Bericht über HV 2016 von Werner Rueß

Landkreis und Jäger arbeiten konstruktiv zusammen
Kreisjägermeister Claus Kissel ein Jahr im Amt - Kritik am neuen Jagdgesetz
In völlig ruhigen Bahnen verlief am vergangenen Samstag die Hauptversammlung
der Kreisjägervereinigung Böblingen in der Tailfinger Bürgerhalle. Ohne
Diskussionen winkten die 144 stimmberechtigten Mitglieder sowohl die
Wahlvorschläge als auch eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrags durch. Reichlich
Kritik gab es hingegen wieder an dem vor einem Jahr In Kraft getretenen neuen
Landesjagdgesetz. Offizielle Bezeichnung: Jagd- und Wildtiermanagementgesetz.
VON WERNER RUESS (alle Fotos Werner Rues)
Gäufelden-Tailfingen. Jäger brauchen Sitzfleisch, nicht nur auf dem Ansitz, auch bei
der Hauptversammlung. Die am vergangenen Samstag dauerte wieder über drei
Stunden, was nicht zuletzt an einer Reihe von Grußworten lag, die eine gute
Stunde in Anspruch nahmen. Es sprachen Gäufeldens Bürgermeister Johannes
Buchter, der CDU-Bundestagsabgeordnete Clemens Binninger, der Erste
Landesbeamte des Kreises Böblingen und Nachfolger von Wolf Eisenmann, Martin
Wuttke, der Grünen-Landtagsabgeordnete Dr. Bernd Murschel, der Vorsitzende
der SPD-Kreistagsfraktion Dr. Tobias Brenner, der Kreisvorsitzende der FDP Hans
Dieter Scheerer, für den Landesjagdverband der stellvertretende
Bezirksjägermeister Thomas Dietz sowie der Leonberger Kreisjägermeister Bodo
Sigloch. Denn im Kreis Böblingen gibt es zwei Kreisjägervereinigungen, die
Böblinger zählt 730, die Leonberger 310 Mitglieder. Ein Grußwort des verhinderten
CDU-Landtagsabgeordneten Paul Nemeth verlas Claus Kissel.
In seinem Grußwort widmete sich Clemens Binninger einer auf EU-Ebene
geplanten Verschärfung des Waffenrechts. Die CDU sehe da einige Dinge sehr
kritisch, beispielsweise die Einführung einer Gesundheitsprüfung für
Waffenbesitzer oder eine Befristung der Besitzerlaubnis. Seiner Meinung nach sind
die deutschen Vorschriften streng genug, die CDU sehe keinen Grund „die Jäger
über Gebühr zu reglementieren“. In dieselbe Kerbe hieb Thomas Dietz. Er sieht in
den Änderungen des Waffenrechts „eine Diskriminierung der legalen
Waffenbesitzer“. Wer glaube, damit den Terror bekämpfen zu können, der sei „auf
dem Holzweg“. Dietz wies auch auf Schwachstellen im neuen Landesjagdgesetz. So
auf die im März und April verordnete Jagdruhe sowie auf die überzogene Schonzeit
für Jungfüchse.
„Ich vermute mal, dass das Gesetz nicht abgeschafft wird“, meinte Dr. Murschel,
auch wenn es zu einer grün-schwarzen Koalition komme. Was Murschel aber nicht
hinderte, die Jägerschaft für ihren Einsatz in Sachen Naturschutz und
Umweltbildung zu loben. Das taten auch Dr. Tobias Brenner, Hans Dieter Scheerer
und Martin Wuttke. Der Landrat-Stellvertreter bezeichnete die Zusammenarbeit
mit den beiden Kreisjägervereinigungen als ausgesprochen gut. Dass der Landkreis
der Jägerschaft einen Zuschuss in Höhe von 10 000 Euro für den Kauf von blauen
Wildreflektoren genehmigt habe, sei sowohl ein Zeichen der Anerkennung als auch
ein Beitrag zur Verkehrssicherheit. Kreisjägermeister Claus Kissel gab das
Kompliment in Sachen „konstruktiver Zusammenarbeit“ an Martin Wuttke zurück.
Sein erstes Amtsjahr - 2015 wurde Kissel als Nachfolger von Peter Kirn gewählt bezeichnete er als „spannend“. Aber es habe Spaß gemacht, auch aufgrund der
hervorragenden
Teamarbeit.
Seinen
Angaben zufolge sind rund 85 Personen in
der
Kreisjägerschaft
ehrenamtlich
engagiert.
Die Entlastung der Amtsträger war ebenso
Formsache wie die anschließenden
Wahlen. Bei der Wahl des geschäftsführenden und erweiterten Vorstandes
gab es keine Gegenstimmen und insgesamt
nur vier Enthaltungen. Die Führungsriege besteht aus
Kreisjägermeister Claus Kissel, seinen drei Stellvertretern Dr. Jürgen Friedle, Dr.
Thomas Massler und Ralf Grau, Schriftführerin Stephanie Marquissee und
Schatzmeister Uwe Kühne. Zum erweiterten Vorstand gehören Dieter Köhnlein
(Presse), Dr. Michael Schneider (Justitiar), Markus Koebler (Obmann Schießwesen),
Otto Benzinger (Jagdgebrauchshundewesen), Bastian Holzner
(Jugendarbeit/Lernort Natur), Gerhard Malisi (Jungjägerausbildung und Vertreter
der Forsten), Markus Netzker (Mitgliederverwaltung), Heiko Utz (Junge Jäger) und
Helmut Kayser (Biotoppflege, Natur), sowie die Leiter der fünf Hegeringe und
Norbert Zundl als Leiter des Bläsercorps. Alle Amtsträger sind auf drei Jahre
gewählt.
Flott und ohne Diskussion ging die Erhöhung der seit 2009 stabilen Beiträge über
die Bühne, nachdem Schatzmeister Uwe Kühne der Versammlung klar gemacht
hatte, dass es ohne einen Aufschlag nicht geht. Auslöser dafür sind höhere
Zuschüsse an den Landesjagdverband (LJV) sowie Investitionen in den Schießstand
für mehr Sicherheit und den Umweltschutz. Ab 2017 haben die
Kreisjägervereinigungen an den LJV pro Mitglied jährlich 65 Euro abzuführen,
bisher waren es 51 Euro. Die Investitionen in den Schießstand sind auf 63 000 bis
70 000 Euro veranschlagt. Als neue Sätze gelten ab 2017: Der Beitrag für
Erstmitglieder seigt um 25 auf 110 Euro, der für Zweit- und Fördermitglieder um 10
auf 60 Euro, der für Schüler und Studierende um 15 auf 65 Euro, der für
Familienmitglieder um 25 auf 145 Euro. Seit 2011 ernannte Ehrenmitglieder
bezahlen künftig 65 statt bisher 50 Euro.
Wie zuvor schon Thomas Dietz ging auch Claus Kissel in seinem
Rechenschaftsbericht auf die seiner Meinung nach bestehenden Ungereimtheiten
des neuen Jagdgesetzes ein. Es passe einfach nicht zusammen, wenn der Jäger im
März und April quasi aus dem Wald verbannt werde, andererseits Störungen und
Beunruhigungen des Wildes durch alle anderen Naturnutzer mit und ohne
freilaufende Hund, sogar nachts im Wald abseits von Wegen, unverändert
gestattet seien. Kissel: „Gerade in Zeiten eines hervorragenden natürlichen
Nahrungsangebots, zunehmender Wildschäden, sowie akut drohender
Schweinepest, ist eine ganzjährige intensive Bejagung des Schwarzwildes mit
Ausnahme
führender
Bachen
erforderlich.“ Hier sei die Politik
gefordert.
Unsinnig sei es auch, wenn die
Schonzeit für Jungfüchse regional zwar
um drei Monate verkürzt werden
könne - wie für das Obere Gäu
beantragt -, damit aber ein riesiger
bürokratischer Aufwand verbunden
sei. Es sei doch wissenschaftlich
unstrittig, dass seltene bodenbrütende Vogelarten wie das Rebhuhn oder der
Kiebitz ohne intensive Fuchsbejagung kaum eine Überlebenschance hätten.
Treue- und Verdienstnadeln
Gäufelden-Tailfingen (ru). Die Ehrung langjähriger Mitglieder ist fester Bestandteil
fast jeder Jahreshauptversammlung. Das war am vergangenen Samstag bei der
Kreisjägervereinigung Böblingen nicht anders. Dreizehn Namen hatte
Kreisjägermeister Claus Kissel notiert. Einige waren verhindert oder erkrankt, so
Kurt Nicklass aus Gäufelden, der mit 60-jähriger Mitgliedschaft ganz oben auf der
Liste stand. 50 Jahre dabei ist Jörg Schweitzer aus Herrenberg, 40 Jahre gehören
Erich Benzinger aus Ehningen, Volker Hess aus Stuttgart, Kurt Huber aus Magstadt,
Erich Schiele aus Nufringen und Richard Stähle aus Bondorf der
Kreisjägervereinigung an. Auf eine 25-jähige Mitgliedschaft können Gerhard
Berhalter aus Leonberg, Günther Christoph aus Holzgerlingen, Bernd Hamdorf aus
Böblingen, Axel Hornung aus Steinenbronn, Lutz Nicklass aus Herrenberg und Frank
Wolf aus Böblingen zurückblicken. Zu Ehrenmitgliedern ernannt wurden Roland
Schmitt aus Nufringen und Joachim Wegner aus Herrenberg.
Die Verdienstnadel in Silber des Landesjagdverbands ging
an Wolfgang Kramer, die des Deutschen Jagdverbands in
Bronze an Otto Benzinger, Heiko Eggert, Michael Holder,
Helmut Kayser, Uwe Kühne, Stephanie Marquissee und
Jürgen Neef. Ein besonderes Dankeschön ging noch an
Günter Wirth. Er ist schon seit 40 Jahren im Bläsercorps der
Kreisjägervereinigung aktiv und leitete das Ensemble vor
dem Amtsantritt des jetzigen Chefs 18 Jahre lang.