Landkreis und Jäger arbeiten konstruktiv zusammen Kreisjägermeister Claus Kissel ein Jahr im Amt - Kritik am neuen Jagdgesetz In völlig ruhigen Bahnen verlief am vergangenen Samstag die Hauptversammlung der Kreisjägervereinigung Böblingen in der Tailfinger Bürgerhalle. Ohne Diskussionen winkten die 144 stimmberechtigten Mitglieder sowohl die Wahlvorschläge als auch eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrags durch. Reichlich Kritik gab es hingegen wieder an dem vor einem Jahr In Kraft getretenen neuen Landesjagdgesetz. Offizielle Bezeichnung: Jagd- und Wildtiermanagementgesetz. VON WERNER RUESS (alle Fotos Werner Rues) Gäufelden-Tailfingen. Jäger brauchen Sitzfleisch, nicht nur auf dem Ansitz, auch bei der Hauptversammlung. Die am vergangenen Samstag dauerte wieder über drei Stunden, was nicht zuletzt an einer Reihe von Grußworten lag, die eine gute Stunde in Anspruch nahmen. Es sprachen Gäufeldens Bürgermeister Johannes Buchter, der CDU-Bundestagsabgeordnete Clemens Binninger, der Erste Landesbeamte des Kreises Böblingen und Nachfolger von Wolf Eisenmann, Martin Wuttke, der Grünen-Landtagsabgeordnete Dr. Bernd Murschel, der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion Dr. Tobias Brenner, der Kreisvorsitzende der FDP Hans Dieter Scheerer, für den Landesjagdverband der stellvertretende Bezirksjägermeister Thomas Dietz sowie der Leonberger Kreisjägermeister Bodo Sigloch. Denn im Kreis Böblingen gibt es zwei Kreisjägervereinigungen, die Böblinger zählt 730, die Leonberger 310 Mitglieder. Ein Grußwort des verhinderten CDU-Landtagsabgeordneten Paul Nemeth verlas Claus Kissel. In seinem Grußwort widmete sich Clemens Binninger einer auf EU-Ebene geplanten Verschärfung des Waffenrechts. Die CDU sehe da einige Dinge sehr kritisch, beispielsweise die Einführung einer Gesundheitsprüfung für Waffenbesitzer oder eine Befristung der Besitzerlaubnis. Seiner Meinung nach sind die deutschen Vorschriften streng genug, die CDU sehe keinen Grund „die Jäger über Gebühr zu reglementieren“. In dieselbe Kerbe hieb Thomas Dietz. Er sieht in den Änderungen des Waffenrechts „eine Diskriminierung der legalen Waffenbesitzer“. Wer glaube, damit den Terror bekämpfen zu können, der sei „auf dem Holzweg“. Dietz wies auch auf Schwachstellen im neuen Landesjagdgesetz. So auf die im März und April verordnete Jagdruhe sowie auf die überzogene Schonzeit für Jungfüchse. „Ich vermute mal, dass das Gesetz nicht abgeschafft wird“, meinte Dr. Murschel, auch wenn es zu einer grün-schwarzen Koalition komme. Was Murschel aber nicht hinderte, die Jägerschaft für ihren Einsatz in Sachen Naturschutz und Umweltbildung zu loben. Das taten auch Dr. Tobias Brenner, Hans Dieter Scheerer und Martin Wuttke. Der Landrat-Stellvertreter bezeichnete die Zusammenarbeit mit den beiden Kreisjägervereinigungen als ausgesprochen gut. Dass der Landkreis der Jägerschaft einen Zuschuss in Höhe von 10 000 Euro für den Kauf von blauen Wildreflektoren genehmigt habe, sei sowohl ein Zeichen der Anerkennung als auch ein Beitrag zur Verkehrssicherheit. Kreisjägermeister Claus Kissel gab das Kompliment in Sachen „konstruktiver Zusammenarbeit“ an Martin Wuttke zurück. Sein erstes Amtsjahr - 2015 wurde Kissel als Nachfolger von Peter Kirn gewählt bezeichnete er als „spannend“. Aber es habe Spaß gemacht, auch aufgrund der hervorragenden Teamarbeit. Seinen Angaben zufolge sind rund 85 Personen in der Kreisjägerschaft ehrenamtlich engagiert. Die Entlastung der Amtsträger war ebenso Formsache wie die anschließenden Wahlen. Bei der Wahl des geschäftsführenden und erweiterten Vorstandes gab es keine Gegenstimmen und insgesamt nur vier Enthaltungen. Die Führungsriege besteht aus Kreisjägermeister Claus Kissel, seinen drei Stellvertretern Dr. Jürgen Friedle, Dr. Thomas Massler und Ralf Grau, Schriftführerin Stephanie Marquissee und Schatzmeister Uwe Kühne. Zum erweiterten Vorstand gehören Dieter Köhnlein (Presse), Dr. Michael Schneider (Justitiar), Markus Koebler (Obmann Schießwesen), Otto Benzinger (Jagdgebrauchshundewesen), Bastian Holzner (Jugendarbeit/Lernort Natur), Gerhard Malisi (Jungjägerausbildung und Vertreter der Forsten), Markus Netzker (Mitgliederverwaltung), Heiko Utz (Junge Jäger) und Helmut Kayser (Biotoppflege, Natur), sowie die Leiter der fünf Hegeringe und Norbert Zundl als Leiter des Bläsercorps. Alle Amtsträger sind auf drei Jahre gewählt. Flott und ohne Diskussion ging die Erhöhung der seit 2009 stabilen Beiträge über die Bühne, nachdem Schatzmeister Uwe Kühne der Versammlung klar gemacht hatte, dass es ohne einen Aufschlag nicht geht. Auslöser dafür sind höhere Zuschüsse an den Landesjagdverband (LJV) sowie Investitionen in den Schießstand für mehr Sicherheit und den Umweltschutz. Ab 2017 haben die Kreisjägervereinigungen an den LJV pro Mitglied jährlich 65 Euro abzuführen, bisher waren es 51 Euro. Die Investitionen in den Schießstand sind auf 63 000 bis 70 000 Euro veranschlagt. Als neue Sätze gelten ab 2017: Der Beitrag für Erstmitglieder seigt um 25 auf 110 Euro, der für Zweit- und Fördermitglieder um 10 auf 60 Euro, der für Schüler und Studierende um 15 auf 65 Euro, der für Familienmitglieder um 25 auf 145 Euro. Seit 2011 ernannte Ehrenmitglieder bezahlen künftig 65 statt bisher 50 Euro. Wie zuvor schon Thomas Dietz ging auch Claus Kissel in seinem Rechenschaftsbericht auf die seiner Meinung nach bestehenden Ungereimtheiten des neuen Jagdgesetzes ein. Es passe einfach nicht zusammen, wenn der Jäger im März und April quasi aus dem Wald verbannt werde, andererseits Störungen und Beunruhigungen des Wildes durch alle anderen Naturnutzer mit und ohne freilaufende Hund, sogar nachts im Wald abseits von Wegen, unverändert gestattet seien. Kissel: „Gerade in Zeiten eines hervorragenden natürlichen Nahrungsangebots, zunehmender Wildschäden, sowie akut drohender Schweinepest, ist eine ganzjährige intensive Bejagung des Schwarzwildes mit Ausnahme führender Bachen erforderlich.“ Hier sei die Politik gefordert. Unsinnig sei es auch, wenn die Schonzeit für Jungfüchse regional zwar um drei Monate verkürzt werden könne - wie für das Obere Gäu beantragt -, damit aber ein riesiger bürokratischer Aufwand verbunden sei. Es sei doch wissenschaftlich unstrittig, dass seltene bodenbrütende Vogelarten wie das Rebhuhn oder der Kiebitz ohne intensive Fuchsbejagung kaum eine Überlebenschance hätten. Treue- und Verdienstnadeln Gäufelden-Tailfingen (ru). Die Ehrung langjähriger Mitglieder ist fester Bestandteil fast jeder Jahreshauptversammlung. Das war am vergangenen Samstag bei der Kreisjägervereinigung Böblingen nicht anders. Dreizehn Namen hatte Kreisjägermeister Claus Kissel notiert. Einige waren verhindert oder erkrankt, so Kurt Nicklass aus Gäufelden, der mit 60-jähriger Mitgliedschaft ganz oben auf der Liste stand. 50 Jahre dabei ist Jörg Schweitzer aus Herrenberg, 40 Jahre gehören Erich Benzinger aus Ehningen, Volker Hess aus Stuttgart, Kurt Huber aus Magstadt, Erich Schiele aus Nufringen und Richard Stähle aus Bondorf der Kreisjägervereinigung an. Auf eine 25-jähige Mitgliedschaft können Gerhard Berhalter aus Leonberg, Günther Christoph aus Holzgerlingen, Bernd Hamdorf aus Böblingen, Axel Hornung aus Steinenbronn, Lutz Nicklass aus Herrenberg und Frank Wolf aus Böblingen zurückblicken. Zu Ehrenmitgliedern ernannt wurden Roland Schmitt aus Nufringen und Joachim Wegner aus Herrenberg. Die Verdienstnadel in Silber des Landesjagdverbands ging an Wolfgang Kramer, die des Deutschen Jagdverbands in Bronze an Otto Benzinger, Heiko Eggert, Michael Holder, Helmut Kayser, Uwe Kühne, Stephanie Marquissee und Jürgen Neef. Ein besonderes Dankeschön ging noch an Günter Wirth. Er ist schon seit 40 Jahren im Bläsercorps der Kreisjägervereinigung aktiv und leitete das Ensemble vor dem Amtsantritt des jetzigen Chefs 18 Jahre lang.
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