15 / 7534 - Landtag Baden Württemberg

Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
15. Wahlperiode
00. 00. 2003
Beschlussempfehlungen und Berichte
der Fachausschüsse zu Anträgen von Fraktionen
und von Abgeordneten
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport
1. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Timm Kern u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Drucksache 15/5433
– Endlich sechswöchige Phase der Arbeitslosigkeit bei angehenden Lehrkräften beenden
3
Beschlussempfehlung des Innenausschusses
2. Zu dem Antrag der Abg. Klaus Herrmann u. a. CDU und der Stellungnahme des Innenministeriums – Drucksache 15/6750
– Änderungen des Berechnungsverfahrens bei Kommunalwahlen von
d’Hondt auf Sainte-Laguë/Schepers
4
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
3. Zu dem Antrag der Abg. Ulrich Lusche u. a. CDU und der Stellungnahme
des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache
15/6687
– Mögliche Einleitung von Calciumchloridrückständen in den Rhein
6
4. Zu dem Antrag der Abg. Wolfgang Reuther u. a. CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft –
Drucksache 15/6840
– Das Umweltbundesamt auf Abwegen? – Zusatzabgabe für Einwegflaschen
zur Stützung des Mehrwegsystems
7
5. Zu dem Antrag der Abg. Ulrich Lusche u. a. CDU und der Stellungnahme
des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache
15/6865
– Aktuelle Rechtsprechung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf zur
Reservekraftwerksverordnung
10
6. Zu dem Antrag der Abg. Gabi Rolland u. a. SPD und der Stellungnahme
des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache
15/7217
– Belastung von Abwasser und Gewässern mit Arzneimittelrückständen
12
1
Ausgegeben: 23. 10. 2015
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Seite
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren
7. Zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren – Drucksache 15/5931
– Stabile Regelung für häusliche Betreuung durch externe Betreuungskräfte
sicherstellen
14
8. Zu dem Antrag der Abg. Thaddäus Kunzmann u. a. CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren – Drucksache 15/6751
– Gutachtenvergabe im Rahmen der Armuts- und Reichtumsberichterstattung
15
9. Zu dem Antrag der Abg. Elke Brunnemer u. a. CDU und der Stellungnahme
des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren
– Drucksache 15/6756
– Kinderreiche Familien in Baden-Württemberg
16
10. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Marianne Engeser u. a. CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren – Drucksache 15/6924
– Schäden durch Nikotin in der Schwangerschaft – Prävention und Maßnahmen
18
11. Zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren – Drucksache 15/7031
– Inklusionskonferenzen in Baden-Württemberg
19
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Verkehr und Infrastruktur
2
12. Zu dem Antrag der Abg. Marcel Schwehr u. a. CDU und der Stellungnahme
des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur – Drucksache 15/4771
– Gütertransport in der Binnenschifffahrt
21
13. Zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur – Drucksache 15/6742
– Auswirkungen der Planungen der Deutschen Bahn AG über zusätzliche
Fernverkehrsverbindungen und -halte auf das Zielkonzept 2025 für den
Schienenpersonennahverkehr
24
14. Zu dem Antrag der Abg. Reinhold Pix u. a. GRÜNE und der Stellungnahme
des Innenministeriums – Drucksache 15/6812
– Motorradlärm in Tourismuslandschaften
27
15. Zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur – Drucksache 15/6851
– Auswirkungen der Einigung über die Bauausführung der Variante „Drittes
Gleis“ im Filderbahnhof
28
16. Zu dem Antrag der Abg. Thaddäus Kunzmann u. a. CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur – Drucksache 15/6915
– Die Landesverkehrswacht als wichtiger Partner bei der Verkehrserziehung
und der Verkehrssicherheit
31
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport
1. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Timm Kern u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums
für Kultus, Jugend und Sport – Drucksache 15/5433
– Endlich sechswöchige Phase der Arbeitslosigkeit
bei angehenden Lehrkräften beenden
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
1. Abschnitt I des Antrags der Abg. Dr. Timm Kern u. a.
FDP/DVP – Drucksache 15/5433 – für erledigt zu erklären;
2. Abschnitt II des Antrags der Abg. Dr. Timm Kern u. a.
FDP/DVP – Drucksache 15/5433 – abzulehnen.
22. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Poreski
Lehmann
Bericht
Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport beriet den Antrag
Drucksache 15/5433 in seiner 44. Sitzung am 22. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner wies darauf hin, die FDP/DVP-Fraktion
habe bereits zu Beginn der Legislaturperiode beantragt, den Vorbereitungsdienst um die Zeit der Sommerferien zu verlängern.
Die Koalitionsfraktionen hätten damals die Abstimmung über
diesen Antrag durch die Einbringung eines eigenen Antrags umgangen.
Nun gelte es, bei diesem Thema Farbe zu bekennen. Es sei kein
guter Zustand, dass Referendare nach dem zweiten Staatsexamen
in die sechswöchige Arbeitslosigkeit entlassen würden. Um diese
schwierige Situation für die Betroffenen zu verbessern, schlage
die FDP/DVP-Fraktion vor, den Vorbereitungsdienst um die Zeit
der Sommerferien zu verlängern.
Ein Abgeordneter der CDU legte dar, das mit dem vorliegenden
Antrag zum Ausdruck gebrachte Anliegen sei nicht neu und zudem berechtigt. Allerdings wären damit Mehrkosten zwischen
jährlich 6 Millionen € und 27 Millionen € verbunden. Deshalb
werde sich die CDU-Fraktion bei der Abstimmung über diesen
Antrag der Stimme enthalten.
Ein Abgeordneter der Grünen erinnerte daran, die früheren Oppositionsfraktionen hätten vor dem Jahr 2011 mehrere Anträge
gleichen Inhalts gestellt, die von den damaligen Regierungsfraktionen mit dem Verweis auf die Finanzierbarkeit abgelehnt worden seien. Da sich in der Zwischenzeit an der Haushaltslage
nichts Wesentliches verändert habe, werde die Fraktion GRÜNE
diesen Antrag ablehnen. Gleichwohl sei die Situation für die betroffenen Lehrkräfte natürlich unbefriedigend. Infolge der Priorisierung in der Bildungspolitik bestünden jedoch keine finanziellen Spielräume.
rung ausgebrachte kw-Vermerke von der neuen Landesregierung
nicht umgesetzt. Insofern könne angehenden Lehrkräften eine
sehr gute berufliche Perspektive und ein gutes Einkommen geboten werden.
Der Erstunterzeichner bemängelte, die Landesregierung habe
bisher noch nicht den Auftrag erfüllt, eine angemessene Lösung
für das Problem der sechswöchigen Arbeitslosigkeit angehender
Lehrkräfte in Baden-Württemberg zwischen Beendigung des
Vorbereitungsdienstes und Stellenantritt zu erarbeiten. Deshalb
frage er, weshalb das Kultusministerium diesem Auftrag noch
nicht nachgekommen sei.
Ein Abgeordneter der SPD teilte mit, jeder Referendar, dem nach
dem zweiten Staatsexamen eine Stelle angeboten werde, sei sehr
froh über das in Aussicht gestellte Beamtenverhältnis und werden diese sechs Wochen überbrücken.
Ein Abgeordneter der Grünen hielt dem Erstunterzeichner entgegen, die von der Landesregierung erarbeiteten Lösungsvorschläge fänden sich in der Drucksache 15/1605 wieder. Die Fraktionen hätten jedoch keine Möglichkeit gesehen, diese Vorschläge
zu finanzieren.
Der Erstunterzeichner betonte, nach dem Referendariat übernommene Lehrkräfte nutzten die sechswöchigen Sommerferien intensiv zur Unterrichtsvorbereitung.
Der Minister für Kultus, Jugend und Sport führte aus, eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes um die Zeit der Sommerferien wäre sicherlich wünschenswert. Aus haushalterischen Gründen und Priorisierungsgründen sei dies aber nicht möglich.
Zudem sei zu beachten, dass der Vorbereitungsdienst grundsätzlich mit dem Bestehen des zweiten Staatsexamens ende. Dem
Ende dieser Ausbildungsphase folge in der Regel eine zeitliche
Zäsur bis zur Einstellung in ein weiteres Beschäftigungsverhältnis. Insofern sei es schwierig zu begründen, weshalb diese zeitliche Zäsur Lehrkräften nicht zumutbar sei, Juristen beispielsweise jedoch zugemutet werden könne.
Darüber hinaus weise er darauf hin, Lehramtsanwärtern böten
sich derzeit hervorragende Einstellungschancen.
Ferner mache er darauf aufmerksam, eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes erfordere 200 zusätzliche Deputate. Mögliche
zusätzliche 200 Deputate könnten seiner Meinung nach sehr viel
sinnvoller eingesetzt werden. In der Abwägung halte er es insofern für zumutbar, angehende Lehrkräfte in den Sommerferien
nicht zu bezahlen.
Der Ausschuss beschloss als Empfehlung an das Plenum ohne
förmliche Abstimmung, Abschnitt I des Antrags für erledigt zu
erklären, sowie mehrheitlich, Abschnitt II des Antrags abzulehnen.
28. 09. 2015
Berichterstatter:
Poreski
Ein Abgeordneter der SPD merkte an, durch die gestiegene Zahl
von Lehrerneueinstellungen würde Referendaren eine Perspektive eröffnet. Zudem würden zahlreiche von der Vorgängerregie-
3
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Beschlussempfehlung des Innenausschusses
2. Zu dem Antrag der Abg. Klaus Herrmann u. a.
CDU und der Stellungnahme des Innenministeriums – Drucksache 15/6750
– Änderungen des Berechnungsverfahrens bei Kommunalwahlen von d’Hondt auf Sainte-Laguë/Schepers
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Klaus Herrmann u. a. CDU – Drucksache 15/6750 – für erledigt zu erklären.
22. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Hinderer
Heiler
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 15/6750 in
seiner 31. Sitzung am 22. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags führte aus, er bedanke sich
beim Innenministerium für die umfangreiche Stellungnahme
zum vorliegenden Antrag, wobei anzumerken sei, dass alle zu
deren Erarbeitung erforderlichen Zahlen beim Statistischen Landesamt vorgelegen hätten. Im Übrigen sei auch in der Presse darüber berichtet worden. Es sei wichtig, auch den Landtag und die
Öffentlichkeit darüber zu informieren, wie sich die vollzogene
Umstellung des Auszählverfahrens von d’Hondt auf Sainte-Laguë/Schepers gemeinde- bzw. kreisscharf auswirke.
In den Anlagen 4 und 5 der Drucksache seien die landesweiten
Auswirkungen der Umstellung auf die Ergebnisse der Gemeinderatswahlen und der Kreistagswahlen aufgelistet. Auf Seite 278
der Drucksache seien die landesweit abgegebenen gültigen
Stimmen aufgeführt. Diese gäben jedoch ein verzerrtes Bild
wieder. Denn beispielsweise hätten die Grünen mit einem Anteil bei den gültigen Stimmen in Höhe von 11,51 % nur 4,32 %
der Sitze erhalten. Eigentlich müsste jedoch eine Umrechung
auf gleichwertige Stimmen erfolgen und sollte nicht auf die absolute Stimmenanzahl abgehoben werden. Denn in Stuttgart habe jeder Wähler 60 Stimmen und in einer kleineren Gemeinde
vielleicht 12 Stimmen, woraus sich das geschilderte verzerrte
Bild ergebe.
übergegangen worden sei. Er werfe die Frage auf, ob ein Mittelweg denkbar wäre.
Ferner habe die vorgenommene Umstellung dazu geführt, dass
radikale Gruppierungen von Links und Rechts in größerem Umfang in Gemeinderäten vertreten seien, als es vorher der Fall gewesen sei. Beispielsweise habe, wie aus Seite 103 der Drucksache hervorgehe, die NPD in Mannheim mit 1,14 % der Stimmen 2,08 % der Sitze errungen, während sie beim Auszählverfahren nach d’Hondt keinen Sitz errungen hätte. In Weil am
Rhein habe, wie aus Seite 200 der Drucksache hervorgehe, die
SPD aufgrund der Umstellung des Auszählverfahrens einen Sitz
weniger, der der NPD zugefallen sei.
Schließlich sei durch die Umstellung des Auszählverfahrens eine
noch größere Zersplitterung in den Gemeinderäten eingetreten.
Er verweise wiederum auf Mannheim; dort seien bei 48 Sitzen
im Gemeinderat neun Gruppierungen im Gemeinderat vertreten,
wie sich aus Seite 103 der Drucksache ergebe. Bei d’Hondt
wären es sieben Gruppierungen gewesen.
Ein ähnliches Bild sei, wie aus Seite 142 der Drucksache hervorgehe, in Freiburg zu beobachten. Dort seien bei ebenfalls 48 Sitzen im Gemeinderat nunmehr 13 Gruppierungen im Gemeinderat
vertreten, während es, wenn es beim Auszählverfahren nach
d’Hondt geblieben wäre, 11 Gruppierungen gewesen wären.
Als besonders problematisch habe sich herausgestellt, dass sich
die Bevorzugung kleinerer Gruppierungen durch Sainte-Laguë/
Schepers umso stärker auswirke, je kleiner ein zu besetzendes
Gremium sei. Dies gelte insbesondere für die Besetzung der Ausschüsse in den Gemeinderäten. Dabei gelte der Grundsatz, dass
eine Einigung herbeigeführt werden müsse, und wenn sich alle
geeinigt hätten, werde so beschlossen. Grundlage für die Einigung seien jedoch die Ergebnisse des verwendeten Auszählverfahrens, nunmehr also Sainte-Laguë/Schepers. Insbesondere bei
der Ausschussbesetzung bzw. bei der Aufsichtsratsbesetzung gebe es eine deutliche Bevorzugung kleinerer Gruppierungen. Diese erhielten deutlich mehr Sitze, als es ihrem Stimmenanteil entspreche. Beispiele seien aus der Anlage 8 der Drucksache ersichtlich.
Für besser halte er daher die Zusammenfassung der Ergebnisse
der Kreistagswahlen auf Seite 279 der Drucksache; denn dort
seien nicht die gültigen Stimmen aufgeführt, sondern richtigerweise die gleichwertigen Stimmen, sodass Stimmenanteil und
Sitzanteil jeweils ähnlich groß seien. Er bitte um eine Bewertung
des Innenministeriums hinsichtlich dessen, dass bei Gemeinderatswahlen auf gültige Stimmen Bezug genommen worden sei.
Abschließend brachte er vor, die wiederholte Änderung des Auszählverfahrens habe innerhalb von 40 Jahren eine zweite starke
Bevorzugung kleinerer Gruppierungen nach sich gezogen. Die
erste habe es gegeben, als 1975 das rollierende System, nach
dem jeweils die Hälfte des Gemeinderats neu habe gewählt werden müssen, zugunsten einer Wahl des gesamten Gemeinderats
in einer Abstimmung abgeschafft worden sei. Diese Änderung
sei sicher sinnvoll gewesen; allerdings weise er darauf hin, dass
vorher in der Stadt Stuttgart mit 60 Gemeinderäten bei jeder
Wahl nur 30 Gemeinderäte gewählt worden seien, sodass es de
facto möglich gewesen sei, mit rund 2,5 % der Stimmen einen
Sitz zu bekommen, während nunmehr, während der gesamte Gemeinderat mit 60 Mitgliedern in einem Wahlgang gewählt werde, bereits ein deutlich geringerer Stimmenanteil, nämlich bei
d’Hondt 1,5 bis 1,8 % und bei Sainte-Laguë/Schepers noch weniger, ausreiche, um einen Sitz zu erhalten.
Anschließend brachte er vor, bisher habe es durch das Auszählverfahren nach d’Hondt eine leichte Bevorzugung großer Gruppierungen gegeben. Nunmehr gebe es, wie sich auch anhand vieler Einzelergebnisse zeige, eine deutliche Bevorzugung kleinerer
Gruppierungen, sodass von einem Extrem zum anderen Extrem
Die Antragsteller hielten eine derart starke Bevorzugung kleiner
Gruppierungen für falsch und sähen sich durch die Stellungnahme zum vorliegenden Antrag in ihrer Auffassung bestätigt,
dass ein Mittelweg zwischen d’Hondt und Sainte-Laguë/Schepers gesucht werden sollte. Dann bestünde Grund zur Hoffnung,
4
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Innenausschuss
dass bis zur nächsten Kommunalwahl ein solcher Mittelweg gefunden werden könne.
Ein Abgeordneter der Grünen äußerte, er bedanke sich für die
Stellungnahme des Innenministeriums zum Antrag. Aus seiner
Sicht habe deren Erarbeitung einen nicht unerheblichen Aufwand
verursacht; gleichwohl habe der Landtag Anspruch auf Informationen darüber, wie sich Maßnahmen, die er beschlossen habe,
ausgewirkt hätten. Diesem Informationsanspruch sei das Innenministerium gerecht geworden. Das Ziel der Umstellung des
Auszählverfahrens habe nicht darin bestanden, größere Parteien
oder Wählervereinigungen zu benachteiligen und kleinere zu bevorzugen; Ziel sei vielmehr gewesen, einer Gleichwertigkeit der
Stimmen der Bürgerinnen und Bürger näher zu kommen. Er erinnere daran, dass bei den zwei letzten Gemeinderatswahlen vor
der Umstellung Bürgerlisten trotz deutlicher Zuwendungen keine
Sitze im Gemeinderat hätten erringen können. Deshalb sei die
Änderung erfolgt, und unter diesem Blickwinkel sei die Reform
als durchaus erfolgreich anzusehen. Denn Bürgerlisten hätten
nunmehr nicht nur einzelne Sitze inne, sondern bewegten sich
teilweise sogar in Fraktionsstärke. Dadurch könnten sie aus den
bürgerlichen Mitten der Gemeinden heraus eine neue kommunalpolitische Strömung repräsentieren, die von den etablierten Parteien, zu denen er auch die Grünen zähle, nicht mehr repräsentiert würden.
Es sei jedoch unstreitig, dass die Beförderung von Extremisten
sowohl am rechten als auch am linken Rand nicht gewollt sei.
Deshalb habe auch in seiner Fraktion eine intensive Diskussion
über mögliche Folgerungen begonnen. Die Abgeordneten seiner
Fraktion seien mit Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern auch der großen Städte im Gespräch. Es sei auch schon
verabredet worden, nach der nächsten Landtagswahl Reformvorschläge hinsichtlich des Auszählverfahrens einzubringen, die geeignet sein könnten, den Effekt der Stärkung des linksextremen
und des rechtsextremen Randes zu vermeiden. Er sei zuversichtlich, dass es möglich sein werde, innerhalb der demokratischen
Mitte eine Verständigung auf eine Weiterentwicklung des Systems herbeizuführen.
Der Innenminister legte dar, das Innenministerium habe bei der
Erarbeitung der Stellungnahme zum vorliegenden Antrag zwar
auf Material des Statistischen Landesamts zurückgreifen können,
gleichwohl habe die Erarbeitung der Stellungnahme einen nicht
unerheblichen Arbeitsaufwand verursacht. Es sei jedoch Aufgabe
des Ministeriums, derartige Stellungnahmen vorzulegen. Den geäußerten Dank gebe er gern weiter.
führt, doch seien diese nicht so groß, dass Anlass zur Sorge bestehen würde. Gleichwohl sei es sinnvoll, wie es bereits angedeutet worden sei, das Ergebnis der Umstellung in den Parteien
und Gremien zu diskutieren und zu prüfen, ob in der nächsten
Legislaturperiode eine weitere Änderung vorgenommen werden
sollte. Die vorliegende Stellungnahme des Innenministeriums
zum Antrag stelle eine gute Diskussionsgrundlage dar.
Ein weiterer Vertreter des Innenministeriums führte ergänzend
aus, die Tatsache, dass in den Anlagen 4 und 5 der Drucksache
bei den Gemeinderatswahlen auf der Basis der gültigen Stimmen
und bei den Kreistagswahlen auf der Basis der gleichwertigen
Stimmen gerechnet worden sei, liege darin, dass das Statistische
Landesamt aufgrund der amtlichen Zahlen gerechnet habe und es
so sei, dass bei den Gemeinderatswahlen die Sitzverteilung auf
der Basis der gültigen Stimmen erfolge, während bei den Kreistagswahlen entsprechend einer Vorschrift in der Landkreisordnung eine Umrechnung auf die gleichwertigen Stimmen erfolge,
was mit dem System der Wahlkreise zu tun habe.
Der Erstunterzeichner des Antrags erklärte, diese Unterscheidung sei ihm durchaus bekannt. Allerdings ergebe sich, wenn die
gültigen Stimmen addiert würden, ein schiefes Bild, wie er in der
laufenden Sitzung dargelegt habe. Er habe deutlich machen wollen, dass es sich nicht um einen Systemfehler handle, der beispielsweise zu einer erheblichen Benachteiligung der Grünen geführt habe. Das dargestellte schiefe Bild ergebe sich vielmehr
aus der Addition von Zahlen, die eigentlich nicht addiert werden
dürften. Doch gleichwertige Stimmen wie bei Kreistagswahlen
gebe es bei Gemeinderatswahlen nicht.
Abschließend merkte er an, der vorliegende Antrag könne für erledigt erklärt werden. Er sei gespannt, welche Änderungsvorschläge hinsichtlich des Auszählverfahrens in den nächsten Monaten unterbreitet würden.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
05. 10. 2015
Berichterstatter:
Hinderer
Anschließend führte er aus, ein Auszählverfahren, das eine völlig
proporzgerechte Sitzverteilung sicherstelle, könne es nicht geben. Es bestehe lediglich die Möglichkeit, Auszählverfahren zu
finden, die Ergebnisse lieferten, die dem Proporz möglichst nahe
kämen. Aus seiner Sicht sei auf den ersten Blick nicht ersichtlich, ob d’Hondt oder Sainte-Laguë/Schepers diesem Ziel am
nächsten komme; denn die Wahl des Auszählverfahrens habe vor
Ort durchaus differenzierte Auswirkungen. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die FDP bei Anwendung
des Auszählverfahrens nach d’Hondt statt Sainte-Laguë/Schepers
in 17 Gemeinden und Kreisen keinen Sitz hätte.
Er räume ein, dass radikale Parteien Vorteile aus der Umstellung
des Auszählverfahrens hätten ziehen können, doch sei festzustellen, dass die NPD, die Piraten und die Republikaner in nur je
zwei Fällen zum Zuge gekommen seien. Doch seien dies gemessen an der Gesamtzahl der Sitze relativ wenige Sitze. Die Umstellung des Auszählverfahrens habe zwar zu Veränderungen ge-
5
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
3. Zu dem Antrag der Abg. Ulrich Lusche u. a. CDU
und der Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache
15/6687
– Mögliche Einleitung von Calciumchloridrückständen in den Rhein
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Ulrich Lusche u. a. CDU – Drucksache 15/6687 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Marwein
Müller
Bericht
Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft beriet den
Antrag Drucksache 15/6687 in seiner 35. Sitzung am 9. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags bedankte sich für die Stellungnahme und trug vor, bei grenzüberschreitenden Themenstellungen am Oberrhein sei es generell wichtig, dass die deutsche Seite
klar Position beziehe. Nachdem laut Presseberichten auf französischer Seite über die Einleitung von Calciumchloridrückständen in
den Rhein nachgedacht worden sei, sei es ihm darum gegangen,
mit dem vorliegenden Antrag den Sachstand abzufragen.
Laut Stellungnahme zu Ziffer 1 des Antrags habe die Landesregierung erstmals aus Medien von Überlegungen hinsichtlich einer eventuellen Einleitung von Calciumchloridrückständen aus
der Salzindustrie Lothringens in den Rhein erfahren. Ihn interessiere daher, ob Gespräche mit den in der Stellungnahme genannten Gremien, mit denen Baden-Württemberg in ständigem Kontakt stehe und die seit 2013 mehrfach über die Chloridbelastung
der Mosel diskutiert hätten, geführt worden seien bzw. ob der Informationsfluss in irgendeiner Art und Weise gewährleistet sei,
sodass das Umweltministerium zu einem angemessen frühen
Zeitpunkt in der Lage sei, zu diesem Sachverhalt eine inhaltliche
Meinung zu finden.
Ein Abgeordneter der Fraktion GRÜNE betonte, Salzeinleitungen in den Rhein müssten unbedingt verhindert werden. Darauf
müsse auf welcher Ebene und mit welchen Kontakten auch immer unbedingt hingewirkt werden.
Eine Abgeordnete der Fraktion der SPD brachte vor, seit einem
halben bzw. dreiviertel Jahr beschäftige sich auch der Oberrheinrat immer wieder mit diesem Thema. Es sei sehr begrüßenswert,
dass zumindest auf deutscher Seite einhellig die Meinung vertreten werde, dass von den im Rahmen einer Studie in Frankreich
untersuchten drei Varianten die beiden, die Salzeinleitungen vorsähen, fachlich abzulehnen seien und die dritte Variante, die eine
Aufbereitung der Salzeinleitungen beinhalte, zwingend zu unterstützen sei. Überdies seien in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie deutliche Grenzwerte festgelegt.
6
Im Zusammenhang mit der Diskussion über den Rhein weise sie
darauf hin, dass in der Schweiz in der aktuellen Hitzeperiode ein
Kernkraftwerk abgestellt worden sei, weil die Einleitungen in
den Rhein zu einer zu hohen Wassertemperatur geführt hätten.
Dagegen sei das AKW Fessenheim nicht abgestellt worden, obwohl die Temperatur der Einleitung so hoch sei, dass der Rhein
inzwischen eine Temperatur von 25° C aufweise. Ihres Erachtens
müsste in Fessenheim auch entsprechend gehandelt werden,
wenn der Rhein als Ökosystem betrachtet werde. Für die Wanderfische gehe ab einer Temperatur von 22° C quasi die Alarmanlage an. Sie interessiere daher, ob Informationen darüber vorlägen, wie die französische Seite reagiere, wenn die Hitzeperiode
anhalte.
Der Vorsitzende fragte in seiner Funktion als Abgeordneter der
Fraktion der CDU nach dem aktuellen Stand der Chloridbelastungen im Rhein. Die Problematik der durch den Salzabbau bedingten Chlorideinleitungen in den Rhein sei schon sehr alt, wobei es sich früher um Natriumchlorid gehandelt habe.
Der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft führte
aus, die Informationspolitik sei, was französische Informationen
betreffe, durchaus noch verbesserungsfähig. Bisweilen erfahre
sein Haus manches erst aus den Medien, was nach seiner persönlichen Ansicht auch auf anderem Weg hätte übermittelt werden
können.
In der von seiner Vorrednerin angesprochenen Studie seien drei
Varianten untersucht worden: zum einen Salzeinleitungen in die
Mosel, zum anderen Salzeinleitungen in den Rhein und zum
Dritten die Aufbereitung der Salzeinleitungen. Darüber sei in der
Region, sowohl in Frankreich als auch in Deutschland, intensiv
diskutiert worden. Nach seinen Informationen werde das Comité
de bassin Rhin-Meuse nun aufgrund hoher Kosten und mangelnder gesellschaftlicher Akzeptanz auf die Einleitung verzichten.
Es könne davon ausgegangen werden, dass diese Informationen
ziemlich gesichert seien.
Hinsichtlich der Frage zur Auswirkung der Wassertemperatur
auf den Betrieb des Kernkraftwerks in Fessenheim lägen ihm einige Zahlen vor. So habe am 7. Juli 2015 um 10:00 Uhr die Wassertemperatur in Rheinfelden 24,6° C, in Iffezheim 25° C und in
Karlsruhe 25,2° C betragen. Vermutlich sei die Temperatur im
Tagesverlauf noch leicht angestiegen. Sie sei allerdings in den
letzten Tagen auch wieder gesunken. Heute Morgen sei die Temperatur in Karlsruhe bei 24,2° C, in Iffezheim bei 24,6° C und in
Rheinfelden bei 23,8° C gelegen.
Bisher seien Wassertemperaturen von 30° C im Auslasskanal des
Kernkraftwerks genehmigt. In der Diskussion für die neue Genehmigung seien derzeit Temperaturen von 28° C im laufenden
Betrieb und 29° C, wenn die Temperaturen im Tagesmittel die
26-°C-Grenze überschreiten sollten.
Die LUBW habe in diesem Verfahren eine Stellungnahme abgegeben und sich dafür ausgesprochen, dass unter Berücksichtigung beider Blöcke nach Einleitung in den Rhein die rechnerische Mischtemperatur bei maximal 25° C als gleitendes SechsStunden-Mittel angestrebt werden sollte. Dieser Stellungnahme
hätten sich auch das Regierungspräsidium Freiburg und der
Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald angeschlossen. Hintergrund sei, dass der Rhein in diesem Bereich eine Barbenregion,
die in der Limnologie auch als Epipotamal bezeichnet werde, sei.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Letztlich seien daher die hohen Temperaturen der vergangenen
Tage durch die bisherige Genehmigung abgedeckt. Somit gebe
es keine rechtliche Grundlage für die Forderung nach einem Abschalten des Kernkraftwerks. Sie wären selbst dann noch abgedeckt, wenn die Werte zum Tragen kämen, die bislang neu beantragt seien. Sollten sich allerdings die von der LUBW angegebenen Werte durchsetzen, woran sein Haus ein Interesse hätte,
dann könnte es künftig durchaus zu Situationen kommen, in denen wie in der Schweiz das Kernkraftwerk abgeschaltet werden
müsste, zumal in den kommenden Jahren ohnehin damit zu rechnen sei, dass es vermehrt zu solchen heißen Tagen kommen werde.
4. Zu dem Antrag der Abg. Wolfgang Reuther u. a.
CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für
Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache 15/6840
– Das Umweltbundesamt auf Abwegen? – Zusatzabgabe für Einwegflaschen zur Stützung des Mehrwegsystems
Auch am Neckar habe es in der Vergangenheit immer wieder
derartige Diskussionen gegeben. Er erinnere insbesondere an den
heißen Sommer 2003. Am Neckar wirke sich jedoch mittlerweile
die Energiewende bzw. der Atomausstieg positiv aus. Denn an
heißen Tagen produzierten Fotovoltaikanlagen so viel Strom,
dass auch dann die Stromversorgung gesichert sei, wenn konventionelle Kraftwerke heruntergefahren oder abgeschaltet seien.
Das wiederum wirke sich positiv auf die Entwicklung der Wassertemperatur aus.
den Antrag der Abg. Wolfgang Reuther u. a. CDU
– Drucksache 15/6840 – für erledigt zu erklären.
Ein Vertreter des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft ergänzte, vormals sei die massive Chloridbelastung
der elsässischen Kaligruben für Baden-Württemberg, abgesehen
von einer schlechten Gewässersituation, faktisch unproblematisch gewesen. Anstoß hätten allerdings die Niederländer genommen, weil bei der dortigen Wasserversorgung sehr große Probleme aufgetreten seien.
Bericht
Schließlich sei auf IKSR-Ebene das sogenannte Chloridübereinkommen beschlossen worden, das zur Konsequenz gehabt habe,
dass die Abraummengen nur bei Hochwasser in den Rhein eingeleitet worden seien. Dadurch sei die Konzentration an Chloridionen unterhalb eines vorgegebenen Werts geblieben. Das sei den
Franzosen finanziell ausgeglichen worden. Darüber, ob das eine
sinnvolle Umweltpolitik sei, könne durchaus diskutiert werden.
Seinerzeit sei dies aber die einzige Lösung gewesen. Das Thema
habe sich nun schon seit einigen Jahren erledigt. Denn die Halden seien weg, und der Betrieb sei eingestellt. Das Chloridthema
von früher gebe es nicht mehr.
Ohne förmliche Abstimmung beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6687 für erledigt
zu erklären.
04. 08. 2015
Berichterstatter:
Marwein
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
09. 07. 2015
Die Berichterstatterin:
Der Vorsitzende:
Grünstein
Müller
Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft beriet den
Antrag Drucksache 15/6840 in seiner 35. Sitzung am 9. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags trug vor, wie der Presse zu
entnehmen gewesen sei, denke das Umweltbundesamt darüber
nach, für Einweggetränkeverpackungen zusätzlich zum bereits
bestehenden Pfand von 25 Cent noch eine Lenkungsabgabe von
20 Cent zu erheben. Offensichtlich beabsichtige Coca Cola, bei
0,5- und 1,5-Liter-Flaschen von der Mehrweg- auf die Einwegverpackung umzusteigen, weil mittlerweile insbesondere die 0,5Liter-Flasche aufgrund des Trinkverhaltens und der Mobilität der
Verbraucher eher als Einwegflasche für unterwegs mitgenommen werde und nicht mehr im Mehrwegkasten zurückgegeben
werde.
Eine zusätzliche Lenkungsabgabe führte seines Erachtens jedoch
dazu, dass die Abgaben möglicherweise fünf- bis zehnmal so
hoch seien wie der Wert des Inhalts der Flaschen. Da stelle sich
die Frage, inwieweit eine Abgabe hier noch eine Lenkungsfunktion besitze. Er habe daher mit dem vorliegenden Antrag das
Umweltministerium um eine Einschätzung gebeten.
Außerdem habe er den momentanen Sachstand hinsichtlich der
vom Bund gegenüber den Ländern eingeforderten Umsetzung einer Verordnung zur klaren Kennzeichnung von Einweg- und
Mehrwegflaschen abgefragt. In der Stellungnahme des Ministeriums werde mitgeteilt, dass eine Kennzeichnung lediglich im
Verkaufsraum nicht für geeignet angesehen werde, um die Unterscheidung zwischen Mehrweg und Einweg klar darzustellen.
Eine Kennzeichnung auf den Verpackungen zur leichteren Unterscheidung sei jedoch laut EU-Kommission wegen Wettbewerbsverzerrung nicht europarechtskonform. Interessant sei nun,
ob der Vorschlag des Umweltministeriums, wonach das bestehende Logo für die Bepfandung von Einweggetränkeverpackungen zu einer Verbraucherinformation über Mehrweg und Einweg
umgestaltet werden solle, rechtlich Bestand habe.
In Ziffer 6 des Antrags sei irrtümlicherweise gefragt worden, ob
die Erhebung einer zusätzlichen Lenkungsabgabe nicht einem
faktischen Verbot von Mehrwegverpackungen gleichkomme.
Gemeint seien jedoch nicht die Mehrwegverpackungen, sondern
7
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
die Einwegverpackungen. Er bitte daher den Minister, hierauf
noch einzugehen.
Eine Abgeordnete der Fraktion der SPD legte dar, die im Antrag
gestellten Fragen bezögen sich auf praxisbezogene Themen, mit
denen die Verbraucherinnen und Verbraucher fast täglich konfrontiert seien.
In der Stellungnahme werde bisweilen darauf verwiesen, dass
das eine oder andere noch nicht vorliege und zu gegebener Zeit
zu prüfen sei. Sie erkundige sich daher, ob die Antworten zu den
noch offenen Fragen nachgeliefert würden. Dies hülfe in der Argumentation gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die sie zu
dieser Thematik ansprächen.
Die Tabelle in der Stellungnahme zu Ziffer 2 des Antrags zeige,
dass die Quote der Mehrweggetränkeverpackungen und der ökologisch vorteilhaften Einweggetränkeverpackungen in den Jahren
2004 bis 2012 stark rückläufig sei. Womöglich sei das zum Teil
auch darauf zurückzuführen, dass die Automaten häufig einige
Flaschen gar nicht zurücknähmen. Meist stünden neben den Automaten riesige Behälter, die bis oben voll seien mit Flaschen,
die die Automaten nicht angenommen hätten. Hier sei eventuell
zu überlegen, ob die Rückgabe auch anders organisiert werden
könne.
Ein Abgeordneter der Fraktion GRÜNE brachte vor, die Stellungnahme mache deutlich, dass es in diesem Bereich noch viele Defizite gebe. So sei es insbesondere sehr bedenklich, dass die
Mehrwegquote in den letzten Jahren so stark zurückgegangen
sei, zumal die Verpackungsverordnung eigentlich eine Mehrwegquote von 80 % verlange. Es müsse daher in irgendeiner Form
reagiert werden.
Nach seinem Dafürhalten sei das Umweltbundesamt nicht auf
Abwegen. Es habe vielmehr die Aufgabe, zu analysieren, zu beschreiben und zu dokumentieren, was im Bereich der Umwelt
vor sich gehe und welche Konsequenzen daraus gezogen werden
könnten. Die Zusatzabgabe könnte eine Konsequenz sein.
Auffallend sei, dass nur im Getränkebereich Bier die Quote nicht
rückläufig sei. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, um insgesamt auf eine bessere Mehrwegquote hinzuwirken. So könnten
die Verbraucher durch umfassende Aufklärung oder Kennzeichnungsformen deutlicher auf die Problematik aufmerksam gemacht werden. Sollte die Quote dann dennoch weiterhin sinken,
müsse in irgendeiner Form reagiert werden. Dann seien auch Zusatzabgaben möglich.
Der Erstunterzeichner gab zu bedenken, es gehe darum, bis zu
welchem Maß einem mündigen Bürger vorzuschreiben sei, was
er zu tun und zu lassen habe.
Wie aus der Stellungnahme zum Antrag hervorgehe, wolle das
Ministerium zunächst einmal den Endbericht des Forschungsvorhabens des Umweltbundesamts abwarten, bevor etwas unternommen werde. Das sei seines Erachtens richtig. Alles andere wäre
ein Schnellschuss. Aus den abschließenden Erkenntnissen des
Forschungsvorhabens könnten dann Schlussfolgerungen gezogen
und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.
Der Vorsitzende machte in seiner Funktion als Abgeordneter der
CDU darauf aufmerksam, letztlich gehe es auch um die Frage,
welche Art von Verpackung beim Verbraucher auf Akzeptanz
stoße. Hier sei festzustellen, dass die PET-Flasche ihren Siegeszug angetreten habe, da sie für den Verbraucher sehr vorteilhaft
sei.
8
Ihn interessiere, wie die PET-Flasche mittlerweile bewertet werde. Zu Zeiten als die Pfandverordnung eingeführt worden sei, sei
PET gerade erst am Horizont aufgetaucht. In der Zwischenzeit
habe es sich jedoch weitgehend durchgesetzt – ausgenommen im
Getränkebereich Bier. Bei Bier werde wohl automatisch assoziiert, es müsse in einer Glasflasche abgefüllt sein.
Ihn interessiere, ob dieser wirklich massive Einbruch des Mehrwegsystems bei den übrigen Getränken auf den Siegeszug der
PET-Flasche mit zurückzuführen sei und ob dies überhaupt nachteilig sei. Es gebe auch PETCYCLE und Ähnliches. Wenn PET
nicht nachteilig sei, dann habe sich vielleicht einfach technologisch die Lage geändert. Aus Sicht der Verbraucher habe sie sich
ganz gewiss geändert.
Ein weiterer Abgeordneter der Fraktion GRÜNE ergänzte, viele
Verbraucher, die eine PET-Flasche kauften, seien der Auffassung, diese werde zu 100 % recycelt. Das sei jedoch mitnichten
der Fall. Vielmehr finde ein Downcycling statt. Letzten Endes
entstünden aus den geschredderten Teilen möglicherweise Kleidungsstücke oder Parkbänke.
Seines Erachtens brauche es in der Abfallpolitik eine Diskussion
darüber, wie die Verbraucher – vor allem beim Mineralwasser –
wieder von der PET-Flasche etwas wegkämen. Dies werde insbesondere aufgrund der Gewichtsvorteile der PET-Flaschen sehr
schwierig sein. Es müsse aber alles daran gesetzt werden, um die
äußerst schlechte Mehrwegquote zu erhöhen.
Die Tendenz gehe derzeit wieder zur Wegwerfgesellschaft. Das
sei auch an den beträchtlichen Fehlwurfquoten bei den Abfalltonnen ersichtlich. Bisweilen landeten Wertstoffe auch in der
Biotonne. Er halte die abfallpolitische Grundsatzdiskussion für
sehr wichtig. Ihn interessiere daher, welche Vorschläge es gebe,
um die Mehrwegquote zu erhöhen, und wie das Ministerium eine
Zwangsabgabe konkret einschätze.
Der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft dankte
zunächst einmal dem Erstunterzeichner für die Richtigstellung zu
Ziffer 6 des Antrags.
Ferner führte er aus, grundsätzlich habe sich in diesem Bereich in
den letzten Jahren sehr viel getan. Im Moment mangle es jedoch
an konkreten, vernünftigen Datengrundlagen, um die Lage beurteilen zu können.
Mehrweggetränkeverpackungen seien in der Regel vorteilhaft.
Jedoch gebe es auch hier Ausnahmen. So erschließe sich ihm
beispielsweise nicht, worin der ökologische Vorteil liege,
wenn Wasser in Mehrwegflaschen über die Alpen gefahren
werde.
Das Umweltbundesamt führe derzeit eine Grundlagenstudie zu
den Umlaufzahlen von Mehrweggebinden, zu Transportentfernungen und dergleichen durch. Wie in der Stellungnahme zum
Antrag erwähnt, liege der Abschlussbericht bislang noch nicht
vor. Es sei zweckmäßig, diesen zunächst einmal abzuwarten, bevor irgendwelche Maßnahmen wie beispielsweise eine Zwangsabgabe ergriffen würden. Der Abschlussbericht liefere eine vernünftige Datengrundlage für eine Beurteilung.
Ohne dem Abschlussbericht vorgreifen zu wollen, vermute er,
dass es bei PET zu einer Neubewertung komme. Es gebe Mehrweg-PET-Flaschen. Es gebe auch PET-Flaschen, die gemahlen
würden, um anschließend wieder neue PET-Flaschen daraus herzustellen. Im PET-Bereich gebe es ganz unterschiedliche Systeme. Daher brauche es eine Bewertung von PET-Mehrweg im
Vergleich zu Glas-Mehrweg, die u. a. die Umlaufzeiten und das
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Gewicht, das sich auf die Transporte auswirke, berücksichtige.
Das seien hoch komplizierte Überlegungen.
Letztlich müssten also für die einzelnen Produkte neue Ökobilanzen, sowohl was Mehrweg als auch was Einweg betreffe, aufgestellt werden. Dabei sei völlig klar, dass Mehrweg in der Regel
für den Klimaschutz vorteilhafter sei als Einweg. Mehrweg müsse aber nicht zwangsläufig Glas bedeuten. Das könne durchaus
vielleicht auch einmal PET sein.
Im Getränkebereich Bier bewege sich die Quote auf einem
gleichbleibend hohen Niveau. In Gesprächen mit Brauereien,
insbesondere mit Kleinbrauereien, werde jedoch deutlich, welch
hoher Aufwand in den Brauereien betrieben werden müsse, um
im Leergut Flaschen anderer Brauereien auszusortieren und zu
ihrem Ursprungsort zurückzuverschicken. Dahinter steckten
bisweilen auch ökonomische Interessen einiger Brauereien, auf
diese Weise die Konkurrenz etwas unter Druck zu setzen. Durch
diese zusätzlichen Transportwege verschlechtere sich allerdings
die Ökobilanz der Flaschen. Die Transporte sollten daher möglichst reduziert werden. Auch dieses Thema müsse in den Blick
genommen werden.
Was die Kennzeichnung betreffe, so habe letzten Freitag im Bundesumweltministerium in Berlin ein Gespräch auf Staatssekretärsebene zur Frage stattgefunden, ob eine Kennzeichnung auf der
Flasche oder in den Verkaufsräumen durchgeführt werden solle.
Ebenso sei seines Wissens intensiv darüber diskutiert worden, ob
die Kennzeichnung auf der Flasche europarechtswidrig sei oder
nicht. Dabei seien kontroverse Standpunkte vertreten worden.
Daher habe es eine Verständigung dahin gehend gegeben, dass
bei einem weiteren Treffen EU-Vertreter hinzugezogen würden,
um diese Frage endgültig zu klären.
Seines Erachtens wäre es für den Verbraucher am einfachsten,
wenn die Kennzeichnung auf den Flaschen erfolge. Diese müsse
selbstverständlich EU-rechtskonform sein. Zunächst müsse aber
abgewartet werden, wie die Diskussion zu Ende geführt werde.
Ein Vertreter des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft ergänzte, alles in allem funktioniere die Rücknahmeautomation einigermaßen gut. Einwegflaschen müssten auch
dann zurückgenommen werden, wenn der Automat sie nicht annehme. Theoretisch sei eine Nichtrücknahme, abhängig von der
Verkaufsfläche, sogar bußgeldbewehrt. Im Einzelfall sei es jedoch wohl nicht so leicht, dies durchzusetzen.
Handel und Industrie hätten sich anfänglich vehement gegen die
Erhebung des Einwegpfands gewehrt. Inzwischen hätten sie ihre
Meinung grundlegend geändert, weil sich durch den Pfandschlupf für sie ein Riesengeschäft entwickelt habe. Gemeint seien damit die Flaschen, für die der Verbraucher zwar Pfand bezahlt habe, die er aber nicht wieder zurückbringe und die auch
nicht von Flaschensammlern aus dem Müll eingesammelt würden. Dieses Geld kassiere am Ende der Kette der Hersteller.
dass die Flaschen im Mehrwegkasten meist aus Cycle-PET seien
und vom Hersteller geschreddert würden. Es sei sehr schwierig,
Einweg-PET und Mehrweg-PET auseinanderzuhalten. Daher
mache eine Kennzeichnung durchaus Sinn. Mehrweg-PET sei
deutlich stabiler und geriffelt. Oft seien Riefen vom Spülen erkennbar. Das klassische Einweg-PET könne dagegen quasi mit
dem Daumen eingedrückt werden.
Zur Bewertung sei vor ein paar Jahren eine kleine Reihung aufgestellt worden. Danach sei Mehrweg-PET mit Abstand am ökologisch vorteilhaftesten. An zweiter Stelle sei bei kurzen Distanzen, also im regionalen Bereich Mehrweg-Glas aufgeführt gewesen, gefolgt von der Dose, die mittlerweile auch nicht mehr
so schlecht sei, weil das Material halbiert worden sei und sie zu
100 % recycelt werden könne. Wein im Einweg-Glas werde mit
dem Faktor 6 am schlechtesten bewertet, obwohl die Flasche
praktisch zu 95 % recycelt werde. Das mache deutlich, dass nicht
alles, was recycelt werde, auch gleichzeitig ökologisch vorteilhaft sei.
Ein Abgeordneter der Fraktion der FDP/DVP äußerte, bei einer
Bewertung sei bisher immer nur der energetische Aspekt in den
Blick genommen worden. Ihn interessiere, inwiefern bei einer
Bilanz auch das Wasser berücksichtigt werde und wie Wasser im
Vergleich zur Energie gewichtet werde. Gerade bei Mehrweg sei
die Wasserbilanz schlechter, die Energiebilanz jedoch besser.
Der Vertreter des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft antwortete, eine derartige Gewichtung sei hoch kompliziert. Ein Schwerpunkt der Studie, die gerade vom Umweltbundesamt durchgeführt werde, liege darin, zu klären, welche
Kriterien in welcher Wertigkeit in eine ökologische Betrachtung
einbezogen werden sollten. Unstreitig sei, dass nicht nur energetische Gesichtspunkte, sondern auch Wasser, Entfernung, Gewicht und Transport berücksichtigt werden müssten. Die bisherige ökologische Betrachtung sei mittlerweile 15 Jahre alt. Die damals angelegten Kriterien seien inzwischen überholt. Eine Bewertung unterliege sich permanent ändernden Parametern.
Der Vorsitzende hielt fest, das Thema werde vom Ministerium in
nüchterner und differenzierter Weise behandelt. Bisweilen seien
zu diesem Thema schon ideologisch aufgeladene und mit ökonomischen Interessen unterlegte Debatten geführt worden. Er finde
den Ansatz des Ministers methodisch den einzig richtigen.
Ohne förmliche Abstimmung beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6840 für erledigt
zu erklären.
23. 09. 2015
Berichterstatter:
Grünstein
Das geschredderte Material, das hinten am Automat herauskomme, sei reines PET mit einem Marktwert von 400 € bis 800 € je
Tonne. Verschiedene Discounter behaupteten, bisher nicht widerlegbar, dass daraus zu 40, 50 % wieder Einwegflaschen hergestellt würden. Auch in diesem Zusammenhang müssten bei einer
Bewertung Kriterien wie Energie, Gewicht usw. berücksichtigt
werden.
Prinzipiell gebe es keinen guten oder schlechten Kunststoff. Es
gebe auch kein gutes oder schlechtes PET. Es gebe MehrwegPET, Einweg-PET und Cycle-PET. Häufig sei nicht bekannt,
9
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
5. Zu dem Antrag der Abg. Ulrich Lusche u. a. CDU
und der Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache
15/6865
– Aktuelle Rechtsprechung des Oberlandesgerichts
(OLG) Düsseldorf zur Reservekraftwerksverordnung
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Ulrich Lusche u. a. CDU – Drucksache 15/6865 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Stober
Müller
Bericht
Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft beriet den
Antrag Drucksache 15/6865 in seiner 35. Sitzung am 9. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner trug vor, auch wenn immer wieder von einem Markt gesprochen werde, gebe es in bestimmten Bereichen
der Energiewirtschaft mittlerweile ein quasi staatliches Bewirtschaftungssystem. Wie aus der Stellungnahme zum Antrag hervorgehe, beziehe sich die seines Wissens bisher noch nicht
rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf
vom 28. April 2015 nicht auf die nach der Reservekraftwerksverordnung vorzuhaltenden Kraftwerke, sondern lediglich auf den
Redispatch, also auf Eingriffe in die Erzeugungsleistung von
Kraftwerken zur Sicherung der Netzstabilität. Die Entscheidung
wirke sich selbstverständlich auch auf die Regelungen zur Vergütung von Redispatch-Maßnahmen aus.
Die Politik stehe im Spannungsfeld der berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Kraftwerksbetreiber in einem durchregulierten Markt und der Interessen der Stromkunden. Hier stünden
der Bundesnetzagentur erhebliche Ermessensspielräume offen,
die sie auch nutze, was vom Gesetzgeber durchaus gewollt sei.
Neben der Höhe der Kosten sei daher auch die Bewertung durch
die Landesregierung von Interesse.
Laut der Stellungnahme zu Ziffer 4 des Antrags erscheine eine Verzinsung des für die ursprüngliche Investition eingesetzten Kapitals
bei Anlagen, die der Eigentümer habe stilllegen wollen, nicht sinnvoll. Seines Erachtens müsse jedoch hinterfragt werden, was letztlich zur Stilllegungsabsicht geführt habe. Denn wenn die Rentabilität durch politische Eingriffe am Markt verloren gehe, könne nicht
mehr von freier unternehmerischer Entscheidung gesprochen werden. Insofern stelle sich in diesen Fällen durchaus die Frage nach
der Berechtigung einer Verzinsung des für die ursprüngliche Investition eingesetzten Kapitals bzw. die Frage nach der Angemessenheit einer restriktiven Auffassung. Dabei gehe es ihm keineswegs
darum, zwingend Position zu beziehen. Er gebe jedoch zu bedenken, dass sich regulierende Eingriffe auch in Baden-Württemberg
erheblich auf unternehmerische Kalkulationen auswirkten.
Ein Abgeordneter der Fraktion der SPD legte dar, laut Stellungnahme zu Ziffer 2 des Antrags betrügen die Kosten, die infolge
10
des Weiterbetriebs von in Deutschland und im Ausland gelegenen Anlagen seit Inkrafttreten der Reservekraftwerksverordnung
entstanden seien, ca. 300 Millionen €. Daraus folge im Umkehrschluss, dass für den Stromkunden auch durch den Netzausbau in
ganz erheblicher Höhe zusätzliche Kosten eingespart werden
könnten und dass der Ausbau des Übertragungs- und Verteilnetzes zwingend erforderlich sei, worüber auch grundsätzlich Einigkeit bestehe.
Neben den im Antrag behandelten Redispatch-Maßnahmen bei
Engpässen im Netz gebe es bisweilen auch den Fall, dass Bilanzkreise nicht gedeckt seien, wenn beispielsweise weniger Strom
zur Verfügung stehe als verkauft worden sei. Dann werde entsprechend Regelenergie eingesetzt. Ihn interessiere, wie in diesem Fall die Vergütung geregelt sei. Denn für den Kraftwerksbetreiber sei die Situation ähnlich. Auch bei einem untergedeckten
Bilanzkreis müsse das Kraftwerk angefahren werden. Bei Redispatch-Maßnahmen werde auf § 13 Energiewirtschaftsgesetz
verwiesen.
Hinsichtlich der Stellungnahme zu Ziffer 4 des Antrags schließe
er sich den Ausführungen seines Vorredners an. Seines Erachtens seien einem Eigentümer der Anlagen Zinsverluste dann
nicht zumutbar, wenn er quasi genötigt werde, ein Kraftwerk, das
er stilllegen wolle, weiterhin laufen zu lassen. Hier müsse kein
nominaler, sondern ein realer Ausgleich geschaffen werden.
Nach seinem Eindruck sei das auch die Position des Unternehmens, an dem das Land beteiligt sei.
Bei der Einigung der Großen Koalition auf Eckpunkte zur CO2Einsparung seien vertragliche Regelungen hinsichtlich einer
Braunkohlereserve thematisiert worden. Ihn interessiere, inwieweit sich die Situation der Braunkohlekraftwerke in diesem Zusammenhang mit den Kraftwerken der EnBW in Süddeutschland
vergleichen lasse.
Darüber hinaus interessiere ihn, welche Haltung das Ministerium
hinsichtlich genereller Überlegungen zur Anpassung der Netzreserve vertrete.
Der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft führte
aus, sein Haus schließe sich weitgehend der Haltung des OLG
Düsseldorf an und vertrete ebenfalls die Auffassung, dass eine
angemessene Vergütung über einen bloßen Auslagenersatz hinausgehen müsse und sich nicht auf die reinen Brennstoffkosten
beschränken könne.
Was Stilllegungen von Kraftwerken und Eingriffe des Staates anlange, weise er darauf hin, dass es eine Großhandelsbörse gebe,
an der das Merit-Order-Prinzip gelte. In den letzten Jahren seien
die Großhandelspreise für Strom gesunken. In der Folge seien
auch die Erlöse für Kraftwerksbetreiber gesunken. Base-Preise
von aktuell etwa 32 bzw. 33 € pro Megawattstunde hätten nicht
nur Auswirkungen auf den Kraftwerksneubau, sondern auch auf
den Kraftwerksbestand.
Aus diesem Grund seien derzeit bei der Bundesnetzagentur etwa
50 Kraftwerke zur Stilllegung angemeldet. Darunter befänden
sich auch Kraftwerke aus Baden-Württemberg, die sich unter den
heutigen Marktbedingungen nicht mehr rechneten. Teilweise seien diese Kraftwerke von der Bundesnetzagentur als systemrelevant eingestuft.
Er habe seine Ansicht, wie vor dem Hintergrund volatiler Einspeisung flexible neue Kapazitäten aufgebaut werden könnten,
bereits vielfach dargelegt und wolle sie an dieser Stelle nicht
wiederholen.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Über das, was auf Bundesebene in der Koalitionsrunde letzte
Woche vereinbart worden sei, könne er nur staunen. Die ursprünglich vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie vorgeschlagene Klimaabgabe auf besonders alte und schmutzige
Braunkohlekraftwerke habe er für einen guten Ansatz gehalten,
weil ihr ein marktwirtschaftlicher Grundgedanke zugrunde gelegen habe. Das habe er dem Minister seinerzeit auch mitgeteilt.
Die Betreiber der Kraftwerke hätten selbst wählen können, wie
und wann sie ihre Kraftwerke einsetzten. Durch dieses Instrument hätten bis 2020 22 Millionen t CO2-Emissionen eingespart
werden sollen.
Nach wochenlangen Debatten, während derer u. a. behauptet
worden sei, dass durch dieses Instrument 100 000 Arbeitsplätze
gefährdet wären, was im Übrigen nie nachgewiesen worden sei,
sei die Klimaabgabe schließlich vom Tisch gewesen. Stattdessen
sollten nach dem Beschluss der Bundesregierung zwischen 2017
und 2020 2,7 GW in eine Kapazitätsreserve überführt werden,
wobei das Vorhalten der Leistung vergütet werden solle. Die
Eckpunkte der vertraglichen Lösungen seien zwar noch nicht bekannt, doch könnte es auf eine Entschädigung von 300 € pro Kilowatt und Jahr hinauslaufen.
Durch die Einstellung von Braunkohlekraftwerken mit insgesamt
2,7 GW in eine Reserve könne nach dem, was bislang aus Berlin
bekannt sei, womöglich eine Einsparung von 9 bis 11 Millionen t
der ins Auge gefassten 22 Millionen t CO2-Emissionen erbracht
werden. Werde nun ein Betrag von 300 € pro Kilowatt zur
Grundlage genommen, beliefen sich die Kosten für die Einsparung der gesamten 22 Millionen t CO2-Emissionen auf das
Drei- bis Vierfache dessen, was der ursprüngliche Vorschlag des
Bundesministers für Wirtschaft und Energie gekostet hätte. Ursprünglich habe ein Konzept zugrunde gelegen, das niemand habe widerlegen können und das zu einer Kostenerhöhung von etwa 0,2 Cent pro Kilowattstunde geführt hätte. Im Übrigen habe
der Bundesminister immer betont, dass er für andere Vorschläge,
die kostengünstiger seien, durchaus offen sei. Zum Schluss sei
jedoch statt der Klimaabgabe eine Kapazitätsreserve vereinbart
worden, die drei- bis viermal so teuer sei.
Hinzu komme, dass die in die Kapazitätsreserve überführten
Braunkohlekraftwerke sehr flexibel sein müssten, um unter Umständen dann, wenn Wind und Sonne keinen Strom lieferten,
sehr schnell verfügbar zu sein. Er bezweifle, dass die alten
Braunkohlekraftwerke diese Anforderungen erfüllten. Oftmals
machten es enorme Wanddicken erforderlich, dass drei oder vier
Tage vorher angefeuert werden müsste oder dass die Kraftwerke
immer auf Vorwärme laufen bzw. ständig in einem Minimalbetrieb belassen werden müssten.
Er könne daher nicht nachvollziehen, wie die Vereinbarung für
die Kapazitätsreserve habe getroffen werden können. Sein Haus
achte selbstverständlich darauf, wie nun die weitere Ausgestaltung erfolge.
Des Weiteren stoße auch die Verlängerung der Reservekraftwerksverordnung nicht auf Zustimmung seines Hauses. Diese
hätte 2017 auslaufen sollen, werde nun jedoch, wie im in den
letzten Tagen vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie
veröffentlichten Weißbuch festgelegt worden sei, bis zum Jahr
2023 verlängert.
Etwas polemisch ausgedrückt sei die Reservekraftwerksverordnung eine Art Polizeirecht in der Energiewirtschaft. Seines Erachtens sei sie ein marktfernes Instrument. Denn wenn ein Betreiber ein Jahr vorher mitteilen müsse, dass er eine Anlage still-
legen wolle, damit er die Vergütung erhalte, habe dies nichts
mehr mit Markt zu tun. Seines Erachtens sei sein Vorschlag eines
fokussierten Kapazitätsmarkts marktnäher als die Reservekraftwerksverordnung.
Der Abgeordnete der SPD brachte vor, in Baden-Württemberg
dürfe nicht übersehen werden, welchen Beitrag die Braunkohle
in anderen Bundesländern für die Wertschöpfung leiste und wie
viele Arbeitsplätze sie sichere. Deswegen halte er es durchaus für
überlegenswert, statt durch die Herausnahme von Kapazitäten einen marktwirtschaftlichen Weg zu wählen, nun einen ordnungspolitischen Weg zu beschreiten. Er könne der getroffenen Vereinbarung grundsätzlich etwas abgewinnen.
Wenn diese jedoch zu erheblichen Aufschlägen führe, halte er
dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Zusammenhang
mit dem EEG die Strompreisdebatte sehr massiv geführt worden
sei, für problematisch. Die einzelnen Beträge lägen ihm jedoch
nicht vor, sodass er die Summe nicht herleiten könne.
Problematisch sei überdies beim Netzausbau bei der Erdverkabelung, die in bestimmten Bereichen zweifelsohne notwendig sei,
die grundsätzliche Umdrehung des Regel-Ausnahme-Prinzips.
Dazu sei auch im Landtag mit großer Mehrheit etwas anderes beschlossen worden.
Am Verhandlungsergebnis sei grundsätzlich gut, dass für dieses
Thema insgesamt mehr Geld verwandt werde. Nichtsdestotrotz
halte sich seine Begeisterung über einige Stellschrauben durchaus in Grenzen. Sein Wunsch wäre, dass da, wo dies möglich sei
– eventuell beim KWK –, im Landtag die Wege gemeinsam beschritten würden. Dabei sei klar, dass es nicht in allen Bereichen
zu einer Verständigung komme.
Insgesamt sei das Thema sehr komplex. Nach seiner Ansicht dürfe jedoch das, was beschlossen worden sei, nicht pauschal abqualifiziert werden.
Der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft ergänzte,
der entscheidende Unterschied zwischen der ursprünglich vom
Bundesminister für Wirtschaft und Energie vorgeschlagenen
Klimaabgabe und dem, was letztlich beschlossen worden sei, sei
der, dass Letzteres zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher gehe. Die Kosten für die Kapazitätsreserve müssten
vom Stromkunden und Steuerzahler getragen werden.
Dagegen hätte die ursprünglich vorgeschlagene Klimaabgabe
große Kraftwerksbetreiber wie RWE und Vattenfall betroffen.
Regionalpolitisch argumentiert wäre Süddeutschland erst einmal
außen vor geblieben. Denn die EnBW setze nicht auf Braunkohle. Für die EnBW habe in der Vergangenheit Atomstrom eine
große Rolle gespielt, was sich in der Folge für das Unternehmen
negativ auswirke. Hier sei jedoch zum Nutzen einiger weniger
großer Energieversorger nicht differenziert worden. Über diese
Herangehensweise könne er sich nur wundern.
Ein Abgeordneter der CDU fragte, inwieweit die Vorschläge der
EnBW im Ergebnis der Bundesregierung berücksichtigt seien.
Der Minister antwortete, er habe begrüßt, dass sich die EnBW
voll und ganz hinter den ursprünglichen Vorschlag des Bundesministers für Wirtschaft und Energie gestellt habe. Nach der getroffenen Vereinbarung würden nun aber die Kunden der EnBW
mit Kosten belastet, die mit Baden-Württemberg selbst nicht viel
zu tun hätten.
Der Abgeordnete der CDU bemerkte, die EnBW habe auch Vorschläge zu einem Strommarktdesign gemacht, die sich nach sei-
11
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
ner Wahrnehmung mit der nun beschlossenen Kapazitätsreserve
weitgehend deckten. Die EnBW habe sich dem Vorschlag des fokussierten Kapazitätsmarkts nicht angeschlossen, sondern habe
einen Reservekapazitätsmarkt vorgeschlagen. Das sei nun, wenn
auch mit einem anderen Portfolio, das Instrument, mit dem das
Dilemma, in dem sich die Bundesregierung angesichts der Energiewende befinde, ein Stück weit aufgelöst werden solle.
Der Minister erwiderte, ihm sei durchaus bewusst, dass er mit seinem Vorschlag eines fokussierten Kapazitätsmarkts eine Minderheitenposition vertrete. Im Kreis der Bundesländer werde diese lediglich noch von Bayern geteilt.
Aus allen Stellungnahmen der Kollegen der anderen Länder gehe
hervor, dass nach der Optimierung des Marktdesigns zum Energyonly-Markt 2.0, der durch eine Kapazitätsreserve ergänzt werde,
durchaus zu überlegen sei, ob noch ein Kapazitätsmarkt geschaffen werde. Seines Erachtens könne das Konzept des Bundesministers einer Reform des Energy-only-Markts, flankiert durch eine
Kapazitätsreserve, aber nur dann funktionieren, wenn die Marktteilnehmer nicht noch die Hoffnung auf einen Kapazitätsmarkt
hätten. Nur dann reagierten sie auf etwaige Preisspitzen von mehreren Tausend Euro. Der Bundesminister habe, wie er ihm in der
Runde der Energieminister zu verstehen gegeben habe, auch nur
zwei Alternativen gesehen: entweder die konsequente Umsetzung
seines eigenen Vorschlags ohne späteren Kapazitätsmarkt oder die
Umsetzung des Vorschlags aus Baden-Württemberg.
Nun sei aber ein Konzept geplant, das bereits in anderen Ländern
Probleme verursacht habe. Er habe in Kalifornien im Gespräch
mit Managern von PG&E, einem der großen kalifornischen Energieversorger, dargelegt, wie in Deutschland die Debatte verlaufe. Dies sei dort auf wenig Verständnis gestoßen. Kalifornien sei
diesen Weg bis 2000 auch gegangen. Die Investoren hätten nicht
investiert. Sie hätten nicht auf Marktsignale reagiert. Schließlich
sei es im Jahr 2000 zum Blackout gekommen. Seither gehe Kalifornien andere Wege.
Er verstehe daher nicht, weshalb dieser Weg nun in Deutschland
beschritten werden solle. Die Entscheidung sei aber gefallen. Er
habe sich mit seinem Vorschlag nicht durchsetzen können.
Der Vorsitzende merkte an, das Problem, dass Entscheidungen
zulasten des Stromkunden getroffen worden seien, gebe es auch
ganz massiv bei der Erdverkabelung.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6865 für erledigt
zu erklären.
21. 09. 2015
Berichterstatter:
Stober
6. Zu dem Antrag der Abg. Gabi Rolland u. a. SPD
und der Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache
15/7217
– Belastung von Abwasser und Gewässern mit
Arzneimittelrückständen
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Gabi Rolland u. a. SPD – Drucksache 15/7217 – für erledigt zu erklären.
24. 09. 2015
Der Berichterstatter:
Die amtierende Vorsitzende:
Freiherr von Eyb
Grünstein
Bericht
Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft beriet
den Antrag Drucksache 15/7217 in seiner 36. Sitzung am 24. September 2015.
Die Erstunterzeichnerin dankte für die umfangreiche Stellungnahme zum Antrag und trug vor, zum einen sei sie überrascht gewesen über die Vielzahl der Arzneimittelrückstände und über die
gewaltige Herausforderung, die bewältigt werden müsse.
Zum anderen sei sie auch über die starke Belastung durch Röntgenkontrastmittel erstaunt gewesen. Sie begrüße daher sehr, dass
das Ministerium handle und Gespräche dahin gehend führe, dass
sich eventuell Schwerpunktpraxen zusammenschlössen und die
Rückstände vor der Abwassereinleitung absonderten. Die Gewässerbelastungen seien in diesem Bereich sehr diffus. Doch gerade in einer älter werdenden Gesellschaft müsse überlegt werden, wie mit dieser Problematik umgegangen werde.
Zum Dritten sei häufig nicht bekannt, wie sich in der Arzneimittelproduktion verwendete Stoffe auf Lebenskreisläufe auswirkten
und wie eine Belastung von Umweltmedien oder auch von Menschen vermieden werden könne. Das stelle auch in Zukunft die
produzierenden Firmen und die Zulassungsbehörden vor hohe
Herausforderungen.
Über diese Problematik müsse daher auch in Zukunft noch diskutiert werden.
Ein Abgeordneter der Fraktion der CDU legte dar, die Stellungnahme zum Antrag sei sehr interessant. Vor wenigen Wochen
habe es eine intensive Diskussion darüber gegeben, ob eine Verschmutzung in der mittleren Jagst möglicherweise das Biotop für
Jahrzehnte zerstöre. Diese Gefahr sei durch Kräfte, die Unglaubliches geleistet hätten, nun gebannt. Auch der Minister sei vor
Ort gewesen.
Es sei beruhigend, dass in der Vergangenheit in den Kläranlagen
durch den Zubau einer vierten Reinigungsstufe Möglichkeiten
geschaffen worden seien, der Belastung der Gewässer entgegenzuwirken.
Ein direkter Einfluss von Krankenhäusern auf die Abwasserbelastung habe sich nicht nachweisen lassen. Die Abwasserbelastung korreliere vielmehr mit der Anzahl der angeschlossenen Einwohner.
12
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Fest stehe, dass mehr darüber nachgedacht werden müsse, wie
künftig Arzneimittel, die nicht gebraucht würden, zu entsorgen
seien. Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen, werde
bisweilen auf dem Beipackzettel ein Entsorgungshinweis gegeben. Da Beipackzettel mittlerweile jedoch sehr viele Informationen enthielten, sei fraglich, ob dieser Warnhinweis noch zielführend sei. Seines Erachtens sollten noch weitere Möglichkeiten
gefunden werden, um einen achtsameren Umgang mit Arzneimittelresten in den Blick zu rücken.
Vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Lage vieler
Krankenhäuser sollten den Krankenhäusern durch zusätzliche
Kläranlagensysteme nicht noch mehr Kosten aufgebürdet werden. Hier gebe es andere Möglichkeiten, einer Gewässerbelastung entgegenzuwirken.
Der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft führte aus,
dieser Antrag greife ein sehr wichtiges Thema auf, das in den nächsten Jahren in einer älter werdenden Gesellschaft, in der tendenziell
mehr Arzneimittel zum Einsatz kämen, an Bedeutung gewinne.
In Baden-Württemberg sei schon relativ früh erkannt worden,
dass eine Auseinandersetzung mit dieser Problematik erfolgen
müsse. So nehme Baden-Württemberg hinsichtlich der Anzahl
der Abwasserbehandlungseinrichtungen, die mit einer vierten
Reinigungsstufe ausgestattet worden seien, bundesweit mit eine
Spitzenposition ein. Zum Vergleich empfehle er einen Blick
nach Bayern.
Zur Information würden überdies auch Plakate in Arztpraxen
ausgehängt. Ebenso müssten seines Erachtens in den kommenden Jahren verstärkt Veranstaltungen durchgeführt werden, um
das Thema in der Gesellschaft breiter zu verankern.
Insgesamt sei dies ein wichtiges Thema, das auch in Zukunft angegangen werden müsse. Letztlich gehe es nicht nur um die Belastung von Oberflächengewässern, sondern auch um mögliche
Langzeitfolgen. Denn schließlich lande alles irgendwann in irgendeiner Form wieder in der Nahrungskette. Es müsse daher alles dafür getan werden, um den Eintrag dieser Stoffe zu minimieren.
Ohne förmliche Abstimmung beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/7217 für erledigt
zu erklären.
30. 09. 2015
Berichterstatter:
Freiherr von Eyb
In Baden-Württemberg seien bereits zehn Anlagen mit einer
vierten Reinigungsstufe in Betrieb. Dabei handle es sich um Anlagen, die im Hinblick auf die Trinkwassergewinnung bzw. auf
das Aufkommen von Abwasser in den jeweiligen Einzugsgebieten relevant seien. Weitere Anlagen seien derzeit im Bau oder in
Planung.
Um zu verdeutlichen, wie groß die Problematik sei, verweise er
beispielhaft auf den Schmerzmittelwirkstoff Diclofenac. Laut
Stellungnahme zu Ziffer 1 des Antrags habe die mittlere Konzentration von Diclofenac an rund 70 % der Messstellen über der
Umweltqualitätsnorm von 0,05 µg/l gelegen. Das gebe einen
Hinweis auf das Ausmaß der Herausforderung, mit der BadenWürttemberg konfrontiert sei.
In diesem Zusammenhang wolle er jedoch auch das Augenmerk
darauf lenken, dass nicht nur Arzneimittelrückstände und Röntgenkontrastmittel die Gewässer belasteten. Auch wenn beispielsweise beim Besuch des Fitnessstudios Schmerzsalben oder Ähnliches gekauft und aufgetragen würden und sich der Fitnessstudiogänger nach dem Sport dusche, schlage sich das nieder. Die
wenigsten seien sich darüber bewusst.
Daher sei es wichtig, verstärkt über diesen gesamten Themenkomplex zu informieren. Bei Arzneien werde übrigens häufig ein
Entsorgungshinweis auf der Packungsbeilage gegeben, wobei in
der Tat angezweifelt werden könne, dass dieser von vielen Menschen gelesen werde.
Sein Haus habe daher einen Flyer herausgebracht, der in Arztpraxen und über die Krankenkassen verteilt werde, um auf das Problem aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, welche Möglichkeiten der Einzelne habe, damit umzugehen. Der Flyer behandle
beispielsweise die Frage, wie Arzneimittel entsorgt würden, deren Verfallsdatum abgelaufen sei. Des Weiteren werde beispielsweise ins Bewusstsein gerückt, dass nicht immer die größte
Packung genommen werden müsse, sondern bisweilen auch die
kleinere Packungsgröße ausreiche.
13
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung,
Familie, Frauen und Senioren
7. Zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums
für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren – Drucksache 15/5931
– Stabile Regelung für häusliche Betreuung durch
externe Betreuungskräfte sicherstellen
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
1. Abschnitt I des Antrags der Abg. Jochen Haußmann
u. a. FDP/DVP – Drucksache 15/5931 – für erledigt zu
erklären;
2. Abschnitt II des Antrags der Abg. Jochen Haußmann
u. a. FDP/DVP – Drucksache 15/5931 – wie folgt zu
fassen:
„Der Landtag bittet die Enquetekommission ‚Pflege in
Baden-Württemberg zukunftsorientiert und generationengerecht gestalten‘, das Thema häusliche Betreuung
durch externe Betreuungskräfte und dabei besonders
die arbeitsrechtliche Situation, Fragen der Qualität
und die Förderbedingungen in ihren Beratungen und
auch in ihren Empfehlungen aufzugreifen.“
23. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Reusch-Frey
Mielich
Bericht
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen
und Senioren beriet den Antrag Drucksache 15/5931 in seiner
42. Sitzung am 23. Juli 2015. Zur Beratung lag dem Ausschuss
noch der als Anlage beigefügte Änderungsantrag von Abgeordneten der CDU, der Grünen, der SPD und der FDP/DVP vor.
Der Erstunterzeichner des Antrags nahm Bezug auf die im Rahmen der Ausschussreise nach Wien geführten Gespräche zum
Modell Österreichs zur häuslichen Betreuung durch externe Betreuungskräfte. Er legte dar, auch dort sei „nicht alles Gold, was
glänze“, aber zum Beispiel stelle sich die Volkshilfe Wien dem
Dilemma von prekären Arbeitsverhältnissen und der Umsetzung
der 24-Stunden-Hausbetreuung.
Einer Studie von ver.di zufolge existierten in Deutschland schätzungsweise 110 000 bis 300 000 prekäre Beschäftigungsverhältnisse; auch die Diakonie Württemberg weise immer wieder darauf hin. Das Thema besitze vor allem deshalb Bedeutung, weil
sich mit „normalen“ Beschäftigungsverhältnissen oder den Vermittlungen über die ZAV keine Fortschritte erreichen ließen.
Eine Regelung müsste auf Bundesebene herbeigeführt werden,
aber das Land könnte wie beim Landesarbeitsmarktprogramm
Impulse geben. Es gelte, Gesetze anzupassen; Österreich zeige
sich bei den Arbeitszeitgesetzen und im Gewerberecht bereits
flexibler. Wenn nicht gehandelt werde, bleibe dieser Graubereich
14
bestehen. Aufgrund der Beschäftigung über die Entsenderichtlinien seien sich Pflegebedürftige oder deren Angehörige oftmals
auch nicht bewusst, dass es sich um ein prekäres Arbeitsverhältnis handeln könnte. Sie seien in gutem Glauben davon ausgegangen, über die Vermittlungsagentur ein „normales“ Beschäftigungsverhältnis eingegangen zu sein.
Das Ziel des gemeinsamen Änderungsantrags sei, das Thema in
der Enquetekommission Pflege aufzugreifen, anstatt eine Bundesratsinitiative zu initiieren. Im Rahmen dessen würden möglicherweise auch verschiedene Handlungsempfehlungen ausgesprochen.
Ein Abgeordneter der CDU erachtete eine Verweisung an die
Enquetekommission Pflege als konsequent, weil sie sich noch
nicht im erforderlichen Umfang mit dem Thema befasst habe. Es
handele sich um einen Graubereich, und mit Veränderungen gehe die Gefahr einher, dass sich parallel zu einem legalen Bereich
ein „Schwarzbereich“ entwickle. Bei der Präsentation des Gutachtens von Frau Professor Dr. Kricheldorff sei von 13 000 beschäftigten Osteuropäerinnen in Baden-Württemberg gesprochen
worden. Diese Zahl erscheine als zu gering, wenn es bundesweit
offenbar 300 000 Personen seien und die Bevölkerung BadenWürttembergs ungefähr ein Achtel der gesamtdeutschen Bevölkerung ausmache.
Die Verhältnisse seien zum Teil rechtlich schwierig. Einerseits
kämen die beschäftigten Frauen den Auftraggebern aufgrund der
Zahlung des Mindestlohnes teuer. Andererseits erhielten sie dennoch teilweise erheblich weniger, weil sie für eine ausländische
Agentur arbeiteten. Bei einer weiteren Verteuerung erwögen
manche wiederum vielleicht sogar auch illegale Lösungen.
Insgesamt gebe es auf diesem Markt den legalen Bereich mit Initiativen wie FairCare seitens der Diakonie. Mit höherpreisigen
Anbietern „rutsche“ jedoch ein Teil weg, was die Situation verkompliziere. Wahrscheinlich lasse sich dieser Konflikt nicht lösen, gleichwohl werde vor einer Überregulierung gewarnt.
Eine Abgeordnete der Grünen erklärte, die Gespräche in Wien hätten gezeigt, dass das angesprochene Modell in der Regel für wohlhabende Personen geeignet sei, die über ausreichend Wohnraum
verfügten und problemlos ein Zimmer abtreten könnten. Was
Österreich anbelange, greife es vor allem in städtischen Ballungsgebieten, weil in den ländlichen Regionen noch andere familiäre
Strukturen herrschten, die sich mit denen in Baden-Württemberg
möglicherweise nicht ohne Weiteres vergleichen ließen. Die in dem
Gutachten von Frau Professor Dr. Kricheldorff für Baden-Württemberg genannten 13 000 Personen könnten in Zusammenhang mit der
auch hier sehr ländlich geprägten Struktur stehen; neben den fünf
Zentren gebe es die Mittelzentren und den ländlichen Raum.
Die Präsentation des Gutachtens habe die Komplexität der Fragestellung verdeutlicht. Insgesamt müsse auf den erhöhten Pflegebedarf und die diesbezüglich notwendigen Strukturen reagiert
werden. Von Interesse sei, wie sich die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen vereinbaren ließen, und zwar auch im
Hinblick auf die ambulanten und stationären Angebote sowie für
Angebote, die passgenau auf kleine Dörfer und Familien zugeschnitten seien.
Es werde ein Mix aus Profession und bürgerschaftlichem Engagement benötigt. Dazu zähle auch die Antwort auf die Frage
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren
nach dem Umgang mit Pflegekräften im Haushalt. Mit dem Änderungsantrag gelinge es möglicherweise, im Rahmen der Enquetekommission insgesamt Lösungen herbeizuführen.
Ein Abgeordneter der SPD betonte, mit dem Änderungsantrag
werde dieses wichtige Thema der Enquetekommission übermittelt, in deren Arbeit es bislang „unterbelichtet“ sei. Es gelte, eine
gute Arbeit in der Pflege gleichwohl der bestehenden Schwierigkeiten umzusetzen. Dem vorliegenden Änderungsantrag werde
daher zugestimmt.
Die Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren stellte fest, bisher hätten keine Zahlen zur Beschäftigung
von illegal beschäftigten Pflegehilfskräften in den Haushalten
vorgelegen. Die in dem Gutachten erwähnten 13 000 Personen
seien wahrscheinlich bei den Fällen erfasst, in denen zusätzlich
ein Pflegedienst für ambulante Pflegeleistungen ins Haus komme,
und es sei von einer höheren Dunkelziffer auszugehen.
Der große Bedarf und die offenbar teilweise hohe Akzeptanz in
der Bevölkerung, sich hier auf illegale Arbeitsverhältnisse einzulassen, erforderten ein Handeln. Die Enquetekommission sollte
dieses Thema aufgreifen, denn es gehe nicht nur um eine gute
Arbeit und gute Arbeitsverhältnisse in der Pflege. Zwar hätten
eine gute Pflege und eine gute Versorgung ihren Preis, aber es
müssten auch bezahlbare Alternativen zur Sicherstellung der
Versorgung im häuslichen Umfeld und möglicherweise zur
Grundpflege entwickelt werden, weil zwei Drittel aller Pflegebedürftigen zu Hause versorgt würden.
Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, dem Plenum zu empfehlen, Abschnitt I des Antrags Drucksache 15/5931 für erledigt
zu erklären.
Einstimmig beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen,
Abschnitt II des Antrags Drucksache 15/5931 in der Fassung des
Änderungsantrags zuzustimmen.
03. 09. 2015
„Der Landtag bittet die Enquetekommission ‚Pflege in BadenWürttemberg zukunftsorientiert und generationengerecht gestalten‘, das Thema häusliche Betreuung durch externe Betreuungskräfte und dabei besonders die arbeitsrechtliche Situation, Fragen der Qualität und die Förderbedingungen in ihren Beratungen und auch in ihren Empfehlungen aufzugreifen.“
23. 07. 2015
Teufel, Dr. Engeser, Kunzmann, Dr. Rapp CDU
Mielich, Frey, Lucha, Schneidewind-Hartnagel, Poreski GRÜNE
Reusch-Frey, Hinderer, Gürakar, Wölfle SPD
Haußmann FDP/DVP
8. Zu dem Antrag der Abg. Thaddäus Kunzmann u. a.
CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für
Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren – Drucksache 15/6751
– Gutachtenvergabe im Rahmen der Armuts- und
Reichtumsberichterstattung
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Thaddäus Kunzmann u. a. CDU
– Drucksache 15/6751 – für erledigt zu erklären.
23. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Poreski
Mielich
Berichterstatter:
Reusch-Frey
Bericht
Anlage
zu TOP 3
Landtag von Baden-Württemberg
15. Wahlperiode
Änderungsantrag
der Abg. Stefan Teufel u. a. CDU,
der Abg. Bärbl Mielich u. a. GRÜNE,
der Abg. Thomas Reusch-Frey u. a. SPD und
des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP
zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP
– Drucksache 15/5931
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen
und Senioren beriet den Antrag Drucksache 15/6751 in seiner
42. Sitzung am 23. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags stellte fest, der Armutsund Reichtumsbericht verursache eigentlich Kosten in Höhe von
800 000 €. Da der in der Stellungnahme genannte Betrag von
530 000 € nicht die Ausgaben für die verschiedenen Gutachten
beinhalte, müssten diese hinzugerechnet werden. Auch im Haushalt seien hierfür Mittel in Höhe von 800 000 € ausgewiesen.
Für ein Gutachten, das der Wohnungslosenhilfe diene, würden
200 000 € ausgegeben, gleichwohl es sich um einen überschaubaren Arbeitsauftrag handele. Das am heutigen Tag vorgestellte
Gutachten habe einen Bruchteil davon gekostet, und es sei darüber hinaus der Enquetekommission für ihre Arbeit von Nutzen.
Der Landtag wolle beschließen,
Mit dem Abschlussbericht zu den einzelnen Gutachten und Untersuchungsvorhaben sei im Herbst zu rechnen. Die Präsentation
des Armuts- und Reichtumsberichtes erfolge hingegen bereits am
Montag. Dieser Zeitplan bedürfe einer Erklärung.
Abschnitt II des Antrags der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/
DVP – Drucksache 15/5931 – wie folgt neu zu fassen:
Der Stellungnahme zu Ziffer 10 des Antrags zufolge seien für aus
dem Armuts- und Reichtumsbericht resultierende Maßnahmen in
Stabile Regelung für häusliche Betreuung durch externe Betreuungskräfte sicherstellen
15
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren
den Jahren 2016 fortfolgende jährlich 500 000 € veranschlagt. Zunächst würden also 800 000 € für den Bericht ausgegeben, um
dann Vorhaben im Wert von jährlich 500 000 € zu finanzieren.
Fraglich sei hier das Verhältnis von Aufwand und Ertrag.
Ein Abgeordneter der Grünen erwiderte, über die spezifischen Maßnahmen des Armuts- und Reichtumsberichts hinaus fänden die entsprechenden Erkenntnisse auch im Regelbetrieb Berücksichtigung.
Der Bericht werde eine Reihe von weichenstellenden Empfehlungen beinhalten, die in das gesetzgeberische Handeln einflössen.
Für Daten und Untersuchungen, die in die Tiefe gingen, bedürfe
es eines nachhaltigen Ansatzes. Das Thema Nachhaltigkeit umfasse auch, dass der Prozess nicht abgeschlossen sei. Weil es um
die Armutsbekämpfung auf der Grundlage der jeweiligen Armuts- und Reichtumsberichterstattung gehe, werde der Beirat
permanent tagen; dementsprechend sei es nicht tragisch, wenn
das GISS-Gutachten etwas später vorliege.
Das Beispiel Nürtingen zeige, dass die Arbeit der GISS „Hand
und Fuß“ habe. Darüber hinaus bezögen sich auch die kommunalen Landesverbände bei der Tiefenanalyse der Wirkung von
Wohnungslosenhilfe und der Qualität der Strukturen auf die
GISS. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stehe in einem vernünftigen Maß zu dem gesetzten Aufwand, denn weder die kommunalen Landesverbände noch die Träger der Wohlfahrtspflege hätten
sonst bereits intensivere Studien für deutlich höhere Preise von
der GISS durchführen lassen.
Die Stellungnahme beantworte die Fragen des Antrags präzise.
Es gelte, eine ganzheitliche Perspektive einzunehmen; damit
ließen sich überdies die von seinem Vorredner dargelegten Maßstäbe zurechtzurücken.
Ein Abgeordneter der SPD äußerte, die Wohnungslosenhilfe habe sich nach der Verwaltungsreform und Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände zu einem ziemlich unüberschaubaren Gebiet
entwickelt. Seit dem Übergang in die kommunale Zuständigkeit
herrsche an vielen Orten das Sankt-Florians-Prinzip, und es lohne sich, einen Blick auf diesen Bereich zu werfen. Die Kosten an
dieser Stelle seien gerechtfertigt.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP erinnerte an eine frühere Diskussion im Ausschuss darüber, dass im Beirat im Hinblick auf
die Gutachtenvergabe einmal über 20 000 € gesprochen worden
sei. Er legte dar, weitere Gutachten seien nicht vorgesehen, und
es erfolge noch eine politische Bewertung im Rahmen des Armuts- und Reichtumsberichts.
Von dem ursprünglichen Zeitplan, den Armuts- und Reichtumsbericht vor der Sommerpause zu veröffentlichen, müsse abgewichen werden. Die sorgfältige Analyse der Fülle der Daten beanspruche mehr Zeit als erwartet, und die im Analyseteil aufgeworfenen Fragen für die Entwicklung von Handlungsempfehlungen erforderten eine Abstimmung mit anderen Ressorts. Außerdem ergäben sich zum Teil widersprüchliche Maßnahmen aus den
Berichten und Stellungnahmen der im Beirat vertretenen Organisationen. Diese Unterschiedlichkeiten müssten diskutiert werden.
Ein Ziel sei von Anfang an gewesen, die Entwicklung der Handlungsempfehlungen zum Bericht durch einen Dialogprozess zu
begleiten. Um diesen Dialogprozess fortzusetzen, würden in der
Konferenz am 27. Juli die Vorschläge der am Prozess beteiligten
Verbände und Organisationen zur Armutsprävention nochmals
diskutiert. Auf diese Weise lasse sich ein Eindruck zu den Vorschlägen aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen
gewinnen. Zugleich solle die Diskussion Klarheit verschaffen,
welche Maßnahmen verfolgt würden.
Der Erstunterzeichner des Antrags erkundigte sich nach dem
diesbezüglichen Zeitplan.
Die Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen
und Senioren informierte, der Zeitplan werde am Montag im Beirat vorgelegt. Sie verweise darauf, dass es noch der Mitzeichnung der anderen Ressorts bedürfe und ein erheblicher Abstimmungsbedarf bestehe.
Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6751 für erledigt zu erklären.
10. 09. 2015
Berichterstatter:
Poreski
9. Zu dem Antrag der Abg. Elke Brunnemer u. a.
CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für
Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren – Drucksache 15/6756
– Kinderreiche Familien in Baden-Württemberg
Möglicherweise seien auch bei anderen Instituten Ausgaben in
diesem Zusammenhang angefallen. Die Ausgaben sollten daher
insgesamt unter Einbeziehung des Statistischen Landesamtes, der
Familienforschung und anderer Bereiche dargestellt werden. Er
bitte daher um einen Gesamtüberblick über die entsprechenden
Ausgaben.
Beschlussempfehlung
Die Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren teilte mit, die inhaltliche Diskussion werde sich sicherlich noch fortsetzen. Die Ausgaben könnten aber entsprechend zusammengestellt werden; das gebiete auch die Transparenz.
23. 07. 2015
Fraglich sei, ob es sich bei der Wohnungslosenhilfe um einen
überschaubaren Bereich handele. Wohnungslosigkeit beziehe
sich nicht nur auf diejenigen, die in den Großstädten in den Parks
nächtigten, denn in manchen Städten werde für teures Geld für
eine Nacht eine Matratze gemietet, um sich am nächsten Tag
zum Arbeitsstrich zu begeben. Es gelte, diesen Teil der Realität
zu beachten.
16
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Elke Brunnemer u. a. CDU – Drucksache 15/6756 – für erledigt zu erklären.
Die Berichterstatterin:
Die Vorsitzende:
Schneidewind-Hartnagel
Mielich
Bericht
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen
und Senioren beriet den Antrag Drucksache 15/6756 in seiner
42. Sitzung am 23. Juli 2015.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren
Eine Mitunterzeichnerin des Antrags stellte fest, viele der genannten Daten lägen speziell für Baden-Württemberg nicht vor, sondern
müssten über den Mikrozensus ausgewertet oder über die Bundesdaten heruntergebrochen werden. Dennoch sei die Stellungnahme
sehr informativ und für die Arbeit in der Familienpolitik wertvoll.
Folgende Aspekte seien dabei besonders von Interesse:
Das von der SPD auf Bundesebene vor der letzten Bundestagswahl entwickelte Kindergeldmodell sollte weiterverfolgt werden,
da es zu mehr Gerechtigkeit beitrüge. Darüber hinaus werde der
Armuts- und Reichtumsbericht im Hinblick auf die kinderreichen
Familien und die Familienarmut sicherlich weitere Erkenntnisse
bringen.
Bei kinderreichen Familien werde ungefähr ein gleich hoher Anteil von Familien mit niedriger und mit höherer Schulbildung
verzeichnet.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP erläuterte, die Anrechnung des
Kindergeldes bei der Grundsicherung sei von der Systematik logisch. Die entsprechenden Beträge fänden Berücksichtigung; gegebenenfalls müsste deren Höhe überprüft werden. Bei dieser
Thematik zum Beispiel das Ehegattensplitting aufzugreifen wäre
stattdessen tatsächlich eine Orientierung im Hinblick auf Familien mit Kindern.
In der Gruppe der Alleinerziehenden müssten meistens die Frauen
die kinderreichen Familien „durchbringen“. Knapp 50 000 Männer stellen sich dieser Aufgabe aber ebenso.
Familien mit mehreren Kindern seien einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt. Ein Drittel dieser Familien sei finanziell gut
gestellt. Ein weiteres Drittel weise eine durchschnittliche Lage
auf. Das letzte Drittel lebe am Armutsrisiko. Das Familieneinkommen steige nicht proportional zur Kinderzahl, sondern bleibe
stabil, während sich die Kinder weiterentwickelten. Eine hohe
Kinderzahl erfordere daher finanzielle Einschränkungen.
Ein Abgeordneter der Grünen wies darauf hin, dass der Armutsund Reichtumsbericht auch nicht standardmäßig erhobene Daten
beinhalte. Für die weitere Arbeit zum Beispiel hinsichtlich der
Armutsprävention stehe daher eine bessere Datenlage zur Verfügung. Das Geld dafür sei somit gut investiert.
Unter den kinderreichen Familien gebe es relativ viele wohlhabende und gut ausgebildete, aber auch relativ viele arme Familien. Diese Spaltung lasse sich grundsätzlich im gesamten Bundesgebiet feststellen.
Es gelte zu beachten, dass weniger gut gestellte Familien oftmals
das Kindergeld über die Armutsschwelle hebe. Das sei umso tragischer für Familien, die die Armutsschwelle knapp unterschritten, weil beim Arbeitslosengeld II eine volle Anrechnung des
Kindergeldes erfolge. Bereits vor der Bundestagswahl habe es
Debatten gegeben, das Kindergeld auf ein armutsvermeidendes
Niveau anzuheben. Wenn es das Existenzminimum abdecken
würde, böte das zusätzlich einen Anreiz zur Arbeitsaufnahme.
Eine Abgeordnete der SPD erachtete als einen Hauptgrund für
den Rückgang der Anzahl kinderreicher Familien die schwierige
Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie legte dar, unter den
kinderreichen Familien befänden sich nicht nur bildungsferne,
erwerbsarme Familien mit Migrationshintergrund, sondern auch
gut abgesicherte Familien. Ein Ziel des Paktes für Familien mit
Kindern sei der Ausbau des Ganztagesbereichs gewesen. Es sei
wichtig, Familien zu ermöglichen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und für Kinder aus kinderreichen oder ärmeren Familien eine Chancengleichheit zu gewährleisten.
Viele junge Paare zögerten bei der Verwirklichung ihrer Kinderwünsche. Die Frauen müssten zunächst ihre Karriere im Auge
behalten, weil sie für einen Wiedereinstieg in das Arbeitsleben
einen Grundstock im Beruf benötigten. Wenn sie das erste Kind
allerdings erst mit 30 Jahren oder noch später bekämen, sei ein
Kinderreichtum bereits biologisch schon kaum mehr möglich.
Das Kindergeld habe für kinderreiche Familien mit einem hohen
Einkommen wegen des Steuervorteils durch die Kinderfreibeträge
im Prinzip keine Bedeutung. Sie würden pro Kind etwa um 40 €
monatlich mehr entlastet als Familien mit einem mittleren Einkommen. Kinderreiche Familien im unteren Einkommensbereich profitierten vom Kindergeld aufgrund der Anrechnung auf andere Einkommensersatzleistungen hingegen meistens gar nicht.
Notwendig seien im Besonderen Bildung, Qualifizierung, Arbeitsplätze und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um dieses „letzte Drittel“ nach vorne zu bringen. Im Übrigen zähle auch
der Wohnungsbau dazu, denn die Entwicklung der Wohnungspreise spiele beim Thema Armut ebenfalls eine große Rolle.
Gemäß der Stellungnahme zu Ziffer 7 des Antrags bezögen kinderreiche Eltern mit drei oder vier Kindern und ohne Migrationshintergrund kaum häufiger Transferzahlungen als Eltern mit weniger Kindern. Von Interesse wäre auch eine Darstellung der Situation von kinderreichen Eltern mit Migrationshintergrund.
Die in der Stellungnahme zu Ziffer 8 des Antrags enthaltenen Tabellen bildeten die Entwicklung des durchschnittlichen monatlichen
Pro-Kopf-Einkommens der Familien in Baden-Württemberg gestaffelt nach der Anzahl der Kinder ab. Der bei Familien mit einem
Kind verzeichnete Anstieg von 1 389 € im Jahr 2003 auf 1 433 € im
Jahr 2012 sei im Vergleich zu den anderen Werten marginal. Er bitte daher um Überprüfung der Angabe für das Jahr 2012.
Die Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren gab zu bedenken, ob im Hinblick auf die Anzahl und die
Bewertung der Transferleistungen für Familien eine gemeinsame
Initiative sinnvoll sei. Bei den Wirkungen bzw. der Anrechenbarkeit dieser Leistungen herrschten offenbar große Unterschiede,
und es stelle sich die Frage nach der Förderung von Familien mit
Kindern, die dementsprechende Leistungen bezögen.
Zu den in der Tabelle abgebildeten Zahlen lasse sich jetzt keine
Aussage treffen. Eine Überprüfung werde aber veranlasst.
Insgesamt falle auf, dass Väter häufig durchgängiger erwerbstätig als Männer ohne Kind im Haushalt seien. Das werde auch
bei Veranstaltungen mit Familien immer wieder erklärt, und Frau
Professorin Allmendinger habe beim Familienkongress ebenfalls
darüber berichtet. Es werde nicht unterstellt, dass sich die Väter
zu entziehen versuchten; denn ein Grund liege wahrscheinlich in
der Sicherung des Einkommens. Ausgehend von dem Ziel, dass
sich Männer und Frauen gleichberechtigt an der Erziehung und
am Aufwachsen der Kinder beteiligten, müsse diesem Punkt
nachgegangen werden, insbesondere wenn der Wunsch nach
mehr Zeit für Familien bestehe. Die Stellungnahme der Landesregierung bilde insofern aber eine gute Grundlage auch für die
inhaltliche Diskussion im Rahmen der Familienförderung.
Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6756 für erledigt zu erklären.
30. 09. 2015
Berichterstatterin:
Charlotte Schneidewind-Hartnagel
17
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren
10. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Marianne Engeser
u. a. CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie,
Frauen und Senioren – Drucksache 15/6924
– Schäden durch Nikotin in der Schwangerschaft –
Prävention und Maßnahmen
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
1. Abschnitt I des Antrags der Abg. Dr. Marianne Engeser
u. a. CDU – Drucksache 15/6924 – für erledigt zu erklären;
2. Abschnitt II des Antrags der Abg. Dr. Marianne Engeser u. a. CDU – Drucksache 15/6924 – abzulehnen.
23. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Hinderer
Mielich
Bericht
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen
und Senioren beriet den Antrag Drucksache 15/6924 in seiner
42. Sitzung am 23. Juli 2015.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags nahm Bezug auf die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Nikotinkonsum während der
Schwangerschaft. Sie legte dar, die Stellungnahme der Landesregierung beinhalte viele informative Einzelheiten und eine gute
Darstellung der gesundheitlichen Risiken, möglichen Therapien,
Präventionsprojekte sowie der Einbettung des Themas Prävention
in die Bildungspläne. Obgleich das Rauchen zwar auf dem Rückmarsch sei, weil es nicht mehr die gesellschaftliche Akzeptanz finde, und die Raucher zwischenzeitlich mehr Rücksicht zeigten, falle es in bestimmten Milieus offenbar dennoch schwer, während
der Schwangerschaft mit dem Rauchen aufzuhören. Es gelte, vor
allem diese jungen Menschen gezielt anzusprechen.
Die Familienhebammen leisteten in diesem Bereich eine gute Arbeit und der Hebammenverband bringe sich mit Präventionsangeboten ein. Mit Abschnitt II des Antrags ergehe darüber hinaus die
Aufforderung an die Landesregierung, ein Konzept mit Maßnahmen der Prävention und Aufklärung speziell für Frauen, die in
der Schwangerschaft Nikotin konsumierten, vorzulegen, denn die
vorhandenen Projekte sprächen eine größere Zielgruppe an oder
umfassten eine Kombination der Themen Alkohol und Nikotin.
Eine Abgeordnete der Grünen erachtete die Stellungnahme der
Landesregierung ebenfalls als aufschlussreich. In den Bildungsplänen finde die Aufklärung über die schädigende Wirkung von
Nikotin in der Schwangerschaft verstärkt Berücksichtigung. Der
Apothekerverband führe viele Informationsmaßnahmen durch;
Schwangere erhielten zum Beispiel beim Erwerb eines Früherkennungstests in der Apotheke eine Informationsbroschüre ausgehändigt. Auch die runden Tische seien von Bedeutung. Ihnen
gehörten die an der Vorsorge beteiligten Berufsgruppen an, und
als Ansprechpartner stünden hier insbesondere die Hebammen,
Gynäkologen und Apotheker zur Verfügung.
18
Die gute Infrastruktur in diesem Bereich trage zu einem hohen
Informationsstand bei, und wahrscheinlich wisse jede schwangere Frau, dass der Nikotinkonsum ihrem ungeborenen Kind schade. Anstatt der Konzeption spezieller Programme wäre es daher
sinnvoller, die bestehenden Kooperationen und Netzwerke wie
beispielsweise „Alkoholfrei durch die Schwangerschaft“ auf das
Thema Nikotin auszuweiten. Der Aufbau neuer Strukturen werde
nicht gewünscht, weshalb Abschnitt II des Antrags nicht zugestimmt werde.
Eine Abgeordnete der SPD stellte fest, die Risiken des Nikotinkonsums seien bekannt, eine Sensibilisierung der Kinderärzte,
Gynäkologen und Hebammen sei gegeben. Gleichwohl rauchten
über 30 % aller Schwangeren zu Beginn der Schwangerschaft.
Der Anteil der Raucherinnen sei bei den unter 25-jährigen
Schwangeren mit 40 % am höchsten. Ledige und Geschiedene
wiesen mit jeweils 62 % eine sehr hohe Raucherrate auf, bei werdenden Müttern aus der Unterschicht betrage sie ca. 40 %.
Etwa ein Drittel der Schwangeren gebe in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft das Rauchen auf. Das könne aus eigener
Einsicht geschehen oder weil der Arzt dazu rate. Zwei Drittel
rauchten weiter, die Hälfte davon sogar stark. Während der
Schwangerschaft würden durchschnittlich 13 Zigaretten täglich
geraucht, und die neugeborenen Kinder seien bereits den Schadstoffbelastungen von 3 640 Zigaretten ausgesetzt.
Eine Ärztezeitschrift habe Empfehlungen ausgesprochen. Danach sollte bei jeder Vorsorgeuntersuchung der Raucherstatus
abgefragt werden. Jede rauchende Patientin müsste zu einem
Rauchstopp motiviert werden und eine suchtmedizinische Unterstützung erhalten. Falls eine Abstinenz nicht zu erreichen sei,
sollte neben der Beratung eine Nikotinsubstitution erfolgen.
Eine kontinuierliche Fortbildung in der Suchtmedizin für Frauenärzte wäre sinnvoll. Rauchende Schwangere hätten von Frauenärzten berichtet, die zum Weiterrauchen rieten, weil die Kinder
sonst Entzugserscheinungen aufwiesen. Andere Ärzte hielten
dies wiederum für das kleinere Übel als das Mitrauchen von fast
4 000 Zigaretten bis zur Geburt. Offensichtlich sei wissenschaftlich noch nicht aufgearbeitet, was für das Kind schlimmer sei.
Abschnitt II des Antrags könne dennoch nicht zugestimmt werden, denn die Erstellung eines neuen Konzeptes werde als nicht
notwendig erachtet. Der Nikotinkonsum sei für das Kind bekanntermaßen schädlich, und im Schulunterricht sowie in anderen Bereichen wie beispielsweise der Ausbildung müsse auf das Thema
hingewiesen werden. Auch auf der politischen Ebene würden die
schwerwiegenden Folgen für die Kinder immer wieder dargelegt.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP erinnerte an den von der Drogenbeauftragten der letzten Bundesregierung in Zusammenarbeit
mit der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände entwickelten Informationsflyer zum Thema Alkohol, Nikotin und
Medikamentengebrauch in der Schwangerschaft. Darüber hinaus
heiße es in der Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/5962
seiner Fraktion, dass es nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Forschung keine Alkoholmenge gebe, die als unbedenklich bezeichnet werden könne. Zu berücksichtigen sei ferner, dass dem ungeborenen Kind die alkoholabbauenden Enzyme
in sehr viel geringerem Maß zur Verfügung stünden, sodass die
Blutalkoholkonzentration sehr viel langsamer abgebaut werde als
die der Mutter.
Es gelte daher, die Faktoren Nikotin, Medikamente und Alkohol
in der Schwangerschaft nicht isoliert, sondern im Gesamten aufzugreifen; dafür gebe es bereits Ansatzpunkte. Auf das Thema
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren
Nikotin hinzuweisen, sei sinnvoll, allerdings bestehe die Gefahr,
in die „falsche Richtung zu laufen“, wenn der Schwerpunkt nur
darauf gesetzt werde. Abschnitt II des Antrags könne insofern
nicht zugestimmt werden.
Die Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und
Senioren unterstrich, dass alle über die Gefahren des Rauchens
insbesondere während der Schwangerschaft und Stillzeit Bescheid
wüssten. Es bedürfe der Betrachtung der Suchtgefahren in einem
Gesamtpräventionskonzept, und mit den Suchtkonzeptionen des
Landes sollten auch jüngere Frauen angesprochen werden. Die Erarbeitung eines speziellen Konzepts für eine solitäre Droge werde
als nicht sinnvoll erachtet, denn die Gefahren von Suchtstoffen bezögen sich vor allem im Hinblick auf die Vorsorge und Prävention
für schwangere Frauen in gleichem Maße auf legale und illegale
Drogen.
Die Krankenkassen übernähmen in der Regel die Kosten für
Rauchentwöhnungsmedikamente nicht. Zumindest bei starken
Raucherinnen wäre ein Einsatz von Nikotinersatzprodukten jedoch angezeigt, wenn sich ein Rauchstopp sonst nicht erreichen
lasse. Tabakabhängigkeit als behandlungsbedürftige Krankheit
anzuerkennen könnte für eine Aufnahme von Entwöhnungsmedikamenten in die Regelleistungen hilfreich sein. Damit würde
aber auch sofort wieder die Diskussion um krankenkassennahe
und krankenkassenfremde Leistungen sowie die daraus resultierenden Folgen für die Beiträge eröffnet.
Das Anliegen des Antrags sei nachzuvollziehen. Anstatt singulärer Konzepte sollte aber verstärkt auf eine Gesamtprävention insbesondere bei schwangeren Frauen gesetzt werden.
Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, dem Plenum zu empfehlen, Abschnitt I des Antrags Drucksache 15/6924 für erledigt
zu erklären.
Mehrheitlich beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, Abschnitt II des Antrags Drucksache 15/6924 abzulehnen.
08. 09. 2015
Berichterstatter:
Hinderer
11. Zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie,
Frauen und Senioren – Drucksache 15/7031
– Inklusionskonferenzen in Baden-Württemberg
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP
– Drucksache 15/7031 – für erledigt zu erklären.
23. 07. 2015
Die Berichterstatterin:
Die Vorsitzende:
Wölfle
Mielich
Bericht
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen
und Senioren beriet den Antrag Drucksache 15/7031 in seiner
42. Sitzung am 23. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags verwies auf die finanzielle
Unterstützung der Inklusionskonferenzen durch das Land BadenWürttemberg und stellte fest, dass die Bestandsaufnahme insofern wichtig gewesen sei. Der Landkreis Reutlingen sei als Musterlandkreis vorangeschritten. Ihn würde deshalb auch interessieren, ob dazu bereits Ergebnisse vorlägen.
Offenbar setzten dieses Modellprojekt nur vier Landkreise fort,
und die Kofinanzierung sei einer der Hauptgründe, weshalb sich
viele Landkreise auf andere Schwerpunkte konzentrierten. In diesem Fall belaufe sich die finanzielle Unterstützung auf zweieinhalb Jahre; die höchsten Ausgaben verursache wahrscheinlich
das hauptamtliche Personal. Nach Ablauf des Zeitraumes gehe es
darum, die Kreisrätinnen und Kreisräte zu überzeugen, das Projekt mit eigenen Mitteln fortzuführen. Der Landkreis Reutlingen
habe sich für die Fortführung entschieden, obwohl in den Kreistagen erfahrungsgemäß immer Unruhe entstehe, wenn die Landkreise erst mit Anreizen motiviert würden, dann aber irgendwann
allein in der Verantwortung stünden. Von Interesse seien daher
die diesbezüglichen Regelungen.
Dem für seinen Heimatlandkreis durch den KVJS erarbeiteten
Behindertenplan habe der Kreistag im Jahr 2007 zugestimmt, er
entspreche jedoch nicht mehr den heutigen Vorstellungen von Inklusion. Daraus entstanden sei auch der Arbeitskreis „Hilfen für
Menschen mit Behinderung“. Es gelte zu erwägen, ob es der
Schaffung einer neuen Struktur durch eine Inklusionskonferenz
bedürfe, wenn sich bestehende Strukturen überarbeiten ließen.
Der KVJS führe aktuell eine Befragung aller Landkreise über die
Inanspruchnahme der dortigen Angebote durch. Ihn interessiere
deshalb, ob es Bestrebungen gebe, die Förderung neu aufzustellen, um auch bestehende Strukturen zu unterstützen. Das würde
vor allem den Landkreisen helfen, die vor erheblichen finanziellen Herausforderungen stünden.
Eine Abgeordnete der CDU nahm Bezug auf die in Ziffer 2 des
Antrags gestellte Frage, welche konkreten Mehrwerte durch die
Landesförderung in Höhe von 400 000 € initiiert und finanziert
werden sollten. Sie bat, die in der Stellungnahme sehr allgemein
gehaltenen Ziele der Landkreise Esslingen, Tübingen, Ludwigsburg und Ravensburg zu präzisieren.
Ein Abgeordneter der Grünen äußerte, die Eingliederungshilfe
stelle den höchsten Einzelposten des Kreishaushaltes dar. Wenn
es mit Hilfe der Inklusionskonferenzen gelinge, für drei stationäre Plätze andere Lebensmodelle zu entwickeln, ließen sich damit die für den Landkreis in drei Jahren anfallenden Kosten in
Höhe von 50 000 € einsparen.
Der Landkreis Ravensburg verfüge über die höchsten Dichte an
stationären Einrichtungen in Baden-Württemberg. Die trägerorientierte Beteiligung stehe im Vordergrund, und sowohl der Teilhabebericht als auch die Behindertenhilfeplanung berücksichtigten den Aspekt des Betriebs von Institutionen. In den Inklusionskonferenzen bildeten diese bereits bestehenden Institutionen und
Arbeitsgruppen einen festen Bestandteil und würden mehrdimensional erweitert.
Mit dem Kreis Reutlingen würden in fünf Landkreisen Inklusionskonferenzen unter Einbeziehung der regionalen Besonderhei-
19
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren
ten konzipiert. Durch deren Auswertung lasse sich eine Blaupause für ein Best-of für das ganze Land gemäß den individuellen Bedürfnissen und regionalen Unterschieden gewinnen. Wichtig sei auch, dass aus den Betroffenen Beteiligte würden. Der
Blickwinkel sei nicht mehr leistungs- und institutionsbasiert,
sondern der UN-Konvention entsprechend auf die individuellen
Bedürfnisse des Nachteilsausgleichs für die Betroffenen gerichtet. Es handele sich bei Weitem nicht nur um eine sozialpolitische Perspektive, denn auch Bereiche wie die Verkehrspolitik,
die Bildungspolitik sowie der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu
Freizeitangeboten flössen in das Case Management der Inklusionskonferenzen ein.
Erfreulicherweise habe der Kreistag im Landkreis Ravensburg
die Mittel für die Eigenbeteiligung von rund 50 000 € bewilligt.
Die Konzepte stünden dann wahrscheinlich allen zur Verfügung
und trügen zu weiteren Fortschritten bei. Im Übrigen diene diese
Systematik aufgrund der Parallelen und methodischen Gleichheiten auch der Pflegeenquete bei der Frage, wie sich einer gemeinwesenorientierten Versorgung gerecht werden lasse.
Das angesprochene Modellprojekt gebe den richtigen Schub. Der
Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg habe es ebenfalls als den richtigen Schritt und als die richtige Plattform für
das Handeln bezeichnet.
Eine Abgeordnete der SPD betonte, mit dem Antrag werde der
Erfolg der ersten Inklusionskonferenz in den Fokus gerückt. Die
Auswertung zeige, dass sich die gesamtgesellschaftliche Aufgabenbündelung in verschiedenen Bereichen aufführen lasse,
und der Inklusionsgedanke habe durch diese Konferenz nochmals einen breiten Raum gefunden.
Bedauerlicherweise hätten an dem Interessenbekundungsverfahren lediglich vier Landkreise teilgenommen. Daraus dürfe nicht
der Rückschluss gezogen werden, in den anderen Landkreisen
sei alles wunderbar, denn tatsächlich habe wahrscheinlich vielerorts noch kein ausreichendes Umdenken stattgefunden.
Die Unterstützung anderer Projekte sei durchaus erstrebenswert.
Dabei stelle sich aber die Frage, wo begonnen und aufgehört
werde. Bereits bei der Debatte über das Landesbehindertengleichstellungsgesetz und das Inklusionsgesetz im schulischen
Bereich sei die Erwartung an das Land gerichtet worden, das finanziell zu unterfüttern. Es handele sich hier aber um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weshalb es gelte, auch Projekte
vor Ort ohne Landesfördermittel zu entwickeln.
Aus den Ergebnissen der Inklusionskonferenzen lasse sich sicherlich das eine oder andere Förderprogramm ableiten. Eine
grundsätzliche Förderung der Projekte der Landkreise sei finanziell allerdings nicht machbar.
Die Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen
und Senioren erläuterte, bestehende Projekte ließen sich nicht als
neue Projekte fördern. Bestehende Arbeitskreise und Institutionen könnten hingegen in einer Inklusionskonferenz aufgehen,
und auf deren Arbeit werde gerne zurückgegriffen.
Die früheren Kreisbehindertenpläne bedürften tatsächlich einer
Überarbeitung. Damals sei die Verteilung stationärer Plätze im
Vordergrund gestanden, und im Gegensatz dazu gingen die Inhalte der Inklusionskonferenzen wesentlich weiter.
Aufgrund der Beteiligung der Betroffenen und deren Angehöriger an den Inklusionskonferenzen hätten sich unterschiedliche
Schwerpunkte ergeben, die als Blaupausen dienen könnten. In einem Kreis besitze beispielsweise das Thema Arbeits- und Be-
20
schäftigungschancen besondere Bedeutung. In einem Kreis mit
vielen stationären Einrichtungen werde wiederum das dezentrale
Wohnen eine größere Rolle spielen. Wichtig sei deshalb, in den
Inklusionskonferenzen die Gegebenheiten vor Ort zu berücksichtigen und mit den Beteiligten entsprechende Maßnahmen und
Vorgehensweisen zu entwickeln.
Zum Modellprojekt im Landkreis Reutlingen liege ein Zwischen-,
aber noch kein Abschlussbericht vor. Die dortige Inklusionskonferenz sei aus der Gesundheitskonferenz hervorgegangen, weil
sich der Bedarf herauskristallisiert habe, sich des Themas Inklusion noch einmal speziell zu widmen. Dieses gelungene Beispiel
zeige, was Gesundheitskonferenzen vor Ort bewirken könnten.
Im Weiteren habe sich herausgestellt, dass ein Jahr nicht ausreiche, um das Projekt auf den Weg zu bringen, weshalb die Verlängerung auf zweieinhalb Jahre erfolgt sei. Eine anschließende
Kostenübernahme durch den Landkreis gehe damit nicht zwangsläufig einher, denn möglicherweise werde in dieser Zeit beispielsweise ein Aktionsplan erarbeitet, der dann zur Umsetzung gelange. Gleichwohl sei die Weiterentwicklung der Inklusion insgesamt sicherlich vor Ort und nahe bei den Betroffenen am besten
aufgehoben.
Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/7031 für erledigt zu erklären.
07. 09. 2015
Berichterstatterin:
Wölfle
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Verkehr und Infrastruktur
12. Zu dem Antrag der Abg. Marcel Schwehr u. a.
CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für
Verkehr und Infrastruktur – Drucksache 15/4771
– Gütertransport in der Binnenschifffahrt
Bericht
Beschlussempfehlung
Eine Abgeordnete der CDU brachte vor, die CDU-Fraktion halte
den Ausbau und die Verlängerung der Neckarschleusen von
Mannheim bis Plochingen für dringend erforderlich.
Der Landtag wolle beschließen,
1. den Antrag der Abg. Marcel Schwehr u. a. CDU
– Drucksache 15/4771 – für erledigt zu erklären;
2. den Antrag der Abg. Marcel Schwehr u. a. CDU
– Drucksache 15/4771 – um folgenden Abschnitt II
zu ergänzen:
„II. 1. Der Landtag stellt fest, dass die Verlängerung
der Neckarschleusen für den Verkehr mit 135
Meter langen Schiffen zwischen MannheimFeudenheim und Plochingen für eine Verlagerung von Verkehren weg von der Straße auf die
umweltfreundlichere Binnenschifffahrt von
zentraler Bedeutung ist.
2. Der Landtag fordert die Bundesregierung auf,
die Schleusen zwischen Mannheim-Feudenheim und Plochingen entsprechend der zwischen Bund und Land im Jahr 2007 geschlossenen Verwaltungsvereinbarung für den Verkehr
mit 135 Meter langen Schiffen zu verlängern.
3. Der Landtag stellt fest, dass notwendige Ersatzbauten an Schleusen zwischen Heilbronn
und Plochingen angesichts der langen Lebensdauer von Schleusenbauwerken im Sinne einer
zukunftssicheren und nachhaltigen Investitionspolitik zwingend für bis zu 135 Meter lange
Schiffe auszulegen sind, um bei einer späteren
Verlängerung aller Schleusen am Neckar Engpässe bzw. den erneuten Umbau von Schleusen
zu vermeiden.
4. Der Bund wird aufgefordert, die Planungskapazitäten im Amt für Neckarausbau Heidelberg
deutlich zu erhöhen, um die Realisierung der
Neckarschleusenverlängerung zu beschleunigen.
5. Die Landesregierung wird aufgefordert, dem
Bund gegenüber die wirtschaftliche Notwendigkeit des Schleusenausbaus detailliert und
ausführlich begründet darzulegen.
6. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich
für die Aufnahme der Verlängerung der Neckarschleusen zwischen Mannheim und Plochingen in den Bundesverkehrswegeplan 2015 einzusetzen.“
01. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Raufelder
Köberle
Der Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur beriet den Antrag
Drucksache 15/4771 sowie den hierzu vorgelegten Änderungsantrag (Anlage) in seiner 34. Sitzung am 1. Juli 2015.
Die Abgeordneten ihrer Fraktion könnten den von Grünen und
SPD vorgelegten Änderungsantrag mittragen und hätten sich mit
den Initiatoren des Änderungsantrags auf eine Ergänzung um folgende Ziffern in Abschnitt II verständigt:
5. Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Bund gegenüber
die wirtschaftliche Notwendigkeit des Schleusenausbaus detailliert und ausführlich begründet darzulegen.
6. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich für die Aufnahme
der Verlängerung der Neckarschleusen zwischen Mannheim
und Plochingen in den Bundesverkehrswegeplan 2015 einzusetzen.
Abschließend bat sie darum, Änderungsanträge, die am Vormittag eines Sitzungstags eingereicht würden, den Vorsitzenden der
Arbeitskreise vorab per E-Mail zukommen zu lassen.
Der Ausschussvorsitzende regte an, bei Änderungsanträgen, die
darauf abzielten, einen Konsens unter den Fraktionen zu erreichen, von vornherein seitens der Initiatoren auf die anderen
Fraktionen zuzugehen, um möglichst eine gemeinsame Initiative
der Fraktionen auf den Weg zu bringen.
Er merkte an, der vorliegende Änderungsantrag, der von der
Sache her von allen Fraktionen für richtig gehalten werde, habe
aufgrund der späten Einbringung nicht mehr in allen Fraktionsarbeitskreisen beraten werden können.
Er schlug vor, in Ziffer 3 des Änderungsantrags den ersten Satz
zu streichen und den verbleibenden Satz wie folgt zu formulieren:
3. Der Landtag stellt fest, dass notwendige Ersatzneubauten an
Schleusen zwischen Heilbronn und Plochingen angesichts der
langen Lebensdauer von Schleusenbauwerken im Sinne einer
zukunftssicheren und nachhaltigen Investitionspolitik zwingend für bis zu 135 m lange Schiffe auszulegen sind, um bei
einer späteren Verlängerung aller Schleusen am Neckar Engpässe bzw. den erneuten Umbau von Schleusen zu vermeiden.
Ein Abgeordneter der Grünen führte aus, der vorliegende Antrag
zum Gütertransport in der Binnenschifffahrt mache deutlich,
dass ein Ausbau der Wasserstraßen zur Verbesserung der Modalitäten im Güterverkehr wichtig und notwendig sei. Bei einer
Länderkonferenz in Mannheim habe der Landesverkehrsminister deutlich gemacht, wie wichtig der Verkehrsträger Neckar sei.
Seitens des Bundes sei jedoch zum Ausdruck gebracht worden,
dass Ausbaumaßnahmen an der Mosel und anderen Wasserstraßen aus Sicht des Bundes Vorrang vor Ausbaumaßnahmen
am Neckar hätten. Dies habe seine Fraktion dazu bewogen, deutlich zu machen, dass ein Planungshorizont für den Neckarschleusenausbau bis 2044 und eine Ausklammerung des Abschnitts
zwischen Heilbronn und Plochingen von den Ausbaumaßnahmen
nicht akzeptabel seien.
21
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
Er sei froh, dass der vorliegende Änderungsantrag von allen
Fraktionen unterstützt werde. Denn es sei notwendig, klarzumachen, wie sehr die Binnenschifffahrt auf eine leistungsfähige
Wasserstraße Neckar angewiesen sei. Auch im Hinblick auf die
Wasserwegeanbindung nach Rotterdam sei es wichtig, den Neckarschleusenausbau voranzutreiben. Eine gemeinsame Initiative
der Landtagsfraktionen sei hierzu ein richtiger Schritt. Es müssten aber noch weitere Anstrengungen erfolgen, um das Anliegen
an den Bund heranzutragen.
Der Minister für Verkehr und Infrastruktur legte dar, das Land
Baden-Württemberg habe im Jahr 2007 eine Vereinbarung mit
dem Bund geschlossen, wonach die Neckarschleusen bis zum
Jahr 2025 saniert, ausgebaut und verlängert werden sollten. Das
Land habe sich hierbei dazu verpflichtet, im Volumen von 1 Million € pro Jahr bzw. zwölf Stellenäquivalenten den Bund darin zu
unterstützen, dass diese Vereinbarung eingelöst werden könne.
Bis heute gebe es keine davon abweichende Vereinbarung. Er finde es ziemlich skandalös, dass der Bund, nachdem er hierzu jahrelang nichts getan habe, nun das Land gewissermaßen nebenbei
per Schreiben darüber informiere, dass seine Planung beinhalte,
dass auf dem Neckar erst bis zum Jahr 2044 lediglich eine anstatt
der geplanten zwei Schleusenkammern ausgebaut werden sollten,
und dies nicht einmal für die gesamte vereinbarte Strecke.
Die von der CDU geforderten Ergänzungen zu dem vorliegenden Änderungsantrag könne er überhaupt nicht nachvollziehen.
Es bedürfe keiner Aufforderung an die Landesregierung, sich
für die Maßnahme einzusetzen. Er selbst habe zahlreiche Gespräche geführt und sei bei der Europäischen Kommission vorstellig geworden, um die Chancen auf den Erhalt von EU-Kofinanzierungsmitteln, die der Bund nicht einmal beantragt habe,
zu eruieren, und habe auch entsprechende Zusagen bekommen.
Die Anmeldung der Verlängerung der Neckarschleusen zum
Bundesverkehrswegeplan sei längst erledigt. Hierzu müsse die
Landesregierung nicht noch einmal aufgefordert werden. Vielmehr sollte beschlossen werden, beim Bund für eine Umsetzung
Druck zu machen.
Die Opposition habe ihn anfänglich heftig dafür kritisiert, dass er
darauf hingewiesen habe, dass bei Binnenschiffen mit alten Antriebstechnologien Modernisierungspotenzial zur Emissionssenkung bestehe. Es sei nie seine Absicht gewesen, wie von der Opposition unterstellt, die Binnenschifffahrt zu verhindern. Vielmehr wolle er die Wasserstraße als Verkehrsträger weiterentwickeln. Der besorgniserregende Rückgang der Nutzung des
Neckars für die Binnenschifffahrt liege darin begründet, dass der
Zustand dieser Wasserstraße nicht mehr zeitgemäß sei. Ohne
Modernisierung drohe ein weiterer Rückgang der Nutzung, da
der Transport von Schüttgütern auf der Wasserstraße rückläufig
sei und Kohlekraftwerke entlang des Neckars nicht mehr länger
per Schiff angefahren würden.
Notwendig sei ein offensives Konzept zur Sanierung und zum
Ausbau des Neckars als Verkehrsträger. Angesichts des anerkannt hohen Investitionsbedarfs habe das Land dem Bund vorgeschlagen, zunächst eine Kammer der Schleusen zwischen der
Mündung und Plochingen zu sanieren. Es reiche aber nicht aus,
nur auf einem Teilstück Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen.
Er appelliere an die Abgeordneten von CDU und SPD, auf ihre
Kollegen, die im Bund die Regierung stellten, Druck zu machen,
damit der Bund hier endlich tätig werde.
Der Ausschussvorsitzende bemerkte, die Darstellung des bisherigen Verlaufs und der Zielsetzung durch den Minister sei völlig
richtig. Die Ausführungen zu den Beschlussvorschlägen seien le-
22
diglich eine Meinungsäußerung. Es sei ausschließlich Sache der
Abgeordneten bzw. Fraktionen, wie sie sich zu dem Änderungsantrag, der nach der mündlichen Ergänzung nunmehr sechs Beschlussziffern umfasse, verhielten.
Die bereits genannte Abgeordnete der CDU äußerte, die Fraktionen hätten sich die größte Mühe gegeben, in großer Einheitlichkeit einen gemeinsamen Beschlussvorschlag zu formulieren.
Wenn es allein um den Neuigkeitswert ginge, hätte es des Änderungsantrags von Grünen und SPD nicht bedurft. Letztlich gehe
es jedoch darum, ein politisches Signal zu senden. Entscheidend
sei dabei, dass die Verlängerung der Neckarschleusen in den
Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werde. Zur Vollständigkeit bedürfe es daher einer entsprechenden Ergänzung des Änderungsantrags. Die Bewertung der gestellten Anträge sei ausschließlich Sache der Abgeordneten bzw. Fraktionen. Es sei nicht
Aufgabe des Ministeriums, die Fraktionen hierbei zu maßregeln.
Sie könne nicht nachvollziehen, weshalb der Minister in dem
aufgeworfenen Thema eine Konfrontation aufmache. Sie erwähne hierzu lediglich, dass der Minister zunächst mit dem
Thema Binnenschifffahrt „nichts am Hut gehabt“ habe und die
Schifffahrt sogar als „dreckig“ bezeichnet habe, später jedoch
erfreulicherweise noch erkannt habe, dass es in Baden-Württemberg ohne die Binnenschifffahrt nicht gehe.
Auf eine Wortmeldung des Ministers erwiderte der Ausschussvorsitzende, dieser erhalte ausschließlich für inhaltliche Ausführungen, nicht aber für Anmerkungen zum Verfahren das
Wort. Die Beschlussfassung sei das ausschließliche Recht des
Parlaments. Die Landesregierung habe anschließend Gelegenheit, darauf zu reagieren.
Der Minister für Verkehr und Infrastruktur betonte, das Parlament könne das Verfahren und die Inhalte selbstverständlich
selbst bestimmen. Es sei jedoch das Recht der Regierung, den
Sachstand darzulegen.
Festzuhalten sei, dass das Land den Neckarschleusenausbau bereits für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet habe. Deswegen könne man sich überlegen, ob es logisch sei, die Landesregierung zur Anmeldung aufzufordern. Sein Ratschlag sei, zu fordern, dass die Bundesregierung die Maßnahme in den Vordinglichen Bedarf aufnehmen solle.
Die wirtschaftliche Überprüfung, zu der die Landesregierung
aufgefordert werden solle, sei bereits von der Vorgängerregierung gemacht worden. Die neue Landesregierung habe die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Neckarausbaus mit den eigenen Maßstäben festgestellt. Nun sei es formal Sache des Bundes,
im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans eine Kosten-NutzenAnalyse aller Projekte vorzunehmen. Die Landesregierung sei
hierfür nicht zuständig. Korrekt wäre, die Forderung an die Bundesregierung zu richten.
Die bereits genannte Abgeordnete der CDU bemerkte, aus dem
Bundesverkehrsministerium sei zu hören, dass die wirtschaftliche Notwendigkeit der Verlängerung der Neckarschleusen bis
Plochingen vom Land Baden-Württemberg bislang nicht habe
eindeutig dargelegt werden können. Sie wolle diese Aussage an
dieser Stelle nicht bewerten. Deutlich werde daran jedoch die
Notwendigkeit, dass die Landesregierung die wirtschaftliche
Notwendigkeit entsprechend darlege und sich für die Aufnahme
der Maßnahme in den Bundesverkehrswegeplan nochmals einsetze. Aus Gründen der Vollständigkeit bestehe daher die CDUFraktion auf einer entsprechenden Ergänzung des Änderungsantrags.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
Der Ausschussvorsitzende empfahl, die Themen, bei denen verkehrspolitisch ein hoher Konsens zwischen den Fraktionen bestehe, nicht zu Streitpunkten zu machen. Nur von einem gemeinsamen Beschluss, in dem sich alle Fraktionen wiederfänden, gehe ein entsprechendes Signal aus.
2. Der Landtag fordert die Bundesregierung auf, die Schleusen
zwischen Mannheim-Feudenheim und Plochingen entsprechend
der zwischen Bund und Land im Jahr 2007 geschlossenen Verwaltungsvereinbarung für den Verkehr mit 135 Meter langen
Schiffen zu verlängern.
Ein noch nicht genannter Abgeordneter der Grünen hob hervor,
Ziel eines gemeinsamen Beschlusses sei, dem Bund zu signalisieren, dass der Landtag in seiner Breite für den Neckarausbau
bis Heilbronn stehe. Ihm sei bewusst, dass das Land die Maßnahme bereits zum Bundesverkehrswegeplan angemeldet habe, und
er gehe davon aus, dass die Landesregierung gegenüber dem
Bund die wirtschaftliche Notwendigkeit gut begründet darlege;
zur Argumentation könne auch das Planco-Gutachten herangezogen werden.
3. Nach Kenntnis der Landesregierung sind an einigen Schleusen zwischen Heilbronn und Plochingen zeitnah Ersatzneubauten notwendig. Der Landtag stellt fest, dass diese angesichts der langen Lebensdauer von Schleusenbauwerken im
Sinne einer zukunftssicheren und nachhaltigen Investitionspolitik zwingend für bis zu 135 Meter lange Schiffe auszulegen sind, um bei einer späteren Verlängerung aller Schleusen
am Neckar Engpässe bzw. den erneuten Umbau von Schleusen zu vermeiden.
Er rege an, dass der Ausschuss den auf sechs Ziffern erweiterten
Änderungsantrag beschließe und der Ausschussvorsitzende anschließend eine Pressemitteilung veranlasse mit dem Inhalt, dass
der Verkehrsausschuss fraktionsübergreifend den Neckarausbau
bis Plochingen fordere.
4. Der Bund wird aufgefordert, die Planungskapazitäten im
Amt für Neckarausbau Heidelberg deutlich zu erhöhen, um
die Realisierung der Neckarschleusenverlängerung zu beschleunigen.“
Einstimmig beschloss der Ausschuss, den um die von der Abgeordneten der CDU vorgetragenen Ziffern 5 und 6 ergänzten Änderungsantrag mit der vom Ausschussvorsitzenden vorgeschlagenen Änderung in Ziffer 3 zuzustimmen.
01. 07. 2015
Schwarz u. a. GRÜNE
Drexler u. a. SPD
Einvernehmlich beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/4771 im Übrigen für erledigt
zu erklären.
Begründung
Abschließend kündigte der Ausschussvorsitzende an, der Anregung nach Herausgabe einer Presseerklärung nachzukommen.
Ohne leistungsfähige und auch für moderne Binnenschiffe ausreichend dimensionierte Schleusen droht die Binnenschifffahrt
am Neckar abgehängt zu Werden.
23. 09. 2015
Berichterstatter:
Raufelder
Anlage
Zu TOP 3
34. Verk / InfraA / 01. 07. 2015
Änderungsantrag
der Abg. Andreas Schwarz u. a. GRÜNE und
der Abg. Wolfgang Drexler u. a. SPD
Die aktuellen Planungen des Bundes sind nicht akzeptabel.
Nach diesen Planungen sollen bis ca. 2044 nur die Schleusen
zwischen Mannheim-Feudenheim und Heilbronn für den Verkehr mit 135 Meter langen Schiffen verlängert und die Schleusen zwischen Heilbronn und Plochingen nur saniert werden.
Das Land erfüllt seine Zusagen aus der Verwaltungsvereinbarung von 2007 gegenüber dem Bund vollständig und beteiligt
sich an den Planungskosten. Im Gegenzug wird erwartet, dass
der Bund seine Zusagen ebenfalls vollständig erfüllt.
Die vom Bund beabsichtigte Neubewertung der Verlängerung
der Neckarschleusen im Rahmen der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2015 ist aus Sicht des Landes nicht geboten, da
das Vorhaben bereits mit Abschluss der Verwaltungsvereinbarung von 2007 begonnen wurde.
zu dem Antrag der Abg. Marcel Schwehr u. a. CDU
– Drucksache 15/4771
Gütertransport in der Binnenschifffahrt
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Marcel Schwehr u. a. CDU – Drucksache
15/4771 – um folgenden Abschnitt II zu ergänzen:
„II. Der Landtag wolle beschließen:
1. Der Landtag stellt fest, dass die Verlängerung der Neckarschleusen für den Verkehr mit 135 Meter langen Schiffen
zwischen Mannheim-Feudenheim und Plochingen für eine
Verlagerung von Verkehren weg von der Straße auf die umweltfreundlichere Binnenschifffahrt von zentraler Bedeutung
ist.
23
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
13. Zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur – Drucksache
15/6742
– Auswirkungen der Planungen der Deutschen
Bahn AG über zusätzliche Fernverkehrsverbindungen und -halte auf das Zielkonzept 2025 für
den Schienenpersonennahverkehr
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP
– Drucksache 15/6742 – für erledigt zu erklären.
01. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Maier
Köberle
Bericht
Der Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur beriet den Antrag
Drucksache 15/6742 in seiner 34. Sitzung am 1. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags brachte vor, mit dem Antrag
solle in den Blick genommen werden, inwieweit die Planungen
der Deutschen Bahn AG zu den Fernverkehrsverbindungen mit
dem Zielkonzept 2025 für den Schienenpersonennahverkehr in
Baden-Württemberg in Einklang zu bringen seien.
Grundsätzlich sei zu begrüßen, wenn die Bahn verbesserte Fernverkehrsangebote und neue, innovative Serviceangebote in Aussicht stelle. 2018 solle eine neue IC-Verbindung von Nürnberg
über Stuttgart nach Zürich eingerichtet und mit den Nahverkehrsangeboten verknüpft werden. Zudem solle ab 2017 eine IC-Verbindung auf der Gäubahn eingerichtet werden, für die auch die
Fahrkarten des Nahverkehrs genutzt werden könnten.
Erkennbar sei, dass zunehmend Regionalisierungsmittel oder sonstige Mittel des Landes zur Mitfinanzierung von Fernverkehrsangeboten eingesetzt würden. Die Bereitstellung solcher Angebote
sei grundsätzlich jedoch Aufgabe der Deutschen Bahn. Ihn interessiere, welche Meinung die Landesregierung hierzu habe.
Die Einrichtung neuer Bahnhalte sei für das Land mit Aufwendungen verbunden. So habe beispielsweise auf der Murrbahn ein Ausbau und eine Anpassung der Bahngleise zu erfolgen. Zusätzliche
Anforderungen ergäben sich im Bereich der Barrierefreiheit.
Für wichtig halte er, das Vorhaben der Einrichtung eines Bahnhalts in Merklingen zur Umsetzung zu bringen, weil dadurch für
die betroffene Raumschaft erhebliche Entwicklungspotenziale erschlossen werden könnten. Gegenüber der Presse habe der Amtschef im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur erklärt, dass
das Land grundsätzlich bereit sei, nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz 50 % der zuwendungsfähigen Baukosten als Festbetrag zu übernehmen. Von Interesse sei, ob schon
konkretere Aussagen über die hierfür anfallenden Beträge getroffen werden könnten.
Eine Abgeordnete der CDU führte aus, aus Sicht der CDU-Fraktion dürfe es nicht dazu kommen, dass das Land durch die Be-
24
reitstellung von Regionalisierungsmitteln für Fernverkehrsverbindungen Aufgaben der Bahn mitfinanziere.
Zu befürchten sei, dass die „vollmundigen Versprechungen“ des
Ministers für Verkehr und Infrastruktur im Hinblick auf die Einrichtung eines Bahnhalts in Merklingen sich nicht einhalten
ließen, da die Mittel nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, die für das Projekt in Aussicht gestellt würden, bereits „weit überbucht“ seien. Den politischen Vertretern aus
Landkreis und Kommunen werde mittlerweile bewusst, welche
enormen finanziellen Herausforderungen zur Umsetzung ihres
berechtigten Anliegens auf sie zukämen, wenn das Land seine
Versprechungen nicht einhalten könne, sodass das Vorhaben
letztlich zu scheitern drohe. Sollten die durch den Verkehrsminister geschürten Erwartungen letztlich nicht erfüllt werden
können, werde dies in der betroffenen Region zu großer Enttäuschung und Frustration führen.
Wenn sich das MVI schon Gedanken über die Einrichtung eines
neuen Halts auf der Strecke Wendlingen–Ulm mache, der zu keiner
unnötigen Fahrzeitverlängerung führen solle, wäre zu erwarten gewesen, dass das Ministerium unter Betrachtung der Verkehrsströme
auf der gesamten Strecke unvoreingenommen prüfe, ob ein mehr in
der Mitte der Strecke gelegener Halt nicht mehr Sinn machte.
Ein Abgeordneter der SPD bemerkte, die Einrichtung eines
Bahnhalts in Merklingen sei der Wunsch der dortigen Raumschaft. Zwar bestehe noch Diskussionsbedarf, was die Kostenbeteiligung angehe, jedoch seien sich die Akteure vor Ort bewusst,
dass das Vorhaben auch für die Region mit gewissen Kosten verbunden sei.
Die Ausführungen seiner Vorrednerin erweckten den Anschein,
als ob die CDU-Landtagsfraktion die Einrichtung eines Bahnhalts in Merklingen nicht befürworte. Dies stünde jedoch im Widerspruch zur Haltung der CDU-Parteikollegen in der Region. Er
bitte daher um eine klare Aussage, wie die CDU-Landtagsfraktion zu dem Vorhaben stehe.
Ein Abgeordneter der Grünen trug vor, grundsätzlich begrüße
seine Fraktion die Planungen der Deutschen Bahn AG für ein
verbessertes Fernverkehrsangebot. Es werde sich aber erst noch
zeigen, ob die angekündigten Verbesserungen wie beispielsweise
die Einführung der IC-Linien Lindau–Stuttgart–Saarbrücken im
Jahr 2028, Bamberg–Würzburg–Stuttgart–Tübingen im Jahr
2029 und Karlsruhe–Nürnberg im Jahr 2030 auch so umgesetzt
würden. Gegebenenfalls werde die Deutsche Bahn an ihre Versprechungen nochmals erinnert.
Darauf geachtet werden müsse, dass die für den Fernverkehr zuständige Deutsche Bahn AG nicht versuche, hierfür anfallende
Kosten auf das Land zu verlagern. Vermieden werden müsse,
dass das Land hier in vergaberechtliche Schwierigkeiten komme.
Seine Fraktion stehe dem Vorhaben der Einrichtung eines Bahnhalts in Merklingen aufgeschlossen gegenüber. Die Initiative für
dieses Vorhaben sei in der dortigen Raumschaft entstanden und
werde vom MVI begleitet. In der Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag habe das Ministerium sehr differenziert dargestellt, dass es das Vorhaben unterstütze, dass aber noch weitere
technische und finanzielle Fragen zu klären seien. Die in den
Neunzigerjahren entwickelte Idee der Einrichtung eines Interregio-Halts bei Kirchheim/Teck, die für die dortige Raumschaft in
hohem Maße interessant gewesen wäre, sei leider verworfen
worden. Er würde sich wünschen, dass die CDU-Landtagsfraktion die Planungen für einen Bahnhalt in Merklingen aufgeschlossen und wohlwollend begleite.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
Ein Abgeordneter der CDU äußerte, das Land berufe sich auf eine
Aussage der Bahn, wonach mit Inbetriebnahme der Schnellbahntrasse von Nürnberg nach Erfurt im Jahr 2018 ein Stundentakt für
die IC-Verbindung zwischen Stuttgart und Nürnberg eingeführt
werden solle. Seines Wissens habe sich die Bahn hier aber noch
nicht endgültig festgelegt, sondern treffe hierzu noch Überlegungen.
für den deutlich besseren Ansatz, möglichst flächendeckend vertaktete Fernverkehre anzubieten. Nachdem im vergangen Jahr
noch über die Streichung von Fernverkehrsverbindungen diskutiert worden sei, habe hier, auch bedingt durch den personellen
Wechsel im Vorstand, eine positive Änderung der Strategie der
Bahn stattgefunden.
Für verwunderlich halte er, dass die Landesregierung in der Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag, die mit Schreiben vom
11. Mai 2015 erfolgt sei, mitteile, dass ihr keine weiteren Erkenntnisse zu neuen Fernverkehrsverbindungen und -halten vorlägen als diejenigen, welche die Deutsche Bahn AG veröffentlicht habe, während der Ministerialdirektor im Ministerium für
Verkehr und Infrastruktur bereits am 6. Mai 2015 in einem „Verteiler Regionalkonferenz zu Netz 3“, welcher allen Fraktionen
per E-Mail zugegangen sei, bekannt gebe, dass das Ministerium
die Ausschreibung des Netzes Gäu-Murr bereits geändert habe.
Fraglich sei, ob das Ministerium ausschließlich auf der Grundlage der öffentlichen Ankündigung der Deutschen Bahn AG diese Ausschreibung geändert habe oder doch Gespräche zwischen
der Deutschen Bahn AG und dem MVI stattgefunden hätten, die
das Ministerium dazu bewogen hätten, den Schritt zu unternehmen, der am 6. Mai bekannt gegeben worden sei. Konkret interessiere ihn, welche Gespräche zwischen der Deutschen Bahn
AG und dem Ministerium in dieser Sache stattgefunden hätten
und was das Ergebnis dieser Gespräche gewesen sei.
Das MVI habe von Anfang an zum Ausdruck gebracht, dass die
neue Strategie der Bahn nicht dazu genutzt werden dürfe, sich
Regionalisierungsmittel anzueignen, indem sie Angebote auf
Strecken schaffe, für die das Land schnelle Regionalzugverbindungen geplant habe. Dies sei für die Murrbahn der Fall gewesen. Das verantwortliche Vorstandsmitglied der DB AG habe ihn
vor der Verkündung des Fernverkehrskonzepts telefonisch auf
das Vorhaben der Bahn, auf dieser Linie Fernverkehr zu planen,
hingewiesen. Daraufhin habe er (Minister) erklärt, dass das Land
es grundsätzlich begrüße, dass die Bahn auf dieser Strecke ein
Fernverkehrsangebot plane. Er habe das Vorstandsmitglied der
DB AG aber auch darauf hingewiesen, dass das Land auf dieser
Strecke ein Nahverkehrsangebot plane und das parallele Nahund Fernverkehrsangebot auf dieser Strecke nicht ohne Weiteres
zusammenpasse und möglicherweise zu Schwierigkeiten bei der
Auslastung von Zügen führe. Ferner habe er deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Kofinanzierung des Landes wie beim
„Integrationsmodell“ auf der Gäubahn eine Ausnahme darstelle
und dort nur zur Anwendung gekommen sei, weil das bestehende
Fernverkehrsangebot dort konkret gefährdet gewesen sei und
auch bestimmte Nahverkehrszüge nicht gut ausgelastet gewesen
seien. Das „Integrationsmodell“ sei ein befristetes Interimskonzept für die Zeit bis zur Fertigstellung des Ausbaus der Gäubahn.
Letztlich dürfe es nicht sein, dass die Bahn Regionalisierungsmittel dafür in Anspruch nehmen könne, dass sie auf einer
Strecke, zu der ein Ausschreibungsverfahren für den Nahverkehr
laufe, den Wettbewerb quasi auflöse, indem sie dort eigenwirtschaftlich ein Fernverkehrsangebot einführe.
In dem Schreiben des Ministerialdirektors vom 6. Mai 2015 werde ausgeführt, die angesprochene IC-Verbindung ersetze die
zweistündliche RE-Verbindung zwischen Stuttgart und Nürnberg, die über Schwäbisch Hall/Hessental und Crailsheim führe;
da nicht bekannt sei, was sich daraus ergebe, sei dieser Teil aus
der Ausschreibung herausgenommen worden. Es stelle sich die
Frage, ob davon auszugehen sei, dass das Land hierdurch zunächst einmal Geld spare.
Ferner wolle er wissen, was das Land im Zuge der Ausschreibung des Netzes 3 b plane. Die hierzu von der Staatssekretärin
im Plenum des Landtags getroffenen Verlautbarungen seien ihm
auch bei näherer Lektüre völlig unverständlich geblieben.
Das Land sollte dafür kämpfen, dass die angesprochene IC-Verbindung nicht über die eingleisige Strecke zwischen Schwäbisch
Hall/Hessental und Backnang geführt werden sollte, sondern über
die wesentlich frequentiertere Strecke auf der Remsbahn. Hierdurch
könnte das Land erhebliche Einsparungen erzielen. Insbesondere
könnte auf die geplante IRE-Verbindung zwischen Stuttgart und
Aalen verzichtet werden, und es könnte eine Anbindung der Remsbahn an den Bahnhof des Flughafens Stuttgart erfolgen. In dem der
Schlichtung zu Stuttgart 21 zugrunde gelegenen Fahrplan 2020 sei
diese Verbindung so vorgesehen gewesen und nicht die Verbindung
Nürnberg–Stuttgart–Karlsruhe. Er bezweifle, dass Letztere nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 möglich wäre. Er bitte die Landesregierung, alles zu tun, um den von der Bahn gewollten Stundentakt
in dem angesprochenen Bereich zu verwirklichen. Seines Erachtens
sei dies ausschließlich über die Remsbahn möglich.
Der Minister für Verkehr und Infrastruktur legte dar, die Bahn
sei im Fernverkehr eigenwirtschaftlich tätig und habe hierzu
auch die Entscheidungsbefugnis. Die Länder könnten sich hier
nur durch das Äußern von Wünschen einbringen. Die Bahn habe
sich schon im Vorfeld der Veröffentlichung des Fernverkehrskonzepts an ihn persönlich gewandt und nach seiner Meinung zu
dem Konzept gefragt. Er habe schon damals das Ausbaukonzept
grundsätzlich begrüßt und vertrete diese Auffassung auch jetzt
noch, nachdem das offizielle Konzept vorliege. Denn er halte es
Trotz seiner deutlichen Aussage habe die Bahn auf der Einrichtung des Fernverkehrsangebots auf der Murrbahn bestanden.
Daraufhin habe er nochmals eingewandt, dass die Remsbahn aufgrund der höheren Frequenz und der technischen Voraussetzungen hierfür besser geeignet wäre. Dies sei aber von der Bahn ausdrücklich abgelehnt worden. Daraufhin habe er erklärt, dass das
Land die Bahn an ihren Fernverkehrsplanungen nicht hindern
wolle, hierfür aber keinen Finanzierungsbeitrag leisten wolle und
das geschilderte Beispiel einer Mitfinanzierung ein wohlbegründeter Sonderfall sei.
Um die Ausschreibung des Netzes Gäu-Murr insgesamt nicht zu
gefährden, sei im Wege einer Anpassung der Ausschreibung der
Bereich des schnellen Nahverkehrs ausgeklammert worden, bis
eine endgültige Klärung erfolgt sei.
Deutlich geworden sei, dass die Bahn eine Verbindung von
Nürnberg nach Stuttgart im Einstundentakt in der Form plane,
dass über zwei verschiedene Strecken jeweils eine Verbindung
im Zweistundentakt angeboten werde. Das Land habe der Bahn
hiervon abgeraten, da es weiterhin der Auffassung sei, dass es
hierfür eine bessere Lösung gebe.
Auf Landesseite werde zu überlegen sein, wie die Planungen der
Bahn fahrtechnisch berücksichtigt werden könnten. Zu befürchten sei, dass durch dieses Fernverkehrsangebot der Bahn letztlich
keine Einsparungen auf Landesseite erzielt werden könnten, da
die Fernverkehrszüge wohl nur an wenigen Bahnhöfen auf der
Strecke Halt machten, sodass noch ein entsprechendes Nahverkehrsangebot bestellt werden müsste. In diesem Fall werde noch
25
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
darauf zu achten sein, dass die Angebote fahrtechnisch aufeinander abgestimmt würden.
Die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm sei von der früheren Landesregierung ohne Zwischenhalte geplant worden. Vorschläge
aus der Region für verschiedene Zwischenhalte seien von der
Bahn und der früheren Landesregierung mit der Begründung abgelehnt worden, dass sich dies nicht rechne und einer Schnellfahrstrecke nicht gerecht werde, was damals auch so akzeptiert
worden sei. Er selbst sei nach dem Regierungswechsel nicht
nochmals mit entsprechenden Vorschlägen auf die Gemeinden
zugegangen. Vielmehr sei seitens der dortigen Gemeinden, oftmals von neu gewählten Bürgermeistern, eine neue Initiative
ausgegangen. Diese hätten sich auch darauf berufen, dass die
neue Landesregierung sich dazu bekannt habe, den Schienenverkehr im ländlichen Raum aufrechtzuerhalten. Auf diesem Weg
seien neue Gespräche zwischen den Kommunen und der Landesregierung zu diesem Thema zustande gekommen.
Das MVI habe in der gebotenen Eile eine grobe Prüfung der
Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten des angesprochenen
Projekts vorgenommen, ohne eine detaillierte Betrachtung vornehmen zu können. Daraufhin sei den Bürgermeistern und dem
Landrat der betroffenen Region mitgeteilt worden, dass das Projekt nach den überschlägigen Berechnungen des Ministeriums
zwischen 15 Millionen und 25 Millionen € kosten würde. Zudem
habe das Ministerium nach genauer Prüfung der eigenen Finanzierungsspielräume bis 2019 festgestellt, dass sich das Land neben dem Projekt der Hermann-Hesse-Bahn auch noch eine Beteiligung an der Schaffung eines Bahnhalts in Merklingen leisten
könne, darüber hinaus aber nur noch Kleinprojekte möglich seien.
In der Folge habe das Land gemäß den gesetzlichen Vorgaben eine Festbetragsfinanzierung für das Projekt der Errichtung eines
Bahnhalts in Merklingen in Höhe von bis zu 50 % angeboten und
darauf hingewiesen, dass es zu betrieblichen Mehraufwendungen
kommen würde, die die Kommunen zu tragen hätten, und eine
gute Anbindung des Bahnhofs an den ÖPNV gewährleistet sein
müsste, wozu sich der Kreis verpflichten müsste. Insgesamt wäre
damit eine faire Aufteilung der Kosten gewährleistet.
Die Bürgermeister und der Landrat aus dem betroffenen Kreis
hätten sich positiv über die schnelle Reaktion und den guten Vorschlag des MVI geäußert und ihrerseits eine Prüfung des Vorschlags angekündigt. Daraufhin sei von allen Beteiligten eine
Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden. Nach Vorlage
dieser Studie, die für den 19. Juli angekündigt sei, werde das
weitere Vorgehen besprochen.
Die beteiligten Akteure in der Region hätten frühzeitig gewusst,
dass die jeweiligen Gemeinderäte und der Kreistag einen Beitrag
zur Realisierung des Vorhabens leisten müssten. Insofern habe er
(Minister) keine Illusionen in der Region geweckt, sondern zu einer realistischen Konzeption beigetragen, dabei aber auch deutlich gemacht, dass dieses Projekt für die Region, die bislang aufgrund ihrer schlechten Anbindung tendenziell der Gefahr einer
Abwanderung von Einwohnern unterliege, eine Chance darstelle.
Die Bahn habe signalisiert, dass sie, wenn bis Herbst eine Entscheidung für das Projekt zustande komme, die Umsetzung der
Maßnahme so in die Bauvorgänge einpassen könne, dass hierfür
nicht eigens Streckensperrungen erfolgen müssten und keine spezifischen Mehrkosten anfielen. Insofern bestehe ein gewisser
Zeitdruck, rasch über eine mögliche Realisierung des Projekts zu
entscheiden. Wenn die Machbarkeitsstudie zu einem positiven
Ergebnis komme, würden sich die Beteiligten rasch um eine Rea-
26
lisierungsmöglichkeit bemühen. Die Landesregierung und die sie
tragende Koalition begleiteten das Projekt positiv und seien bestrebt, einen Beitrag zum Gelingen zu leisten.
Die Entscheidung über die Einrichtung eines Regionalzughalts
auf der Alb auf der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm sei unabhängig
von den Planungen für die Filstalbahn. Beide Konzepte seien
voneinander getrennt.
Ein Abgeordneter der CDU merkte an, die Ausführungen des
Ministers zur IC-Verbindung zwischen Stuttgart und Nürnberg unterschieden sich von dem, was das MVI und die Bahn hierzu bisher
geschrieben hätten. Inhaltlich halte er die hierzu getroffenen Aussagen des Ministers für gut. Auch in den Gesprächen, die er (Redner)
hierzu geführt habe, sei deutlich geworden, dass auch die Bahn die
Variante über Schwäbisch Hall/Hessental als äußerst schwierig ansehe. Die vom Minister gegenüber der Bahn angeführte Argumentation, wonach sich die Landesregierung für die Remsbahn-Variante und nicht für die Murrbahn-Variante ausspreche, finde die Zustimmung der CDU-Fraktion. Das Land hätte von dieser Variante
Kostenvorteile und verkehrliche Vorteile. In diesem Sinn sollten
die Fraktionen gemeinsam mit der Landesregierung daran arbeiten,
im Zusammenwirken mit der Bahn die beste Lösung zu finden.
Der Erstunterzeichner des Antrags hob hervor, er sei dankbar für
die Klarstellung des Ministers, dass das „Integrationsmodell“ für
Nah- und Fernverkehr eine Ausnahme bleibe. Denn wenn solche
Fälle häufiger vorkämen, wäre damit zu rechnen, dass ein Wettbewerber dieses Modell einer juristischen Prüfung unterziehen
lasse, was möglicherweise auch die für die Gäubahn gefundene
Lösung gefährden könnte.
Der Minister für Verkehr und Infrastruktur wies darauf hin, die
Verkehrsministerkonferenz habe bei ihrer letzten Tagung auf seine Initiative hin beschlossen, dass sie das Fernverkehrsausbaukonzept der Deutschen Bahn sehr begrüße, aber davor warne,
dass es zu einer „Kannibalisierung“ des Nahverkehrs und der
Ausschreibungen führen könnte.
Der bereits genannte Abgeordnete der SPD bat um Beantwortung
seiner Frage, wie die CDU-Fraktion zu dem Vorhaben der Einrichtung eines Bahnhalts in Merklingen stehe.
Die bereits genannte Abgeordnete der CDU erwiderte, ihre Fraktion stehe für eine seriöse Politik und setze sich dafür ein, dass
Maßnahmen, die finanzierbar seien, auch umgesetzt würden. Die
Finanzierungsverantwortung für das Vorhaben in Merklingen obliege der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen. Ihr
Vorredner habe ebenso wie das Ministerium durch Versprechungen Hoffnungen vor Ort geweckt und stehe dann auch in der Verantwortung, zu zeigen, ob die Versprechungen belastbar seien.
Der zuvor genannte Abgeordnete der SPD fragte, ob er aus dieser
Aussage folgern könne, dass die CDU-Fraktion die Einrichtung
eines Bahnhalts in Merklingen nicht wolle.
Die Abgeordnete der CDU entgegnete, die Vorgehensweise ihres
Vorredners sei unseriös und peinlich. Auf dieser Basis sei kein
seriöser Austausch möglich.
Einvernehmlich beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6742 für erledigt zu erklären.
01. 09. 2015
Berichterstatter:
Maier
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
14. Zu dem Antrag der Abg. Reinhold Pix u. a. GRÜNE
und der Stellungnahme des Innenministeriums –
Drucksache 15/6812
– Motorradlärm in Tourismuslandschaften
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Reinhold Pix u. a. GRÜNE – Drucksache 15/6812 – für erledigt zu erklären.
01. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Dr. Rapp
Köberle
Bericht
Der Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur beriet den Antrag
Drucksache 15/6812 in seiner 34. Sitzung am 1. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags ging auf die Problematik des
Motorradlärms in Tourismusregionen sowie auf die erhöhte Unfallgefahr, denen Motorradfahrer ausgesetzt seien, ein.
Er brachte vor, viele Tourismusregionen würben, etwa mit entsprechenden Prospekten, gezielt um Motorradtouristen. Dies sei
einerseits nachvollziehbar, da es sich hierbei um eine zahlungskräftige Kundschaft handle. Andererseits trage dies zu einer Verstärkung der geschilderten Problematik bei. Es sei schwierig, einen Ausgleich der gegenläufigen Interessen und Zielsetzungen
zu finden.
Um den aufgezeigten Problemen zu begegnen, seien Aufklärungsund Kontrollmaßnahmen erforderlich. Aus der Stellungnahme zu
dem vorliegenden Antrag gehe hervor, dass die Zahl der Motorradkontrollen und der festgestellten Verstöße, insbesondere gegen
Geschwindigkeitsvorgaben, stark angestiegen seien. Gerade überhöhte Geschwindigkeit sei die Hauptursache für Unfälle und
Lärmbelastungen im Straßenverkehr. Hiergegen müsse etwas unternommen werden.
Für sinnvoll hielte er eine Änderung der Regelungen für die Betriebszulassung von Motorrädern mit dem Ziel der Reduzierung der
Lärmbelastung. Das Land habe hierfür jedoch keine Zuständigkeit.
Dies müsse bundesweit oder sogar europaweit geregelt werden.
Die Landesregierung bitte er um Auskunft, inwieweit neuartige
Methoden zur Messung von Geschwindigkeiten und Lärm im
Straßenverkehr, z. B. Messgeräte an fahrenden Polizeimotorrädern, zum Einsatz kämen und wie wirksam Maßnahmen der
„Verkehrsüberwachung light“ seien.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP äußerte, er kenne die geschilderte Problematik aus Erfahrungen in seinem Wahlkreis und befinde sich hierzu im Austausch mit der Staatssekretärin. Oftmals
gehe die Lärmbelastung nicht auf überhöhte Geschwindigkeit
zurück, sondern entstehe durch Beschleunigungsvorgänge. Für
die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Gebiete sei
dies mit erheblichen Belastungen verbunden. Manche hätten sogar aufgrund dieser Belastungen ihre Häuser verkauft.
Ein guter Ansatz, um der Lärmproblematik zu begegnen, ohne
den Motorradfahrern die Möglichkeit zu nehmen, auf bestimm-
ten Strecken zu fahren, sei die Einrichtung von Leitpfostenzählgeräten und Dialog-Displays. Er danke dem Ministerium, dass
diese Instrumente zum Einsatz kämen.
Ein Abgeordneter der CDU führte aus, mit Blick auf die Themenstellung des Antrags „Motorradlärm in Tourismuslandschaften“ halte er die Stellungnahme der Landesregierung für wenig
aussagekräftig. Er teile die Auffassung seines Vorredners, dass
die Lärmemission von Motorrädern nicht ausschließlich mit der
Geschwindigkeit, sondern auch mit der Motorstärke und den Anfahrvorgängen zusammenhänge. Es sollte nach differenzierten
Maßnahmen gesucht werden, um der angesprochenen Problematik Herr zu werden. Ihn interessiere, welche Zusammenhänge
es hierbei mit der Straßenverkehrsordnung bzw. den vom Bund
zu treffenden Vorgaben gebe.
Er halte wenig davon, die Zulassung europaweit auf den Prüfstand zu stellen, denn auch dadurch werde das Problem derzeit
nicht in der Tiefe gelöst. Er bitte um Auskunft, welche Erfahrungswerte der Landesregierung zu der Problematik vorlägen
und welche Maßnahmen aktuell geplant oder in Umsetzung seien, um der Problematik zu begegnen.
Die Staatssekretärin im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur legte dar, als Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung erhalte sie aus verschiedenen Regionen Baden-Württembergs zahlreiche Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern, aber
auch von Erholungssuchenden über Motorradlärm.
Eine wichtige Maßnahme, um dem Problem zu begegnen, sei aus
ihrer Sicht eine Änderung von Regeln, insbesondere der in die
europarechtliche Zuständigkeit fallenden Regelungen für die Zulassung von Motorrädern. Baden-Württemberg habe im Jahr
2012 eine Bundesratsinitiative eingebracht mit dem Begehr, der
Bund möge sich bei der EU dafür einsetzen, dass bei der Überarbeitung der entsprechenden Vorschriften ambitioniertere Regelungen festgelegt würden.
Um die Debatte voranzubringen, sei im Mai 2015 in Lahr eine
Veranstaltung durchgeführt worden, in der das neue Messverfahren, das ab 1. Januar 2016 auf EU-Ebene gelte, vorgeführt worden und mit Fachleuten von der Bundesebene diskutiert worden
sei. Ein wesentliches Problem bei diesem Verfahren sei aus Sicht
der Landesregierung, dass die Motorräder nur in einem sehr
engen Prüfzyklus einen bestimmten Lärmwert einhalten müssten.
Nicht abgebildet werde dabei, dass die Motorräder in der Realität
mit ganz anderen Geschwindigkeiten und in anderen Gängen gefahren würden. Hier sei wohl kurzfristig keine Abhilfe zu erreichen, weil dieses Problem in einigen EU-Mitgliedstaaten so
nicht wahrgenommen werde.
Grundsätzlich dürfe mit zugelassenen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen gefahren werden. Nur bei Verstößen wie etwa zu
schnellem Fahren oder manipulierten Fahrzeugen könnten
straßenverkehrsrechtliche Sanktionen verhängt werden. Nach ihrer Erfahrung biete jedoch die Straßenverkehrsordnung, was die
Anordnung verkehrsrechtlicher Maßnahmen angehe, nicht allzu
viele Möglichkeiten, um gegen Motorradlärm vorzugehen. Es
gebe hohe Hürden, aus Lärmschutzgründen Anordnungen zu
treffen. Die immer wieder diskutierten Streckensperrungen führten in der Regel nur dazu, dass der Motorradverkehr auf andere
Strecken ausweiche.
Auf Landesebene werde an einer Weiterentwicklung von technischen Maßnahmen gearbeitet. Schon seit Längerem würden in
Baden-Württemberg Leitpfostenzählgeräte zur Verkehrszählung
eingesetzt. Seit einigen Jahren werde daran gearbeitet, diese so
27
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
auszustatten, dass damit auch Lärmmessungen durchgeführt werden könnten. Hierzu sei ein Modellversuch im Südschwarzwald
durchgeführt worden. Die Technik sei aber noch nicht ausgereift.
Das Ministerium befinde sich mit dem Hersteller darüber im Gespräch, wie dieser sicherstellen könne, dass die Messwerte valide
seien. Angestrebt werde, die Geräte auch im Bereich des Verkehrsmonitorings einzusetzen, um Erkenntnisse über besonders
belastete Strecken zu gewinnen und dort gezielte Kontrollen anzusetzen.
Geplant sei die Anschaffung von zwei Dialog-Display-Geräten
für den Motorradverkehr zur modellhaften Erprobung in zwei
Kommunen.
Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung
nutzten das MVI und das Innenministerium, auch im Gespräch
mit Motorradverbänden, alle Möglichkeiten, um für das Thema
Lärm zu sensibilisieren. Die Lärmbelastung hänge mit den Motorradmodellen und mit der Fahrweise zusammen. Daher sei es
wichtig, den Motorradfahrerinnen und -fahrern zu vermitteln,
dass hier eine gewisse Rücksichtnahme auf andere Personen zu
erfolgen habe.
Es sei ihr Wunsch als Lärmschutzbeauftragte, dass an den Stellen, an denen viele Motorradfahrer unterwegs seien und es Lärmprobleme gebe, gut und intensiv kontrolliert werde. Es sei jedoch
nicht einfach, Motorradlärm zu kontrollieren und zu ahnden, was
auch mit den erwähnten Zulassungsvorschriften zusammenhänge. Sie erhoffe sich, durch die neuen EU-Zulassungsvorschriften
einen Schritt bei der „Vorbeifahrtmessung light“ voranzukommen. Hierzu gebe es Entwicklungen bei der Bundesanstalt für
Straßenwesen.
Ein Vertreter des Innenministeriums teilte mit, die Reduzierung
der Verkehrsunfälle und der Verkehrstoten sei im Verkehrssicherheitskonzept des Innenministeriums und des Verkehrsministeriums festgeschrieben. Motorradunfälle seien hierbei ein
deutliches Problemfeld.
Das Innenministerium habe die nachgeordneten Behörden angehalten, die Kontrollmaßnahmen im Motorradbereich zu intensivieren. Dies werde auch umgesetzt. Es würden vermehrt Anhaltekontrollen durchgeführt, um gleich belehrende Gespräche
durchführen zu können. Im Rahmen dieser Anhaltekontrollen
würden die Motorräder ganzheitlich kontrolliert. Dabei werde
auch geprüft, inwieweit die Motorräder zulassungsrechtlich in
Ordnung seien. Wenn entsprechende Verstöße festgestellt würden, würden Gutachten erstellt und die Delikte geahndet.
Zum Einsatz kämen auch Videomotorräder, verstärkt auch im Kinzigtal. Das Polizeipräsidium Offenburg habe im laufenden Jahr eine neue Konzeption für Motorradkontrollen auf den Weg gebracht, im Rahmen derer auch Videokräder zum Einsatz kämen.
Die baden-württembergische Polizei verfüge derzeit über acht
Videomotorräder. Diese kämen auch auf Strecken im Kinzigtal
und in den Bereichen Heilbronn und Waiblingen zum Einsatz.
Hierbei handle es sich um zivile Motorräder, mit deren Hilfe gravierende Verstöße verfolgt und geahndet würden.
Einvernehmlich beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6812 für erledigt zu erklären.
01. 09. 2015
Berichterstatter:
Dr. Rapp
28
15. Zu dem Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur – Drucksache
15/6851
– Auswirkungen der Einigung über die Bauausführung der Variante „Drittes Gleis“ im Filderbahnhof
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP
– Drucksache 15/6851 – für erledigt zu erklären.
01. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Tschenk
Köberle
Bericht
Der Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur beriet den Antrag
Drucksache 15/6851 in seiner 34. Sitzung am 1. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags brachte vor, die Antragsteller
interessiere, wie sich die gefundene Einigung zu der Bauausführung der Variante „Drittes Gleis“ im Filderbahnhof darstelle.
Die Ausführungen in der Stellungnahme zu den Ziffern 5 bis 8
des Antrags seien aus seiner Sicht nicht auskömmlich. Sollte dies
in der heutigen Beratung nicht noch näher erläutert werden, bitte
er, den Antrag noch nicht für erledigt zu erklären.
Vereinbart worden sei, dass sich das Land über die Bestellung
von Mehrverkehren im Umfang von 30 Millionen € beteiligen
werde. Ihn interessiere, wie die Betriebssimulation für die Finanzierungsvereinbarung durchgeführt werden solle und um welche
Laufzeit es gehe.
In dem Antrag werde ausdrücklich danach gefragt, in welcher Höhe
das Land bei sofortiger Begleichung seines Mitfinanzierungsanteils
eine Abzinsung seitens der Bahn erhalten würde. Ein solches Vorgehen sei durchaus üblich und würde dem Land wahrscheinlich einiges an Zinskosten und Bürokratie ersparen. Hingegen würde bei
der vorgesehenen Finanzierungsweise ein Stück weit etwas „vermauschelt“, weil der Landesverkehrsminister nicht sagen wolle,
dass sich das Land an der Maßnahme finanziell beteilige.
Unbeantwortet sei die Frage, inwieweit es sich bei den vom Land
zu bestellenden zusätzlichen Verkehren um Mehrverkehre handle, die tatsächlich benötigt würden.
Die Konzeption für den Bahnhof Stuttgart-Vaihingen, im Rahmen derer sich das Land im Umfang von einigen Millionen Euro
am Ausbau beteilige, sei bisher nicht transparent. Er habe den
Eindruck, das Land versuche, über diesen Umweg den Bahnhof
Stuttgart-Vaihingen dauerhaft zu realisieren. Gleichzeitig werde
aber auf die Prüfung von Nutzungsoptionen verwiesen.
Die vorgesehene Kompromisslösung scheine ihm dem Umstand
geschuldet, dass sich die Fraktion der Grünen mit dem Projekt
Stuttgart 21 sehr schwertue und gegenüber der Öffentlichkeit
darzustellen versuche, dass sich das Land an dem Projekt nicht
weiter beteilige.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
Ein Abgeordneter der CDU richtete die Frage an den Landesverkehrsminister, zu welchen konkreten Mehrverkehren in Form
von „roten Zügen“ auf der Gäubahn die in der Stellungnahme erwähnten zu bestellenden Mehrverkehre im Umfang von 30 Millionen € führten.
Ferner erkundigte er sich nach dem aktuellen Stand des Vergabeverfahrens zur Gäubahn, zu dem laut Vergabeplan im Herbst
2014 die Ausschreibung erfolgt sei.
Er bemerkte, ein auf Dauer ausgelegter Vollausbau des Bahnhofs
Stuttgart-Vaihingen mache vor allem dann Sinn, wenn eine darüber hinausgehende Anbindung an den Hauptbahnhof Stuttgart erfolge. Ihn interessiere, wie konkret die bestehenden Planungen
hinsichtlich der Panoramastrecke zwischen Stuttgart-Vaihingen
und Stuttgart-Hauptbahnhof seien und welche Planungen es hierzu im Rahmen von Stuttgart 21 gebe.
Ein Abgeordneter der Grünen führte aus, bei der Bestellung von
Mehrverkehren im Volumen von 30 Millionen € durch das Land
handle es sich nicht um eine Kofinanzierung des dritten Gleises
an der Station Terminal, sondern um die Bestellung einer dringend notwendigen Ausweitung der Verkehrsleistungen durch die
Einführung von halbstündlich anstatt der bisher stündlich verkehrenden Expresslinien.
Die Verwirklichung des dritten Gleises an der Station Terminal
sowie der Rohrer Kurve werde in der Stadt Stuttgart und der Region über alle Parteien hinweg einhellig begrüßt, weil dies zur
Beseitigung einer wesentlichen Beeinträchtigung des S-BahnVerkehrs führe.
Bei der von den Antragstellern gestreuten Befürchtung, die Landesregierung plane, im Zusammenhang mit Stuttgart 21 vertraglich vereinbarte Linienführungen über den Filderbahnhof als obsolet zu erachten, handle es sich um eine „Verschwörungstheorie“, die einer Realitätsprüfung nicht standhalte. Die Finanzierungsverträge könnten nur im Einvernehmen mit allen Projektpartnern aufgelöst werden.
Stuttgart-Vaihingen habe ca. 45 000 Einwohner und sei Standort
einer Universität, des Regierungspräsidiums sowie eines Gewerbegebiets mit insgesamt über 30 000 Arbeitsplätzen. Das angrenzende Gewerbegebiet in Möhringen umfasse ebenfalls über 30 000
Arbeitsplätze. Diese Bereiche würden derzeit zum weit überwiegenden Teil mit dem Auto angefahren, was zu einem täglichen Verkehrschaos in der betroffenen Region führe. Aus diesem Grund werde die Einrichtung eines Regionalhalts parteiübergreifend begrüßt. Zudem sei es sinnvoll, den dortigen Verkehrsknotenpunkt von zahlreichen S-Bahn-, U-Bahn- und Buslinien mit einem Regionalhalt zu verknüpfen.
Ein Abgeordneter der SPD äußerte, unbestritten sei, dass der Regionalhalt so lange in Betrieb sein werde, bis Stuttgart 21 vollständig gebaut sei.
Die Bahn habe die Ansicht vertreten, dass die von Zürich kommende Zugverbindung über die Gäubahn bis nach Nürnberg geführt werden solle. Eine solche durchgängige Linie sei als sinnvoll zu beurteilen.
sei nicht absehbar, ob es durch den Ausbau des dritten Gleises zu
zeitlichen Verschiebungen komme. Es lohne sich nicht, aktuell
einen Streit über die weitere Nutzung des Regionalhalts zu
führen. Es werde zu überlegen sein, wofür der Regionalhalt anschließend verwendet werden solle und wie die bisherigen Zugverbindungen künftig verkehren sollten.
Der Minister für Verkehr und Infrastruktur legte dar, die Begründung für den Finanzierungsbeitrag des Landes in Höhe von
30 Millionen € sei, dass es durch den Ausbau des dritten Gleises
ermöglicht werde, auf der betreffenden Strecke in halbstündlicher Vertaktung einen Metropolexpress verkehren zu lassen,
was im Interesse des Landes liege.
Eine Schwierigkeit liege darin, dass das Trassenpreissystem, von
dem das Land zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Finanzierungsbeitrags ausgegangen sei, künftig voraussichtlich nicht
mehr gelten werde und derzeit nicht absehbar sei, welche Trassenpreise dann gälten. Das Land werde daher mit der Bahn ein
Äquivalent für die finanztechnische Abwicklung errechnen.
Das Land habe sich mit der Bahn auf eine Konstruktion verständigt, bei der das Land für Stuttgart 21 nur dann einen höheren
Beitrag leiste, wenn dafür eine Mehrleistung erbracht werde, und
die Bahn im Gegenzug eine Bestellung, die das Land anderweitig
nicht gemacht hätte, als Investition des Landes in die Infrastruktur akzeptiere. Die Bahn selbst beteilige sich an der Maßnahme
mit 30 Millionen € und die Region Stuttgart mit 20 Millionen €.
Die Landesregierung habe offen gesagt, dass sie den Umsteigehalt in Stuttgart-Vaihingen schon jetzt für sinnvoll halte. Die
Bahn habe diesem Halt letztlich deswegen zugestimmt, weil die
Inbetriebnahme von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke mit dem
Bau des dritten Gleises und dem Umbau des Filderbahnhofs um
mindestens zwei Jahre zeitlich versetzt werde, sodass mindestens
für eine Zeit von acht bis zehn Jahren die Panoramastrecke und
der Vaihinger Bahnhof genutzt werden könnten. In der Phase
zwischen der Fertigstellung von Stuttgart 21 und der Fertigstellung des dritten Gleises sei die Bahn darauf angewiesen, dass
diese Strecke noch bedient werde, weil sie sonst die von der
Gäubahn kommenden Züge nicht anbinden könne.
Zu den von dem Moderator des Vermittlungsverfahrens festgehaltenen Punkten, die zu einem Konsens geführt hätten, gehöre
u. a., dass die Gäubahn dort, wo sie Panoramabahn bezeichnet
werde, offen gehalten werden müsse und nicht zugebaut werden
dürfe. Eigentümer dieser Strecke sei nicht mehr die Deutsche
Bahn, sondern die Stadt Stuttgart. Insofern obliege die Entscheidung letztlich der Stadt Stuttgart. Allerdings sei darauf zu verweisen, dass alle Projektbeteiligten, auch die Deutsche Bahn, erklärt
hätten, dass sie den Schlichterspruch akzeptierten und umsetzten.
Alle Beteiligten seien gefordert, eine Konzeption für eine sinnvolle Nutzung der betreffenden Strecke zu entwickeln. Eine
Möglichkeit wäre z. B., die Strecke Richtung Feuerbach weiterzuführen und als Tangentialzugverbindung zu nutzen.
Auch die Bahn habe ein großes Interesse daran, dass die Strecke
offen bleibe, um sie im Falle einer Blockierung des S-Bahn- oder
des Fildertunnels als Ausweichstrecke nutzen zu können.
Bisher gebe es keine Vereinbarung, wonach der Regionalhalt
weiter bestehen solle und dann möglicherweise die Gäubahntrasse bis an den Hauptbahnhof geführt würde; hierfür wären entsprechende Baumaßnahmen erforderlich.
Insgesamt seien alle Beteiligten, auch die SSB und der Verband
Region Stuttgart, interessiert, eine sinnvolle Lösung für die
Strecke zu finden. Hierzu würden in der nächsten Zeit noch Gespräche geführt.
Es wäre mit einer erheblichen Störung des Schienenverkehrs zu
rechnen, wenn der Regionalhalt nicht eingerichtet würde. Derzeit
Der bereits genannte Abgeordnete der CDU merkte an, im Wesentlichen habe der Minister die gestellten Fragen nicht beant-
29
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
wortet, z. B. was das Ausschreibungsverfahren zur Gäubahn anbetreffe und die Frage, welche Mehrverkehre an „roten Zügen“
auf der Gäubahn durch die Zubestellungen zustande kämen.
Vorgesehen sei im Integrationskonzept auf der Strecke Stuttgart–
Zürich ab 2017 ein Stundentakt mit Öffnung für Nahverkehrskunden sowie im Zielkonzept 2025 ein Halbstundentakt auf der Gäubahn bis Rottweil durch die Metropolexpresszüge. Hierzu habe er
die konkrete Frage, ob das MVI beabsichtige, die ICs, die für
Nahverkehrskunden geöffnet werden sollten, in die Metropolexpresszüge zu integrieren, sodass real kaum ein weiterer Zug auf
der Strecke fahren werde, das Land allerdings mit 30 Millionen €
den IC-Betrieb der Bahn auf der Gäubahn finanziere.
Wenn es im Interesse der Bahn liege, den Bahnhof Stuttgart-Vaihingen auszubauen, und die Bahn diesen Bahnhof zumindest
übergangsweise benötige, sei fraglich, warum das Land nicht
darauf bestehe, dass die Bahn den Ausbau dieses Bahnhofs auch
bezahle.
Ferner stelle sich die Frage, wie sinnvoll es sei, einen Bahnhof
für den Dauerbetrieb für den Regional- und Fernverkehr voll
auszubauen, wenn nicht absehbar sei, ob ab Inbetriebnahme des
dritten Gleises diese Strecke, die sich im Eigentum der Stadt
Stuttgart befinde, noch betrieben werden könne. Zu überlegen
wäre, ob es sinnvoll sei, mit der Bahn und der Stadt Stuttgart darüber zu sprechen, ob eine Rückabwicklung des Kaufs angedacht
sei und die Bahn bereit sei, diese Strecke grundsätzlich weiter zu
betreiben, bevor das Land 10 Millionen € in den Ausbau des
Bahnhofs investiere.
Der Erstunterzeichner des Antrags äußerte, der Minister selbst
habe auf die Komplexität der Finanzierung und die Schwierigkeit
aufgrund der Veränderung der Trassenpreise hingewiesen. Nicht
beantwortet sei die Frage, auf wie viele Jahre die Vergütung der
Bahn durch das Land ausgelegt sei und ob das MVI es nicht für
sinnvoll halte, der Bahn sofort einen abgezinsten Einmalbetrag
zu zahlen, um somit Zinszahlungen und Verwaltungsaufwand zu
sparen. Es wäre dringend geboten, einmal das Gespräch mit der
Bahn hierüber zu suchen.
Der bereits genannte Abgeordnete der Grünen bemerkte, verwunderlich sei, dass die CDU bei der Rheintalbahn eine möglichst hohe Finanzierungsbeteiligung des Landes wolle, während
sie bei der Gäubahn einen Finanzierungsbeitrag des Landes kritisiere.
Er habe bereits in seinem vorherigen Wortbeitrag deutlich gemacht, dass beim Bahnhof Stuttgart-Vaihingen aus verkehrlichen
Gründen ein erhebliches Interesse und ein erheblicher Handlungsdruck für die Stadt Stuttgart und das Land bestehe.
Ein noch nicht genannter Abgeordneter der SPD betonte, der Minister für Verkehr und Infrastruktur halte sich an den vom Landtag beschlossenen Kostendeckel bei Stuttgart 21. Wenn die Opposition wünsche, dass das Land hierfür mehr Geld bereitstelle,
müsse sie einen entsprechenden Antrag stellen.
Die Lösung, die von dem Abgeordneten der CDU hinterfragt
worden sei, werde von der CDU im Verband Region Stuttgart
befürwortet. Da für etliche Jahre ein Regionalhalt in StuttgartVaihingen benötigt werde, müsse auch ein angemessener Ausbau
stattfinden. Auch die Errichtung eines Provisoriums wäre mit erheblichen Kosten verbunden. Die CDU sollte nicht suggerieren,
dass bei dem vereinbarten Vorgehen etwas „nicht sauber gelaufen“ sei. Es sei unzutreffend, dass am Ende ein Vakuum zu befürchten wäre. Es sei klar, dass das dritte Gleis gebaut werden
30
könne. Hierfür seien Mehraufwendungen an anderer Stelle notwendig. Diese würden von der SPD-Fraktion mitgetragen.
Der Minister für Verkehr und Infrastruktur trug vor, bei dem
Bahnhalt in Stuttgart-Vaihingen handle es sich um einen Nahverkehrshalt, bei dem das Land ein Interesse an einer verbesserten
Nutzung habe. Die Bahn hingegen habe jedoch nur ein Interesse
an einem Ausbau der Infrastruktur für den Fernverkehr.
Es gehe nicht um einen vollständigen Ausbau des Bahnhofs in
Stuttgart-Vaihingen. Hierfür wären ganz andere Summen erforderlich als für die geplante Schaffung eines Haltepunkts für Regionalzüge, die auch schon mit beträchtlichen Kosten einhergehe. Das Landesinteresse liege hierbei in der Ermöglichung einer
verkehrlichen Kombination mit Nahverkehrszügen.
Das Ministerium verfüge über kompetente Mitarbeiter, die die
erforderlichen komplizierten Berechnungen anstellen könnten
und auch in der Lage seien, mit der Bahn zu „feilschen“. Er bitte
aber um Verständnis, dass er hierzu keine Einzelheiten offenlegen könne, da sich die Partner noch in einem Verhandlungsprozess befänden.
Das Land finanziere keine Fernverkehrsleistungen, sondern habe
für eine spezielle Konstellation, bei der die Bahn Fernverkehre
aufgegeben hätte, eine Öffnung für Nahverkehrskunden erreicht.
Um dies zu ermöglichen, zahle das Land in etwa das, was die
Nahverkehrszugleistung bisher gekostet habe. Darüber hinausgehende Mehrzüge müssten zusätzlich bestellt und bezahlt werden.
Ein Vertreter des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur
fügte an, es sei nichts Ungewöhnliches, dass die Bahn Wert darauf lege, dass ein Nahverkehrsprojekt, für das sie Eigenmittel
einbringen solle, für sie wirtschaftlich sein müsse. Deshalb müssten hierfür entsprechende Mehrverkehre bestellt werden. Dies sei
beispielsweise auch bei der Südbahn und der Breisgau-S-Bahn
der Fall. Insofern sei es eine völlig normale Überlegung, für den
Fall des Baus eines dritten Gleises zur Ermöglichung eines Halbstundentakts Mehrbestellungen vorzunehmen, wodurch sich das
Projekt rentiere. Dies sei bei dem bestehenden Finanzierungssystem mit dem Land als Aufgabenträger des SPNV nichts Außergewöhnliches. Für die Finanzierung der 30 Millionen € werde
sich eine einfache Lösung finden lassen, die sich auf den Jahreskilometerpreis beziehe.
Die laufende Ausschreibung zur Gäubahn erfolge getrennt für
die Netze 3 a und 3 b. Angestrebt werde ein schneller Abschluss,
damit bereits 2017 Neufahrzeuge auf der Murrbahn verkehrten.
In dieser Ausschreibung seien die Verdichterleistungen nicht enthalten. Denn der Halbstundentakt solle erst nach Fertigstellung
von Stuttgart 21, des dritten Gleises und des Gäubahnanschlusses
eingeführt werden und sei somit Gegenstand der Folgeausschreibung. Das jetzige Integrationskonzept zwischen Land und DB
laufe bis 2026. Über die neue Situation werde dann zu sprechen
sein. Der Halbstundentakt werde dann Teil der IC-Leistungen in
einem Gesamtpaket sein.
Der bereits genannte Abgeordnete der CDU bemerkte, zum einen
beabsichtige die Bahn, ab 2017 den IC im Stundentakt auf der
Gäubahn fahren zu lassen, zum anderen sehe das Land dem Zielkonzept 2025 vor, im Halbstundentakt Nahverkehrszüge – Metropolexpresszüge genannt – fahren zu lassen. Den Ausführungen des Ministers entnehme er, dass die vom Land zu zahlenden
30 Millionen € für die Nutzung des IC für Nahverkehrskunden
den Kosten der Einführung einer Metropolexpressverbindung
entsprächen. Er bitte um Klarstellung, ob auf der Strecke überhaupt kein Mehrverkehr stattfinden werde, sondern die Ein-
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7534
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
führung des Stundentakts der IC-Verbindung seitens des Landes
mit 30 Millionen € bezuschusst werde.
Ferner bitte er um Auskunft, ob der Finanzierungsbeitrag des
Landes Baden-Württemberg für den Bahnhof Stuttgart-Vaihingen über das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz abgewickelt und somit letztlich von den Kommunen gezahlt werde.
Ein noch nicht genannter Abgeordneter der Grünen hob hervor,
durch den Bau des dritten Gleises werde die Infrastruktur im Filderbereich verbessert, sodass mehr Züge in diesem Bereich fahren könnten. Durch die zusätzlichen Zugverbindungen erhalte die
DB Netz zusätzliche Trassen- und Stationseinnahmen. Der hierfür veranschlagte Betrag werde angesetzt, um den Bau des dritten Gleises zu finanzieren. Auch bei vielen anderen Projekten
werde der Effekt einer verbesserten Infrastruktur eingerechnet.
Seine Fraktion begrüße dies, weil es den Fahrgästen in BadenWürttemberg zugutekomme.
Durch die verbesserte Infrastruktur bei der Gäubahn sei ein
Halbstundentakt im Nahverkehr Richtung Bondorf sichergestellt.
Dies wäre ohne die Errichtung des dritten Gleises nicht möglich.
Der Minister für Verkehr und Infrastruktur wies darauf hin, das
dritte Gleis sei erst zu einem späteren Zeitpunkt funktionsfähig;
erst dann könnten die vom Land zu bestellenden Züge dort verkehren.
Die Bahn habe mit dem Land ein Integrationskonzept bis 2026
abgeschlossen, um sicherzugehen, dass Stuttgart 21 bis dahin
wirklich fertiggestellt sei.
Der bereits genannte Vertreter des Ministeriums für Verkehr und
Infrastruktur ergänzte, Referenzpunkt sei das Angebotskonzept
2020, in dem eine Leistung pro Stunde für den angesprochenen
Bereich geplant sei. Der nunmehr vorgesehene Halbstundentakt
bedeute eine Verdopplung der Leistung, die nach Realisierung
der benötigten Infrastruktur zum Tragen komme.
Einvernehmlich beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6851 für erledigt zu erklären.
09. 09. 2015
Berichterstatter:
Tschenk
16. Zu dem Antrag der Abg. Thaddäus Kunzmann
u. a. CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur – Drucksache
15/6915
– Die Landesverkehrswacht als wichtiger Partner
bei der Verkehrserziehung und der Verkehrssicherheit
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Thaddäus Kunzmann u. a. CDU
– Drucksache 15/6915 – für erledigt zu erklären.
01. 07. 2015
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Raufelder
Köberle
Bericht
Der Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur beriet den Antrag
Drucksache 15/6915 in seiner 34. Sitzung am 1. Juli 2015.
Der Erstunterzeichner des Antrags brachte vor, die Entwicklung
der Zahl der bei Verkehrsunfällen verunglückten Personen in Baden-Württemberg sei in der Stellungnahme zu dem vorliegenden
Antrag dargestellt. Das Verkehrssicherheitskonzept des Landes,
welches zu der laufenden Beratung nochmals ausgeteilt worden
sei, sei inzwischen etwa zwei Jahre alt. Hinsichtlich der Erreichung der Zielsetzung, die Zahl der bei Verkehrsunfällen
getöteten bzw. schwer verletzten Personen bis zum Jahr 2020 um
40 % zu reduzieren, seien die Anstrengungen noch nicht weit genug gediehen. Er bitte den Minister für Verkehr und Infrastruktur, konkret darzustellen, wie dieses Ziel erreicht werden solle.
Ferner interessiere ihn, inwieweit die Landesregierung die Landesverkehrswacht in ihre Planungen zur Verkehrssicherheit einbinde.
Ein Abgeordneter der Grünen äußerte, seine Fraktion begrüße
ausdrücklich, dass die Landesregierung ein ganzheitliches Konzept zur Verkehrssicherheit vorgelegt habe. Es sei sehr wichtig,
bei der Infrastruktur- und Verkehrspolitik die Sicherheit der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer zu berücksichtigen.
Zu begrüßen sei, dass das MVI mit der Verkehrswacht und anderen Organisationen im Bereich der Verkehrssicherheit kooperiere und ein enges Netzwerk bilde. Die Fortbildungsangebote
der Verkehrswacht würden sehr stark nachgefragt.
Die Fraktion GRÜNE könne den Minister nur bestärken, seine
Politik im Bereich der Verkehrssicherheit fortzuführen.
Der Minister für Verkehr und Infrastruktur teilte mit, der Landesregierung sei die Kooperation mit der Landesverkehrswacht sehr
wichtig. Das Verkehrssicherheitskonzept lasse sich nur gemeinsam mit solchen Partnerorganisationen realisieren, die einen direkten Zugang hätten und das Ziel der Verkehrssicherheit vielfach auch ehrenamtlich verfolgten.
Das MVI habe die Förderung der Landesverkehrswacht in den
vergangenen Jahren erhöht. Für das Jahr 2015 seien hierfür eine
institutionelle Förderung von 150 000 € sowie eine Projektförde-
31
Landtag von Baden-Württemberg
Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur
rung von 50 000 € etatisiert. Im Jahr 2014 sei die institutionelle
Förderung von 150 000 € einmalig um 20 000 € erhöht worden,
um die Anschaffung eines Einsatzfahrzeugs zu bezuschussen.
Darüber hinaus arbeite das Land bei Verkehrssicherheitsmaßnahmen noch mit weiteren Organisationen zusammen, etwa mit dem
ADAC, der Fahrsicherheitstrainings anbiete, oder mit dem Landesseniorenrat. Erklärtes Ziel sei, gemeinsam mit diesen Partnern
in der nächsten Zeit noch mehr und intensiver die Angebote zu
kommunizieren. Denn entgegen der Annahme, dass die Angebote in diesem Bereich nicht ausreichten, sei festgestellt worden,
dass es mehr Angebote und Möglichkeiten gebe, als tatsächlich
nachgefragt würden, weil diese Angebote und Möglichkeiten
nicht ausreichend bekannt seien. Deswegen sei es wichtig, die
Maßnahmen stärker bekannt zu machen.
Die Landesregierung habe ein umfassendes integrales Verkehrssicherheitskonzept mit über 90 Maßnahmen entwickelt, an dem
vier Ministerien und die Polizei beteiligt seien, zu dem es klare
Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten gebe und zu dem einmal jährlich im Kabinett berichtet werde und unter den Beteiligten jährlich rapportiert werde, um die Wirkung und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Trotz alledem sei es im
vergangenen Jahr nicht zu dem angestrebten Rückgang der Zahl
der Verkehrstoten gekommen. Diese unbefriedigende Entwicklung zeige, dass weiterhin hart an der Erreichung des Ziels gearbeitet werden müsse.
Es gebe einige Faktoren, die sich sehr stark auf die Unfallstatistiken auswirkten, die jedoch nicht beeinflusst werden könnten.
So sei die Zahl der tödlichen Motorradunfälle sehr stark vom
Wetter abhängig, welches sich wiederum auf die Dauer der Motorradsaison auswirke.
Auch bei Betrachtung des längerfristigen Trends sei der Pfad zu
einer Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten um 40 % noch
nicht erreicht. Umso mehr sei es erforderlich, weitere Anstrengungen zu unternehmen. Hierzu gehöre seines Erachtens auch
die systematische Kontrolle der Verkehrsteilnehmer. Denn die
mit Abstand größte Ursache von Verkehrsunfällen sei überhöhte
bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit. Die Polizei wolle daher
den Kontrolldruck in diesem Bereich erhöhen. Zudem werde
eine Kampagne für vorsichtiges und rücksichtsvolles Fahren
durchgeführt. Die Schaffung einer Bewusstseinsbildung und
Sensibilisierung in diesem Bereich sei eine langwierige Aufgabe,
die mit viel Geduld umgesetzt werden müsse.
Einvernehmlich beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag Drucksache 15/6915 für erledigt zu erklären.
01. 09. 2015
Berichterstatter:
Raufelder
32
Drucksache 15 / 7534