Stadt soll sich gegen die «Mall» rüsten

Samstag, 23. Januar 2016 / Nr. 18
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Stadt/Region Luzern
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Stadt soll sich gegen die «Mall» rüsten
LUZERN Läden und Stadtrat wollen gemeinsam
für eine attraktive Innenstadt sorgen. Gespräche
laufen bereits. Doch es gibt noch viele offene
Fragen – nicht nur zum Geld.
ROBERT KNOBEL
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Was gibt es Schöneres, als nach dem
Shopping oder einem Kinobesuch noch
in einem Boulevard-Café einen Kaffee
zu trinken? Erst recht, wenn nebenan
ein Strassenspektakel stattfindet und
man auf dem Heimweg noch durch den
Wochenmarkt schlendern kann.
Eine typische Beschreibung aus der
Luzerner Innenstadt? Kann sein. Die
Szene könnte sich aber genauso gut in
der Mall of Switzerland weitab vom
Stadtzentrum abspielen. Das zumindest
erhoffen sich die Betreiber der Mall, die
im Herbst 2017 eröffnet. Diese soll
demnach nicht einfach ein herkömmliches Einkaufszentrum sein, sondern
zu einer eigenen Freizeitdestination werden. Die Besucher sollen sich fühlen,
als würden sie durch ein pulsierendes
Stadtzentrum flanieren. Genau diese
Vorstellung macht den Gewerblern in
der Luzerner Innenstadt Bauchweh. Die
Frage, wie sich die Mall auf die Innenstadt auswirken wird, beschäftigt die
Betroffenen sowie Politiker seit Jahren.
Am 2. Dezember fand ein Treffen
zwischen diversen Wirtschaftsvertretern
und dem gesamten Stadtrat statt. Dabei
ging es auch um die Frage, wie die Stadt
Zoff um Mattenhof-Verkauf
mit der Herausforderung Mall of Switzerland umgehen soll. Man war sich
einig, dass man gemeinsam an einem
Strick ziehen muss. Wie eine solche
Zusammenarbeit zwischen Stadt und
Gewerblern genau aussehen könnte, ist
allerdings noch offen – ein konkreter
Beschluss wurde nicht gefasst.
Stadt schafft ein Netzwerk
Klar ist bisher lediglich, dass die Stadt
unter dem Namen «Forum attraktive
Innenstadt» ein Netzwerk schaffen will,
«um auch die Einkaufs- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu stärken», wie es Stadtpräsident Stefan Roth
formuliert. Die Stadt plant, alle Interessenvertreter mit Bezug zur Innenstadt
zu regelmässigen Forumsveranstaltungen einzuladen. Das «Forum attraktive
Innenstadt» geht auf einen Auftrag des
Parlaments im Rahmen des städtischen
Wirtschaftsberichts zurück.
Rund anderthalb Jahre vor Eröffnung
der Mall of Switzerland scheint man
also die ersten Schritte Richtung Stärkung der Innenstadt zu unternehmen.
Was erwarten die Betroffenen von der
geplanten Zusammenarbeit mit der
Stadt? Heinz Bossert, Präsident des
Luzerner Detaillistenverbands, sagt:
«Wir müssen eine Vision entwerfen,
wohin sich die Stadt entwickeln soll.» verschiedenster Partikularinteressen:
Dies solle unter Einbezug von Entwick- Neben den Detaillisten gibt es interlungsexperten geschehen. Wichtig sei national ausgerichtete Uhrenfirmen,
dabei, dass die Stadt Luzern als Ganzes Beizen, Anwohner und natürlich die
auftritt. Es brauche ein eigentliches Tourismusbranche. Entsprechend gibt
Standortmarketing. Woher das Geld es mehrere Organisationen, welche mitdafür kommen soll, dafür hat Bossert mischen: Ausser dem Detaillistenverbereits eine Idee: vom ALI-Fonds zur band sind dies etwa die City-VereiniAttraktivierung der Innenstadt. Sinniger- gung, der Wirtschaftsverband und die
weise wurde dieser Fonds 1997 geschaf- Quartiervereine. Von diesen scheint
fen mit dem Ziel, den
zurzeit
niemand
schlagkräftig genug,
Wettbewerbsnachteil
der
Innenstadt
um die Interessen der
gegenüber den EinInnenstadt als Gankaufszentren wettzuzes zu vertreten.
machen, die mit GraEinfluss der Stadt
tisparkplätzen lockist begrenzt
ten. Daher wird der
Auch der Einfluss
Fonds auch aus Einnahmen von Parkgeder Stadt ist begrenzt:
bühren gespiesen.
Sie kann weder die
«Die Stadt sollte das
Mietpreise noch den
Das Geld wird für
Branchenmix direkt
diverse Projekte, die
Geld fürs Standortbeeinflussen. Immerder Innenstadt zugumarketing ausgeben.» hin
lud der Stadtrat
tekommen, verwenH E I N Z B O S S E RT, LU Z E R N E R
det. Heinz Bossert
im letzten Herbst
D E TA I L L I ST E N V E R B A N D
findet, dass die jährsämtliche Liegenschaftsbesitzer der
lich 250 000 Franken
gezielter eingesetzt
Altstadt zu einem
werden müssten. «Statt viele Einzelpro- Treffen ein. Ziel war es, sich über die
jekte mit Kleinbeträgen zu unterstützen, gegenseitigen Bedürfnisse auszutausoll das Geld besser fürs Standortmar- schen. Doch diese decken sich oft überketing ausgegeben werden.»
haupt nicht: Während der Hausbesitzer
mit der Wahl einer internationalen KleiViele Einzelinteressen
derkette seine Mieteinnahmen zu optiDoch wer würde die «Marke Innen- mieren sucht, ist die Stadt an einem
stadt» nach aussen vertreten? Da tun möglichst vielfältigen Branchenmix insich neue Fragen auf. Denn die Luzer- teressiert. Kann da die Stadt überhaupt
ner Innenstadt ist – im Gegensatz zur etwas ausrichten? Ja, findet CVP-GrossMall of Switzerland – ein Tummelfeld stadtrat Albert Schwarzenbach. Der Alt-
stadtbewohner setzte sich mit diversen
Vorstössen für eine lebendige Innenstadt
ein. Der Branchenmix sei ein wichtiges
Kriterium, die Innenstadt gegenüber der
Konkurrenz attraktiv zu halten. «Die
Stadt kann zumindest versuchen, bei
den Liegenschaftsbesitzern Goodwill zu
schaffen und sie für das Thema Branchenmix zu sensibilisieren», sagt
Schwarzenbach.
Längere Öffnungszeiten im Zentrum?
Einen Einfluss auf die Attraktivität
haben die Ladenöffnungszeiten. Diese
sind im Kanton Luzern so restriktiv wie
nirgends sonst. Daran muss sich auch
die Mall of Switzerland halten – im
Gegensatz etwa zum Länderpark in
Stans. Und die Luzerner Innenstadt?
Dort gibt es einen gewissen Spielraum,
der bisher kaum genutzt wird. Für stark
tourismusorientierte Geschäfte können
nämlich liberalere Öffnungszeiten bewilligt werden. In der Altstadt ist ein
grosser Teil der Geschäfte stark von
Touristen abhängig – und das betrifft
nicht nur die Uhrenläden. Einzelne Geschäfte in der Innenstadt profitieren
bereits von ausgedehnten Öffnungszeiten. Gemäss Stefan Roth erhält die Stadt
vermehrt Anfragen von weiteren interessierten Geschäften. «Auch diese Fragen versuchen wir im Rahmen des
Forums zu klären», sagt Roth.
Längere Öffnungszeiten kommen allerdings nicht bei allen Geschäften gut
an. So wehrte sich insbesondere Heinz
Bosserts Detaillistenverband bisher vehement gegen jegliche Liberalisierungsversuche.
Im Schulzimmer entstehen Aliens
KRIENS/LUZERN hb. Ob nach dem
Verkauf des Mattenhof-Areals an die
Eberli Sarnen AG dort eine Saalsporthalle entstehe, sei «alles andere als
sicher». Das teilte das überparteiliche
«Komitee gegen den Mattenhof-Verkauf» gestern mit. Die Eberli AG könne nach dem Kauf «mit dem Grundstück frei machen, was sie will», so
das Komitee, das sich Anfang Woche
gegründet hat – mit Beteiligung der
Grünen und der SP Stadt Luzern.
«Das ist konstruierter Blödsinn»,
kontert Toni Bucher, Verwaltungsratspräsident der Eberli Sarnen AG. «Ein
anderer Bau kommt für uns nicht in
Frage und würde Treu und Glauben
sowie dem Sinn des Vorvertrages klar
widersprechen.»
Auch Stadträtin Jost widerspricht
Auch die städtische Baudirektorin
Manuela Jost widerspricht der Darstellung des Gegenkomitees. Sie verweist ebenfalls auf den Kaufrechtsvertrag. Darin heisst es wörtlich, dass
die Kaufrechtnehmerin das Kaufrecht
nach der Baubewilligung nur ausüben
kann «unter der Bedingung, dass das
bewilligte Projekt den Bau einer multifunktionalen Halle (...) vorsieht».
Es gehe dem Komitee darum, zu
verhindern, dass die Stadt nach dem
Verkauf des Grundstücks ihren Einfluss darauf völlig verliere, sagt der
grüne Grossstadtrat Christian Hochstrasser: «Was, wenn die Eberli AG
in Schwierigkeiten gerät und die
Sporthalle trotz Landkauf nicht realisieren kann?» Auch in diesem theoretisch möglichen Fall wäre ein anderes Projekt ohne Mehrzweckhalle
«aufgrund der vertraglichen Bestimmungen auf diesem Grundstück nicht
möglich», betont Stadträtin Jost.
Luzerns Stadtbevölkerung stimmt
am 28. Februar über das Kaufrecht
an die Eberli Sarnen AG ab.
GRATULATION
Diamanthochzeit
LUZERN red. Morgen feiern Matteo
und Rita Schaffhauser-Ingold am
Weinmarkt 4 in Luzern ihren
60. Hochzeitstag. Wir gratulieren
herzlich und wünschen ihnen viel
Gesundheit und frohe Stunden.
Der neunjährige Fabio bastelt im Schulhaus Hermolingen in Rothenburg einen Fasnachtsgrend – «einen freundlichen Alien».
Bild Corinne Glanzmann
ROTHENBURG Mit viel
Fantasie basteln Drittklässler
im Schulhaus Hermolingen
einen Grend. Einige warten mit
speziellen Extras auf.
20 Kinder liessen ihrer Fantasie freien
Lauf und bastelten an ihrem Grend.
Gecoacht wurden sie von Klassenlehrer
Marco Christen und Vertretern der Vereinigten. Die Vereinigten sind ein Zusammenschluss von etwa 80 Fasnachtsgruppen aus Stadt und Agglomeration
Luzern. Sie fördern Traditionen der
Fasnacht wie das Grendetragen.
Für ihre Meisterwerke hatten die Drittklässler zwei Vormittage Zeit. Claudia
Dillier, verantwortlich bei den Vereinig-
ten für das Grende-Baschtle, macht dies
bereits das fünfte Mal: «Die Kinder sind
immer mit Begeisterung dabei und am
Schluss von ihrem eigenen Grend freudig überrascht.»
Auf den Basteltischen liegen Masken
aus Pappmaché mit
zwei bis fünf Augen,
teuflischen Hörnern,
mal düster dunkelblau
oder knallbunt. Der
neunjährige Rocco erklärt sein Sujet: «Am
Anfang hatte ich keinen Plan. Plötzlich
kam mir dann eine Idee, es wird ein
Punk.» Roccos Maske ist in SchwarzWeiss-Rot gehalten und trumpft mit
Details auf. Später werde er noch ein
«echt» blutendes Auge montieren, erzählt Rocco und strahlt. Er freut sich
jetzt schon auf die Schulfasnacht vom
kommenden Freitag und den Kinderumzug. Auch Ashley ist mit Begeisterung
am Werk und versetzt ihrem Grend noch
grüne Tupfen. «Zuerst wollte ich einen
Hasen basteln, doch
dann hat sich alles ein
bisschen verändert,
und jetzt ist es ein
Alien-Spinnen-Vampir.» Ausserirdisch
kommt auch Sarinas
Grend daher. Es ist ein
kunterbunter Alien.
«Wir grüssen euch aus
dem All» war das Thema, und die Kinder haben es mit Fantasie umgesetzt.
Fasnachtstradition vermitteln
Bereits seit 18 Jahren besucht eine
Gruppe der Vereinigten Schulklassen,
um ihnen das Grende-Baschtle beizubringen. Zuerst wird aus einem Tonblock
die Maske modelliert, dann mit Halbkarton ausgelegt, lackiert und bemalt.
Gestern nun galt es, Augen auszustechen, den Grend anzupassen, das Gummiband für guten Halt zu montieren
und den Grend mit Details wie Fell,
Glimmer, Pfeifenputzern oder Spinnen
aufzumotzen. Für einige Kinder wird es
das erste Mal sein, für andere ist die
Fasnacht bereits fester Bestandteil im
jungen Leben.
SANDRA MONIKA ZIEGLER
[email protected]
www...
Bilder: Weitere Impressionen vom Grende-Baschtle
unter www.luzernerzeitung.ch/bilder