Änderungen bei Kreditfonds grundsätzlich zu begrüßen

[BOEZ: BZ-SONDERBEILAGEN-PRODUKTION <B06> [BOZ -6 ] ... 26.09.15]
B 6 Börsen-Zeitung Nr. 185
Autor:STOERKEL
23.09.15
Sonderbeilage
13:46
Sonnabend, 26. September 2015
Änderungen bei Kreditfonds grundsätzlich zu begrüßen
Vorgeschlagene Beschränkungen werden jedoch vor allem auf Fondsebene die neuen Möglichkeiten wieder deutlich einschränken
Börsen-Zeitung, 26.9.2015
Die zunehmende Bedeutung von Kreditfonds basiert im Wesentlichen auf
drei Kriterien:
䡲 Banken suchen im Rahmen der
neuen Eigenkapitalanforderungen durch Basel III nach Möglichkeiten der Bilanzentlastung.
䡲 Institutionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionskassen suchen im Rahmen des Niedrigzinsumfelds nach höher verzinslichen
und zugleich relativ sicheren Anlagen.
䡲 Von staatlicher Seite wird nach
Wegen gesucht, dem bestehenden
Investitionsstau insbesondere im
Bereich Infrastruktur durch die
Einbeziehung des Kapitalmarkts
im Wege der Drittfinanzierung
entgegenzuwirken.
Da jedoch Anleger zumeist nicht
die detaillierten Kenntnisse und Erfahrungen aus dem Kreditgeschäft
mit sich bringen, um die Bonität einzelner Kreditnehmer und die gestellten Sicherheiten ausreichend einschätzen und beurteilen zu können
und um ferner dem Wunsch nach Risikodiversifikation Rechnung zu tra-
„Die neue Rechtslage
in Deutschland ermöglicht überhaupt
erst die Auflage von
echten inländischen
Kreditfonds. “
gen, ergeben sich für die professionelle Kreditvergabe, -überwachung
und -abwicklung außerhalb des Bankenbereichs zunehmend Chancen
für Kreditfonds.
Unter Kreditfonds werden solche
regulierten Vehikel verstanden, die
eine Vielzahl von Krediten entweder
vergeben
(originäres
Kreditgeschäft) oder erwerben (derivatives
Kreditgeschäft), diese bündeln, laufend überwachen und administrieren. Dabei können sowohl einzelne
Kredite oder Pakete von Krediten vergeben beziehungsweise erworben
werden; dies allein oder im Rahmen
eines Konsortiums.
Um insbesondere die Versorgung
von Infrastrukturmaßnahmen sowie
kleiner und mittelgroßer Unternehmen (KMU) mit Krediten zu erleichtern, werden seitens der EU diverse
Maßnahmen ergriffen. Im Rahmen
Kapitalverwaltungsgesellschaften
(KVG) aufgegeben und nunmehr im
Vorgriff auf die sich abzeichnende
nationale gesetzliche Verankerung
im Rahmen der Umsetzung der
OGAW-V-Richtlinie die Möglichkeit
für die Auflage von Kreditfonds in
Deutschland geschaffen. Nach der
neuen Verwaltungspraxis der BaFin sind die
Vergabe von Krediten sowie die Prolongation
Von
und Restrukturierung
René Thiel . . .
von Krediten durch eine
KVG grundsätzlich zulässig, jedenfalls für bestimmte Fondstypen.
Die neue Rechtslage
in Deutschland ermöglicht überhaupt erst die
Auflage von echten inGeneralbevollmächtigländischen Kreditfonds,
ter der LRI Invest S. A.
also solchen Fonds, die
originär Kredite vergeder Kapitalmarktunion soll ein ech- ben (sogenannte Loan Originating
ter Kapitalbinnenmarkt innerhalb Funds), da die Kreditvergabe vorder EU geschaffen werden. Neben mals Banken und Versicherungen
der Verbesserung des Zugangs zu Fi- vorbehalten war. Aber auch für
nanzmitteln sollen insbesondere Fonds, die (nur) Kredite erwerben,
KMU Erleichterungen bei der Kapital- bewirkt die geänderte Verwaltungsaufnahme erfahren, da diese von zu- praxis einen deutlichen Vorteil.
nehmend restriktiver agierenden Denn nach bisheriger AufsichtspraBanken besonders betroffen sind.
xis war zwar der Erwerb von Kreditforderungen statthaft, nicht jedoch
Geänderte Verwaltungspraxis die spätere Anpassung der Darlehensbedingungen (zum Beispiel VerIm Rahmen der ELTIF-Verord- zinsung oder Laufzeit). In der laufennung wurde die Möglichkeit der Kre- den Fondsverwaltung hat dies zu erditvergabe durch Alternative Invest- heblichen praktischen Schwierigkeimentfonds (AIF) unter Einbezie- ten geführt, da sich die Notwendighung von Privatkunden geschaffen keit späterer Anpassungen kaum aus(für sogenannte richtlinienkonforme schließen lässt.
Publikumsfonds – OGAW – gilt unverändert das Verbot der KreditverAuch Restriktionen
gabe). Zu den zulässigen Anlageklassen zählen dabei insbesondere auch
Die Neuerungen bringen aber
Infrastrukturprojekte.
ebenso eine ganze Reihe von AnforNachdem also auf Ebene der EU derungen und Restriktionen mit
die Möglichkeit der Kreditvergabe sich. So dürfen Loan Originating
durch Fonds erstmals durch ELTIF Funds nur als sogenannte geschlosse(sowie EuVECA und EuSEF) gere- ne Spezialfonds, also als Fonds für
gelt wurde und sich auch die ESMA professionelle Investoren ohne Rückdafür ausspricht, die Kreditvergabe gaberecht aufgelegt werden. Zusätzals zulässige Assetklasse in Zusam- lich gelten Investitionsbeschränkunmenhang mit AIF zu akzeptieren, gen, zum Beispiel darf der Fonds lehat die Bundesanstalt für Finanz- diglich bis zu 30 % durch eine Fremddienstleistungsaufsicht (BaFin) ihre kapitalaufnahme gehebelt werden,
bisherige restriktive Verwaltungspra- und Kredite an einen einzelnen Darxis zur Vergabe von Krediten durch lehensnehmer sind auf 20 % des
wie die allgemeine Ausgestaltung
der individuellen Regelungen werden im Rahmen des Zulassungsgesuchs bei der Luxemburger Finanzaufsichtsbehörde (CSSF) geklärt
und anschließend von dieser genehmigt. Insofern betrifft die geänderte
Verwaltungspraxis der BaFin Luxemburger Fonds nicht direkt.
Jedoch war es aufgrund der Regelungen
. . . und
des deutschen KreditweTimo Patrick Bernau
sengesetzes (KWG) sowie der Verwaltungspraxis der BaFin ausländischen Fonds nicht möglich, direkt Kredite an
deutsche Kreditnehmer
zu vergeben, da die originäre Vergabe von KreLocal Partner bei GSK
diten eine entsprechenStockmann + Kollegen
de Banklizenz erforderlich machte. Deshalb
rungen investieren. Echte Kredit- mussten ausländische Fonds in der
fonds in der Form von Publikums- Vergangenheit eine sogenannte
fonds sind hingegen weiterhin nicht Frontingbank einschalten, die den
gestattet, sodass Privatkunden diese Kredit an den Kreditnehmer vergibt
Anlageklasse grundsätzlich verwehrt und diesen anschließend an den
Fonds verkauft (Sekundärerwerb).
bleibt (mit Ausnahme der ELTIFs).
Neben den Beschränkungen auf Auch bestand die Möglichkeit, dass
Fondsebene gelten künftig besonde- der Kreditnehmer Inhaberschuldverre Anforderungen in Bezug auf die schreibungen im Wege der PrivatFondsverwaltung. Die KVG eines Kre- platzierung begibt und der ausländiditfonds hat eine angemessene Ge- sche Fonds diese erwirbt.
schäftsorganisation sowie Verfahren
zur Klassifizierung und FrüherkenWenig konsequent
nung von Risiken in Anlehnung an
die Mindestanforderungen an das RiZwar nimmt die BaFin selbst in ihsikomanagement der Banken und rer Verlautbarung nicht direkt zu
ein entsprechendes Liquiditätsma- ausländischen Fonds Stellung, jenagement für Darlehen vorzuhalten. doch existiert die von der BaFin zur
Um eine zu starke Regulierungsarbi- Begründung der Erlaubnisfreiheit
trage zu verhindern, wird also eine nach dem KWG herangezogene AusAngleichung der internen Geschäfts- nahmeregelung wortgleich für KVG
prozesse an die Abläufe bei Banken aus der EU und aus Drittstaaten, soverlangt.
dass von einer Übertragung auf ausBei den Auswirkungen auf auslän- ländische KVG ausgegangen werden
dische Fonds ist zunächst festzuhal- darf. Dies findet bereits seine Entten, dass die Luxemburger Gesetzge- sprechung in dem Referentenentbung zu Spezialfonds anders als in wurf des OGAW-V-UmsetzungsgesetDeutschland keine speziellen Ein- zes, allerdings mit der Einschränschränkungen betreffend die Asset- kung, dass KVG außerhalb der EU
klasse Kredite enthält. Es gelten viel- dies nur dann für sich in Anspruch
mehr die allgemeinen Regelungen nehmen können, wenn der betreffenan die Verwaltung des Vermögens, de Kreditfonds auch zum Vertrieb in
insbesondere die Risikodiversifikati- Deutschland zugelassen ist.
onsvorschriften in Höhe von 30 %
Fazit – Die geänderte Verwaltungspro Einzelinvestment. Einzelfälle so- praxis der BaFin und die vom deutFondsvermögens zu beschränken. Offene Spezialfonds mit einem laufenden Rückgaberecht der Anleger sind
hingegen weiterhin auf den Erwerb
von Kreditforderungen beschränkt.
Zudem darf ein offener Fonds maximal bis zu 50 % seines Fondsvermögens in unverbriefte Darlehensforde-
schen Gesetzgeber im Rahmen der
Umsetzung der OGAW-V-Richtlinie
geplanten Änderungen bei Kreditfonds sind grundsätzlich zu begrüßen.
Allerdings werden durch die vorgeschlagenen Beschränkungen insbesondere auf Fondsebene die neuen Möglichkeiten wieder erheblich
eingeschränkt. Das ist insoweit
überraschend und wenig konsequent, als erst im März dieses Jahres die Anlageverordnung als maßgeblicher Regelungsrahmen für Versicherungen angepasst worden ist,
um den deutschen Versicherungsunternehmen unter anderem die Anla-
„Unter Kreditfonds
werden solche
regulierten Vehikel
verstanden, die eine
Vielzahl von Krediten
entweder vergeben
oder erwerben, diese
bündeln, laufend
überwachen und
administrieren.“
ge in Fonds mit bis zu 100-prozentiger Investition in unverbriefte Darlehen zu ermöglichen. Die hiermit explizit zum Ausdruck gebrachte politische Intention, Investitionen von
Versicherungen in Infrastrukturprojekte zu fördern, wird damit konterkariert. Gleichzeitig wird der Trend
institutioneller Investoren, verstärkt in ausländische, insbesondere Luxemburger Fonds zu investieren, unterstützt.
Wem folgt die ESMA?
Die ESMA hat verlautbaren lassen, dass sie an der Ausarbeitung
von Regelungen betreffend die Kreditvergabe durch AIF arbeitet. Hier
wird sich zeigen, ob die ESMA eher
dem restriktiveren deutschen oder
dem liberaleren Luxemburger Ansatz folgen wird.
Finanzplatz Luxemburg im zyklischen Umbruch
Durch eine Vielzahl langjähriger Erfolgsfaktoren und Kernkompetenzen steht weiterem Wachstum nichts im Wege
Börsen-Zeitung, 26.9.2015
Der Luxemburger Finanzplatz ist
seit seiner Entstehung durch die Entwicklungen in der internationalen Finanzindustrie geprägt worden. Die
vergangenen 20 Jahre waren für die
Finanzindustrie mit enormen Veränderungen und Herausforderungen
verbunden. Seit der Aufhebung des
Glass-Steagall Act (Trennung von
Einlagen- und Handelsgeschäft) im
Jahr 1999 haben die internationalen
Banken eine grundlegende Neuausrichtung ihrer Geschäftsmodelle vollzogen. Diese Neuausrichtung hat
mehrere Phasen und Ausprägungen
gekannt:
SGG-S-A
䡲 Zwischen 1999 und 2008: Generelle Annäherung der Einlagenbanken und Investmentbanken
mit einer beachtlichen Steigerung
der Verschuldung und Ausweitung der Verbriefungs- und Strukturierungsaktivitäten, die schlussendlich global zum Auslöser der
weltweiten Finanzkrise von 2008
wurden.
䡲 Zwischen 2009 und heute: Durch
externe Regularien (unter anderem CRD IV, AIFMD, Emir) getriebene Entflechtung der Geschäftsfelder oder zumindest Segregation der Kapitalunterlegung für die
einzelnen Geschäftsaktivitäten.
Diese Entwicklung auf der Bankenseite wurde seit Ende der achtziger
Jahre begleitet durch ein fulminantes Wachstum der Einlagen in Anlageprodukten, unter anderem Publikumsfonds (Ucits), die über den Luxemburger Standort aufgelegt, verwaltet und vertrieben werden.
Mit diesen Entwicklungen sind
auch die Geschäftsmodelle der Banken und Finanzdienstleister am Luxemburger Finanzplatz entstanden
und über die Jahre weiterentwickelt
worden. Die Mehrheit der Luxemburger Institute definiert ihr Geschäftsmodell in den Bereichen „Private
Banking“, „Commercial Banking“
(Kreditgeschäft) und „Asset Servicing“ (Fondsgeschäft) für eine internationale Kundschaft. Die Verquickung der einzelnen Geschäftsfelder
ermöglicht ein hohes Potenzial an
Geschäftssynergien (zum Beispiel
Verwahr- und Settlementkosten) sowie eine Wettbewerbsdifferenzierung durch die Spezialisierung, insbesondere im Asset Servicing.
Aktuelle Herausforderungen
Die Finanzkrise im Jahr 2008 sowie die darauf erfolgte regulatorische Neuausrichtung der Finanzaufsicht haben zu einer maßgeblichen
Veränderung des Wettbewerbsumfeldes geführt. Diese Veränderung ist
in allen großen Finanzzentren zu beobachten. In Luxemburg vollzieht
sich die Anpassung an das neue Umfeld entlang der folgenden vier
Trends:
1. Konsolidierung: Die Konsolidierung der Finanzbranche und die
Zusammenführung immer größerer
Finanzkonglomerate äußert sich in
Luxemburg durch die Verlagerung
„Die Finanzindustrie
hat global wie auch
in Luxemburg strukturelle Veränderungen
durchlaufen, was wesentliche Veränderungen der bestehenden
Geschäftsmodelle
bedingt.“
(Auslagerung) verschiedener Geschäftsbereiche an spezialisierte Finanzdienstleister sowie die internationale Zusammenführung an spezialisierten Standorten (Centre-of-Excellence-Strategien). Dies führt zu einer Verringerung der Anzahl der Pri-
schäftsfelder werden neu ausgerichtet oder geschlossen und neue Geschäftsbereiche eröffnet. Die Fokussierung auf einige wenige Kernkompetenzen ist hier im Hinblick auf die
erforderlichen Mittel von strategischer Bedeutung.
4. Steuertransparenz: Die Transparenz und der internationale Austausch von steuerrelevanten Daten, welcher
mit der Fatca-Gesetzgebung in den USA begonVon
nen hat und nun im RahOlivier Carré
men des „Common Reporting Standard“ der
OECD weltweit ausgeweitet wird, bedeutet einen grundlegenden Einschnitt in das internationale Finanzwesen. Die
Partner, Regulatory
Neuausrichtung des PriAdvisory Services
vate Banking mit der FoPwC Luxembourg
kussierung auf sogenannte High Net Worth
hat zu einer neuen Regulierung der Individuals ist bei vielen Instituten
sogenannten Alternativen Invest- ein bereits abgeschlossener strategimentfonds (AIF) geführt. Diese Re- scher Prozess.
gulierung ist eine Chance für den Luxemburger Finanzplatz. Die WettbeVeränderte Geschäftsmodelle
werbsfaktoren, die in den vergangenen Jahrzehnten im PublikumsfondsDie Finanzindustrie hat global wie
Geschäft (Ucits) gesammelt werden auch in Luxemburg strukturelle Verkonnten, sind nun auch für die AIF änderungen durchlaufen, was wevon Bedeutung. Dienstleistungen sentliche Veränderungen der bestewie Depotbanken, unabhängige Be- henden Geschäftsmodelle bedingt.
wertung und die administrative Auf- Noch anstehende Veränderungen gebereitung von Nettoinventarwerten trieben durch externe Faktoren werund Berichtswesen sind nun im AIF- den diesen Prozess verstärken. InsbeBereich den neuen regulatorischen sondere die Auswirkungen von MiVorgaben unterworfen. Dieser positi- fid II (Neufassung der Finanzberave Trend wird verstärkt durch das an- tungsdienstleistungen sowie Einzunehmende zukünftige Wachstum schränkung der Provisionsmodelle)
dieser Branche.
und auch die „Base Erosion Profit
3. Geschäftsanforderungen und Shifting“-Initiative der OECD (VerMarkteintrittsbarrieren: Die neuen meidung der Verlagerung von Erträregulatorischen Vorgaben sowie die gen ohne Geschäftsbasis) werden
Spezialisierung des Geschäfts führen hier von Bedeutung sein.
zu einer Steigerung der AnforderunDiese Veränderungen äußern sich
gen und somit der Eintrittsbarrieren. in strategischen Re- oder NeupositioDiese Anpassungen vollziehen sich nierungen sowie in der Überprüfung
innerhalb der einzelnen Banken un- der bestehenden Kosten- und Erter signifikanten Investitionen und tragsstrukturen. Die folgende AufVeränderungen. Traditionelle GeFortsetzung Seite B 7
vatbanken und zu einer Steigerung
der Anzahl der Geschäftsbanken
(Corporate Banking) und Fondsdienstleister. Insgesamt bleibt die
Anzahl der Institute stabil und die
verwalteten Vermögen erhöhen sich
fortlaufend.
2. Regulierung Alternativer Anlageprodukte (AIF): Die Finanzkrise