Dickinson College, Sommersemester 2013, USA Mein Auslandsaufenthalt am Dickinson College im Frühjahr 2013 war insgesamt gesehen ein voller Erfolg und hatte nur wenige, überwindbare Schwierigkeiten. Dabei fällt mir vor allem der Stress der Vorbereitung des Auslandssemesters ein, der sich aus der vergleichsweise sehr kurzen Vorbereitungszeit und den vielen Formalitäten ergab, die eine Visumsbeantragung für die USA nach sich zieht. Erst Anfang Oktober wurden wir darüber informiert, dass wir das Stipendium der Uni Bremen für das Dickinson College bekamen, am 16. Januar sollten wir nun schon bereits in Pennsylvania ankommen. Da der 16. Januar noch mitten im Bremer Wintersemester liegt, hieß es nun erst mal mit allen aktuellen Dozenten sprechen, ob Prüfungsleistungen vorgeholt, nachgeholt oder simultan aus dem Ausland abgelegt werden konnten. Zeitgleich durchforstete ich das sehr umfangreiche akademische Programm des Dickinson College und bastelte bereits an einem Stundenplan für mein Spring Semester, das meine noch ausstehenden Studienleistungen möglichst abdecken sollte. Aufgrund technischer Probleme mit der „Gateway“ genannten Plattform über die sämtliche Kommunikation, Stundenpläne, Lehrmaterialien und administrative Tätigkeiten abgewickelt wurden, stand mir diese Möglichkeit zunächst eine Woche nicht zur Verfügung, was zu einigen Verzögerungen führte. Die angepeilten Kurse musste ich dann mit den entsprechenden Anerkennungsbeauftragten meiner beiden Studienfächer abstimmen und mir im Vorhinein schon einmal die Sicherheit abholen, dass diese nach meinen Vorstellungen anerkannt werden konnte. Während diese Vorbereitungen in Bremen liefen, sollten auch noch einige Dokumente ans Dickinson College ausgefüllt und abgeschickt werden, damit von dort die für das Visum benötigten Unterlagen losgeschickt werden konnten. Insgesamt war auch die hohe Anzahl der Dokumente gut zu bewältigen, da es zu jedem Zeitpunkt klar war, welche Dokumente wann und wohin mussten. Das Programm Dickinson in Bremen, allen voran Jens Schröder waren mir dabei eine riesige Hilfe. Weitere Aufgaben, die es zu bewältigen gab waren ärztliche Bescheinigungen einzuholen, Visumsanträge stellen, Termine für einen Besuch der US Botschaft in Berlin finden (alternativ Frankfurt oder München), die Mitstudenten, die dieses Abenteuer mit mir angingen kennenlernen und natürlich schon mal nach Flügen in die USA Ausschau halten. Nach zwei bis drei Wochen intensiver E-Mail- Kontakte und etlichen Stunden in Sprechstunden bzw. vor Bürotüren wartend, waren diese Formalitäten größtenteils abgehandelt und die wichtigen Dokumente aus den USA unterwegs. Nach deren Eintreffen vereinbarte ich einen Termin in der US- Botschaft, der sich aufgrund von universitären Verpflichtungen erst im Dezember realisieren ließ. Mit Sack und Pack, sowie über einem halben Dutzend Dokumenten ging es nach Berlin. Die eigentliche Prozedur dauerte dann 2 Minuten und war vollkommen problemlos. Damit war der stressige Teil eigentlich erst mal vorbei über Weihnachten und Neujahr folgte nur noch etwas Kommunikation mit Dickinson unter anderem wurden die Zimmerpartner bekannt gegeben (In den USA ist es üblich, dass sich zwei bis vier Studenten einen Raum teilen, entsprechende Partner werden den internationalen Studenten nach Geschlecht zugelost). Ich wurde in einen Zweipersonenraum gelost, zusammen mit Clement, einem weiteren internationalen Studenten aus Frankreich. Die Kurswahl über das Gateway lief auch problemlos ab. Zusammen mit den wichtigen Dokumenten erreichten uns viele weitere Informationen über das Studium am Dickinson College, die letztendlich aber irrelevant waren, da alle Informationen darin entweder sehr hypothetisch (Rechtsgrundlagen unserer Krankenversicherung) oder sehr intuitiv (Benutzung der Bibliothek) und innerhalb weniger Tage am College verinnerlicht waren. Förderungen waren wegen der Kürze der Zeit schwierig zu bekommen, zumal der Aufenthalt am Dickinson College über das Dickinson in Bremen- Programm bereits als Stipendium zählt, da die 22.000 Dollar Studiengebühren erlassen werden. Eine gute Förderungsmöglichkeit ist das Promos- Programm der Universität Bremen, das Studenten im Ausland einen „Mobilitätszuschuss“ gewährt. In meinem Fall 1200 Euro. Auslandsbafög kann prinzipiell ebenfalls beantragt werden. Aufgrund der höheren Bemessungsgrenzen für Auslandsaufenthalte auch von Studenten, die sonst nicht Bafög berechtigt sind. Zu bedenken sei aber, dass die Beantragung von Auslandsbafög sich negativ auf den Antrag bei Promos auswirken kann und dass andersherum das Promosstipendium den Bafögsatz senkt. Meine Entscheidung war daher nur Promos in Anspruch zu nehmen, da es für mich persönlich als nicht BAföG berechtigter, die lohnenswertere Alternative war. Und schon saß ich in meinem Flieger in die USA und stürzte mich ins Abenteuer. Mein Zimmer samt roommate, das in Conway, am Ende des Campus lag, stellte sich als mittelgroßer Raum mit zwei Betten, Schränken, Kommoden und Schreibtischen samt Stuhl heraus. Ein Fenster, eine Heizung fertig war meine Behausung für die nächsten 4 Monate. Kostenpunkt: 2882 Dollar, Alternativen gibt es keine, die nur ansatzweise praktikabel sind. Auch wenn Conway am Ende des Campus liegt, sind alle wichtigen Gebäude in der Nähe, der weiteste Punkt des Campus konnte im gemütlichen Gehtempo in weniger als 10 Minuten erreicht werden, im morgendlichen Stress reichten auch 6. Gleich am ersten Tag der Orientierungswoche erhielten wir unsere Dickinson- ID, die gleichzeitig als Bibliotheks-und Mensakarte, sowie als Türöffner diente und uns zu drei Essen täglich in der Mensa berechtigte, bzw. alternativ zu Mahlzeiten in zum Campus gehörigen Imbissen. Das Essen der Mensa war zunächst sehr verschieden und von großer Auswahl bestimmt, täglich kann man zum Mittag und Abendessen (lunch und dinner) zwischen koscheren und vegetarischen Essen, Essen vom Grill oder der Sandwichbar, sowie aus der Salatbar oder dem Buffet wählen. TexMex, Burger, Fisch und Fleisch wechselten sich stetig ab. Nach zwei Wochen ließ sich jedoch ein Muster erkennen, quasi jeden Abend gab es Fleisch mit Kartoffeln in verschiedenen Varianten und alle zwei Wochen wiederholte sich der Speiseplan, sodass die Euphorie relativ schnell verblasste und wir am Ende einigen einfachen europäischen Gerichten wahrlich nachtrauerten. Für ausländische Studenten, eigentlich für alle Studenten, die auf dem Campus wohnen bietet es sich außerdem an den traditionellen meal plan zu nehmen, da dieser mit Abstand zu den meisten Mahlzeiten berechtigt und diese nicht in der zentralen Mensa eingenommen werden müssen, sondern als „Punkte“ auch anderswo auf dem Campus ausgegeben werden können. Kostenpunkt für alle meal plans, die man meines Wissens nach gar nicht abbestellen kann als internationaler Student: je 2700 Dollar. Wer selber kochen möchte, sollte sich vergewissern, dass sein dorm eine Küche hat. Conway hat z.B. keine, Davidson-Wilson hingegen auf jeder Etage. Geld verdienen kann man außerdem mit dem J1 Visum nicht, es sei denn es handelt sich um einen Job auf dem Campus, der sich von zu Hause und kurzfristig aber schwer finden lässt. Das vielfältige akademische Angebot wird von dem bunten umfangreichen Campusleben abgerundet. Dutzende Clubs, Vereine und Gruppierungen von Sportvereinen über politische Gruppen, zu Umweltgruppen und kulturellen Clubs standen uns offen um neue Leute kennenzulernen, Anschluss zu finden und Sachen zu unternehmen. Dazu kamen natürlich die Dutzend wochenendlichen Partys auf denen man ebenfalls sehr schnell Anschluss fand. Mit ein bisschen Anstrengung und einer offenen Art sollte es für niemanden ein Problem sein in den Clubs oder auf Partys gleichgesinnte, freundliche, offene Leute zu finden und mit diesen eine tolle Zeit auf dem Campus zu verbringen. Persönlicher Tipp: Meine besten Freunde auf dem Campus waren fast alles US-Amerikaner, also trennt euch hin und wieder mal von den anderen internationalen Studenten mit denen man einfach sehr schnell eine starke Verbindung hat und geht zu Sachen ,die vor allem von Amerikanern besucht sind. Ich habe sie immer als offen, interessiert und freundlich empfunden und auch wenn ich mit anderen Deutschen und internationalen Studenten schöne Zeiten verbracht habe, waren diese amerikanischen Kontakte letztendlich doch sehr, sehr wertvoll und schön. Ich habe davon nur profitiert! Was waren meine Erwartungen an das Studium im Ausland? Ich wollte mein Englisch verbessern, ich wollte neue Leute kennenlernen, einfach mal einen Tapetenwechsel haben um Sachen anders bewerten zu können, etwas ganz anderes sehen, die Möglichkeit haben Kurse zu wählen, die nicht in meinen Standardplan in Bremen vorkommen. Alle diese Ziele konnte ich erreichen, ich habe viele Leute kennengelernt, einige wirklich wunderbare Menschen über die ich zutiefst glücklich bin sie getroffen zu haben. Ich habe einen Fotografie Kurs belegt, nicht weil er im Studienverlaufsplan stand, sondern weil ich da einfach Bock drauf hatte. Es war der tollste und gewinnbringendste Kurs meines Semesters. Ich habe meine eigenen Prioritäten überdacht und bin zu interessanten Einsichten gekommen und ich habe nun die Möglichkeit zwei sehr unterschiedliche Bildungs- und Wertesysteme zu vergleichen und habe eine bessere Idee davon, was ich für wichtig halte und was nicht. Also wenn euch der immer gleiche Ablauf in Bremen auf den Sack geht und es einfach mal was anderes sein soll, wenn ihr auf der Suche nach mehr Freiheit seid (im Ausland hat man zunächst ja erst mal gar keine Verpflichtungen) oder ihr einfach neue Leute kennenlernen wollt. Dickinson College ist die Gelegenheit mal aktiv ein Collegeleben zu leben mit allen Vorzügen und Nachteilen in einem der interessantesten Länder der Welt.
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