Das Versorgungsstärkungsgesetz

Das Versorgungsstärkungsgesetz
Konsequenzen im Zulassungsrecht
NARKA 2015
26.09.2015
Dr. jur. Ingo Pflugmacher
Fachanwalt für Medizinrecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Lehrbeauftragter für Medizinrecht der HHU Düsseldorf
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§ 95 I SGB V – „Mono-MVZ“
§ 95 wird wie folgt geändert:
„In Absatz 1 Satz 2 wird das Wort
„fachübergreifende“ gestrichen.“
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§ 95 I SGB V
„ Medizinische Versorgungszentren sind
fachübergreifende ärztlich geleitete
Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das
Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen
sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig
sind.“
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§ 95 I SGB V
Eine Fachrichtung genügt.
Genügt eine Arztstelle / „Zulassung“?
Genügt eine halbe Arztstelle?
Wieviele Ärzte müssen tätig sein?
Genügt ein Arzt?
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§ 95 I SGB V - perspektivisch
Wozu führt diese Gesetzänderung?
Wer wird „Mono-MVZ“ gründen?
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§ 95 I a SGB V – Gründer
„Medizinische Versorgungszentren können von
zugelassenen Ärzten, von zugelassenen
Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher
Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von
gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von
Zulassung oder Ermächtigung an der
vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen oder
von Kommunen gegründet werden;“
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Neu – Angestellt und Gesellschafter
„Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt
auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre
Zulassung zugunsten der Anstellung in einem
medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben,
solange sie in dem medizinischen
Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des
medizinischen Versorgungszentrums sind.“
(§ 95 Abs. VI SGB V)
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§ 95 III SGB V - Versorgungsauftrag
„Die Zulassung bewirkt, dass der Vertragsarzt Mitglied
der für seinen Kassenarztsitz zuständigen
Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an
der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus
der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen
Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist.
Die Einhaltung der […] Versorgungsaufträge sind von der
Kassenärztlichen Vereinigung zu prüfen. Die Ergebnisse
sind den Landes- und Zulassungsausschüssen mindestens
jährlich zu übermitteln.“
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§ 95 III SGB V - Begründung
„ Nach § 95 Absatz 3 bewirkt die Zulassung einer Vertragsärztin
bzw. eines Vertragsarztes, dass diese bzw. dieser zur Teilnahme
an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang des sich aus
der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen
Versorgungsauftrags nicht nur berechtigt, sondern auch
verpflichtet ist. Entsprechendes gilt für die Zulassung von MVZ.
Zur Unterstützung des mit der Errichtung einer
Terminservicestelle (vgl. § 75 Absatz 1a) verfolgten Ziels einer
Reduzierung der Wartezeiten für Patientinnen und Patienten
wird zusätzlich klargestellt, dass die KVen insbesondere anhand
der ihnen vorliegenden Leistungsdaten zu prüfen haben, ob
Ärzte / MVZ den sich aus ihrer Zulassung ergebenden
Versorgungsauftrag erfüllen.“
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§ 95 III SGB V - Begründung
„Die Regelung gilt entsprechend für angestellte
Ärztinnen und Ärzte. Bei Verstößen gegen
vertragsärztliche Pflichten kommt eine Verhängung der
in den Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen
geregelten Sanktionsmaßnahmen in Betracht (§ 81
Absatz 5). Hierdurch wird sichergestellt, dass
Vertragsärztinnen und Vertragsärzte und MVZ in dem
ihnen (gesetzlich) vorgegebenen Umfang zur Versorgung
der Versicherten zur Verfügung stehen.“
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§ 95 III SGB V – Versorgungsauftrag
 Prüfung durch die KV anhand der ihr vorliegenden
Leistungsdaten:
 Fallzahlen?
 Plausizeiten?
Bedeutet geringe Fallzahl und/oder Zeit, dass
man „nicht zur Verfügung steht“?
Wie weist man im Streit das „zur Verfügung
stehen“ nach?
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§ 24 VII Ärzte-ZV
„Der Zulassungsausschuss darf den Antrag eines
Vertragsarztes auf Verlegung seines
Vertragsarztsitzes nur genehmigen, wenn Gründe
der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht
entgegenstehen. Entsprechendes gilt für die
Verlegung einer genehmigten Anstellung.“
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§ 24 Ärzte-ZV- Begründung
„Mit der Ergänzung in Absatz 7 wird sichergestellt, dass MVZ
bei Zulassung und Betrieb nicht gegenüber
Vertragsärztinnen und Vertragsärzten benachteiligt werden.
MVZ und Vertragsärztinnen und Vertragsärzte müssen
gleiche Gestaltungsmöglichkeiten haben. Daher wird die
Verlegung einer Anstellungsgenehmigung von einem MVZ in
ein anderes MVZ (in gleicher Trägerschaft oder bei Identität
der Gesellschafter) geregelt. Eine solche Übertragung der
Anstellungsgenehmigung ist analog der Sitzverlegung bei
der Zulassung zulässig. Danach ist die Verlegung nur dann
zulässig, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung
dem nicht entgegenstehen.“
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§ 32b VI Ärzte-ZV- Vertretung neu
„Die Beschäftigung eines Vertreters für einen
angestellten Arzt ist zulässig; § 32 Absatz 1 und 4 gilt
entsprechend. Die Beschäftigung eines Vertreters für
einen angestellten Arzt ist für die Dauer von sechs
Monaten zulässig, wenn der angestellte Arzt
freigestellt ist oder das Anstellungsverhältnis durch
Tod, Kündigung oder andere Gründe beendet ist. Hat
der angestellte Arzt einen gesetzlichen Anspruch auf
Freistellung, ist eine Vertretung für die Dauer der
Freistellung zulässig. “
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Die Einziehung von Vertragsarztsitzen
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§ 103 Abs. 3 a SGB V
Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem
Planungsbereich […] endet und die Praxis von einem Nachfolger
weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss
auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die
Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach
Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Der
Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine
Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen
nicht erforderlich ist[…]
Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die
Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur
Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung
in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen.
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Das Versorgungsstärkungsgesetz
„Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach
Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss
den Antrag auf Durchführung eines
Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine
Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus
Versorgungsgründen nicht erforderlich ist.“
Abs. 1 S. 3:
„Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine
Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte
Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.“
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Das Versorgungsstärkungsgesetz
Also:
 Der Ausschreibungsantrag kann abgelehnt werden,
wenn ein Versorgungsgrad von 110% überschritten
ist und
 der Antrag soll abgelehnt werden, wenn ein
Versorgungsgrad von 140% überschritten ist und
jeweils
 eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus
Versorgungsgründen nicht erforderlich ist.
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Das Versorgungsstärkungsgesetz
Die Gesetzesbegründung:
„Den Zulassungsausschüssen wurde die
Möglichkeit eingeräumt, Nachbesetzungsanträge
abzulehnen, wenn eine Nachbesetzung des
Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht
erforderlich ist. Von dieser Möglichkeit haben die
Zulassungsausschüsse kaum Gebrauch gemacht.“
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Die zukünftige Rechtslage
 „Kann-Regelung“ bedeutet allein die Einräumung von
Ermessen.
 „Soll-Regelung“ bedeutet eine strikte Bindung für den
Regelfall und gestattet Abweichungen nur in atypischen
Fällen, in denen überwiegende Gründe für ein „Abgehen
von der Norm“ sprechen (BVerwGE 64, 323).
 Es wird zukünftig (bei gesetzeskonformer Anwendung durch
die Zulassungsausschüsse) also entscheidend auf die
„Erforderlichkeit aus Versorgungsgründen“ ankommen.
Allein die Überversorgung im Planungsbereich genügt nicht,
maßgeblich dürfte sein, ob andere Vertragsärzte zur
Weiterversorgung der Patienten bereit und in der Lage sind.
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Privilegierungen
Die Ausschreibung muss erfolgen, wenn die Praxis durch einen
Nachfolger weitergeführt werden soll, der
 eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche
Tätigkeit in einem Gebiet ausgeübt hat, für das der
Landesausschuss nach § 100 Abs. 1 SGB V das Bestehen von
Unterversorgung festgestellt hat oder
 Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des ausscheidenden
Vertragsarztes ist oder
 er ein angestellter Arzt des ausschreibenden Vertragsarztes
oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher
gemeinschaftlich betrieben wurde.
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Privilegierungen
Ebenfalls privilegiert ist ein potentieller Nachfolger, der
sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet
desselben Planungsbereiches zu verlegen, in dem nach
Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund
einer zu geringen Arztdichte ein Versorgungsbedarf
besteht.
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Privilegierungen - Details
 Wenn der beabsichtigte Nachfolger ein angestellter Arzt
des ausschreibenden Arztes oder ein bisheriger
Gemeinschaftspraxispartner ist, so führt dies nur dann
zur Privilegierung, wenn das Anstellungsverhältnis oder
die Gemeinschaftspraxis mindestens drei Jahre
angedauert hat.
 Dies gilt allerdings dann nicht, wenn das
Anstellungsverhältnis oder die Gemeinschaftspraxis vor
dem 05.03.2015 schon bestand.
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Gestaltungsmöglichkeiten einer BAG
 Dreijährige gemeinsame Berufsausübung führt zur
Privilegierung, das Nachbesetzungsverfahren ist
durchzuführen.
 Also: Entweder Ausschreibung und Mitteilung, das ein (seit
mehr als 3 Jahren) vorhandener BAG-Partner den
Vertragsarztsitz übernimmt und als Arztstelle fortführt,
 oder sogleich Verzicht zugunsten des BAG-Partners mit
nachfolgender Anstellung.
 Dann (Nach)besetzung der Arztstelle mit dem präferierten
Nachfolger und Rückumwandlung nebst Aufnahme in die
BAG.
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Gestaltungsmöglichkeiten
 Verzicht zugunsten eines anderen Vertragsarztes und
kurzzeitige Anstellung.
 Dann Nachbesetzung der Arztstelle (Wechsel des
Angestellten)
 Schließlich Rückumwandlung der Arztstelle in
freiberufliche Zulassung.
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Die Entschädigung:
 § 103 Abs. 3 a : „…die Kassenärztliche Vereinigung hat
eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der
Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des
Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen,
der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis
maßgeblich wäre.“
 § 103 Abs. 4 Satz 8: „Die wirtschaftlichen Interessen des
ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind
nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die
Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt.“
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Verkehrswert: BSG B 6 KA 39/10 R
 Modifizierte Ertragswertmethode,
 Substanzwert und immaterieller Wert,
 letzterer berechnet unter Berücksichtigung der Kosten
der Praxis
 und der Einnahmen auch aus privatärztlicher Tätigkeit,
 abzüglich des kalkulatorischen Arztlohns in
Abhängigkeit vom Umfang der Tätigkeit des bisherigen
Praxisinhabers.
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Die offenen Fragen:
 Entschädigung für Anlagevermögen (wem gehört dies
danach)?
 Entschädigung für Kosten aus Dauerschuldverhältnissen
(Miete, Arbeitsverhältnisse etc.)?
 Entschädigung bei Gemeinschaftspraxis?
 Steuervorteil auf Entschädigung?
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Fazit
 Das GKV-VSG ist keine Revolution des Vertragsarztrechts.
 Es werden aber an vielen Stellen kleine Änderungen
eingeführt, die mittelfristig die vertragsärztliche Tätigkeit
verändern werden.
 Es findet sich sowohl Liberalisierung als auch „Bevormundung “
der Vertragsärzte.
 Die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung
nimmt weiter zu.
 Die Regelungen zur „Stilllegung“ von Vertragsarztsitzen
müssen von jedem Arzt genau verfolgt werden, falls das Gesetz
richtig angewandt wird, werde viele hiervon betroffen sein.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit …
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