbst.
Führungskräfte und Kreative, die im Alltag immer stark sein müssen kommen genauso
zu ihm wie Familienväter oder -mütter, die ihren Alltag nur noch grau in grau sehen.
D
er Eingang zur Praxis
liegt ein wenig versteckt. Mitten im
Ortskern Blankeneses
zwar, aber eben einmal um die
Ecke. Eher unscheinbar das
Ganze. Und dann tut sich die
Tür auf zu hellen, großzügigen
Räumen. Freundliche Farben,
ohne gewollt fröhlich zu sein,
unaufdringliche Bilder, die das
Ganze doch leben lassen. Hier,
denkt sich der Besucher, wäre
auch ein gutes Wohnen.
Dr. Becker freut sich sichtbar
über den Eindruck, den die
Räume machen. Er hat ihn sich
erhofft – und schon viele Male
bestätigt gefunden.
„Dies sollen angstfreie Räume sein“, sagt der Psychiater.
„Geschützte, ungestörte Zimmer, in denen meine Patienten
wissen, dass die nächste Stunde
ihnen gehört.“
Deshalb sollen sie sich auch
wie Gäste fühlen, bekommen
ein Getränk angeboten und
müssen im Allgemeinen nicht
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Dr. Klönschnack 8 · 2005
warten. „So schaffen wir eine
vertrauensvolle Atmosphäre,
die es den Patienten erleichtert,
über ihre Probleme zu reden.
Schließlich geht es dabei oft
um intimste persönliche Bereiche“, meint der Arzt.
Beispielsweise, wenn Führungskräfte oder Kreative zu
ihm kommen. Die stehen oft
unter der Verpflichtung, Erfolg
haben zu müssen, sind entsprechend leistungsstark. Auf
der anderen Seite haben sie
niemanden, mit dem sie sich
über ihre Sorgen und Ängste
austauschen können.
Gerade wenn dann noch die
Verantwortung für etliche Mitarbeiter dazukommt, wird der
entstandene Druck beispielsweise schon einmal mit Alkohol
kompensiert. Zuerst ist es nur
ein Gläschen, dann zwei, und
irgendwann geht es nicht mehr
ohne. Was niemand bemerken
darf – ein Teufelskreis, der allein kaum zu durchbrechen ist.
Denn das Suchtmittel – ob nun
speziellen Therapieverfahren
einverstanden erklärt und
einen symbolischen Vertrag
unterzeichnet, der ganz individuelle Komponenten und klare
Absprachen enthält. Dazu kann
das Einbeziehen Dritter gehören, denn „ohne Hilfe von außen ist eine Suchttherapie äußert schwierig.“
Der in Rissen geborene
Facharzt für Psychiatrie weiß,
wovon er redet. Zum einen hat
Emotionale Bedürf- er während seines MedizinStudiums in Hamburg, England
nisse erkennen,
und den USA eine außergeum Sucht zu heilen wöhnlich breit gefächerte
Ausbildung durchlaufen. Zum
anderen sind da zwölf Jahre
erkennen“, erklärt Dr. Becker.
Berufserfahrung in unter„Hier, in diesen Räumen, ist
schiedlichsten Bereichen der
das ungestört möglich.“
Erst nach einer ausführlichen Psychiatrie. Sie reicht von der
forensischen, Alters- und
persönlichen Anamnese und
Akutpsychiatrie über die
Problemanalyse beginnt die
Tiefenpsychologie bis hin zur
pragmatische, für den Patienten transparente zielorientierte Suchtmedizin. Seine AssistenzTherapie. Das heißt bei Sucht- zeit absolvierte er im Klinikum
problemen beispielsweise, dass Nord Ochzenzoll, promovierte
rasch und legte nach einem
der Patient sich mit einem
Alkohol oder etwas anderes –
ist letzlich nur eine Krücke, die
Bedürfnisse scheinbar befriedigt. Wird diese Krücke genommen, ohne dass auf unbefriedigte emotionale Bedürfnisse
eingegangen wird, schaffen die
meisten Menschen den Absprung nicht.
„Dazu ist es aber erst einmal
notwendig, Bedürfnisse überhaupt auszusprechen und zu
Dr. Klönschnack vor Ort
zu mir kommt, denke ich nicht
als erstes an Diagnosen wie
‘Depressiv’, ‘Sucht“ oder ähnliches. Ich möchte ihn vor allem
kennen lernen, lasse ihn dazu
einfach nur erzählen und rede
selbst fast gar nicht. Dann
bespreche ich mit ihm, auf
welchem Weg – beispielsweise
eine Psychotherapie – er
meines Erachtens sein Problem
wieder loswerden kann.
Wichtig dafür ist, dass die zu
erreichenden Ziele genau
definiert werden.“
Dabei spielt es für ihn keine
Rolle, ob sein Gegenüber Privat- oder Kassenpatient ist, „ob„... Ich bin ein
wohl überwiegend Privatpabodenständiger
tienten zu mir kommen“. Das
Therapeut und
mag auch daran liegen, dass
Kliniker...“
eine erfolgversprechende Therapie Zeit braucht. Zeit aber ist
ein Faktor, der von den Kassen
Dr. Becker sieht sich selbst
ungern bezahlt wird. Das
als bodenständigen Kliniker
zwingt Praxen dazu, mit der
und Therapeuten: „Das war
auch der Grund für den Sprung Zeit, die für den Einzelnen
bleibt, genau zu kalkulieren.
in die Selbstständigkeit. Im
Dr. Becker zuckt die Achseln:
Krankenhaus hätte ich zuneh„Andererseits müssen Ärzte so
mend administrativ arbeiten
mehr und mehr zu Dienstleimüssen.“
stern werden – wir können uns
Er sagt: „Wenn ein Patient
neurologischen Jahr seine
Facharztprüfung ab. Er leitete
als Oberarzt den legalen
Bereich (Alkohol, Tabak, Medikamente, Glücksspiel) der
Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen im Klinikum Nord
Ochsenzoll. 2001 übernahm er
als Oberarzt klinische Verantwortung in der Abteilung für
Psychiatrie und Psychotherapie
des Asklepios Westklinikums,
leitete die akut-psychiatrische
Station und baute die Station
mit suchtmedizinischem
Schwerpunkt auf.
Dr. med. Peter Becker, Facharzt für Psychiatrie
Praxis Dr. med. Peter Becker
Blankeneser Bahnhofstr. 11
22587 Hamburg
Telefon 86 69 39 68
www.die-seele-staerken.de
Wer seelische Unterstützung
braucht, wird sie hier finden.
Egal, ob es sich zunächst
um eine Beratung handelt,
oder um Hilfe bei schwerwiegenden Erkrankungen
wie Sucht, Depression oder
auch Alzheimer.
nicht mehr als Halbgötter in
Weiß sehen.“
Aber das hat er sowieso nie.
„Ich möchte den Menschen
mit meinem ganzheitlichanalytischen Ansatz – zu der
auch eine moderne, sanfte
Pharmakotherapie gehören
kann – einfach helfen.
Berührungsängste sind
überflüssig – wir werden zu
Partnern.“
Übrigens: Wer Dr. Becker besucht, wird die obligatorische
Couch vergebens suchen. Stattdessen findet er sich in einer
angenehmen Gesprächsituation, mit seinem Gegenüber auf
gleicher Ebene und bequem im
Sessel sitzend, wieder.
PAT