November 2015 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND ENTSCHEIDUNGEN FÜR DIE REISEBRANCHE Newsletter Inhalt 1. Ersatzperson anstelle Rücktritt nach § 651 b BGB Seite 1 2. Kinderpreise und Pro-Person-Preise Seite 1 3.Hotelpreise Seite 2 4. Das neue Verbraucherstreitbeilegungs- gesetz Seite 2 5. Seite 2 Begrenzung von Kreditkartengebühren Hinweise und Impressum Seite 3 1. Ersatzperson anstelle Rücktritt nach § 651 b BGB Zur Entlastung des Reisenden und zum Schutz des Reisenden vor Stornokosten sieht § 651 b BGB vor, dass der Reisende einen Ersatzteilnehmer benennen kann, der statt seiner die Reise antritt. Weiter heißt es in § 651 b Abs. 2 BGB, dass der in den Vertrag eintretende Dritte und der Reisende dem Reiseveranstalter als Gesamtschuldner für den Reisepreis und die durch den Eintritt des Dritten entstehenden Mehrkosten einstehen. Umstritten ist, was diese „Mehrkosten“ sind. Bereits im Jahre 2011 hat das Landgericht Köln – allerdings weitgehend unbeachtet – entschieden, dass Stornierungs- und Neu buchungskosten, die der Veranstalter an die Airline zahlen muss, dem Reisenden nicht auferlegt werden können. Das Gericht hat seinerzeit argumentiert, dass die Vertragsübernahme nach § 651 b Abs. 1 BGB dem Reisenden zum Vorteil gereichen soll. Der Reiseveranstalter habe es selbst in der Hand, den wegen eines geänderten Passagiers durch die Airline geltend gemachten Kosten durch eine entsprechende Vertragsgestaltung mit seinen Leistungsträgern entgegenzuwirken. Ähnlich hat nunmehr das Landgericht München in einem Berufungsverfahren entschieden und dort festgestellt, dass Mehrkosten für den Eintritt eines Dritten nach § 651 b BGB nur die Kosten sind, die dem Reiseveranstalter dadurch entstehen, dass er eine Umbuchung vornehmen muss. Hiernach seien gemeint die Kosten der Reisebestätigung, die Bürokosten und die Kosten für die Benachrichtigung von Leistungsträgern. Das Gericht war insoweit der Auffassung, dass allein die verwaltungstechnischen Bearbeitungskosten umfasst sind, nicht aber die im Rahmen einer Neubuchung anfallenden Kosten Dritter, hier die Kosten der Airline. Entscheidend sei insoweit, dass die weiteren Kosten der Fluggesellschaft, die eine Neuausstellung eines Tickets verlangte, sich aus der Vertragsgestaltung des Reiseveranstalters mit den Leistungsträgern ergeben. Beide Urteile sind zunächst Einzelfall-Entscheidungen, die nur innerhalb des konkreten Verfahrens von Bedeutung sind. Gleichwohl muss damit gerechnet werden, dass sich diese Meinung durchsetzt und in den nächsten Monaten oder Jahren vermehrt der Wunsch nach einer Vertragsübernahme statt einer Stornierung gestellt wird. Die hiermit verbundenen Kosten, die die Fluggesellschaft gerade bei dynamischen Reiseveranstaltern geltend macht, werden dann möglicherweise durch den Reisever anstalter getragen werden müssen. Ob sich eine Klärung im Rahmen der jetzt anstehenden Reform des Reiserechts wegen der EU-Pauschalreiserichtlinie erzielen lässt, bleibt derzeit offen. 2. Kinderpreise und Pro-Person-Preise In einem im September 2015 verkündeten Urteil hat das Land gericht Leipzig entschieden, dass die Angabe eines Übernachtungspreises pro Person dann gegen die Gebote der Preiswahrheit und Preisklarheit verstößt, wenn zur Berechnung des Personenpreises auch Kinder einbezogen werden, die im konkreten Hotel kostenlos im Zimmer der Eltern übernachten können. Entscheidend ist, dass es sich um eine Konstellation handelt, in der der Vermittler eine andere Preisdarstellung wählt, als sich aus den Angaben des Hotels ergibt und so einen geringeren Preis pro Person darstellt, als er sich aus Sicht der Verbraucher ergibt. Das Urteil hat eine grundsätzliche Bedeutung für alle Vermittler, da zumindest die Möglichkeit besteht, dass auch andere Gerichte sich dieser Auffassung anschließen und zukünftig erwarten, dass die Preisdarstellung durch den Vermittler der Preisdarstellung des Leistenden entspricht. Sind also etwa Kinder bei einem Reiseveranstalter kostenfrei, so muss der Vermittler zukünftig damit rechnen, dass eine Angabe des Preises pro Person inklusive Kinder nicht korrekt ist, da die entsprechende Angabe den Eindruck erweckt, als sei der Pro-Person-Preis günstiger, als der Newsletter November 2015 Seite 2 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND ENTSCHEIDUNGEN FÜR DIE REISEBRANCHE tatsächlich zu leistende Preis. Zu prüfen bleibt, ob es möglich ist, durch eine entsprechende Erklärung klarzustellen, dass Rabatte für Kinder in den Pro-Person-Preis eingepreist sind. Da Grundlage der entsprechenden Entscheidung das Gebot der Preisklarheit und -wahrheit ist, wird es hier auf die Einzelfallgestaltung ankommen, ob etwa durch einen entsprechenden Hinweis hinreichend geklärt ist, dass nicht ein günstigerer Pro-Person-Preis genannt wird, als es tatsächlich zutreffend ist. Gleiche Fragen ergeben sich auch, wenn Kinderpreise geringer sind, als die von Erwachsenen. Auch hier dürfte eine einfache Umrechnung auf einen Pro-Person-Preis angreifbar sein. 3.Hotelpreise Die Wettbewerbszentrale und andere Wettbewerbs- und Verbraucherschutzvereine überprüfen derzeit auch die Preisdarstellung auf Hotelportalen. Hierbei steht insbesondere im Blickpunkt, dass zum Teil mit Preisreduzierungen geworben wird, bei denen der Ausgangspreis weder auf der Hotelinternetseite noch bei einer Hotelbuchung direkt erhältlich ist. Bei einzelnen Hotelportalen wurden beispielsweise Rabattierungen beworben, bei denen ein Zimmer statt EUR 505,00 nur EUR 160,00 kosten soll, oder statt EUR 831,00 nur EUR 188,00. Zum Teil wurde auch überprüft, ob die Rabattwerbung zutrifft, wenn das Hotel selber einen günstigeren Preis nennt. Grundsätzlich darf nicht mit Mondpreisen geworben werden, d. h. Preise, die tatsächlich nicht gefordert wurden. Ähnliches gilt auch bei Preisaktionen: eine befristete Preisaktion darf nicht ohne Weiteres verlängert werden, sondern nur, wenn nach der ersten Werbung unvorhergesehene Gründe eintreten, die eine Fortführung gebieten. 4. Das neue Verbraucherstreit beilegungsgesetz Auf Grundlage der EU-Richtlinie 2013/11/EU und der EU-Verordnung 524/2013 sollen die Rahmenbedingungen der alternativen Streitbeilegung in Deutschland in Kürze neu geregelt werden. Am 27. Mai 2015 hat die Bundesregierung bereits den Regierungs entwurf für das sog. Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) verabschiedet und veröffentlicht, am 30. September 2015 hat dazu eine Anhörung im Rechtsausschuss stattgefunden. Wesentliche Eckpunkte des Gesetzes: 4.1 Flächendeckendes Angebot von Verbraucher schlichtungsstellen Der deutsche Gesetzgeber schafft ein flächendeckendes Angebot außergerichtlicher Streitbeilegungsstellen für Verbraucherstreitigkeiten. Es werden behördliche Verbraucherschlichtungsstellen als „Universalschlichtungsstellen“ von den Ländern eingesetzt und private Verbraucherschlichtungsstellen anerkannt. Das geplante Gesetz trifft daher sowohl Regelungen für behördliche als auch für private Schlichtungsstellen. Es fände demnach auch auf eine vom VIR geschaffene Reiseschiedsstelle Anwendung. 4.2 Möglichkeit der Anerkennung privater Schlichtungsstellen Der VIR als Verband könnte bei der zuständigen Behörde einen entsprechenden Antrag auf Anerkennung einer privaten Verbraucherschlichtungsstelle für Reiseverträge stellen. Diese könnte nach Anerkennung für die Schlichtung entsprechender reiserechtlicher Streitigkeiten angerufen werden. 4.3 Auffangzuständigkeit der öffentlichen Universal schlichtungsstelle Wird keine private reiserechtliche Schlichtungsstelle geschaffen, wäre die öffentliche Universalschlichtungsstelle der Länder zuständig. 4.4 Keine Teilnahmeverpflichtung Nach der aktuellen Fassung des Gesetzes, sind Unternehmen nicht verpflichtet an Schlichtungsverfahren von Verbraucherschlichtungsstellen teilzunehmen. Dies gilt zumindest dann, wenn sich nicht aus anderen Gesetzen eine verpflichtende Teilnahme an Schlichtungsverfahren ergibt. Eine Verpflichtung zur Teilnahme für Reiseveranstalter oder Reisevermittler (anders als Fluggesell schaften) besteht derzeit nicht; eine solche kann aber noch geschaffen werden. 5. Begrenzung von Kreditkartengebühren Aufgrund der neuen „EU-Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge” werden ab dem 9. Dezember 2015 die sog. Interbanken-Entgelte gedeckelt. Dabei handelt es sich um die Gebühren, die die Bank eines Kunden der Bank eines Händlers in Rechnung stellt, wenn der Verbraucher beim Händler oder Dienstleister per Kreditkarte zahlt. Diese Gebühren werden letztlich an den Kunden – zumindest indirekt – weitergeleitet und verteuern die Produkte. Die Interbanken-Entgelte waren in der Vergangenheit in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich geregelt. Nun werden sie einheitlich ■■ bei Kreditkarten auf 0,3 Prozent und ■■ bei Debitkarten auf 0,2 Prozent des Zahlungsbetrags begrenzt. Aktuell liegen die Gebühren in Deutschland in der Regel für Visa-Karten bei 1,58 Prozent und für Mastercard-Karten bei 1,73 Prozent des Zahlungsbetrages. Newsletter November 2015 Seite 3 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND ENTSCHEIDUNGEN FÜR DIE REISEBRANCHE Die Deckelung der Gebühren durch die neue EU-Verordnung ist daher mit einer deutlichen Reduzierung der Interbanken-Entgelte verbunden. Eine Handlungspflicht für Reisevermittler und Reiseveranstalter ergibt sich derzeit jedoch nicht. Nur falls und nachdem die Banken entgelte sinken, müssen diese Ersparnisse an die Kunden weiter gegeben werden. Insoweit muss auch berücksichtigt werden, dass Zusatzentgelte für die Nutzung der Kreditkarte nur noch soweit zulässig sind, wie dem Händler selbst Kosten entstehen; auch hier wird mittelbar eine Änderung der Preise für Kreditkartenentgelte zukünftig denkbar sein. Die Verordnung gewährt jedoch noch einige „Schlupflöcher“: Die Vorschriften gelten während einer Übergangszeit noch nicht für sog. Drei-Parteien-Kartenzahlungssysteme (wenn die Zahlungen nur von einer Bank abgewickelt werden) wie Diners oder American Express sowie für Firmenkarten, die nur für geschäftliche Zahlungen benutzt werden. Aktuell sind Händler häufig gezwungen, alle Karten unter den Bedingungen der Zahlungsdienstleister anzunehmen. Eine weitere Neuerung aufgrund der Verordnung ist, dass es ihnen in Zukunft frei steht, nur diejenigen Karten eines Kartenzahlungssystems zu akzeptieren, für die die Gebührenobergrenzen gelten. Dies kann zwar letztlich zu einer Begrenzung von Zahlungsmöglichkeiten für den Kunden führen, dient aber letztlich dem Schutz vor überhöhten Gebühren. Hinweise Diese Veröffentlichung stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie keine Mandanteninformationen mehr erhalten möchten, können Sie jederzeit per E-Mail (bitte E-Mail mit Betreff „Ab bestellen“ an [email protected]) oder sonst gegen über BEITEN BURKHARDT widersprechen. © BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Alle Rechte vorbehalten 2015. 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