E I N S TA DT M AGA Z I N P WE LOVE WELS C All the leaves are brown All the leaves are brown and the sky is grey ... Bevor der Winter kommt, wünschen wir rasch noch einen schönen Spätherbst. LIEBE ALLE! Bereits zum elften Mal erscheint das REIZEND! Stadtmagazin, nach wie vor mit dem Anspruch qualitative Medienarbeit zu leisten. Wie die Sprache mancher Medien dazu beiträgt, wer Gehör findet, wer Freund und wer Feind ist - dieser Frage widmet sich Sebastian Achleitner in der „Bratpfanne“ anhand der Flüchtlingskrise und der Berichterstattung darüber. Die Sprache prägt die Politik, denn wenn Fluchtbewegungen ausschließlich als Sicherheitsproblem diskutiert werden, darf es niemanden verwundern, wenn sich die Lösungsvorschläge der Innenministerin auf den Kampf gegen eine „Schleppermafia“ und die Errichtung einer „Festung Europa“ beschränken. Die Schüler*Innen des Journalismus-Zweigs der Welser Handelsakademie versuchen dieser martialischen Stimmung mit Fakten entgegen zu wirken. Ihre Reportage finden Sie auf der Seite 6. Im Interview auf Seite 10 spricht die ORF-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder aus, was manche nicht wahrhaben wollen: Für die mitteleuropäischen Staaten ist es nicht mehr möglich, die Flüchtlingsbewegungen zu einem Problem ausschließlich jener Mitgliedsländer mit EU-Außengrenze zu machen. Das Fortsetzen der Politik der Ignoranz wird zu humanitären Katastrophen vor den eigenen Grenzen führen. Wenn die Reaktion darauf Gleichgültigkeit ist, ist das die vielleicht größte Gefahr für „westliche Werte“. „Von diesem Mehrheits-Österreicher*Innen-Ding wegzukommen“, formuliert es Birgit Michlmayr vom queer-feministischen Musiklabel „unrecords“. Letzteres war Anfang Oktober im Alten Schl8hof zu Gast. Im Interview auf Seite 12 sprechen die Betreiberinnen über Musik, Politik und Menschen. Und auch die Literatur kommt nicht zu kurz in dieser Ausgabe: passend zum Herbst lädt Valerie Fritschs Roman „Winters Garten“ dazu ein, es sich zu Hause gemütlich zu machen und über unseren Wunsch nach einem idyllischen Zuhause nachzudenken. Ein Wunsch den wir alle nachvollziehen können, der jedoch nicht auf dem Rücken derer realisiert werden darf, deren Zuhause zerstört wurde. Das Beste wünschen Eure Leute von REIZEND! INHALT 3 ZIVILCOURAGE Kommentar von Eva Helm. 4 JUNGE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR Rezension: Winters Garten 5 GEWALT GEGEN FRAUEN UND DIE WUT Infos aus dem Büro für Frauen, Gleichbehandlung und Integration. LITERATURTIPPS Von Bianca Angerer. 6-7 (K)EINE EINFACHE FRAGE | WÜRDEST DU FLIEHEN? Gastreportage der SchülerInnen des Journalismuszweigs der HAK I Wels 8-9 16 TAGE GEGEN GEWALT Reportage AÖF - autonome österreichische Frauenhäuser. Titelseite Foto ELKE OBERLEITNER Text aus California Dreaming. Album: If You Can Believe Your Eyes and Ears. 1966. The Mamas & The Papas. RECHTLICHER MINIGUIDE: EIN NEIN MUSS GENÜGEN Von Katharina Gusenleitner. 10 - 11 DIE MENSCHLICHKEIT IN DEN VORDERGRUND STELLEN. Interview mit Mathilde Schwabeneder. Von Daniela Nöhmeyer. WELS HILFT. Von Andrea Bauer und Andrea Schwaiger. RECHTLICHER MINIGUIDE: DIE ISTANBUL KONVENTION Von Katharina Gusenleitner. 12 WOMEN OF THE WORLD - TAKE OVER Von Tamara Imlinger 13 BRATPFANNE Kommentar von Sebastian Achleitner. IMPRESSUM MEDIENINHABER & HERAUSGEBER / Magistrat der Stadt Wels. PROJEKTENTWICKLUNG und PROJEKTLEITUNG / REIZEND! Verein zur Vermittlung soziokultureller Medienprojekte. 4600 Wels. www.reizend.or.at. In Kooperation mit dem Büro für Frauen, Gleichbehandlung und Integration. LEKTORAT / Bianca Angerer. GRAFIK DESIGN / Andrea Bauer. DRUCK / Landesverlag Druckservice GesmbH. 2015. 2 ZIVILCOURAGE ODER: MUT IST NICHT DAS FEHLEN VON ANGST, SONDERN DIE STÄRKE TROTZDEM ZU HANDELN. In einer Zeit, in der wir uns schon sehr an brutale Bilder, das Schlechtreden von Menschengruppen, die Diskriminierung von vielen gewöhnt haben, das Abgestumpftsein überhand nimmt — hat heutzutage Zivilcourage noch einen Platz? Gerade jetzt, wo soziales Handeln immer mehr an Bedeutung zu verlieren scheint, müssen wir Verantwortung übernehmen, hinschauen und eingreifen, statt wegschauen. Wir wollen eintreten für alle, die aufgrund ihrer Sprache, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung, oder was auch immer einen Grund liefern könnte, einem Angriff auf ihre Menschenwürde ausgesetzt sind. Der Mitschüler wird gemobbt, die Nachbarin misshandelt, MigrantInnen werden beschimpft,... Wertvorstellungen und ein gut ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden helfen uns dabei, Situationen zu erkennen, in denen zivilcouragiertes Handeln verlangt wird. Für den Einzelnen ist es immer riskant, sich einzumischen. Ein Eingreifen erfordert Mut und Überwindung und die Konsequenzen sind selten in ihrem vollem Umfang abschätzbar. Vom Imageverlust bis zum Selbst-in-Bedrängnisgeraten ist für den Handelnden alles drin, ein Erfolg wird nicht garantiert und der Ausgang bleibt ungewiss. Auch gibt es kein Rezept für Zivilcourage, nach dem man vorgehen könnte. In dem Moment, in dem wir uns für ein Eingreifen entscheiden, entscheiden wir uns intuitiv und spontan auch dafür, wie wir eingreifen. Im Nachhinein weiß man aber oft besser, was man hätte sagen oder tun können. Diese Tatsache hilft uns dabei, Handlungsstrategien zu überdenken und neu- bzw. weiterzuentwickeln, sodass sie beim nächsten Mal in einer vergleichbaren Situation eingesetzt werden können. Auch ist es typenabhängig, auf welche Art ich mich einmische. Strategien, die für meine Freundin funktionieren, müssen nicht notwendigerweise für mich passen. Authentisches Handeln ist also gefragt, die Glaubwürdigkeit ist von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Eingreifens. Wenn wir aufmerksam durchs Leben gehen, werden wir Situationen, die zivilcouragiertes Handeln verlangen, richtig interpretieren. Zivilcourage beruht auf Freiwilligkeit. Ob und wie wir eingreifen, ist uns selbst überlassen. Ich rufe jedoch alle dazu auf, die eigenen Grenzen immer wieder neu auszuloten und mutig aktiv zu werden. 3 EVA HELM studierte an der Universität Wien Ethnologie und Spanisch und absolvierte den Hochschullehrgang für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) an der PH Linz. Sie ist verheiratet, Mutter von 3 Kindern, lebt in Wels und arbeitet hier als DaZ-Trainerin und Trainerin in der Basisbildung. Seit September 2014 ist Eva Helm als Zivilcourage-Trainerin für das Mauthausen Komittee Österreich (MKÖ) tätig. Foto: ELKE OBERLEITNER. KZ-Gedenkstätte, Dachau. 2014. Junge österreichische Literatur VALERIE FRITSCH: WINTERS GARTEN Wie lebt es sich mit dem Wissen, keine Zukunft zu haben? Der gefeierte Roman „Winters Garten“ der jungen Grazer Autorin Valerie Fritsch nimmt sich eines großen Themas an: der Suche nach einem verlorenen Paradies in einer zerfallenden Welt. Anton Winter wächst in einer Gartenkolonie im Einklang mit der Natur auf, gegründet von einem Kollektiv von Aussteiger_innen in einer Zeit, in der sich die Staaten in Auflösung befanden und die Menschen sich wieder auf die Natur rückbesannen. Kinder und Alte leben in Harmonie miteinander, während Anton und sein Bruder die prachtvolle Natur rund um ihren paradiesisch anmutenden Garten erkunden, spielt die ältere Generation Geige auf der Veranda und erzählt sich demütig Geschichten. In dieser ländlichen Idylle ist der natürliche Zyklus von Leben und Tod allgegenwärtig, dass die totgeborenen Kinder der Großmutter in Formalin eingeweckt in der Speisekammer stehen, ist nicht weiter verwunderlich. Die Kommune ist von urbaner Modernität abgeschieden, in etwas Entfernung gibt es jedoch eine Stadt am Meer, in welche einige der Bewohner_innen ihr Tagwerk verrichten. Genau in diese Stadt geht Anton nach dem Tod seiner geliebten Großmutter und lebt als Vogelzüchter zurückgezogen in einem gläsernen Kubus auf dem Dach eines Hochhauses. Anton ist inzwischen 42 Jahre alt, die Welt steht kurz vor dem Untergang, Chaos regiert die Stadt. Wilde Tiere laufen durch die Straßen, das Wetter spielt verrückt, Völkerwanderungen setzen ein, Menschen bringen sich scharenweise um oder feiern Massenhochzeiten im Angesicht des Todes, das Meer tobt. Als alles verloren scheint, findet Anton zum ersten Mal in seinem Leben die Liebe. ERSTE LIEBE VOR DEM WELTUNTERGANG Ihr Name ist Frederike, sie ist ehemalige Marineoffizierin und arbeitet jetzt tief traumatisiert von ihren Erlebnissen im städtischen Gebärhaus, denn trotz all der Verwüstungen und dem sich näherndem Ende kommen noch immer Kinder zur Welt. Im Bewusstsein, dass ihre Liebe nur von kurzer Dauer sein wird, klammern sich Anton und Frederike ebenso verzweifelt wie auch unerschütterlich aneinander, verlieren sich im jeweils anderen. Als die beiden eine Frau namens Marta kennenlernen und Frederike ihr hilft, ihr Kind auf die Welt zu bringen, erkennt Anton in deren Mann Leander seinen Bruder wieder, den er seit Jahren nicht gesehen hat. Den Untergang vor Augen kehren sie zu fünft in den Sehnsuchtsort des mittlerweile verwaisten Gartens zurück, um dort ihre letzte Zuflucht zu suchen, denn wo alles begonnen hat, soll alles enden. In der Abgeschiedenheit des Gartens sehen sie zu, wie die Welt immer mehr aus den Fugen gerät. Als Marta und Leander nach einem Abendspaziergang nicht mehr zurückkehren, bleiben Anton und Frederike mit dem Baby zurück in einer Art kleinfamiliären Idylle, wartend auf die große Apokalypse. Die genauen Umstände des Weltuntergangs bleiben offen. Fritsch konzentriert sich mit fotografischem Blick eher darauf, bildgewal- 4 tig, zärtlich und schonungslos äußere und innere Welten vor den Augen der Leser_innen entstehen zu lassen. Zu Recht wird die Autorin gerade als eines der ganz großen Nachwuchstalente der deutschsprachigen Literatur gehandelt und mit Preisen und Nominierungen überschüttet. Mit „Winters Garten“ ist ihr ein sinnlicher Endzeitroman gelungen, ähnlich einem Traum, verschwommen und unkonkret, und doch so intensiv und eindringlich, das er noch lange nachhallt. Valerie Fritsch: Winters Garten. Suhrkamp Verlag, Berlin 2015 BIANCA ANGERER geb. 1985 in Wels. Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft und Romanistik in Innsbruck und Valencia. Lebt und arbeitet in Graz. Foto ELKE OBERLEITNER GEWALT GEGEN FRAUEN UND DIE WUT Die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen sind aus dem Jahresprogramm des Büros für Frauen, Gleichbehandlung und Integration nicht wegzudenken. Ganz im Gegenteil – der Zeitraum ist Fixpunkt und wichtiger Bestandteil. Die Zeit von 25. November (Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen) bis 10. Dezember (Internationaler Tag der Menschenrechte) steht ganz im Zeichen der Aktion und Information. Hinschauen, darüber Sprechen und Handeln sind Strategien zur Annäherung an diese ernste Problematik. Gewalt an Frauen stellt eine der am häufigsten vorkommenden Menschenrechtsverletzungen weltweit dar. Sie passiert nicht nur weit weg, sondern mitten unter uns – in Europa, in Österreich, in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz, in den eigenen vier Wänden. Und trotzdem ist es so unglaublich, was sich tagtäglich in unserer Gesellschaft abspielt. Umso wichtiger ist es, aufzuklären, hinzuweisen, zu informieren und sich der Problematik menschenwürdig zu stellen – es spielt eine Rolle, wie wir miteinander umgehen. Das Büro für Frauen, Gleichbehandlung und Integration lädt zu diversen Veranstaltungen und setzt ein klares Zeichen „Gegen Gewalt an Frauen“. Am Dienstag, 24.11.2015 werden um 10.00 Uhr am Stadtplatz die Fahnen „Gegen Gewalt an Frauen“ gehisst. Zwei unterschiedliche Methoden mit Gewalt umzugehen, zeigen die Filme „Volver“ und „Öffne meine Augen“ beim Filmabend „Gegen Gewalt an Frauen“ am Donnerstag, 26.11.2015 ab 18.30 Uhr in der Arbeiterkammer Wels. Ist Wut in Ordnung, darf Wut sein? Diese Frage stellt sich die aus medial aufsehenerregenden Kriminalfällen bekannte Gerichtsgutachterin Dr.in Adelheid Kastner in ihrem neuesten Buch „Wut – Plädoyer für ein verpöntes Gefühl“. Daraus liest sie am Mittwoch, 02. Dezember 2015, um 19 Uhr in der Sparkasse in Wels. Für die Lesung und den Filmabend werden im Büro für Frauen, Gleichbehandlung und Integration Zählkarten ausgegeben (Stadtplatz 55, Tel. 07242/235-5051, [email protected]) Bei einem Frauenfrühstück mit Vortrag am Mittwoch, 09.12.2015, 10 Uhr, im Quartier Gartenstadt erfahren wir etwas über die Istanbul Konvention – das derzeit bedeutendste Rechtsinstrument gegen Gewalt an Frauen in Europa. In diesem Sinne: Setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen! Ihr Büro für Frauen, Gleichbehandlung und Integration! Weitere Informationen: Büro für Frauen, Gleichbehandlung und Integration, Stadtplatz 55, 4600 Wels www.wels.gv.at / Facebook / Tel. 235-5053 / E-Mail [email protected] LITERATURTIPPS VON BIANCA ANGERER Karim El-Gawhary, Mathilde Schwabeneder: „Auf der Flucht – Reportagen von beiden Seiten des Mittelmeers“ Ein Buch, das aktueller nicht sein könnte: In „Auf der Flucht“ berichten El-Gawhary und Schwabeneder von ihrem jahrelangen Einsatz in Krisengebieten und ihren Erfahrungen mit Flüchtlingen zwischen dem Nahen und Mittleren Osten, Afrika und Österreich. 60 Millionen Menschen sind aktuell weltweit auf der Flucht. Anhand vieler Biografien zeichnen die Autor_innen Fluchtursachen und -wege nach. Die Menschen, die in großer Angst und doch voller Hoffnung bei der Flucht oft ihr Leben riskieren, haben zumeist Unvorstellbares erlebt. Die beiden lassen auch Helfer_innen zu Wort kommen, sie liefern Hintergrundinformationen zur europäischen Flüchtlingspolitik und zum Schlepperwesen, beschreiben den Umgang mit Flüchtlingen in verschiedenen Staaten und machen dabei deutlich, wie wichtig zivilgesellschaftliches Engagement und Empathie auch in der Zukunft sein werden. Karim El-Gawhary, Mathilde Schwabeneder: Auf der Flucht – Reportagen von beiden Seiten des Mittelmeers. Verlag Kremayr & Scheriau GmbH & Co. KG, Wien 2015 Heidi Kastner: „Wut – Plädoyer für ein verpöntes Gefühl“ Die Linzer Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner kennt menschliche Abgründe in ihren zahlreichen Facetten. Ihr neuestes Buch widmet sie einem der grundlegendsten, und doch völlig verpöntem Gefühl – der Wut. Anhand zahlreicher Praxisbeispiele und mit Rückgriffen auf Geschichte und Psychologie illustriert sie die vielschichtigen Ausprägungen und Erscheinungsformen dieser Emotion und tritt für eine positivere Bewertung der Wut ein. Wenn Wut nicht ins Alltagsleben integriert ist und nicht wahrgenommen oder gar unterdrückt wird, kann dies fatale Folgen haben, angefangen von psychosomatischen Erkrankungen über Verbitterung bis hin zu gewaltvollen Handlungen im Affekt. Kastner plädiert in diesem Sinne dafür, Wut anzuerkennen und eine sozial angemessene Form zu finden, diese auszudrücken. Wut ist ein kurzweiliges Sachbuch, das vielleicht auch hilft, die eigene Wut zu erkennen und kanalisieren. Heidi Kastner: Wut – Plädoyer für ein verpöntes Gefühl. Verlag Kremayr & Scheriau GmbH & Co. KG, Wien 2014 Dominika Meindl, Klaus Buttinger: „Die Sau – ein voll arger Heimatroman“ „Die Sau“ beschreibt den Untergang der Saubauernfamilie Faustinger in den 1960er Jahren im tiefsten österreichischen Hinterland. Der zwölfjährige Sohn Hiob hält die turbulenten Ereignisse rund um die Familie in seinem Tagebuch fest. Die Sau steht nicht nur als deren Existenzgrundlage im Mittelpunkt, sondern Lieblingssau Klara muss immer wieder in das familiäre Geschehen eingreifen. Als Klara im Zuge einer Zehrung verspeist wird, hat dies fatale Folgen für die ganze Familie. Jahre später analysiert die Psychologin Monika Mendl Hiobs Tagebucheintragungen und ordnet diese sachlich ein. Buttinger und Meindl gelingt es auf humorvolle Weise, die verschiedenen Ebenen des Textes miteinander zu verweben – tiefster Dialekt steht wissenschaftlichem Fachjargon gegenüber. Die Sau ist ein ungewöhnlicher Heimatroman, derb, provokant und doch wieder hoch intellektuell. Klaus Buttinger, Dominika Meindl: Die Sau – ein voll arger Heimatroman. Milena Verlag, Wien 2015 5 (K)EINE EINFACHE FRAGE | WÜRDEST DU FLIEHEN? EINE GASTREPORTAGE DER SCHÜLERINNEN DER HAK I / JOURNALISMUSZWEIG. Menschen, die aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen aus ihren Heimatländern fliehen, sorgen zurzeit für große Unruhen in der EU. In vielen Ländern sind die Flüchtlinge unerwünscht. Menschenunwürdige Zustände und Abneigungen gegen Fliehende finden auch direkt vor unserer Haustüre statt. Wie viel wir über diese Unruhen wissen bzw. wie unsere Politik davon profitiert, wollten wir in dem folgenden Beitrag zum Ausdruck bringen. FLÜCHTLINGSKRISE? EIN BLICK HINTER DIE KULISSEN Schüler_innen der Hak 1 in Wels hatten die Möglichkeit, an unterschiedlichen Workshops zur aktuellen Flüchtlingssituation teilzunehmen. Diese wurden von Vertreter_innen verschiedener Organisationen wie z. B. Young Caritas und SOS Menschenrechte geleitet. Im Allgemeinen behandelten die Workshops das „Flüchtlingsproblem“ und klärten so manche Klischees und Mythen rund um das Thema auf. „Sind die meisten Flüchtlinge wirklich männlich und lassen ihre Familie im Kriegsland zurück?“ „Wie viel kostet die Flucht nach Europa?“ Die Antworten der Politik auf diese Fragen sind oft sehr schwammig und können sich auch von Partei zu Partei massiv unterscheiden. Die Tatsache, dass tendenziell mehr alleinreisende Männer kommen, begründet sich vor allem darauf, dass diese zum Großteil vor der Zwangsrekrutierung flüchten bzw. oftmals „vorgeschickt“ werden, um die restliche Familie nachzuholen, da die Reise sehr gefährlich ist und sie körperlich eher in der Lage sind, dies durchzustehen. WIE VIEL KOSTET EINE FLUCHT? „Es gab nur zwei Möglichkeiten. Jemanden zu erschießen oder erschossen zu werden“, berichtete uns ein junger Mann aus Syrien. Für die Flucht aus seinem Heimatland habe er einige tausend Euro aufbringen müssen, diese Geldsumme musste er dem Schlepper am Anfang der Reise übergeben, ohne Gewährleistung diese sicher zu überstehen. Die beschwerliche Reise mit Schlauchboot, Bus oder LKW müssen viele nämlich mit dem Leben bezahlen. Die völlig überfüllten Erstaufnahmezentren werden von Helfer_innen diverser Einsatzorganisationen wie dem Roten Kreuz betreut. Dort verteilen sie Sachspenden, ZAHLEN UND FAKTEN 59,5 Millionen Menschen wurden weltweit gewaltsam aus ihren Ländern vertrieben. Davon sind 19,5 Millionen Flüchtlinge, 38,2 Millionen in ihrem eigenen Land vertrieben worden (2) und 1,8 Millionen Asylsuchende. Würden diese 59,5 Millionen Menschen eine Nation bilden wäre es die 24. größte Nation der Welt. Im Jahr 2014 waren es ungefähr 13,9 Millionen Flüchtlinge (1) und täglich wurden 42.500 Menschen gezwungen ihre Häuser zu verlassen aufgrund eines Konflikts oder einer Verfolgung. Diese Zahl hat sich vervierfacht in 4 Jahren. Im Vergleich zu 2013 waren es 32.200, 23.400 in 2012, 14.200 in 2011 und 10.900 in 2010. Quelle (1) Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) of the Norwegian Refugee Council (NRC). Quelle (2) Ibid AKTUELL KOMMEN FLÜCHTENDE MENSCHEN AUS FOLGENDEN LÄNDERN Syrien (3,88 Millionen) Afghanistan (2,59 Millionen) Somalia (1,11 Millionen) Mehr als 53% der Flüchtlinge weltweit kommen aus diesen Ländern. 51% der Flüchtlinge 2014 waren unter 18 Jahre alt, 2009 waren es 41%. 6 spielen mit den Kindern und versorgen die dort lebenden Menschen mit Nahrung und Getränken. Ein_e Asylwerber_in in Österreich bekommt, sofern er/sie in einem Flüchtlingsheim untergebracht ist und mit Nahrung versorgt wird, 40 € pro Monat. Davon zu bezahlen sind Hygieneartikel. Einmal im Jahr erhalten Asylwerber_innen zusätzlich einen Kleidungsgutschein von maximal 150 € pro Jahr. Die Flüchtlinge fliehen hauptsächlich aufgrund von Krieg, Bürgerkrieg, drohender Todesstrafe, Verfolgung oder Folter. Es bleiben trotzdem über 80% der Flüchtlinge in ihren Heimatländern, weil sie auf eine Rückkehr hoffen oder weil ihnen die Mittel zur Flucht fehlen. Die meisten Flüchtlinge werden von den Nachbarstaaten aufgenommen, wobei die Aufnahmezahlen weit größer sind als in Europa. TOP-LÄNDER FÜR DIE FLÜCHTLINGE SIND 1. Türkei (1,59 Millionen) 2. Pakistan (1,51 Millionen) 3. Libanon (1.15 Millionen) 4. Iran (982.000) 5. Äthiopien (659.000) 6. Jordanien (654.100) In den Entwicklungsregionen wurden 86 % der weltweiten Flüchtlinge aufgenommen, über 12,4 Millionen Personen, das ist der höchste Wert seit 2 Jahrzehnten. Es wurde für 3,6 Millionen, das entspricht 25 % von den weltweiten Flüchtlingen, Asyl bereitgestellt. 2014 sind 126.800 Flüchtlinge in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Die Hälfte davon ist zurück in die Demokratische Republik Kongo (25.200), Mali (21.000) oder nach Afghanistan (17.800). Das ist die niedrigste Zahl seit 1983. Von Einzelschicksalen und Langzeitunterkünften. Mein erster Eindruck der Unterkunft: eine Art Herberge, wie man sie von Schulausflügen kennt, kleine hotelartige Zimmer, in denen zwei bis drei Menschen auf engem Raum miteinander leben, Großküchen zum gemeinsamen Kochen und Essen. Türen, welche die privaten Räumlichkeiten unterteilen, stehen sehr oft offen, die Menschen gehen ein und aus, besuchen einander und tauschen sich aus. Die Sprachenvielfalt und der Mix aus Deutsch, Englisch und wirren Handbewegungen münden in vielen lustigen Situationen. An diesem Abend besuchte ich Omar und seinen Mitbewohner Samir. Sie kochten für uns eine typische arabische Mahlzeit, Omar spricht sehr gut Englisch und so kamen wir schnell ins Gespräch. Omars Humor sorgte für eine heitere und lockere Stimmung. Er war es dann auch, der mir sehr ausführlich seine Geschichte erzählte, von seiner Heimat, der Flucht und den ersten Eindrücken in Österreich. Zunächst schilderte er uns seine Kindheit als Palästinenser in Bagdad, denn diese Minderheit wird dort sehr unterdrückt. Obwohl kein Krieg herrschte, war es für ihn und seine Eltern klar, dass er im Irak keine Zukunft hat, Fotos: GUENTER GUNI, www.guenterguni.com Alle Fotos entstanden am 12.09.2015 in Wels, Bahnhofsvorplatz bzw. Messehalle. Guenter Guni, geb. in Wels, ist Fotograf und in erster Linie für internationale Fotoagenturen in Afrika und Asien tätig. Daneben betreibt er ein kleines Studio für Werbe- und Lifestylefotografie in Wels. also schickten seine Eltern Omar und seinen Bruder Richtung Europa in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Sie starteten ihre Flucht in Richtung Türkei, dort jedoch erhielten sie keine Aufenthaltsberechtigung, da die Türkei mittellosen Flüchtlingen Bleiberecht gewährt und wohlhabendere nach Europa schickt. Omar bemühte sich, schnell einen Schmuggler zu kontaktieren, um mit dem Boot weiter nach Griechenland zu fahren und bezahlte die 1500 Euro für die zweistündige Bootsfahrt durch seine Eltern in Bagdad. Die gute Organisation der Schmuggler zeigt sich unter anderem darin, dass diese vor Ort wussten, welcher der auf einen Bootsplatz wartenden Flüchtlinge bereits bezahlt hatte. Etwa 60 weitere Flüchtlinge waren mit Omar auf dem Boot, dessen Ziel eine kleine griechische Insel war. Omar ging auf sehr viele Details seiner Flucht ein und wirkte auch sehr nervös und unruhig während seiner Erzählungen. Es fiel ihm ziemlich schwer, länger über die Erlebnisse zu sprechen, meistens versuchte er ernste Episoden der Flucht mit lustigen Anekdoten zu überspielen. Wir fingen auch zwischendurch immer wieder an, über andere Dinge zu spre- 7 chen, er zeigte mir zum Beispiel die arabische Schrift, einige lustige YouTube-Videos und auch private Dokumente. Er selbst behauptete, eine eher harmlose Flucht hinter sich zu haben im Vergleich zu einigen seiner Mitbewohner_innen, welche von einem Tag auf den anderen Tag ihr Zuhause verlassen mussten. In Griechenland engagierte er dann einen weiteren Schmuggler, der ihn weiterbringen sollte, da aber alles aber nicht so verlief wie geplant, kam es auch vor, dass er und seine Gruppe lange zu Fuß gehen mussten. Ständig in Angst, von der Polizei erwischt zu werden, vermieden sie jeglichen Kontakt und gingen deshalb in unbewohnten Gebieten quer durch Wälder. In Serbien angekommen, planten sie ihre Weiterreise, über Österreich wollten sie mit gefälschtem Pass nach Finnland. Als Omar dann Wien zum ersten Mal sah, dachte er sich, er sei nun endlich in Europa angekommen. Nach einigen Tagen in Wien, welche er in einem Hotelzimmer, verbrachte, überlegte er, warum er nach Finnland weiterreisen sollte. Er fasste den Entschluss, seine Reise in Wien zu beenden und Asyl zu beantragen. Seit mittlerweile sechs Monaten wartet er nun auf die Genehmigung seines Antrags. Sechs Monate voller unerfüllter Hoffnungen. PROJEKTTEAM DER HAK I WELS Von links: Aldin Pozegic, Alexander Krumhuber, Ina Gstöttner, Phillip Breitenhuber, Jürgen Kraxberger Projektbetreuung. Prof. Erwin Friedl. 16 TAGE GEGEN GEWALT Eine Reportage über die Arbeit der autonomen österreichischen Frauenhäuser Beim Thema „Gewalt an Frauen“ denken viele zuerst an vergangene Zeiten oder an ferne Länder. Fast niemand denkt dabei an die eigene Nachbarin oder Arbeitskollegin. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, eine Betroffene zu kennen, hoch. Jede fünfte Frau ist in Österreich von körperlicher und / oder sexueller Gewalt betroffen. Die Polizei spricht im Durchschnitt täglich 23 Betretungsverbote aus. In vielen Fällen ist der Partner oder der Ehemann der Täter. In den schwersten Fällen endet die Gewalt mit dem Tod der Frau. Besitzdenken und Eifersucht sind immer wiederkehrende Motive der Täter. Sie sehen ihre Partnerin als ihr Eigentum, über das sie Macht ausüben können. Denkmuster, die man in Österreich eigentlich für lange passé halten würde. Dass Gewalt an Frauen durch ihren Partner nicht mehr als Privatsache oder als „Ehestreit“ gesehen wird, sondern als Straftat, die von der Gesellschaft nicht akzeptiert wird, hat eine erst junge Geschichte. Erst seit 1975 können Frauen ohne die Zustimmung ihres Ehemannes eine Arbeitsstelle annehmen. Vergewaltigung und sexuelle Nötigung in der Ehe oder Lebensgemeinschaft ist sogar erst seit 1989 strafbar. GEWALTSCHUTZ UND GESETZLICHE VERBESSERUNGEN Die gesetzlichen Verbesserungen sind eng mit der Entstehung der Frauenhäuser verknüpft. Seit mehr als 30 Jahren schaffen die Frauenhausmitarbeiterinnen Bewusstsein über die Ursachen und Dynamiken von Gewalt an Frauen und begleiten Betroffene auf ihrem Weg aus der Gewaltbeziehung. Um sich gemeinsam für weitere Verbesserungen im Gewaltschutz stark zu machen, haben sie sich 1988 im Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) zusammengeschlossen. OBERSTES ZIEL: DIE VERMEIDUNG VON GEWALT Der Verein AÖF arbeitet intensiv in der Bewusstseinsbildungs- und Präventionsarbeit. In den letzten zwei Jahren koordinierte der Verein AÖF unter anderem die österreichweite EU-Kampagne „GewaltFREI LEBEN“. Sie baut auf drei Säulen auf, die gemeinsam mit der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie und der Bundesjugendvertretung umgesetzt wurden: Zum einen wurde die Telefonnummer der Frauenhelpline gegen Gewalt 0800 222 555 bekannter gemacht. Die Frauenhelpline ist die einzige bundesweite Beratungshotline für gewaltbetroffene Frauen und Kinder sowie für ihre Angehörigen. Anonym und kostenlos beraten ihre Mitarbeiterinnen an 365 Tagen im Jahr, zu bestimmten Zeiten mehrsprachig. NETZWERKE UND KOOPERATIONEN FÖRDERN DIE BEWUSSTSEINSBILDUNG Zum anderen konnten im Rahmen von „GewaltFREI LEBEN“ mehr als 170 Partnerinnen und Partner, von Unternehmen bis hin zu Einzelpersonen, gewonnen werden, die mit verschiedenen Aktivitäten, beispielsweise Veranstaltungen der Take Over Reihe im Dezember 2015 produced by 7.12. - 20.12. Film OH YEAH, SHE PERFORMS Programmkino 11.12. Konzert FRÄULEIN HONA & FRAU TOMANI Schl8hof 20.12. Workshop IMPROVISATIONSWORKSHOP mit CORDULA BÖSZE Schl8hof 8 Workshops für die MitarbeiterInnen, ein Zeichen gegen Gewalt gesetzt haben. Die dritte Säule der Kampagne umfasst fünf Projekte, in denen mit spezifischen Zielgruppen gearbeitet wurde. Denn damit Gewalt an Frauen und Kindern endlich abnimmt, braucht es bestimmte Berufsgruppen ganz besonders. In einem Teilprojekt wurde intensiv mit dem Gesundheitsbereich zusammengearbeitet. Viele Betroffene wenden sich mit ihren Verletzungen zuerst an ÄrztInnen und Krankenanstalten. Wie hier reagiert wird, ob die Betroffenheit von Gewalt erkannt und ob an Gewaltschutzeinrichtungen weitervermittelt wird, ist entscheiden dafür, ob Frauen und Kinder adäquate Behandlung und Unterstützung bekommen. In einem weiteren Teilprojekt wurden JournalistInnen angesprochen. Denn wie sie über Gewaltvorfälle berichten, trägt wesentlich dazu bei, wie Gewalt an Frauen in der Gesellschaft gesehen wird und ob Gewaltschutzeinrichtungen in der Gesellschaft bekannt sind. In einem weiteren Teilprojekt wurde am verbesserten Schutz von Frauen vor schwerer Gewalt bis hin zu Mord gearbeitet. Wenn Frauen und ihre Kinder besonders stark gefährdet sind, braucht es eine institutionenübergreifende Zusammenarbeit. Polizei, Gewaltschutzeinrichtungen und Kinderschutzeinrichtungen müssen sich austauschen, um die Interventionen zum Schutz der Betroffenen bestmöglich aufeinander abstimmen zu können. Im Rahmen von „GewaltFREI LEBEN“ wurden diese institutionenübergreifenden Fallkonferenzen weiter ausgebaut. Eine weitere Gruppe, mit der in einem eigenen Teilprojekt gearbeitet wurde, sind Migrantinnen. Denn aufgrund verschiedener Hürden ist ihr Zugang zu Recht und Hilfe oft noch schwieriger. Das fünfte Teilprojekt widmete sich der Gewaltpräventionsarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dass sie über Gewalt und Hilfsangebote informiert und gleichzeitig in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden, ist ein wichtiger Teil der nachhaltigen Gewaltpräventionsarbeit. WEITERE INFORMATIONEN Für die Kampagne „GewaltFREI LEBEN“ wurden zahlreiche Informationsmaterialien und Leitfäden erarbeitet. Sie sind auf der Website www.gewaltfreileben.at gemeinsam mit Hintergrundinformationen über die Kampagne verfügbar. Mehr zum Verein AÖF können Sie online unter www.aoef.at nachlesen. RECHTLICHER MINIGUIDE Redaktionelle Aufbereitung: ELKE OBERLEITNER Quelle: AÖF (autonome österreichische Frauenhäuser). Wien. 2015. Foto ELKE OBERLEITNER bzw. TOBIAS STADLER Rechtlicher Miniguide: KATHARINA GUSENLEITNER Juristin, lebt und arbeitet in Wels. EIN NEIN MUSS GENÜGEN – STRAFRECHTSÄNDERUNGSGESETZ 2015 Im Juli 2015 wurde im österreichischen Parlament eine Strafrechtsreform, das Strafrechtsänderungsgesetz 2015, verabschiedet. Neben verschiedenen Neuerungen, z.B. bei Wirtschaftsdelikten, finden sich auch weitreichende Änderungen im Sexualstrafrecht. Diese gehen auf den Schutz der sexuellen Integrität von Frauen und Mädchen ein. Eine Erweiterung stellt die Einführung des Tatbestandes der „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ dar. Diese Bestimmung sieht vor, dass eine sexuelle Handlung (Fälle von nicht gewünschtem Geschlechtsverkehr oder diesem gleichzusetzende sexuelle Handlungen) gegen den ausdrücklichen Willen einer Person strafbar sein soll. Es handelt sich um ein Offizialdelikt. Der Forderung „Ein NEIN muss genügen“ wird damit Rechnung getragen. Die Regelung soll außerdem den Weg der Opfer erleichtern, zu ihrem Recht zu gelangen. Nach dem Tatbestand der sexuellen Belästigung kann nun auch bestraft werden, wer eine andere Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt. Demnach sind nun auch jene Körperstellen erfasst, die zwar nicht zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehören, aber trotzdem der Geschlechtssphäre zuzuordnen sind (z.B. Gesäß oder Oberschenkel). Nach dem Tatbestand muss die Würde des Opfers verletzt sein, was der Fall ist, wenn das Verhalten ein einschüchterndes, feindliches, erniedrigendes, entwürdigendes oder beleidigendes Umfeld schafft. Sogenanntes „Grapschen“ würde unter diesen Tatbestand fallen. Quellen:: Strafrechtsänderungsgesetz 2015 Erläuterung zum Entwurf des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 Lexisnexis.at 9 „DIE MENSCHLICHKEIT IN DEN VORDERGRUND STELLEN“ Anlässlich der Buchpräsentation „Auf der Flucht“ am 15. Oktober in Wels führte REIZEND! ein Interview mit der Autorin Mathilde Schwabeneder Mathilde Schwabeneder, wie ist die Idee zum Buch „Auf der Flucht“ entstanden? Sie werden es nicht glauben, die Idee zu diesem Buch ist in Wels entstanden. Vor ziemlich genau einem Jahr waren mein Kollege Karim (El-Gawhary, Anm.) und ich im Bildungshaus Puchberg für das Buchprojekt „Die Stadt, in der ich lebe“ eingeladen, um über die Städte, in denen wir arbeiten, zu sprechen. Als ich hingekommen bin, hat es geheißen: „Warum sprechen wir nicht über Flüchtlinge?“, weil dieses Thema gerade wieder hochaktuell war. Karim und ich haben gemeint, gut, sprechen wir über Flüchtlinge. Es waren sehr viele Besucherinnen und Besucher anwesend und es hat sich ein unglaublich intensiver Diskurs mit den Leuten im Saal entwickelt. Und daraufhin hat man uns vorgeschlagen, unsere Erlebnisse in einem Buch festzuhalten. Uns war es wichtig zu zeigen: Wer sind diese Menschen, die da kommen? Welche Geschichten stecken hinter den Zahlen, die immer kursieren? Warum gehen diese Menschen weg? Wie ist es Ihnen beim Schreiben ergangen? Fühlt man sich mit den Einzelschicksalen verbunden? Das sind Geschichten, die einem wirklich an die Nieren gehen. Wenn man so hautnah erfährt, was diese Menschen alles durchgemacht haben, das geht tief in einen selbst hinein. Und insofern haben Karim und ich festgestellt: Wenn man über diese Erlebnisse schreibt, kann man einiges davon auch loslassen. Aber was mich nach wie vor immer wieder erschüttert, ist, dass man vielen Menschen nicht ansieht, welche Schicksale sie hinter sich haben. Man merkt den meisten Geflüchteten körperlich nichts an, aber sie haben oft wahnsinnig tiefe Traumata und Wunden in ihrer Seele. Wunden, die man auf den ersten Blick nicht sehen kann. Während des Schreibens ist es mir lange Zeit nicht gut gegangen, weil mich diese Geschichten auch im Traum verfolgten. Sie verfolgen dich in den Schlaf. Sie sind ORF-Korrespondentin in Rom. Ihre beiden vorherigen Bücher handeln über den Papst und die Frauen in der Mafia. Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema Flucht? Sehr lange, schon bevor ich nach Italien gegangen bin. Als ORF-Korrespondentin war ich in vielen Ländern unterwegs, in Afrika, Osteuropa, Südosteuropa oder Lateinamerika. Bei den vielen Reportagen und Dokumentationen, die ich in dieser Zeit gemacht habe, sind mir immer wieder Flüchtlinge begegnet, das war ein ganz zentraler Teil meiner Arbeit. Und als ich damals 2007 für den ORF in Rom zu arbeiten begonnen habe, habe ich mich stark mit der Situation der ankommenden Flüchtlinge auf Lampedusa beschäftigt. Beide (Schwabeneder und El-Gawhary, Anm.) hatten wir über Jahre immer wieder mit Flüchtlingen zu tun. Das Thema Flucht wurde allerdings in Mitteleuropa immer als Thema der anderen betrachtet. Nichts, was einen selbst betreffen würde – Mitteleuropa hat das verdrängt. Das heißt, die jetzige Situation war seit Jahren absehbar? Ganz genau, und das hat mich immer zornig und auch traurig gemacht. Weil man wirklich viel von Italien hätte lernen können, davon bin ich überzeugt. Im Guten wie im Schlechten. Aber Faktum ist, dass man die italienische Außengrenze immer als etwas betrachtet hat, das uns nichts angeht. Und auch in Brüssel hat man lange Zeit die Augen zugemacht und getan, als wäre diese italienische Außengrenze keine EU-Außengrenze. Da hat man zwar ein bisschen die Nase gerümpft im restlichen Europa, über das was passiert ist, aber alle waren glücklich darüber, dass es nicht in ihren Ländern passiert ist. Was können Sie der österreichischen Bevölkerung im Hinblick auf die Flüchtlinge, die bei uns bleiben werden, mit auf den Weg geben? Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, sich damit auseinanderzusetzen, wer diese Menschen sind. Dass man ihre Schicksale sieht und versucht, diese Menschen zu verstehen. Das WELS HILFT. Die auf Facebook initiierte Plattform „Wels hilft.“ wurde nach einem privaten Hilfskonvoi nach Traiskirchen im August dieses Jahres gegründet. Mittlerweile hat die Seite fast 2.000 UnterstützerInnen. „Wels hilft.“ versteht sich als Vernetzungsund Vermittlungsplattform verschiedener Hilfsprojekte für flüchtende Menschen im Großraum Wels und darüber hinaus. Einerseits werden Hilfsfahrten organisiert bisher neben Traiskirchen auch nach Ungarn, Kroatien und Slowenien. Da seit Anfang September nahezu täglich bis zu 500 Menschen für eine Nacht in der Notunterkunft in der Welser Messe untergebracht sind, ist die derzeitige Hauptaktivität die Unterstützung des Roten Kreuz Wels bei der Annahme und Sortierung der vielen Sach- Andrea Schwaiger in Ungarn (Röszke) spenden in der Sammelstelle im Kulturzentrum Alter Schl8hof durch ehrenamtliche HelferInnen. Dazu zählen auch tägliche Updates oder die Koordination mit anderen Sammelstellen 10 (Pünktchen & Anton projektbezogen, SiEBENKANT für Winterschuhe) sowie zusätzlicher (privater) Lagerplätze. Daneben werden auch langfristige Wohnprojekte für Flüchtlinge bei ganz gezielten Anliegen und Anfragen unterstützt, Zimmer vermittelt oder Notquartiere gesucht. Sachspenden, die immer dringend benötigt werden sind Winterjacken, Winterschuhe und Hygieneartikel in kleinen „Reisepackungen“. Aktuelle Bedarfslisten, Sammelstellen-Öffnungszeiten und weitere Informationen: www.facebeook.com/welshilft WELS HILFT. ANDREA BAUER, ANDREA SCHWAIGER Foto EDD CARLILE / „Budapest seen“ www.facebook.com/budapestphotodiary würde viel Angst nehmen. Zuzug ist nichts Negatives, Österreich war immer schon ein Vielvölkerstaat, das sollte man sich immer vor Augen halten. Wir haben bereits etliche Einwanderungswellen gemeistert, wie z. B. die Einwanderinnen und Einwanderer, die geholt wurden und die in Österreich großartige Arbeit geleistet haben. Aber auch „Flüchtlingswellen“, Stichwort Ungarn, Tschechien, Bosnien – die haben wir alle gut gemeistert. Österreich ist immer noch eines der reichsten Länder der Welt. Welche Entscheidungen würden Sie sich von den Verantwortlichen in der Politik in Österreich bzw. der EU in der Flüchtlingsfrage wünschen oder fordern? Was wir unbedingt brauchen, ist ein gemeinsames Asylrecht und eine gemeinsame Außenpolitik. Europa muss zusammenhalten und zusammenstehen. Es kann nicht sein, dass manche Länder versuchen, keine Flüchtlinge aufzunehmen. Ich finde in dieser Hinsicht den Vorschlag des österreichischen Kanzlers gut, der meinte, man solle diesen Staaten Gelder streichen, wenn sie sich nicht an gemeinsame Pflichten halten. Die Aussage der deutschen Kanzlerin, die meinte, wenn sie sich dafür entschuldigen müsse, dass Deutschland menschlich gehandelt habe, dann sei das nicht mehr ihr Land, fand ich ebenfalls ganz toll. Wir sollten uns überlegen: Welches Europa wollen wir? Wollen wir in einem Europa leben, wo wir wieder Zäune und Stacheldrähte aufrichten? Wo wir wieder Grenzen schließen? Also ich möchte das nicht. Mir ist schon klar, dass die jetzige Situation große Herausforderungen mit sich bringt und gewisse Menschen Angst haben. Aber die Politik muss hier deeskalieren und die Menschlichkeit in den Vordergrund stellen. Foto ELKE DOPPELBAUER, MKH Wels DANIELA NÖMEYER. Studium der Ethnologie und Soziologie. Arbeitet am BFI Wels und bei FWW Wels als Bildungsplanerin und Entwicklerin für nationale und internationale Projekte. Lebt in Krenglbach. MATHILDE SCHWABENEDER Gebürtige Welserin, ausgebildete Logopädin, übersiedelte 1983 nach Rom, promovierte in Romanistik, von 1992 bis 1995 arbeitete sie in der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan in Italien mit Schwerpunkt Entwicklungszusammenarbeit, 1995 Wechsel zum ORF: zu Beginn Ö1 Redakteurin in den Bereichen Information und Religion; ab 1999 TV, Schwerpunkte Religion und Menschenrechte Verfasste bislang drei Bücher: Franziskus – vom Einwandererkind zum Papst; Die Stunde der Patinnen – Frauen an der Spitze der Mafiaclans; Auf der Flucht (gemeinsam mit ORF Kollegen Karim El-Gawhary). Lebensmittelpunkt nach wie vor Rom DIE ISTANBUL KONVENTION Am 1. August 2014 ist das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Kraft getreten. Die sogenannte Istanbul Konvention gilt im Moment als das bedeutendste rechtliche Instrument gegen Gewalt an Frauen in Europa. Die Unterzeichner-Staaten des Übereinkommens haben das Bestreben, ein Europa zu schaffen, das frei von Gewalt an Frauen und häuslicher Gewalt ist. Zweck dieses Übereinkommens ist u.a.: •Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen; •einen Beitrag zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung von Frauen zu leisten und eine echte Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern; •umfassende Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung aller Opfer von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu schaffen. Es geht um umfassende Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen in den Bereichen Prävention, Schutz, Betreuung, Hilfe, Rechtsschutz sowie zivilund strafrechtliche Verfahren. Gewalt gegen Frauen gilt nach der Konvention als eine Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung der Frau. Sie beinhaltet alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt (Gewalt, die gegen eine Frau gerichtet ist, weil sie eine Frau ist oder Gewalt, die Frauen besonders stark betrifft), die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen können. Die Istanbul Konvention schließt alle Formen von Gewalt an Frauen ein, z.B. sexuelle Belästigung, Stalking, weibliche Genitalverstümmelung, etc. Häusliche Gewalt bezeichnet alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie und Ehe/Partnerschaft oder des Haushalts vorkommen (auch zwischen ehemaligen PartnerInnen). Die Konvention ermutigt die Vertragsstaaten dazu, die 11 Regelungen für alle Opfer von häuslicher Gewalt anzuwenden, also auch für Kinder und Männer. Das Übereinkommen sieht auch Bestimmungen zur internationalen Zusammenarbeit zwischen den Staaten vor, z.B. rechtliche Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen, Zusammenarbeit bei der Verhütung von Gewalt an Frauen und Unterstützung der Betroffenen. Zur Sicherstellung der wirksamen Durchführung der Konvention durch die Vertragsstaaten ist die Einführung eines starken und unabhängigen Überwachungsmechanismus vorgesehen. Dieser basiert auf zwei Säulen •Gruppe von ExpertInnen zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen (GREVIO – Group of Experts on action Against Violence against Women and Domestic Violence) •Ausschuss der Vertragsstaaten mit VertrerInnen der Vertragsstaaten Quelle: Istanbul Konvention WOMEN OF THE WORLD, TAKE OVER! Solidarität ist ansteckend Das queer-feministische Label unrecords mit Sitz in Wien besuchte Wels. Am 2. Oktober 2015 fand die erste „unrecords Night“ im Alten Schl8hof statt. REIZEND! hat mit zwei der Label-Betreiber*innen ein Gespräch über Frauen*, Politik und Solidarität geführt. Birgit Michlmayr und Petra Schrenzer standen beide an diesem Abend auch auf der Bühne – mit dem Projekt Mutt/Mayr/Hackl feat. Schrenz eröffneten sie die Veranstaltung. Zwei Bands aus dem internationalen unrecords-Programm folgten: Möström aus Wien und Žen aus Zagreb. In Wels findet heute die erste unrecords Night statt – im Rahmen einer Reihe, die sich „Take Over“ nennt – nach der Textzeile: „Woman of the world, take over‚ because if you don’t the world will come to an end and it won’t take long.“ Wie geht es euch, wenn ihr dieses Zitat hört? Birgit Michlmayr: Wir sind ja bewusst ein queer-feministisches Label. Das heißt, ich glaube, es geht nicht darum, dass nur „Women“ die Weltherrschaft erkämpfen sollten, sondern, dass alle Menschen dieselben Möglichkeiten haben und gleich behandelt werden sollten. Es geht also nicht nur um Männer und Frauen – überhaupt gibt es ja auch nicht nur Männer und Frauen – sondern auch darum, von diesem Mehrheits-Österreicher*Innen- Ding wegzukommen. Aber grundsätzlich bin ich dafür, dass die Welt mehr von anderen Menschen beherrscht wird, wie man so schön sagt. Petra Schrenzer: Oder zumindest „Women*“ sollte es heißen. * meint viele Identitäten, Trans-, Inter-Identitäten usw. Zum Zitat ist mir spontan als Allererstes eingefallen, dass Kurt Cobain gesagt haben soll, dass die Zukunft der Rockmusik bei den Frauen liegt. Uns ist es ein Anliegen, vor allem Frauen* auf die Bühne zu bringen. BM: Und was die pessimistische Weltsicht betrifft: Ja, leider ist es immer wieder schwierig, optimistisch zu bleiben. Gerade wenn wir jetzt in Wels sind und bald in Wien auch Wahlen stattfinden (das Gespräch wurde Anfang Oktober 2015 geführt, Anm.). Ich finde, dass manchmal unsere „Ängste und Sorgen“ von der Politik zu wenig ernst genommen werden. Was sind eure Ängste und Sorgen? BM: Meine Ängste und Sorgen sind, z. B. in Bezug auf die Gleichberechtigung von Geschlechtern, dass es eine Zeit lang Fortschritte gegeben hat, es aber eigentlich schon wieder sehr viel schlechter wird. Besondere Ängste sind auch, dass Rassismus und Ausländer*Innenfeindlichkeit noch präsenter werden und von allen Seiten viel zu wenig dagegen getan wird. Man merkt, dass Aus dem Programm des Labels unrecords: Möström mit neuer Platte zu Gast in Wels. / Foto: Johanna Forster 12 es generell rauer wird, z. B. auch in Bezug auf Homophobie. Trotzdem ist Wien noch ein angenehmes Umfeld – im Vergleich zu vielen anderen Orten. Wenn wir uns an eine Johanna Dohnal erinnern, die sich in der Parteipolitik für Frauenquoten einsetzte oder wenn wir uns Wertestudien ansehen, nach denen Jugendliche sehr konservative Werte verinnerlicht haben: Welchen Stellenwert hat Feminismus in der Gesellschaft derzeit? Haben wir den Höhepunkt des Feminismus überschritten? PS: Von Höhepunkt möchte ich nicht sprechen, weil ich hoffe, dass in unserer Lebensspanne und darüber hinaus noch viel passieren wird. Zu Johanna Dohnal: Das waren auch politisch andere Zeiten. Die Sozialdemokratie war stärker, gewisse eher links geprägte Werte hatten noch einen anderen Stellenwert. Ich finde jetzt, wo der Kapitalismus schon zur Normalität geworden ist, wird überhaupt alles schwammig. Diese großen Strömungen, die stark sozial sind – damit meine ich auch wirklich einfach menschenfreundlich und nicht menschenfeindlich, ganz grob – gibt es nicht, auch wegen dieser Zerbröselung und Vereinzelung, die der Kapitalismus bringt. Wir in unserem Bereich arbeiten – durchaus prekär – vor uns hin, man kann das auch kämpfen nennen, aber ich fühle mich nicht als Teil einer großen Bewegung. Natürlich ist man z. B. in Wien in einer Szene und spürt das, aber von politischen Ämtern getragen werden solche Ideen nicht und da fühlt man sich dann schon einsam. BM: Wir leisten unseren kleinen Beitrag. Aber auch der Feminismus kommt immer wieder wellenmäßig. Also man darf es nicht so pessimistisch sehen, dass alles auf einmal den Bach runtergeht, sondern es kann dann wieder etwas Neues entstehen. Genauso wie jetzt: Obwohl einerseits die Rechtsextremen wieder einmal einen extremen Aufwind haben, sieht man andererseits, gerade in Wien, viel Solidarität, vor allem jetzt mit Flüchtlingen. Da merkt man, dass das wirklich breit ist – obwohl sicher nicht breit genug – und, dass Solidarität ansteckend ist. Das ist schön zu sehen. AUTORINNENINFOS: Birgit Michlmayr (First Fatal Kiss, Mutt/ Mayr/Hackl, Mayr u.a.) und Petra Schrenzer (Petra und der Wolf) betreiben gemeinsam mit Johanna Forster und Aurora Hackl Timón seit 2012 das queer-feministische Label unrecords. Am 2. Oktober 2015 fand die erste „unrecordsNight“ im Alten Schl8hof Wels statt. Die vier Labelbetreiber*innen eröffneten den Abend als Mutt/Mayr/Hackl feat. Schrenz. unrecords.me TAMARA IMLINGER ist Musikerin, Vermittlerin und Mitarbeiterin der KUPF – Kulturplattform OÖ und hat für REIZEND! das Gespräch geführt. HINWEIS: Das gesamte Interview wird im Rahmen der Reihe KUPFradio auf allen vier freien oberösterreichischen Radios ausgestrahlt und ist dauerhaft online nachzuhören unter cba.fro.at Die vier unrecords-Label-Betreiber*innen improvisierten gemeinsam im Welser Schl8hof als Mutt/ Mayr/Hackl feat. Schrenz. ( Foto: Michael Losehand „MAN MUSS NICHT IN DER BRATPFANNE GELEGEN HABEN, UM ÜBER EIN SCHNITZEL ZU SCHREIBEN.“ (Maxim Gorki) Kommentar Sebastian Achleitner. Wenn ich mich durch Zeitungen blättere – oder besser gesagt durch die OnlineAusgaben von Zeitungen klicke – bekomme ich irgendwie ein beklemmendes Gefühl. Da herrscht seit einiger Zeit dauernd Katastrophenstimmung: zuerst war mal Wirtschaftskrise (immer noch?), dann hat die Bettelmafia das Land übernommen. Zwei Jahrhunderthochwasser haben wir überlebt, bevor wir alle in den Flüchtlingswellen ertrunken sind. Kurz: Die Welt geht unter! Seltsam, denke ich mir, wie ich so durch die Straßen von Wels gehe. Alles ganz normal: Die Leute gehen shoppen, keine Risse im Asphalt, die ein baldiges Aufklaffen des Erdbodens ankündigen. Ob der neue Pflasterbelag in der Fuzo diese verdeckt? Die Medienwelt ist gespalten. Während die seriöseren versuchen, das Wutbürgertum zu beruhigen, indem sie zum 30. Mal erklären, wie denn die Flüchtlinge zu den Smartphones gekommen sind, zeichnen die unseriösen ein ganz anderes Bild: Flüchtlinge plündern, stehlen und sind sowieso das Allerschlimmste. Für jeden angeblichen Fall gibt’s als Beweis Fotos (die irgendwas ganz anderes zeigen) oder ein privates FacebookPosting, das in der Regel so beginnt: „Ich kenne jemanden, der kennt einen Polizisten und der sagt, dass das mit den Flüchtlingen jetzt echt schon zu viel ist...“ Ob das stimmt oder nicht ist dabei vollkommen egal. Der Boulevard will gelesen werden. Und „die Leute“ wollen so etwas lesen. Wobei die Sensationslust auch auf die Qualitätsmedien überschwappt. Sprachliche Bilder wie „der Flüchtlingsstrom“ sind dort auch schon längst angekommen. Und das ist eine wirklich dämliche Phrase: Die Pluscity wird von 20.000 Leuten täglich besucht. Da müsste es ja jeden Tag einen „Shopping-KillerTsunami“ auf den Titelseiten geben. Tut’s aber nicht. Jedenfalls nicht verwunderlich, dass sich da Menschen fragen, ob sich das alles ausgehen kann. Das offizielle Österreich liefert ja seinen Beitrag: monatelanges Nichtstun. Die Erkenntnis, dass es eine gesamteuropäische Strategie braucht, akzeptiere ich jetzt nicht als Problemlösung. Das ist maximal Grundlagenforschung. Ein beklemmendes Gefühl macht sich breit. Sogar die Innenministerin hat schon so viel Angst, dass sie sich an Ideen von Rechtsextremen klammert: Sie wünscht sich eine Festung Europa. Diejenigen, die da kommen sind demnach der Feind. Unberuhigend! 13 Aber vielleicht hat sie gar nicht vor den Flüchtlingen Angst oder davor, deren Versorgung und spätere Integration nicht zustande zu bringen. Vielleicht hat sie vielmehr davor Angst, dass sich mit der Politik des „Jeder ist seines Glückes Schmied“ keine sozialen Probleme lösen lassen. Und das ist die Politik, die sie vertritt. Mit einer solidarischen Politik läuft dann aber alles erstaunlich gut. Das zeigen die Tausenden von Menschen, die bisher gespendet und geholfen haben. Und dabei brauche ich gar nicht von „Zigtausenden“ oder gar von einer „Hilfswelle“ schreiben, dass mich das beruhigt. SEBASTIAN ACHLEITNER ist 28, macht Musik, studiert, lebt in Wien und Wels, macht verschiedene Dinge (auch gegen Bezahlung). Foto MARCO PRENNINGER www.marcoprenninger.com Das Bildungshaus Schloss Puchberg bietet eine Vielzahl an Veranstaltungen an und lädt Sie herzlich zur Teilnahme ein! Erleben Sie Begegnungen, die Sie begeistern werden! Zu zweit - Ein Zirkustheater Für Kinder und Erwachsene Zwei, die unterwegs sind, beginnen zu träumen. Und zwar vom Zirkus. Sie zaubern aus ihren Taschen und Koffern einen kleinen Zirkus, den man dort nicht vermutet hätte, und spielen sich mit kleinen Grotesken, wilden akrobatischen Nummern, schrägen Dressurakts, Zauberei, Jonglage und viel Interaktion mit dem Publikum direkt in die Herzen der Zuschauer. Von und mit Martha Laschkolnig und Fausto Tenorio Termin: Dienstag, 8. Dezember 2015, 14 bis 15 Uhr Eintritt: € 7,- In der Welt der brasilianischen Rhythmen Monatlicher Tanzabend mit Samba und anderen afrobrasilianischen Tänzen Tauchen Sie ein in die brasilianische Kultur, hören Sie den Ruf der Trommeln und tanzen Sie ohne Grenzen! Kein Tanzpartner erforderlich. Referentin: Claudia Lima Termine: jeweils Montag, 19 bis 21 Uhr 14. Dezember 2015, 11. Jänner, 1., 8. und 22. Februar, 14. März, 4. und 18. April, 2. und 23. Mai 2016 Kursbeitrag: € 13,- pro Abend Weitere Veranstaltungen finden Sie unter www.schlosspuchberg.at! Wir freuen uns auf Ihren Besuch! TaKeTiNa - Rhythmus erleben und erfahren Bei TaKeTiNa ist der Körper das Instrument, mit welchem wir eine musikalische Welt voller Rhythmus und Klang betreten. Mit der Stimme als Ausgangspunkt und dem Körper als Instrument musizieren wir im gemeinsamen Kreis. Referentinnen: Mag.a Anita Neudorfer und Anja Kalb Termin: Freitag, 11. Dezember 2015, 19.30 Uhr bis Sonntag, 13. Dezember 2015, 12 Uhr Kursbeitrag: € 140,- GLEICHBEHANDLUNG. MACHEN SIE DEN TEST. Die AK – Ihre starke Partnerin in Gleichbehandlungsfragen! u Die Arbeiterkammer setzt sich für die Gleichstellung von Frauen im Berufsleben ein u Für bessere Kinderbetreuung und mehr Einkommenstransparenz u Individuelle Beratung in Gleichbehandlungsfragen und Gleichbehandlungs-Check auf Betriebsebene ooe.arbeiterkammer.at DR. JOHANN KALLIAUER AK-Präsident EVENTQUARTIER WELS DIE LOCATION BUSINESS. LIVE. FÜR JEDEN EVENT EventQUARTIER Wels bietet alle Lösungen für Ihren Event. Von hochwertiger Hallenfläche bis hin zur Komplett-Betreuung mit Standbau, Medientechnik, Inszenierung und Catering – und das eingebettet in den stärksten Wirtschaftsraum. Die ideale Location für 50 bis 5.000 Besucher, mitten in Österreich und leicht erreichbar mit ausreichend Parkplätzen direkt vor Ort. Perfekte Infrastruktur und Raum für jede Event-Idee sowie ein erfahrenes Team stehen zur Verfügung. 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Die BRP-Kurse finden am BFI praktisch überall in OÖ statt.“ „Die BRP-Trainer am BFI haben mir in jeder Situation geholfen und mir das Gefühl gegeben, dass ich es schaffen werde.“ „Meinen beruflichen Aufstieg verdanke ich der Berufsmatura!“ „Wenn man mit Engagement bei der Sache ist, kann man die Berufsreifeprüfung schon gut schaffen.“ www.bfi-ooe.at | [email protected] | BFI-Serviceline: 0810 / 004 005 WUT Plädoyer für ein verpöntes Gefühl Mittwoch, 2. Dezember 2015, 19.00 Uhr Sparkasse OÖ, Sparkassensaal Eingang Hessenstraße, 4600 Wels Referentin: Dr.in Adelheid Kastner Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Leiterin der forensischen Abteilung der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg, Gerichtspsychiaterin Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei! Ab 19. Oktober 2015 erhalten Sie Zählkarten im Büro für Frauen, Gleichbehandlung und Integration, Stadtplatz 55, 4600 Wels, Tel. 07242 235 5053 oder 235 5054, [email protected] Impressum: Medieninhaber: Magistrat der Stadt Wels, Herstellung durch Magistrat der Stadt Wels, Verlags- und Herstellungsort: Wels, Foto: Günther Gumhold / pixelio, Gestaltung: Andrea Bauer
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