Begründen, beschreiben, argumentieren

Fo r u m
Begründen, beschreiben,
argumentieren
Eine sich verändernde Schule braucht mehr denn je Fachlehrer
mit Blick fürs Sprachliche
Deutsch – das gleichnamige Unterrichtsfach vermittelt
im besten Fall die Grundlagen des Sprachsystems. Weil
das allein nicht ausreicht, um die Bildungssprache zu
beherrschen, ist auch der Fachunterricht gefordert.
Foto: FM2/fotolia.com
Die Schülerschaft in Deutschlands Schulen
wird heterogener. Und das nicht nur vor dem
Hintergrund eines sich etablierenden inklusiven
Unterrichts, sondern auch angesichts zunehmend
mehrsprachiger Kinder und Jugendlicher. Dies
führt dazu, dass Sprachbildung in allen Fächern
an Bedeutung gewinnt. Politik, Schulpraxis und
Wissenschaft schenken dem Thema mehr denn je
Aufmerksamkeit.
Von Petra Görlich
I
n Mathe Aufgaben lösen und den Weg zum
Ergebnis begründen, Versuchsprotokolle
schreiben, eine Abbildung erklären – für viele Schülerinnen und Schüler ist das nicht leicht.
Obwohl sie die fachlichen Inhalte bewältigen.
Das Problem ist die Sprache. „Nicht immer sind
sich Lehrerinnen und Lehrer im Klaren darüber,
vor welch hohe Anforderungen jenseits allem
Fachlichen sie ihre Schützlinge stellen“, sagt
Christoph Schroeder, Professor für Deutsch als
Zweit- und Fremdsprache an der Universität
Potsdam. Er und andere Wissenschaftler forPortal 2/2015
dern deshalb, den Blick der Lehrer hierfür zu
schärfen und damit auch deren Sensibilität für
Sprachbildung in den Unterrichtsfächern weiter zu stärken. Der Ansatz ist nicht ganz neu,
besitzt aber angesichts heterogener werdender
Klassen eine wachsende Bedeutung. Dass der
Deutschunterricht allein nicht ausreicht, um
Kinder und Jugendliche dazu zu befähigen, die
Bildungssprache zu beherrschen und mit unterschiedlichsten Textsorten sicher umzugehen,
darüber sind sich Experten längst einig. Doch
was in der Theorie so einfach scheint, bedeutet in der Praxis Schwerstarbeit. Da wundert es
nicht, dass vor allem die Lehrerbildung gefordert
ist, Studierende auf die kommenden Herausforderungen bestmöglich vorzubereiten. So gibt es
etwa in Nordrhein-Westfalen und in Berlin ein
verpflichtendes Modul im Lehramtsstudium,
das Probleme des Deutschen als Zweitsprache
und der Sprachförderung im Fach behandelt.
In Niedersachsen setzt man darauf, die Fachdidaktiken stärker einzubinden. Darüber denkt
auch Hamburg nach. Und Brandenburg? Bisher bietet die Universität Potsdam als einzige
lehrerbildende Einrichtung des Landes nur
eine entsprechende Lehrveranstaltung in der
Grundschulausbildung innerhalb des Moduls
„Spracherwerb und Sprachförderung“ an. „Das
ist zu wenig“, meint Christoph Schroe­der. „Den
Studierenden fehlt damit wichtiges Know-how.
Das wird sie in Schwierigkeiten bringen, wenn
sie in Berlin, Nordrhein-Westfalen oder Hamburg unterrichten wollen.“ Aber nicht nur dort,
sondern auch in Brandenburg selbst nimmt
die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit
mehrsprachigem Hintergrund zu – und damit
der Handlungsdruck von Politik und Bildung.
Christoph Schroeder ist keiner, der nun zu blindem Aktionismus rät, der kopieren will, was
andere vormachen. „Aber wir müssen überlegen, wie wir das Thema sinnvoll in unserer
Lehrerbildung verankern“, erklärt er. Also einen
Potsdamer Weg suchen. Dem neu gegründeten
Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZeLB) der Hochschule schreibt er dabei
eine wichtige Rolle zu. Es sei genau der richtige Ort, um einen solchen Prozess zu managen
und zu konzipieren. Erste Ideen gibt es schon.
Sie entstanden im Rahmen eines gerade bewilligten Projekts in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung. Gedacht ist an Praktika in Arbeitsbereichen pädagogischer Institutionen, in denen
sprachliche Heterogenität vorherrscht, sowie an
ein begleitendes Seminar. Auch ein Kompetenzzentrum „Sprache“ am ZeLB, das beispielsweise Workshops gemeinsam mit den Fachdidaktiken durchführt, ist demnach vorstellbar.
Um Sprachbildung im Fachunterricht geht
es ebenfalls in der im September stattfindenden
Tagung „Fokus Sprachbildung: Fächerübergreifende und fächerspezifische Perspektiven
in der Lehrerbildung“. Das ZeLB konzipiert sie
gemeinsam mit Christoph Schroeder und den
Berliner Universitäten. Zu den Höhepunkten
zählen eine Podiumsdiskussion und ein Markt
der Möglichkeiten. Die Tagung ist ein Element
der Kooperation der Universität Potsdam mit
dem Projekt „Sprachen-Bilden-Chancen: Innnovationen für das Berliner Lehramt“ und wird
in diesem Rahmen vom Mercator-Institut für
Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache gefördert.
„Fokus Sprachbildung: Fächerübergreifende
und fächerspezifische Perspektiven in der
Lehrkräftebildung“
17./18.9.2015
Campus Am Neuen Palais, Haus 9
Kontakt: [email protected]
Infos: www.sprachen-bilden-chancen.de
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