Phasen und Grenzflächen Monomolekularer Film Abstract In diesem Versuch soll der mittlere Platzbedarf eines Tensidmoleküls an der Oberfläche einer Flüssigkeit (Wasser) ermittelt werden. Dies geschieht durch Bestimmung des Filmkollaps unter zu Hilfenahme einer WILHELMY-Waage. 1 Theoretische Grundlagen Wird eine oberflächenaktive Substanz z.B. ein Tensid vorsichtig auf die Oberfläche einer Flüssigkeit (Wasser im Falle dieses Versuchs) aufgebracht, ordnen sich deren Moleküle in einer klar definierten Art und Weise an. Die „wasserliebende“ (hydrophile) Kopfgruppe taucht in die Flüssigkeit ein, während der „wasserabweisende“ (hydrophobe) Kettenteil in die Gasphase hineinragt (Vgl. Abbildung 1) Abbildung 1: Anordnung oberflächenaktiver Moleküle an einer Phasengrenzfläche (flüssig/gasförmig) Diese Anordnung an der Oberfläche ist energetisch außerordentlich günstig und führt zu einer Erniedrigung der Grenzflächenspannung. (Vgl: LabGirls-Versuch Oberflächenspannung) Um einen sog. monomolekularen Film zu erzeugen, werden die oberflächenaktiven Moleküle (in diesem Versuch: Fettsäuremoleküle) in einem leicht flüchtigen Lösungsmittel gelöst und vorsichtig auf die Oberfläche aufgetropft. Nachdem das Lösungsmittel verdampft ist, können sich die Moleküle gleichmäßig auf der Oberfläche verteilen und es entsteht der monomolekulare Film (Vgl.: Abb 1 eine einfache Lage an Fettsäuremolekülen befindet sich an der Wasseroberfläche und nur dort). Dieser Vorgang wird als Spreiten bezeichnet. Bei sehr kleinen Oberflächenkonzentrationen, also wenn sich nur vereinzelte Moleküle auf der Oberfläche befinden, sind die Moleküle auf der Oberfläche frei beweglich. Allerdings handelt es sich hierbei um Beweglichkeit in zwei Dimensionen auf der Oberfläche . Für den sich einstellenden Filmdruck π gilt folgende Gleichung (Gl. 1): π A = nRT Gl. (1) π ist dabei der Filmdruck (er hat die Dimension Kraft pro Länge und die Einheit N/m), A ist die Größe der Grenzfläche (Oberfläche), n ist die Stoffmenge, R ist die allgemeine Gaskonstante und T die Temperatur. Wird nun die Oberfläche verkleinert, bleibt den einzelnen Molekülen (weil sie zusammengeschoben werden) im Mittel weniger Platz und der Filmdruck π steigt. Wird die Oberfläche kleiner als die Fläche, die die Gesamtheit der aufgetragenen Moleküle benötigt, werden die Moleküle des monomolekularen Films übereinander geschoben. Wenn dies geschieht, bricht der Filmdruck π stark ein. Dieses Zusammenschieben des Films wird als Filmkollaps bezeichnet. Am Kollapspunkt (kurz vor dem Zusammenschieben des Films) liegen die Moleküle der Monoschicht in dichtester Packung nebeneinander. Die Fläche, die ein Fettsäuremolekül einnimmt ist dabei AM= A n ⋅ NA Gl. (2) Dabei sind AM die Fläche, die ein einzelnes Fettsäuremolekül benötigt, A die Größe der Fläche am Kollapspunkt, n die Stoffmenge auf der Oberfläche und NA die AVOGADRO-Zahl. 2 Aufgabenstellung Für eine oberflächenaktive Substanz soll der Filmdruck bei verschieden großen Oberflächen aufgenommen werden. Aus der Fläche am Kollapspunkt kann der mittlere Platzbedarf eines einzelnen Moleküls an der Grenzfläche bestimmt werden. 3 Messmethode und Apparatur Die Bestimmung des Filmdrucks erfolgt mit Hilfe der sog. WILHELMY-Plättchen-Methode oder WILHELMY-Waage. Hierbei wird ein Plättchen in eine Grenzfläche eingetaucht. (Siehe Abb. 2) Abbildung 2: Prinzip der WILHELMY-Waage mit beweglicher Barriere. Auf das Plättchen wirken je nach Oberflächenkonzentration verschieden starke Kräfte. Der Filmdruck π kann direkt an einer Anzeige am Gerät abgelesen werden. Aus der Fläche am Kollapspunkt und der Oberflächenkonzentration der aufgetragenen Moleküle kann der mittlere Platzbedarf eines einzelnen Moleküls bestimmt werden. 4 Versuchsdurchführung Die Teflonbarierre soll so eingestellt werden, dass die verfügbare Oberfläche zu Beginn des Versuchs 20 cm x 7,3 cm entspricht. Mit Hilfe einer Pasteurpipette an der Pumpe wird der Trog „leergesaugt“. Nun wird der Trog mit ausreichend MilliQ Wasser gefüllt. Zur Entfernung von eventuell vorhandenen Verunreinigungen an der Grenzfläche wird diese vorsichtig mit der Pasteurpipette abgesaugt. Achtung: Sauberes, sorgfältiges und nach Möglichkeit erschütterungsarmes Arbeiten ist unerläßlich für das Gelingen des Versuchs! An den Messkopf der Waage wird ein Filterpapier von ca. 15 mm x 22 mm gehängt und bis an die Wasseroberfläche gesenkt, bis sie leicht eintaucht. Die Waage wird auf ca. null abgeglichen. Nun werden mit Hilfe einer Mikropipette 50 µL der Sterinsäure vorsichtig auf die Oberfläche aufgebracht. Da die Sterinsäure in einer Chloroformlösung ist, wird kurz gewartet bis das Chloroform verdampft ist. Die Anzeige des Messgeräts entspricht dem Filmdruck. Im weiteren Verlauf wird die Barriere vorsichtig um jeweils 0,5 cm im Richtung Plättchen verschoben (und somit die Filmfläche verkleinert) und der zugehörige Filmdruck abgelesen. Es sollen so lange Messwerte aufgenommen werden, bis der Filmkollaps erfolgt. Der Kollapspunkt ist erreicht, wenn der Filmdruck steil ansteigt und dann wiederum rasch abfällt. Die Messung soll mindestens zweimal durchgeführt werden. Vor jeder neuen Messung muss der Trog sorgfältig gespült und ein neues Filterpapier verwendet werden. (Filterpapier nicht mit den Fingern berühren) Nach Beendigung des Versuchs ist der Trog und alle weiteren verwendeten Werkzeuge (Glasgeräte, Pipetten etc.) zu reinigen und die Barriere wieder in den Ursprungszustand zu schieben. 5 Auswertung Der Filmdruck π wird in einem Diagramm gegen die Größe der Oberfläche aufgetragen. Aus der Fläche am Kollapspunkt kann nun der mittlere Platzbedarf eines einzelnen Moleküls berechnet werden. 6 Daten Molmasse von Stearinsäure: 285 g mol−1 Allg. Gaskonstante R: 8,314 J/(mol*K) AVOGADRO-Zahl NA: 6,022*1023 mol-1 Der theoretische Flächenbedarf eines Stearinsäuremoleküls beträgt ca. 0,19 nm2. Dieser Wert entstammt folgender Überlegung. Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, hängt der Platzbedarf nicht von der Länge der Alkylkette sondern von der Fläche deren Querschnittes ab. Bei der Stearinsäure sieht dieser Querschnitt wie folgt aus: Die Fläche des Querschnitts lässt sich näherungsweise als Rechteck beschreiben. Deren Größe kann man leicht berechnen, wenn man die zwei Seiten wie folgt unterteilt und die einzelnen Teile ausrechnet: c b a b c c d d c mit: a = Abstand Kohlenstoffatom zu Kohlenstoffstoffatom, b= Abstand Wasserstoff- zu Kohlenstoffatom, c = Abstand Wasserstoffatom zur Umgebung, d = Abstand Wasserstoff- zu Kohlenstoffatom in Längsrichtung Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Kohlenstoffatome nicht in einer Ebene liegen, wie die Aufsicht nahelegen könnte, sondern sie sind vielmehr schräg versetzt, wie folgendes Modell verdeutlicht: Abbildung 3: Aufsicht (man erkennt die Rechtecksfläche) Abbildung 4: Längssicht (man erkennt die versetzten C-Atome) Nun lassen sich die Abstände einzeln berechnen: Berechnung von a: Zur Berechnung von a hilft folgender Ausschnitt vom Längsschnittes des Stearinsäuremoluküls : se nu e t po Hy β) a Wir erkennen ein rechtwinkliges Dreieck dessen Hypotenuse der C-C-Bindung entspricht. Das von uns gesuchte a entspricht einer Kathete des Dreiecks. Der Bindungswinkel zwischen den Kohlenstoffatomen (CCC) sei mit 110° angenähert. Daher entspricht der Winkel β genau 55°. Die Länge der Hypotenuse entspricht zweimal dem Radius eines Kohlenstoffatoms in einer kovalenten Bindung (rC,kov. = 0,77 Å = 0,77*10-10 m) Wir können nun also unsere Länge a ausrechnen: cos = a 2∗r C , kov. ⇒ a=2∗r C ,kov.∗cos a=2∗0,77∗10−10 m∗cos 55 ° =0.88∗10−10 m Berechnung von b: Für die Berechnung von b schauen wir uns nur ein Kohlenstoffatom mit den zwei Wasserstoffatomen an. Auch hier lässt sich ein rechtwinkliges Dreieck finden, das uns bei der Berechnung hilft: α b Die Länge b entspricht auch hier wieder einer Kathete des Dreiecks. Die Hypotenuse entspricht der Bindung des Kohlenstoff zum Wasserstoff. Ihre Länge entspricht also der Summe der kovalenten Atomradien des Kohlenstoffs und des Wasserstoffs. Auch der Bindungswinkel der zwischen den beiden Wasserstoffatomen ist näherungsweise 110°, der Winkel α in unserem kleinen Dreieck also 55°. Wir können nun also b berechnen: cos = b ⇒ b=r C ,kov.r H , kov.∗cos r C , kov.r H , kov. b=0,770,32∗10−10 m∗cos 55 °=0,63∗10−10 m Berechnung von c: c entspricht dem van-der-Waals-Radius eines Wasserstoffsatoms: c = 1,2 Å = 1,2*10-10 m. Berechnung von d: Für die Berechnung von d können wir dieselbe Skizze wie bei b verwenden. Nur interessieren wir uns diesmal für die Länge der anderen Kathete. Anstelle des Cosinus verwenden wir daher den Sinus. sin = d ⇒ d =r C , kov.r H , kov. ∗sin r C ,kov. r H , kov. d =0,770,32∗10−10 m∗cos 55° =0,89∗10−10 m Flächenberechnung Mit den Längen dieser Teile können wir nun die Länge und die Breite des Rechtecks ermitteln. Länge = a+2*b+2*c = (0,88 + 2* 0,63+ 2*1,2)*10-10 m = 4,54*10-10 m Breite = 2*c+2*d = (2*1,2 + 2* 0,89)*10-10 m = 4,18*10-10 m Die Fläche des Rechteckes beträgt also 4,54 * 10-10 m * 4,18 * 10-10 m = 18,98 * 10-20 m2 ≈ 0,19 nm2. Messwerttabelle: Länge des Trogs in cm 20 19,5 19 18,5 18 17,5 17 16,5 16 15,5 15 14,5 14 13,5 13 12,5 12 11,5 11 10,5 10 9,5 Fläche in cm² Filmdruck bei der 1.Messung Filmdruck bei der 2.Messung
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