Auferstehung - schon jetzt!

Evangelische Hoffnungskirchengemeinde Berlin-Pankow
PREDIGT im -Gottesdienst am 28.03.2016 in der Hoffnungskirche
(Textgrundlage: 1Kor 15,12-20)
von Vikarin Josephine Furian
Liebe Gemeinde,
„Der Herr ist auferstanden!“ „Er ist wahrhaftig auferstanden!“
Und nach der langen Nacht, da lachten wir auf, zogen die guten Röcke an und kochten das
Festmahl. Es ist Ostern und Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!
Und mitten im Feiern, da kommen auch sie. Meine Zweifel: Ja, ist er das? Geht das? Vom
Tode auferstehen? Die Toten sind tot und das bleiben sie auch.
Das mit dem Tod alles aus ist, das sagen auch einige aus der Gemeinde in Korinth. Und der
Apostel Paulus erwidert ihnen. Seine Antwort hören wir im heutigen Predigttext 1Kor 15, die
Verse 12-20:
„Wenn verkündigt wird, dass Christus von den Toten aufgestanden ist, wie ist es dann möglich,
dass einige von euch sagen: Es gibt keine Auferstehung der Toten? Gibt es keine Auferstehung der
Toten, dann ist auch Christus nicht aufgestanden. Ist aber Christus nicht aufgestanden, dann ist
unsere Verkündigung sinnlos und euer Glauben grundlos. Wir würden falsches Zeugnis über Gott
ablegen, weil wir gegen Gott bezeugen würden, er habe Christus aufgeweckt, den er doch nicht
erweckt hat – wenn denn die Toten nicht auferstehen. Wenn die Toten nicht auferstehen, so ist
auch Christus nicht aufgestanden. Ist aber Christus nicht aufgestanden, ist euer Glaube sinnlos
und ihr seid noch in euren Sünden. Verloren sind dann auch die, die im Vertrauen auf Christus
gestorben sind. Wenn wir unsere Hoffnung in Christus auf dieses Leben begrenzen, sind wir
erbärmlicher dran als alle anderen Menschen. Jetzt aber ist Christus von den Toten aufgestanden –
als Erster von den Toten.“
Einige aus der Gemeinde in Korinth sagen: „Es gibt keine Auferstehung der Toten.“ Paulus
widerspricht. Es sind nicht die Irrlehrer denen er schreibt. Es sind Menschen aus der
Gemeinde. Menschen, deren Alltag zeigt: Das Leben des Einzelnen ist nicht viel wert. Gewalt
ist Alltag der vielen Sklav*innen und Sklaven. Ein anschaulicher Text aus der römischen
Kaiserzeit spricht von zahlreichen arbeitslosen, hungrigen Männern in Korinth. Verwegen ist
es auf mehr zu hoffen, als auf das täglich Brot. „Lasst uns essen und trinken, denn morgen
sterben wir“, so heißt es ein paar Verse im Kapitel weiter. Und sie begrenzen ihre
Lebensbedürfnisse auf Essen und Trinken. Wenn der Tod immer aufs Neue siegt, gelingt die
Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten nicht. Das Vertrauen auf Jesus, als den von den
Toten erweckten Messias – gelingt nicht. Es bleibt der Hingerichtete.
Paulus möchte die gesamte Gemeinde stärken. Er nimmt die Zweifel, die Ängste und
Resignation ernst. Er will die Menschen ermutigen. Und so malt er ein Bild davon was alles
für die Gemeinde verloren ginge, wenn sie die Hoffnung auf die Auferstehung der Toten
fallen ließe:
Gebt ihr diese Hoffnung auf, dann traut ihr Gottes Kraft nicht.
Ist euer Glauben aber an Gottes Kraft zerstört, so seid ihr wieder „in euren Sünden“. Es wäre
dann das Leben wieder so ausweglos korrumpiert wie vorher. Unmöglich, durch Gottes
Geistkraft befähigt, ein anderes Leben aufzubauen. Eines das sich am Frieden Gottes
orientiert. Ein Leben gemäß der Tora.
Ist euer Glauben an Gottes Kraft zerstört, dann gibt es keinen, der die Toten weckt und das
Zerschlagene zusammenfügt. Die Toten der Gemeinde wären nicht mehr Teil der
Gemeinschaft. Wenn das Brot gebrochen und der Wein getrunken wird, dann sind sie nicht
bei uns. Auch Gott hätte sie vergessen.
Paulus will ermutigen und malt doch Schreckensbilder. Es ist als kommt Angst in ihm hoch,
es könne alles zerbrechen, wofür er kämpft. Als würde er darum ringen, den Mut zu
behalten.
Die Schreckensbilder enden mit einem befreiten „Jetzt“. „Jetzt aber ist Christus von den Toten
auferstanden“. Seine Erweckung ist der Beginn der Auferstehung der Toten. Auch sie werden
erweckt. Gott entmachtet die Gewalt und den Tod.
Paulus teilt das bedrohte Leben und vergewissert die Gemeinde: Unser Gott gibt die
misshandelten oder kranken Körper nicht auf. Über den Tod hinaus, ist er bei euch. Gott ist
ein Gott der Lebenden.
Macht uns Paulus Rede heute noch Mut? Oder ist uns die Auferstehung der Toten fremd,
auch wenn wir sie Sonntag für Sonntag in unseren Kirchen bekennen? Unangemessen,
peinlich, wie schale Worte?
Der Berliner Theologie Notger Slenczka schreibt: Zunächst liegt die Vermutung nahe, dass die
Rede von der Auferstehung der Toten eine ferne Zukunft meint. Das sie das Schicksal der
Menschen nach dem Tod beschreiben möchte. Doch ist es nicht vielmehr so: Wer über das
Schicksal der Menschen nach dem Tod spricht, spricht zugleich über den gegenwärtig
lebenden Menschen. Wer ein Bild, eine Vorstellung von der Zukunft nach dem Tode hat,
verrät damit zugleich, was er oder sie für eine Vorstellung vom jetzt lebenden Menschen hat.
Ist Eine der Meinung, die Toten sind tot und das bleiben sie auch, wird sie vielleicht auch der
Meinung sein, dass der Mensch durch und durch Materie ist, dass alle Wünsche und Ideen
Produkte des Gehirns sind. Dass das Gehirn ein Organ mit Stoffwechselprozessen ist, die
komplexer als die einer Amöbe – aber doch nicht wesentlich anders sind.
Auch die christliche Hoffnung auf die Auferstehung der Toten sagt nicht nur etwas über eine
ferne Zukunft aus, sondern auch darüber, wie das jetzige Leben verstanden werden kann.
Es ist eine Perspektive, die zeigt: Dieses ganz konkrete Leben, was ich tue, erlebe, was mich
prägt, wie ich bin und werde – das will Gott bewahren. Nicht nur meine Seele, nicht mich
abstrakt, sondern diese einmalige Lebensgeschichte, diesen einmaligen Körper will Gott in
Ewigkeit bei sich haben. Der Tod streicht nicht durch, was war. Des Menschen Leben
verweht vor Gottes Ewigkeit nicht wie die Spuren der Wanderin am Meeresstrand.
Die Rede von der Auferstehung der Toten rechnet mit der unendlichen Kostbarkeit allen
Lebens. Und damit kann sie Mut machen. Damit hat sie Konsequenzen im Alltag.
„Manchmal, da stehen wir auf, stehen wir zur Auferstehung auf, mitten am Tage, mit
unserem lebendigen Haar, mit unserer atmenden Haut.“, schreibt die Dichterin Marie Lusie
Kaschnitz. Und wir sehen dann diesen Riss in allem. Diesen Spalt, durch den das Licht fällt.
Das sind die fragilen Erfahrungen von Auferstehung mitten im Alltag. Es sind die Geschichten
vom Aufstand für das gute Leben und gegen den menschengemachten Tod an unseren
Grenzen. Und es sind die gnadenhaften Momente erfüllten Lebens. „Jetzt ist Christus
auferstanden“, schreibt Paulus. Schon jetzt gibt es sie – die Auferstehung.
Die Todesgefahren werden aus dieser Perspektive nicht geringer. Die Gewalt zerschlägt. Aber
die Gemeinschaft mit Gott und ihrer Gemeinde bringt Würde und Unzerstörbarkeit in jedes
einzelne Leben. Schon jetzt! Das glauben wir, wenn wir die Auferstehung der Toten
bekennen. Wenn wir dem Osterruf „Der Herr ist auferstanden!“ antworten: „Er ist wahrhaftig
auferstanden.“
Es gilt das gesprochene Wort.