3-Kammerbeutel und Medikamente

3-Kammerbeutel und Medikamente:
An welche Kompatibilitätsprobleme muss ich denken?
Krankenhausapotheke der Uniklinik Köln
Dr. Britta Witter
04.11.2015| Dr. B. Witter
Agenda
• Kompatibilität – Definition und Beispiel
• Kompatibilität in parenteraler Nahrung
• Was beeinflusst die Kompatibilität
• Vitamine
• Spurenelemente
• Medikamente
• Hilfreiche Literatur
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Interessenkonflikte…
…bestehen nicht!
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Kompatibilität
Ursprung des Wortes aus dem Lateinischen:
1) compatior = Mitleid haben
2) patibilis = erträglich
http://de.pons.com/übersetzung
Bedeutung von kompatibel in Pharmazie und Medizin:
miteinander vereinbar
miteinander verträglich
miteinander mischbar
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Kompatibilität - Beispiel
Tee
+
Zitrone
=
mischbar
kompatibel
Klare Lösung
Tee
+
Milch
= mischbar
kompatibel
Stabile
Emulsion
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Kompatibel – was heißt das?
Tee
+
Milch + Zitrone = nicht mischbar
Ausflockungen
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inkompatibel
Kompatibilität in parenteraler Nahrung
Bei parenteralen Lösungen können sowohl manifeste,
als auch larvierte Inkompatibilitäten auftreten:
Manifest =
sichtbar, wahrnehmbar
(Verfärbung, Phasentrennung, Trübung)
Larviert =
nicht sichtbar, nur analytisch nachweisbar
(Abbaureaktionen, Adsorption am Material,
Inaktivierung)
Litterst et al: Inkompatibilität parenteral verabreichter Arzneimittel; Krankenhauspharmazie 32; (6) 2011:345-351
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Kompatibilität in parenteraler Nahrung
Foto: B.Braun, Melsungen
• Die intravenöse Applikation von
Nährstoffen stellt weitaus höhere
Anforderungen an die Kompatibilität der
Lösungen als die enterale Applikation
• 3-Kammerbeutel sind hochkomplexe
in sich stabile Systeme
• nach Mischung sind die Komponenten
kompatibel für einen definierten Zeitraum
[ 24 bis 48 h ]
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Was beeinflusst die Kompatibilität ?
Temperatur
pH-Wert
Chemische
Prozesse
Licht
Zugabe von Lösungen
Tröpfchengröße
der Fettemulsion
Kompatibilität
Primärpackmittel
Sauerstoff
Konzentration der
Bestandteile
Infusionsdauer
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3-Kammerbeutel und Vitamine
Leitlinie Parenterale Ernährung der DGEM (2007)
Kapitel 7: Wasser, Elektrolyte, Vitamine und Spurenelemente
„Vitamine und Spurenelemente müssen den Infusionslösungen
zugegeben werden.
Vitamine sollten soweit möglich unmittelbar vor Gebrauch des
Ernährungsbeutels zugegeben werden.
Der Aktivitätsverlust kann verringert werden, in dem die
Vitamine in der Fettemulsion gelöst, bzw. eine Lichtschutzhülle
verwendet wird.“
Biesalski HK et. al.; Aktuelle Ernährungsmedizin 2007;32 Supplement 1: S30- S34
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3-Kammerbeutel und Vitamine
Leitlinie Parenterale Ernährung der DGEM (2007)
Kapitel 10: Praktische Handhabung von AIO-Mischungen
Kommentar
Aus physikochemischen Gründen ist die gleichzeitige Verabreichung von
Spurenelementen und Multivitaminen in AIO-Mischungen kritisch.
Die kombinierte Verabreichung von Multivitaminen und Spurenelementen,
auch getrennt von AIO-Mischungen, ist daher nicht uneingeschränkt zu
empfehlen!
Mühlebach S. et al. Aktuelle Ernährungsmedizin 2007;32 Supplement 1: S54- S59
04.11. 2015 | 3-Kammerbeutel und Medikamente
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Wasserlösliche Vitamine
Vitamin C (Ascorbinsäure)
o Antioxidans wirkt der Fettoxidation entgegen
o Oxidation durch Metallionen führt zur Zersetzung bis
zur Oxalsäure
o Abbauprodukt Oxalat bildet Komplexe mit Kalzium
o Konzentration in Fertigarzneimittel niedriger
als Tagesbedarf für Erwachsene mit PE
Bedarf: 200 mg (Empf. DGEM für Erwachsene)
Dosis: 100 – 125 mg
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Wasserlösliche Vitamine
Vitamin B12 (Cyanocobalamin)
o Lichtempfindlich
o pH-Wert empfindlich
o empfindlich gegenüber Reduktionsmitteln
Vitamin C
o empfindlich gegenüber Oxidationsmitteln
(Metallionen: Kupfer, Eisen)
Vitamin B1( Thaimin):
Temperatur- und Oxidationsempfindlich
Vitamin B2 (Riboflavin):
Lichtempfindlich
Vitamin B6 (Pyridoxin):
Licht- und Oxidationsempfindlich
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Fettlösliche Vitamine
Vitamin E (Tocopherol)
o Antioxidans wirkt der Fettoxidation entgegen
o unterschiedliche Konzentrationen in den
Fertigpräparaten
Vitamin A (Retinol)
o Lichtempfindlich
o Adsorption an Kunststoff möglich
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Spurenelemente
Kupfer
(Cu2+)
Eisen (Fe2+/Fe3+)
Zink (Zn2+)
Kupfer und Eisen führen unter anderem zur Zersetzung/Abbau
von Vitamin C und Vitamin B12
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Dokumentierte Kompatibilität
Vitamine und Spurenelemente
Kompa Datenbank Fresenius, online Zugriff 28.10.2015
(https://www.fresenius-kabi.de/kompatibilitaeten.htm)
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Dokumentierte Kompabilität
Vitamine und Spurenelemente
Infoblatt zu 3-Kammerbeuteln und Kompatibilitäten, www.B.Braun.de , HD.01.04.14/1 Nr. 3962590 Stand: 04/2014
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Vitamine und Spurenelemente
Fazit
Applikation aseptisch und unmittelbar vor Gebrauch des
3-Kammerbeutels
Jede Zugabe dokumentieren
Zugabe nur solcher Lösungen, deren Kompatibilität seitens
der Hersteller dokumentiert ist
Bei nicht dokumentierter Kompatibilität die Vitamine und
Spurenelemente möglichst getrennt
voneinander applizieren
- z.B. Vitamine in AIO-Mischung, Fettemulsion als
Lichtschutz nutzen
- Spurenelemente als Kurzinfusion vor oder nach der PE
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Medikamente
Die Datenlage zu Medikamenten in Parenteraler Ernährung ist gering
Studien berücksichtigen entweder physikalische oder chemische
Kompatibilitäten
Beobachtungszeitraum und Applikationsdauer sind oft nicht identisch
Produktspezifische Daten sind nicht extrapolierbar
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Medikamente
Insulin
http://pictures.doccheck.com/de
/tag/Insulin
Die Applikation von Insulin wird kontrovers diskutiert
Insulin adsorbiert an Kunststoffoberflächen die frei verfügbare Dosis
ist von verschiedenen Faktoren abhängig (Volumen, Mischung,
Art und Geschwindigkeit der Zugabe)
Insulin wird häufig in AIO-Mischungen zugegeben und
nach klinischem Effekt dosiert
Insulinapplikation in die PE ist nur für stoffwechselstabile Patienten
geeignet
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Insulin
Ergebnis einer Mail-Umfrage im Verband Deutscher Krankenhausapotheker
(ADKA) zu Stabilitätsdaten von Insulin in Parenteraler Ernährung
(Sandra Reischmann; Dienstleistungscenter Apotheke; Universitätsmedizin Mannheim 01.10.2015)
Produkt
Nutriflex lipid peri 1)
Insulin
Humaninsulin normal
Max. Konz.
Stabilität
In h
Temp.
°C
30 I.E. /1250 ml Btl. 24
20 -25
Humaninsulin normal
Smof Kabiven zentral
(Actrapid(R), Huminsulin( 100 I.E./1477 ml Btl. 48
1477 ml 2)
R) normal, Lilly#)
20 -25
Smof Kabiven zentral Huminsulin lispro
1477 ml 2)
(Humalog(R)#)
100 I.E./1477 ml Btl. 48
20 -25
Smof Kabiven zentral Insulin aspartat
(NovoRapid(R))
1477 ml 2)
100 I.E./1477 ml Btl. 48
20 -25
1) Herstellerangaben B.Braun Melsungen
2) Kompa Datenbank Fresenius
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Medikamente
Heparin
A.S.P.E.N. Clinical Guidelines: Parenteral Nutrition Ordering, Order Review, Compounding, Labeling, and
Dispensing; Journal of Parenteral and Enteral Nutrition Volume 38 Number 3 March 2014 334–377:
Heparin + Fettemulsion
Destabilisierung der Fettemulsion
(Aufrahmen, veränderte Tröpfchengröße)
Dokumentierte Kompatibilität ist aber in einzelnen Fällen beschrieben:
Produkt
Zusatz
Konzentration Stabilität
Temp.
°C
Smof Kabiven
Heparin-Natrium
2500, 500 I.E./ml
0-1500 I.E./Btl
25
24 h
Kompa Datenbank Fresenius (https://www.fresenius-kabi.de/kompatibilitaeten.htm)
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Bouchoud, L. et al., 2013
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Medikamente
Fazit
Medikamentenzusatz möglichst vermeiden
Zusätze nur bei Kombinationspartnern mit dokumentierten
Kompatibilitätsdaten aller Komponenten
Entscheidungen über Zusätze im Ernährungsteam aus
Ärzten, Apotheker und Pflege treffen
Wenn Medikamentenzusatz, dann genau dokumentieren:
(Name des Präparates, Konzentration, Datum, Uhrzeit,
Handzeichen)
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Hilfreiche Literatur
Gebrauchs- und Fachinformationen der Hersteller
www.stabilis.org
Leitlinie Parenterale Ernährung der DEGM (2007)
Trissel, Lawrence A.: Pocket Guide to Injectable Drugs
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
Apotheke, Qualitätskontrolle
Apotheke, Klinische Pharmazie
Dr. Britta Witter
Dr. Andrea Liekweg
Telefon: 0221 478-88464
Telefon: 0221 478-88488
[email protected]
[email protected]
Uniklinik Köln
Kerpener Str. 62
50937 Köln
www.uk-koeln.de
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