Anna Werner-Parker, Leiterin des Mittagstisches in Göttingen „Das ist mein Gebet“ Seit einem Vierteljahrhundert ist Anna Werner-Parker der gute Geist beim Göttinger Mittagstisch (MT). Jetzt hat sie den Chefsessel eingenommen. Am 1. Dezember trat die langjährige Stellvertreterin die Nachfolge von Ralf-Peter Reinke an, der mehr als 20 Jahre die Sozialküche im Schatten von St. Michael geleitet hat. In bald drei Jahrzehnten entwickelte sich, was als sonntägliches Ehrenamt begann, zu einem Vollzeitjob der gelernten Sozialwirtin mit vielen Überstunden. Mit dem Kochen fing es an. Heute füllen das Planen, Organisieren, Koordinieren, Sachspenden-Abholen und – ganz wichtig – die Kontaktepflege den Tag von Anna Werner-Parker. „Meine Arbeit ist für mich Kirche, so wie sie ursprünglich gelebt wurde. Das ist mein Gebet“, sagt die zupackende Mittsechzigerin. Initiiert wurde der Mittagstisch vor inzwischen 25 Jahren von Jesuitenpater Heribert Graab SJ, weil damals immer mehr Leute bei ihm, dem Pfarrer von St. Michael, klingelten und um Hilfe baten. „Nicht fordern, sondern geben“, das sei seine Devise gewesen, erinnert sich Werner-Parker. Längst ist der „MT“ zu einer über Göttingen hinaus bekannten Institution geworden. Und längst ist es nicht mehr nur die tägliche warme Mahlzeit. Der Mittagstisch ist Treffpunkt, Kleiderkammer und Kontaktbörse. „Die Gäste sind Leute aus dem Prekariat, dem Drogenmilieu, aber auch viele Senioren, die hier Anschluss, ein Gespräch und konkrete Hilfe finden.“ Besonders beeindruckt „Managerin“ WernerParker, wie viele Jugendliche und Studenten sich dauerhaft ehrenamtlich engagieren. Da kämen Schüler von der Bonifatiusschule, die ein Jahrespraktikum absolvierten. Auch die seit einiger Zeit organisierten „sozialen Stadtführungen“ spielten dem „MT“ jüngere, freiwillige Helfer zu. Dieser Austausch, diese Nähe zwischen Gesellschaftsgruppen, die sich vielleicht sonst aus dem Weg gehen, ist für alle Beteiligten bereichernd. Ohne das Managen von Anna Werner-Parker, das Vernetzen der verschiedensten Einrichtungen, von der Caritas über die Tafel bis zur Stadtverwaltung, wäre die Existenz bedroht. Denn es zwackt an vielen Enden. „Über Sachspenden – sowohl für die Mahlzeiten wie auch den Kleider-Flohmarkt – können wir nicht klagen“, lobt Werner-Parker. Doch der Wegfall der Zivildienstleistenden, die früher zupackten, sei zu spüren. Auch die steigenden Kosten. Der große Wunsch – außer mehr Geldspenden für den Förderverein – wäre die feste Zusage einer Kraft vom freiwilligen Sozialdienst. Denn auch wenn die Gäste des „MT“ hin und wieder mitanpacken würden, ohne „manpower“ und „fraupower“ geht sowas nicht. Sehen Sie hier den Video-Clip anlässlich des 25-jährigen Bestehens. Unser erstes Foto zeigt Anna Werner-Parker (links) mit ehrenamtlichen Helfern beim Mittagstisch, das zweite im Gespräch mit einem der Gäste.
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