Fragen zu den Lohnkürzungen - AHV - IV

Liechtensteiner Vaterland
Fragen zu den Lohnkürzungen
Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller (VU) erkundigte sich im Rahmen der Kleinen Anfragen im Zusammenhang mit den
Änderungskündigungen bei der Herbert Ospelt Anstalt nach verschiedenen rechtlichen Aspekten und den Auswirkungen auf das Sozialsystem.
GÜNTHER FRITZ
Die Regierung gehe davon
aus, dass bei der Festlegung von
Löhnen – also auch Minimallöhnen – in einem GAV zwischen
den Sozialpartnern Konsens
herrsche. Diese Vereinbarungen
der Sozialpartner seien seitens
der Regierung nicht weiter zu
kommentieren.
VADUZ. Vor einer Woche hat die
Tierfutterfabrik Herbert Ospelt
Anstalt in Bendern ihren Mitarbeitenden angekündigt, dass sie
per 1. Oktober 2015 ihren Lohn
in Euro ausbezahlt bekommen.
Allerdings zu einem Wechselkurs
von 1,15 Franken und nicht zum
aktuellen Kurs von 1,05 Franken,
was faktisch eine Lohnkürzung
von 9 Prozent bedeutet. Rund
450 Mitarbeitende werden nun
eine Änderungskündigung erhalten. Dazu wollte Landtagsvizepräsidentin Violanda LanterKoller (VU) von der Regierung in
Erfahrung bringen, welche
Massnahmen für Massenentlassungen es gebe und wie diese
überwacht werden.
Lohnnebenkosten in Franken
Bezüglich der Frage nach den
Auswirkungen auf die Sozialwerke hält Wirtschaftsminister Thomas Zwiefelhofer fest, dass sämtliche Lohnnebenkosten an die
Sozialwerke (AHV/IV/FAK; ALV,
BPV etc.) als auch die Lohnsteuer in der Landeswährung, also
zwingend in Schweizer Franken,
abzuführen sind. Dabei orientiere sich der Wechselkurs nicht an
dem vom Arbeitgeber vorgegebenen Wechselkurs von 1,15
Franken/Euro, sondern am tatsächlichen Wechselkurs.
Massenentlassungen
Dazu erklärte RegierungschefStellvertreter Thomas Zwiefelhofer, dass sechs Voraussetzungen
erfüllt sein müssen, damit laut
Gesetz eine Massenentlassung
vorliegt. Es müsse sich demgemäss um Kündigungen handeln,
welche vom Arbeitgeber ausgehen, in keinem Zusammenhang
mit der Person des Arbeitnehmers stehen und die ungeachtet
der Betriebsgrösse mindestens
20 Arbeitnehmer betreffen. Die
Kündigungen müssten in einem
Betrieb innert eines Zeitraumes
von 90 Tagen ausgesprochen
werden.
Beabsichtigt der Arbeitgeber
Kündigungen, die eine Massenentlassung darstellen, dann
müssen laut Thomas Zwiefelhofer die Arbeitnehmervertretung
unterrichtet und angehört sowie
dem Amt für Volkswirtschaft
(AVW) die geplante Massenentlassung angezeigt und dem AVW
das Ergebnis der Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmervertretung mitgeteilt werden. Das AVW, insbesondere
der Liechtensteinische Arbeitsmarktservice, suche dann nach
Kein Umschwenken
Bild: Elma Korac
Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller (VU) wollte einige Fragen zu den Eurolöhnen bei der Herbert Ospelt Anstalt geklärt wissen.
Möglichkeiten, die Folgen der
geplanten Massenentlassung zu
mildern, sagte Wirtschaftsminister Thomas Zwiefelhofer in seiner Beantwortung der Kleinen
Anfrage.
Regierung wissen, welche Verbindlichkeit diese Bestimmung
habe und wie dies überwacht
beziehungsweise
kontrolliert
werde.
Frage der Kontrolle
Wie Regierungschef-Stellvertreter und Wirtschaftsminister
Thomas Zwiefelhofer dazu ausführte, sei der Geldlohn laut Gesetz dem Arbeitnehmer in gesetzlicher Währung auszurichten, sofern nichts anderes verabredet
oder üblich ist. In der Konsequenz scheine die entsprechende
Bestimmung nicht in der Aufzählung über die zwingenden Normen auf. Somit könne durch Gesamtarbeitsvertrag oder Einzel-
Nach den Ausführungen von
Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller ist im ABGB
vorgesehen, dass der Geldlohn
dem Arbeitnehmer in gesetzlicher Währung innert der Arbeitszeit auszurichten ist, sofern
nichts anderes verabredet oder
üblich ist. Dem Arbeitnehmer ist
eine schriftliche Abrechnung zu
übergeben. Die Landtagsvizepräsidentin wollte nun von der
Keine zwingende Norm
arbeitsvertrag
von
diesem
Grundsatz abgewichen werden.
Lohnfragen sind gemäss Zwiefelhofer grundsätzlich privatrechtlicher Natur und werden deshalb
durch die Vertragspartner kontrolliert und im Konfliktfall
durch die Zivilgerichte entschieden.
Nicht weiter zu kommentieren
Mit einem Minimallohn von
3100 Franken für Ungelernte
und 3500 Franken für Gelernte
sind viele Mitarbeiter der Herbert Ospelt Anstalt Niedriglohnbeziehende. Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
fragte die Regierung, welche
Konsequenzen die Lohnkürzung
von 9 Prozent für das liechtensteinische Sozialsystem habe
und wie sich die Regierung zu
dieser Höhe des Minimallohns
stelle. «Die Minimallöhne von
3100 Franken pro Monat für Ungelernte und 3500 Franken pro
Monat für Gelernte sind von
den Sozialpartnern in einer Mindestlohnvereinbarung festgelegt
worden und gelten nicht nur für
die Herbert Ospelt Anstalt, sondern auch für andere LIHK-Unternehmen, und zwar im Sinne
eines Anti-Dumping-Lohnes, der
nicht unterschritten werden
darf, und nicht im Sinne eines
allgemeinen
Einstelllohnes»,
antwortete Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer.
«Aufgrund der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer, die auf
Rückfrage der Regierung gemäss
Angaben der Herbert Ospelt Anstalt Wohnsitz in Liechtenstein
haben, geht die Regierung davon
aus, dass die negativen Auswirkungen auf die liechtensteinischen Sozialwerke gering sind»,
betonte Thomas Zwiefelhofer in
seiner Antwort auf die Kleine Anfrage von Violanda Lanter-Koller.
Bei einem in Zukunft vielleicht
auch wieder einmal schwächeren Schweizer Franken, also im
Falle einer Gegenbewegung des
Wechselkurses, könne die Massnahme im Übrigen auch das Gegenteil für die Sozialwerke und
die betroffenen Arbeitnehmer
bewirken. Der RegierungschefStellvertreter geht davon aus,
«dass diesfalls nicht wieder auf
die ursprüngliche Währung
Schweizer
Franken
umgeschwenkt wird und diese Vorteile
dann auch an die Arbeitnehmer
weitergegeben werden».