Landessportfischerverband Schleswig-Holstein e.V. (LSFV) anerkannter Verband nach Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Mitglied im Deutschen Angelfischerverband e.V. (DAFV) Landessportfischerverband Schleswig Holstein e.V., Papenkamp 52, 24114 Kiel LSFV e.V., Geschäftsstelle Papenkamp 52, 24114 Kiel per e-mail: [email protected] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit - N II 1 Postfach 12 06 29 53048 Bonn Telefon: 0431 – 6768 18 Telefax: 0431 – 6768 10 e-mail: [email protected] Internet: www.lsfv-sh.de Zeichen: vo 12. Februar 2016 Schutzgebietsverordnungen in der AWZ Aktenzeichen: N II 1 - 72019-3/0 Sehr geehrte Damen und Herren, mit Dank für die Verfahrensbeteiligung übersende ich hiermit die Stellungnahme unseres Verbandes, der ebenso Fischereiverband ist wie auch ein gesetzlich anerkannter Umweltverband, und der 39.000 Angler in Schleswig-Holstein vertritt. In den Verordnungsentwürfen, im einzelnen die Verordnungen über die Festsetzung des - Naturschutzgebietes „Borkum Riffgrund", - Naturschutzgebietes „Doggerbank“, - des Naturschutzgebietes „Fehmarnbelt“, - des Naturschutzgebietes „Kadetrinne“, - des Naturschutzgebietes „Pommersche Bucht - Rönnebank“, - des Naturschutzgebietes „Sylter Außenriff - Östliche Deutsche Bucht“, ist beabsichtigt, die Ausübung der Freizeitfischerei erheblich einzuschränken. Die aufgeführten Begründungen sind indes fachlich/sachlich nicht nachvollziehbar, die Einschränkungen sind unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Die Verordnungsentwürfe beziehen sich für die Festsetzung bestimmter Seegebiete als Naturschutzgebiete auf die Richtlinien 2009/147/EG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie) und 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) als Rechtsgrundlagen. Bereits im Rahmen früherer Gebietsausweisungen wurde wiederkehrend betont, daß die Richtlinien die Mitgliedstaaten lediglich zu geeigneten Schutzmaßnahmen verpflichten. Keine Verpflichtung bestand und besteht hingegen, die Gebiete zu Naturschutzgebieten (NSG) i.S.d. deutschen Rechtes zu erklären. Die Prüfung von Handlungsalternativen ist offenkundig unterlassen worden, wenn auch im Erläuterungstext die Existenz von Alternativen schlicht und ohne jeglichen Nachweis negiert wird. . Förde Sparkasse IBAN DE19 210 501 700 000 107 391 BIC NOLADE21KIE USt-IdNr.: DE134856260 . Doch selbst wenn die Einrichtung von NSG erforderlich sein sollte, was weder belegt noch ersichtlich ist, müßte deswegen die Angelfischerei nicht eingeschränkt oder verboten werden. Zahlreiche NSG-Verordnungen beinhalten die ausdrückliche Möglichkeit, Angelfischerei auszuüben. Wenn die hier behandelten Verordnungsentwürfe nun die Freizeitfischerei beschränken oder verbieten, fehlt dafür eine naturschutzfachlich und rechtlich belastbare Begründung. Ohne eine ausreichende Datenlage stellt sich das geplante Verbot lediglich als inakzeptable politische Maßnahme dar, nicht aber als eine fundierte, nachvollziehbare. Immerhin bleiben Sie bei der Bewertung fehlender Daten konsequent. Ebenso wie Sie fehlende Daten über die angelfischereiliche Nutzung offenbar als unschädlich ansehen gilt gleiches für fehlende Daten über schützenswerte Vogelarten. Denn Sie benennen Arten als mögliche Profiteure der Schutzgebietsausweisung, ohne dabei deren jahreszeitlich unterschiedliches Auftreten oder deren positive Bestandsentwicklung (auch ohne Angelverbot) zu berücksichtigen. Wir weisen Aussagen als willkürlich zurück, die nur behaupten, die Angelfischerei würde in sensiblen Gebieten „zu zusätzlichen Störungen führen“. Eine oberste Bundesbehörde sollte solche Verallgemeinerungen unterlassen. Jedenfalls wäre eine gebietsspezifische differenzierte Betrachtung erforderlich gewesen, die zu der Erkenntnis geführt hätte, daß die Intensität der (angel)fischereilichen Nutzung in den einzelnen Gebieten abweicht, in keinem aber relevant ist für Säuger- oder Vogelarten. Insbesondere für Gebiete mit geringer Nutzungsintensität ist ein Verbot unangemessen, unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Das zeigt sich bereits an dem Umstand, daß Berufs- und Sportschiffahrt keinen Einschränkungen unterliegen, trotz des Umfanges dieser Nutzungen in den einzelnen Seegebieten. Bei einem Vergleich zwischen Angel- und Sportboot erkennen wir, daß Letzteres mit hohen Geschwindigkeiten geführt werden kann, weil gerade dies ein Aspekt des Wassersportes ist. Die schnelle (und damit laute) Annäherung etwa an Meeressäuger oder (rastende) Vögel könnte als Störfaktor angesehen werden. Bitte bedenken Sie aber, daß die Nutzung eines Angelbootes eine gänzlich andere ist. Diese werden entweder treibend (Fahrt über Grund ausschließlich beeinflußt durch Wind und Wasserströmung), oder etwa beim Trolling mit einer Geschwindigkeit um 3 kn eingesetzt. Noch deutlicher zeigt sich die Sinnlosigkeit eines Verbotes der Angelfischerei bei einer konkreten Betrachtung etwa des geplanten Schutzgebietes „Kadetrinne“. Es handelt sich dabei um eines der schwierigsten Fahrwasser der gesamten Ostsee und eine der meistbefahrenen Schiffahrtsrouten europaweit. Ausnahmen zu den geplanten Verbotsregelungen soll es nach dem Entwurf geben für die Energieerzeugung (Wasser, Strömung und Wind), die Gewinnung von Bodenschätzen und die Verlegung von Rohren und Kabeln. Meint irgend jemand ernsthaft, dieses intensiv wirtschaftlich genutzte Gebiet könne dann durch ein Verbot der Angelfischerei in einen günstigen Erhaltungszustand gebracht werden? Nun aber Maßnahmen anzustreben, die einige Angelboote und etwa 20 Angelkutter (die ohnehin nur jahreszeitlich begrenzt fahren, mit erheblichen Auswirkungen auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) treffen, reicht bereits, um die fehlende fachliche/sachliche Grundlage für Verbote deutlich aufzuzeigen. Dabei heben wir hervor, daß es sich bei Anglern und Fischern, im Gegensatz zu allen anderen Nutzern, um ausgebildete Personen handelt, die ihr Wissen über die Vorgänge in der Natur in einer staatlichen Prüfung nachgewiesen haben. Nun ausgerechnet diesen Personenkreis wegen angeblich schädlicher Einflüsse auf die Natur zu strafen ist widersinnig. Aber auch bei Gebieten mit höherer angelfischereilicher Nutzungsintensität ist es in einem Verfahren dieser Tragweite ungewöhnlich und unzulässig, derartig pauschal Vermutungen 2 . an die Stelle einer Argumentation zu setzen. Zu erwarten gewesen wären wenigstens Ausführungen, in welcher Weise der Schutzzweck der Verordnungen, der Erhaltungszustand und die Erhaltungsziele durch (Angel)Fischerei mehr als durch Seeschiffahrt und Wassersport beeinträchtigt wird. Ihr Fehlen, verbunden mit unbelegten Behauptungen, ruft Unverständnis, fehlende Akzeptanz und Sorge um Behördenwillkür hervor. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht hätten die Verbote wesentlich mehr Nachteile als ökologische Vorteile. Die Küstenregionen sind oftmals strukturschwach und auf Fremdenverkehr/Tourismus angewiesen. Das wiederkehrende Bekenntnis unserer Landesregierung zu allen Formen der Fischerei als traditioneller Nahrungserwerb und unverzichtbarer Bestandteil der landeskulturellen Identität wirkt vor dem Hintergrund des jetzigen Verfahrens floskelhaft. Das mag die Naturschutzverwaltung (des Bundes) noch als wenig beeindruckend oder belastend hinnehmen. Bedacht werden sollten aber die Folgen für das Umweltbewußtsein in der Bevölkerung. Den Eindruck, daß Naturschutz stets mit ordnungsrechtlichen Verboten einhergeht, die Menschen gängeln und einschränken, begannen wir in Schleswig-Holstein langsam zu überwinden. Das völlig unverhältnismäßige Verbot der Angelfischerei bei gleichbleibend zulässiger Seeschiffahrt, zulässigem Wassersport und Verbotsausnahmeregelungen für wirklich beeinträchtigende wirtschaftliche Nutzungen wirft eine positive Entwicklung erheblich zurück. Und diese Erkenntnis sollte dann auch für eine Naturschutzverwaltung von Interesse sein. Dabei möchte ich hervorheben, wie in der Anfangszeit von Natura 2000 gehandelt wurde. Zunächst kamen zwischen allen Beteiligten Freiwillige Vereinbarungen zustande, die wegen der Offenheit, Transparenz und des gegenseitigen Verständnisses ein hohes Maß an Akzeptanz genossen. Dementsprechend wurden sie nicht in Zweifel gezogen. Auch anschließend, als die Freiwilligen Vereinbarungen in Managementpläne übergingen, wirkte weitreichende Einbeziehung positiv. Und nun folgt der Rückschlag mit ordnungsrechtlichen Verboten. Der bestehende Eindruck, diese seien fachlich nicht fundiert und rechtlich zumindest unverhältnismäßig, ist für das eigentlich gemeinsame Bemühen um naturverträgliches Handeln katastrophal. Im Ergebnis stellt sich eine Festsetzung der benannten Gebiete als NSG i.S.d. deutschen Rechtes als europarechtlich weder erforderlich noch geboten dar. Das Vorhaben, die Angelfischerei zu verbieten, ist als unbegründet und unverhältnismäßig aufzugeben. Mit freundlichem Gruß Robert Vollborn LL.M. RA, Geschäftsführer 3
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