Franz Xaver Wolfgang Mozart – Ein Komponist von „geringen Fähigkeiten“? Sonderausstellung im Mozart-Wohnhaus, Jänner – September 2016 Konzeption: Armin Brinzing Johanna Senigl Kontakt: Bibliotheca Mozartiana Schwarzstr. 26 5020 Salzburg 0662 / 88940–13 / 14 [email protected] Franz Xaver Wolfgang Mozart wurde am 26. Juli 1791 in Wien geboren, nur wenige Monate vor dem Tod seines Vaters Wolfgang Amadé Mozart. Schon als Kind erhielt er in Prag und Wien eine intensive musikalische Ausbildung. Zu seinen Lehrern gehörten einige der bedeutendsten Musiker und Komponisten der Zeit, darunter Antonio Salieri, Sigismund Neukomm und Johann Nepomuk Hummel. Mit 17 Jahren übernahm er in Galizien eine Stelle als privater Klavierlehrer einer Adelsfamilie und war anschließend mehrere Jahre in Lemberg (heute Lwiw, Ukraine) tätig. Von dort aus unternahm er eine zweieinhalb Jahre dauernde Konzertreise durch Europa und trat in zahlreichen Städten als Pianist auf (darunter Warschau, Kopenhagen, Berlin, Prag, Venedig, Mailand und Wien). 1838 zog er nach Wien und verbrachte dort die letzten Jahre seines Lebens. Im Jahr 1839 erhielt er aus Salzburg den Auftrag, zur Einweihung des geplanten MozartDenkmals eine Festkantate zu Ehren seines Vaters zu komponieren. Der Mozart-Sohn lehnte den Auftrag aber ab, da er sich mit seinen – wie er selbst schrieb – „geringen Fähigkeiten“ dieser anspruchsvollen Aufgabe nicht gewachsen fühlte. Diese außerordentliche Bescheidenheit ist bezeichnend für einen durchaus angesehenen Komponisten, der aber zeitlebens im übergroßen Schatten seines Vaters stand. Seine Kompositionen, die er meist unter dem Namen „Wolfgang Amadeus Mozart (Sohn)“ veröffentlichte, werden heute immer öfter gespielt, zum Beispiel seine beiden Klavierkonzerte. Die Ausstellung zeichnet die Stationen seines Lebens anhand von originalen Noten, Briefen und Bildern aus dem Bestand der Bibliotheca Mozartiana, des Archivs und der Museen der Internationalen Stiftung Mozarteum nach. Es soll dabei auch daran erinnert werden, dass Salzburg es vor allem Mozarts jüngstem Sohn zu verdanken hat, dass sich im Besitz der Stiftung Mozarteum heute so viele Originalhandschriften Wolfgang Amadé Mozarts, Gemälde und andere Andenken an den großen Sohn Salzburgs und dessen Familie befinden. Denn kurz vor seinem Tod verfügte Franz Xaver Wolfgang Mozart, dass seine eigene Bibliothek und die Erbstücke seines Vaters als Vermächtnis an den 1841 gegründeten Dommusikverein und Mozarteum gehen sollten. Die noch heute bestehende Internationale Stiftung Mozarteum wurde 1880 als Nachfolgeorganisation gegründet und verwahrt heute einen Großteil dieses Mozart-Nachlasses. Ein weiterer Teil befindet sich im Archiv der Erzdiözese Salzburg. Unter der Federführung der Stiftung Mozarteum wird dieser historische Bestand derzeit in einer Kooperation zwischen den beiden Institutionen umfassend erschlossen und wissenschaftlich aufgearbeitet. 2 Franz Xaver Wolfgang Mozart genannt W. A. Mozart (Sohn) „Kinder berühmter Männer sind gewöhnlich einer harten Beurtheilung unterworfen, indem man sie mit ihren Vätern vergleicht. Sie müssten deren Ruhm noch überstrahlen, um den Ansprüchen zu genügen, die die Welt an sie macht.“ (Allgemeine musikalische Zeitung 1819) Zeittafel 26. Juli 1791 Franz Xaver Wolfgang Mozart wird als sechstes Kind Wolfgang Amadé und Constanze Mozarts in Wien geboren. 5. Dezember Sein Vater stirbt in Wien. 1791 1793 Seine Mutter bestimmt Franz Xaver Wolfgang für den Musikerberuf. 1796 Mozart (Sohn) kommt in die Obhut Franz Xaver Niemetscheks in Prag. Erster Klavierunterricht ab 1797 Klavierunterricht bei Johann Andreas Streicher und Kompositionsunterricht bei Sigismund Neukomm in Wien ab 1803 Klavierunterricht bei Johann Nepomuk Hummel, allgemeiner Musikunterricht bei Antonio Salieri, Komposition bei Georg Joseph Vogler und Johann Georg Albrechtsberger 8. April 1805 Debüt als Pianist und Komponist in Wien; Mozart (Sohn) komponiert eine 1805 Erste Veröffentlichungen: Variationen op. 2 und 3, Rondeau op. 4 1808–1811 Musiklehrer bei Wiktor Graf Baworowski, Podkamień (Galizien) 26. Juni 1809 Seine Mutter heiratet in Pressburg Georg Nikolaus Nissen. 1811–1813 Anstellung als Klavierlehrer bei Tomasz Graf Janiszewski in Sarki bei Kantate und Variationen. Lemberg 1813 Freischaffender Künstler in Lemberg und Lehrer in Häusern adeliger Familien Begegnung mit seiner späteren Geliebten, der dilettierenden Sängerin und Pianistin Josephine Baroni-Cavalcabò, geb. Gräfin Castiglioni Im Hause des Rates Ludwig Cajetan Baroni-Cavalcabò übernimmt Mozart (Sohn) die musikalische Ausbildung der Töchter Laura und Julie. Dezember Konzertreise nach Polen, Dänemark, Deutschland, Österreich, Italien und 1818–Sommer in die Schweiz 1821 Oktober 1822 Rückkehr nach Lemberg 1825–1828 Kontrapunktstudien bei Johann Georg Anton Mederitsch (1752–1835), Musiklehrer im Hause der Familie Baroni-Cavalcabò gen. Gallus-Mederitsch, für dessen Lebensunterhalt Mozart (Sohn) ab ca. 1830 sorgt 1826 Gründung des Lemberger Cäcilien-Chores 1826–1836 Mehrmalige Besuche bei seiner Mutter in Salzburg 3 1838 Übersiedlung mit der Familie Baroni-Cavalcabò nach Wien Tätigkeit als Klavierlehrer und Organisator von Hausmusiken in deren Haus 1841 Ernennung zum Ehrenkapellmeister des am 22. April 1841 gegründeten „Dom-Musik-Verein und Mozarteum“ in Salzburg 6. März 1842 Seine Mutter Constanze Nissen stirbt in Salzburg. 17. Juli 1842 Josephine Baroni-Cavalcabò wird in seinem Testament zur Alleinerbin bestimmt. 4.–6. September Teilnahme mit seinem Bruder Carl Thomas an den Feierlichkeiten 1842 anlässlich der Enthüllung des Mozart-Denkmals in Salzburg Auftritte als Komponist, Pianist und Dirigent in Salzburg Beide Söhne Wolfgang Amadé Mozarts werden zu Ehrenmitgliedern des „Dom-Musik-Verein und Mozarteum“ ernannt 29. Juli 1844 Franz Xaver Wolfgang Mozart stirbt in Karlsbad an „Magenverhärtung“. Herbst 1844 Mozarts (Sohn) musikalische Bibliothek, der sogenannte Mozart-Nachlass – darunter eigenhändige Manuskripte seines Lehrers Mederitsch und seines Vaters (Skizzen, Fragmente), Teile der Familienkorrespondenz sowie mehrere Familienporträts – wird dem „Dom-Musik-Verein und Mozarteum“ übergeben. 4 Kindheit und Jugend [Wand] 1 Constanze und Wolfgang Amadé Mozart, Lithografie von Franz Seraph Hanfstaengl (1804–1877)?, nach Cornelius (Umkreis)?, München 1828, Version I, für: Georg Nikolaus Nissen. Biographie W. A. Mozart’s, Leipzig 1828, Faksimile Franz Xaver Wolfgang wurde am 26. Juli 1791 als sechstes Kind Wolfgang Amadé Mozarts (1756–1791) und seiner Ehefrau Constanze (1762–1842), geb. Weber, in Wien geboren. Nur wenige Monate später, am 5. Dezember, verstarb sein Vater in Wien. Schon früh bestimmte die Mutter ihren jüngsten Sohn für den Musikerberuf. [Vitrine 1] 2 Mozarts Söhne Franz Xaver Wolfgang und Carl Thomas, Lithografie von Franz Seraph Hanfstaengl (1804–1877)?, nach Hans Hansen (Wien, um 1798), München 1828, aus: Georg Nikolaus Nissen. Biographie W. A. Mozart’s, Leipzig 1828 Franz Xaver Wolfgang verband ein inniges Verhältnis mit seinem um sieben Jahre älteren Bruder Carl Thomas (geb. 1784). Dieser wurde noch zu Lebzeiten seines Vaters in Pflege außer Haus gegeben und absolvierte später in Livorno die Lehre eines Handelsangestellten. Er starb am 31. Oktober 1858 als staatlicher Beamter in Mailand. 3 Beschreibung des jungen Mozart, aus: Franz Xaver Niemetschek. Leben des K. K. Kapellmeisters Wolfgang Gottlieb Mozart, nach Originalquellen beschrieben, Prag 1808, 2. vermehrte Auflage, Seite 60 und 61 Wie sein Bruder Carl kam Franz Xaver Wolfgang 1796 während einer Konzertreise seiner Mutter für einige Monate nach Prag in die Obhut des Professors und Kaiserlichen Rates Franz Xaver Niemetschek (1766–1849), wo er seinen ersten Klavierunterricht erhielt. Niemetschek zählt zu den frühesten Biographen Mozarts. In seiner Biographie Wolfgang Amadé Mozarts kommt Niemetschek auch auf den Sohn zu sprechen und hebt dessen musikalisches Talent hervor. Er bedauert aber zugleich, dass dem Sohn eine „bildende Vaterhand“ fehlte, wie sie sein Vater in Gestalt Leopold Mozarts besaß. „Mozart hinterließ von mehreren Kindern nur zwey Söhne, wovon der jüngere etwa 4 Monathe alt war, als der Vater starb. Er heißt Wolfgang wie sein Vater, ist gegenwärtig 17 Jahre alt, und durch die ersten Produkte seines musikalischen Talentes dem Publikum schon vortheilhaft bekannt. Sein Klavierspiel zeichnet sich durch feinen Ausdruck und Präcision aus. Und so wäre denn zum Theil die scherzhafte Vorhersagung seines Vaters erfüllt, daß dieß Kind ein Mozart werden würde, weil es einst weinend in den Ton stimmte, aus dem der Vater eben auf dem Fortepiano spielte. Offenbar lebt der Geist seines Vaters in ihm: aber dem Sohne fehlt eine so bildende Vaterhand, wie diejenige war, die das Genie seines Vaters so trefflich leitete und entwickelte. […]“ 5 4 Stammbuch Franz Xaver Wolfgang Mozarts Constanze Mozart, Stammbucheintrag für ihren Sohn, Wien, 20. Juni 1801 und Georg Nikolaus Nissen, Stammbucheintrag, Wien, 7. Dezember 1805, Seite 227 und 228 Der dänische Legationssekretär Georg Nikolaus Nissen (1761–1826) heiratete am 26. Juni 1809 im Dom zu Pressburg Mozarts Witwe Constanze, bei der er seit 1797 zur Untermiete wohnte. Er war ihren Söhnen ein treusorgender Vater und kümmerte sich um die geschäftlichen Belange der Familie. Er begann 1824 an einer umfangreichen Biographie Wolfgang Amadé Mozarts zu arbeiten, die jedoch erst 1828 posthum bei Breitkopf & Härtel in Leipzig erschienen ist. Nissen starb am 24. März 1826 in Salzburg und wurde am Friedhof St. Sebastian begraben. „Qui monet, amat. / Monens, amans tui. / Nissen / Viennae 7. Dec. 1805.“ „Ein Kind das seine Eltern kränckt, / Das wider sie auf Bößes denckt, / Das nicht der Eltern Segen sucht, / wird öffentlich von Gott verflucht. / Erschrecklich wird sein Ende seyn / Es rennt in Schmach und Quaal hinein. / Dies zur Wahrnung meines lieben Wowis / von seyner ihn zährlich liebent Mutter / Constance Mozart / Wien den 20t juni 1801“ 5 Johann Caspar Lavater. Reimen zu den Biblischen Geschichten des Alten und Neuen Testamentes. Für die Jugend, Zürich 1782, Titelblatt Aus diesem Werk stammt der von Constanze Mozart eingetragene Stammbuchtext (S. 63f. Davids Traurigkeit bey Absaloms Tode) für ihren Sohn, liebevoll „Wowi“ genannt. Er wurde im 18. und 19. Jahrhundert vielfach zitiert, besonders in Katechismen. Absalom hatte gegen seinen Vater David rebelliert und Krieg gegen ihn geführt. Obwohl David verfügt hatte ihn zu schonen, wurde er von einem seiner Soldaten getötet, worüber David in tiefe Trauer verfiel. 6 Beschreibung des Wiener Konzertdebüts des 13-jährigen Franz Xaver Wolfgang Mozart als Pianist und Komponist am 8. April 1805, in: Allgemeine musikalische Zeitung, Leipzig 1805, Spalte 502 (Faksimile) und 503 Bei der Musikalischen Akademie im Theater an der Wien spielte Mozart (Sohn) vermutlich das C-Dur-Klavierkonzert KV 503 seines Vaters und führte eine heute verschollene Kantate für drei Solostimmen und Orchester (WV I:2) auf, die Joseph Haydn zugeeignet war. Der Text der Kantate stammte bis auf den eröffnenden Chor von Georg August Griesinger (1769– 1845), die Instrumentierung ging vermutlich auf Andreas Friedrich Stein (1784–1809), den Schwager seines Lehrers Johann Andreas Streicher (1761–1833) zurück. „Am 8ten trat Mozarts 13jähriger Sohn zum erstenmal vor einem sehr zahlreichen Publikum als Klavierspieler und Komponist auf. Das Konzert eröffnete sich mit der herrlichen Mozartschen Sinfonie aus G moll […] Nun wurde der junge Mozart von seiner Mutter dem Publikum vorgeführt, und mit lautem Beyfall empfangen. Er spielte das grosse, schöne Klavierkonzert seines Vaters aus C dur zwar in etwas langsamen Tempos, aber mit Nettigkeit und Präzision, und zeigte viele Anlagen. […] Auf das Konzert folgte eine Kantate, nach dem Anschlagzettel von dem jungen Mozart komponirt, auf Haydns 73ten Geburtstag. Es ist zwar nicht wahrscheinlich, dass die ganze Instrumentierung von dem Knaben war – […] Möge der verdiente Beyfall, mit dem der junge Mozart entlassen wurde, dem werdenen 6 Künstler nur eine verdoppelte Anregung werden, den Fusstapfen seines grossen Vaters nachzustreben! Möge er nie vergessen, dass ihm der Name Mozart zwar für jetzt Nachsicht bewirke, in der Folge aber strenge und grosse Forderungen an ihn richte; […]“ [Wand] 7 Franz Xaver Wolfgang Mozart, Ölgemälde von Karl Gottlieb Schweikart (1772–1855), Lemberg 1825 Frühe Kompositionen [Vitrine 2] 8 Wolfgang Amadé Mozart. Sonatensatz in F für Klavier KV 590b (Anh. 30), Fragment, Faksimile des Autographs 9 Franz Xaver Wolfgang Mozart. Rondo in F für Klavier, Abschrift Dem Rondo des 10-jährigen Mozart (Sohn), gewidmet seiner Mutter Constanze anlässlich ihres Namenstages zum 16. Februar 1802, liegt der zwischen Dezember 1787 und Februar 1789 entstandene fragmentarische Klaviersatz KV 590b seines Vaters zugrunde. Mit der Ergänzung eines väterlichen Fragments erfüllte der Knabe einen länger gehegten Wunsch seiner Mutter nach Vollendung fragmentarischer Kompositionen ihres Mannes. „Seiner lieben Mutter zum Nahmensfeste gewidmet von Ihrem Sohne Wolf. Am: Mozart. 1802“ 10 Franz Xaver Wolfgang Mozart. Aria in C für Bass und Orchester zu einer Opera Buffa, Abschrift von Peter Lichtenthal mit Korrekturen von Mozart Die Arie „Ich bin der erste Buffo“ ist als Einlagearie für den Schauspieldirektor KV 486 seines Vaters bestimmt, jedoch herrscht Unklarheit hinsichtlich ihrer Entstehung und Uraufführung. Sie knüpft textlich an das Terzett „Ich bin die erste Sängerin“ (No. 3) an und könnte als Ersatz für die Partie des Herrn Buff im Schlussgesang gedacht gewesen sein. Die Komposition ist seinem späteren Stiefvater Georg Nikolaus Nissen anlässlich dessen Geburtstages gewidmet. Die Abschrift stammt von dem mit der Familie Mozart befreundeten Musikschriftsteller, Mediziner und Musiker Peter Lichtenthal (1780–1853). „Composta da / W. A. Mozart figlio / per il suo Carißimo padre / G. N. Nissen. / Vienna 15 genago 1808.“ 7 Mozarts musikalische Ausbildung, erste Anstellung [Vitrine 3] 11 Johann Georg Albrechtsbergers gründliche Anweisung zur Composition mit deutlichen und ausführlichen Exempeln zum Selbstunterrichte […], Leipzig 1790, Titelblatt Johann Georg Albrechtsberger (1736–1809) war Kapellmeister am Wiener Stephansdom und ein gesuchter Kompositionslehrer, zu dessen Schülern auch Ludwig van Beethoven zählte. Im Jahr 1806 nahm Mozart Kompositionsunterricht bei ihm und legte ihm auch später noch seine Kompositionen zur Begutachtung vor. 12 Constanze Mozart an ihren Sohn Carl Thomas in Mailand, Wien, 30. Januar 1807, mit Nachschrift von Georg Nikolaus Nissen, Seite 2 und 3, Autograph Mit Antonio Salieri und Johann Georg Albrechtsberger als Kompositions- und Johann Nepomuk Hummel als Klavierlehrer zählten einige der bedeutendsten Wiener Musiker zu Mozarts Lehrern. Es scheint aber, als habe der Arbeitseifer des jungen Mozart etwas zu wünschen übrig gelassen, so dass die Mutter den älteren Bruder um Unterstützung bat. Aber vielleicht war der damals erst 15-jährige Franz Xaver angesichts der hohen Erwartungen auch etwas überfordert. „dein Bruder gehet ietz zu Salieri und zu Humel beide haben viele liebe und freundschaft für ihn, ich fürcht nur, daß er sie nicht so benutz wie er soll […] nun hat er die 3 großen meister Salieri Albresberger und Humel, konnte ich dir nur einen von diesen Maner geben wie glücklich wäre ich den diese findest du in ganz jtalien nicht. Thue mir einmahl den gefallen und frage in einem Brief, da du weist daß wowi noch ietz die 3 großen Meister hat, ob er den auch fleißig ist und nutzen von ihnen suchen wird zu zihen, welches nur dadurch geschehen kan wen er fleißig componirt und frage ihn wie viele stücke er das jahr durch componirt, und ob er auch brav sich im instrumentiren übt […]“ 13 Franz Xaver Wolfgang Mozart an seinen Bruder Carl Thomas in Mailand, Podkamień, 22. Januar 1809, Seite 1, Autograph Schon im Alter von 17 Jahren trat Mozart (Sohn) eine Stelle als privater Klavierlehrer der beiden Töchter des Grafen Wiktor Baworowski auf dessen Schloss Smolanka im 50 Kilometer südöstlich von Lemberg gelegenen Dorf Podkamień an. Er hatte damit ein gesichertes Einkommen und genug Freiheit, um seine eigenen Studien weiter zu betreiben und zu komponieren. In diesem Brief berichtet er seinem in Mailand lebenden Bruder Carl darüber und bedauert, dass die schon acht Jahre lang getrennten Brüder nun an so entfernten Orten leben. „Bester Bruder! / Wie sonderbar das Schicksaal mit den Menschen spielt! leibliche Brüder, wie wir beyde, die einander so herzlich lieben | wenigstens wie ich dich | kommen an zwey so verschiedene Pole, und haben gar keine Hoffnung sich nach einer 8jährigen Trennung wieder zu sehn. Unsere Mutter, hat dir vielleicht, schon geschrieben, daß ich seit 3 8 Monathen, nicht mehr in unserer lieben Vaterstadt, sondern in Gallicien einige Meilen hinter Lemberg, bei einem Grafen angestellt bin, um seinen 2 Töchtern täglich 4 Stunden zu geben. Dafür habe ich 1000 fl und Tafel, Logis, Holz, Licht, Wäsche etc frey. Hier werde ich mich bemühen, meine Kunst, nach Kräften zu vervollkommen, und dann, wenn es anders die Umstände zulassen, werde ich eine Reise unternehmen. […]“ 14 Georg Joseph Vogler. System für den Fugenbau, als Einleitung zur harmonischen Gesang-Verbindungs-Lehre […], Offenbach a. M. 1817, Textband Umschlagtitel, Beispielband Seite 4/5: „Arbeit des Schülers“ Vermutlich 1803/1804 erhielt Mozart auch Unterricht von dem angesehenen Komponisten und Theoretiker Georg Joseph Vogler (1749–1814), der zuvor u. a. Kapellmeister in Mannheim und königlicher Hofkapellmeister in Stockholm gewesen war. Wie diese beiden Bände, die aus Mozarts eigener Bibliothek stammen, zeigen, studierte er dessen Schriften auch noch in späteren Jahren. [Wand] 15 Antonio Salieri, Punktierstich von Karl Traugott Riedel (1769–nach 1832), Leipzig 1802, Faksimile Für kurze Zeit gehörte Mozart auch zu den Schülern Antonio Salieris (1750–1825), dem Kapellmeister der kaiserlichen Hofmusikkapelle. In seinem Zeugnis prognostizierte Salieri seinem Schüler einen Erfolg, der nicht hinter dem seines berühmten Vaters zurück bleiben werde. Mozart (Sohn) in Lemberg Lehrer, freischaffender Künstler und Komponist [Vitrine 4] 16 Franz Xaver Wolfgang Mozart an seinen Bruder Carl Thomas in Mailand, Podkamień, 30. März 1809, Seite 1, Autograph Mozart (Sohn) hinterließ ein breit gefächertes kompositorisches Œuvre, wobei Gesangswerke und Werke mit Klavier deutlich im Vordergrund stehen. Obwohl er selbst eine schwache Stimme hatte, bevorzugte er den Gesang und schrieb „gerne leidenschaftliche Lieder“. Unter seinen Instrumentalwerken nehmen die Klavierkonzerte in C op. 14 und in Es op. 25 eine singuläre Stellung ein. „[…] Singen habe ich nicht gelernt, weil meine Stimme immer zu schwach war, aber dennoch schreibe ich am liebsten für den Gesang. Ich höre | unter uns gesagt | lieber ein : Selbst Engel Gottes weinen [KV 519]; oder: Abend ist’s [KV 523] von unserem Vater, als eine meisterhaft instrumentirte, aber empfindungslose nichts sagende Simphonie. Ich schreibe gerne leidenschaftliche Lieder. […]“ 9 17 Julie Baroni-Cavalcabò. Fantasie in c für Klavier op. 4, Leipzig [1830], Titelblatt des Erstdrucks In Lemberg verdiente Mozart (Sohn) seinen Lebensunterhalt als freischaffender Musiker und Lehrer. Zu seinen Klavier- und Kompositionsschülern zählte Julie Baroni-Cavalcabò (1813– 1887), die Tochter seiner Geliebten Josephine Baroni-Cavalcabò. Sie widmete ihrem Lehrer die bei Breitkopf & Härtel erschienene Klavier-Fantasie op. 4. 18 Der Cäcilien=Chor in Lemberg seinem Stifter W. A. MOZART als dankbare Anerkennung bei Ueberreichung eines Bechers am 29. Oktober 1827, Titelblatt 1826 gründete Mozart (Sohn) den Lemberger Cäcilien-Chor, mit dem Ziel die Pflege des mehrstimmigen Gesanges zu wecken und klassische Vokalkompositionen aufzuführen. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt wurde am 5. Dezember 1826 anlässlich der 35. Wiederkehr des Todestages seines Vaters Wolfgang Amadé dessen Requiem aufgeführt. 19 Franz Xaver Wolfgang Mozart. Sonatensatz (Rondo) in e für Flöte und Klavier, Seite 1, Autograph Das vermutlich 1810 entstandene Rondo für Flöte und Klavier (WV VI:10) könnte als Eröffnungssatz für eine Sonate oder eine Folge von Sonaten gedacht gewesen sein, die der Leipziger Verleger Gottfried Christoph Härtel (1763–1827) vermutlich während seines Wiener Aufenthalts im Sommer 1808 bei Mozart bestellt hatte. 20 Franz Xaver Wolfgang Mozart. Der erste Frühlingstag. Kantate für Soli, Chor und Orchester (Klavier) op. 28 – WV I:4, Wien [1829], Titelblatt des Erstdrucks Die Kantate Der erste Frühlingstag aus dem Jahre 1825 dürfte im Rahmen der Hausmusiken Josephine Baroni-Cavalcabòs (um 1786/88–1860) entstanden sein. Der Erstdruck des Werkes, dessen Text auf Joseph Tatzauer (gest. nach 1836), einen dilettierenden Lemberger Dichter zurückgeht, erschien in der Fassung für Soli, Chor und Pianoforte mit einer Widmung an Kaiserin Carolina Augusta als Opus 28 bei Tobias Haslinger in Wien. Das Duett „Eures Segens Fülle“ ist – mit einer pastoralen Einleitung und einem neuen Text versehen – heute als Weihnachtslied „Engel Gottes künden“ bekannt. 21 Franz Xaver Wolfgang Mozart. VIII Deutsche Lieder mit Begleitung des Pianoforte op. 5, Wien [1807], Titelblatt und Seite 10 „Das Geheimnis“ Nr. 8 Neben der solistischen Klaviermusik bildet der einstimmige Gesang die wichtigste Werkgruppe in Mozarts Schaffen. 1807 erschien seine erste Liedersammlung in der Chemischen Druckerei in Wien. Die Textvorlage für das Lied „Das Geheimnis“ (WV IIIb:2) stammt von Friedrich Schiller, welche erstmals im Musen-Almanach für das Jahr 1798 erschienen ist. 10 [Wand] 22 Lemberg und die große Kunstreise Mozart (Sohn) übersiedelte 1813 nach Lemberg, wo er bis 1838 als freischaffender Künstler und Lehrer in Häusern adeliger Familien tätig war. Von Lemberg aus unternahm er von Dezember 1818 bis Sommer 1821 eine ausgedehnte Kunstreise, die ihn u. a. nach Warschau, Danzig, Kopenhagen, Hamburg, Berlin, Leipzig, Dresden, Prag, Wien, Triest, Venedig, Verona, Mailand, Zürich, Frankfurt am Main, München und Salzburg führte und deren Eindrücke er in einem Reisetagebuch niederschrieb. a Lemberg. Kolorierter Stahlstich, aus: Meyer’s Universum, Hildburghausen 1847 b Holmens Kanal in Kopenhagen. Kolorierter Stahlstich, Volks Kalender, 1843 c Altona. Kolorierter Stahlstich von Henry Winkles (um 1801–um 1860) nach Johann Heinrich Sander (1810–1865), Leipzig, um 1840 d Bremen. Anonymer kolorierter Stahlstich, um 1840 e Dresden. Kolorierter Stahlstich von Albert Henry Payne (1812–1902) nach Otto Wagner, um 1840 f Der große Ring mit der Týnkirche in Prag. Kolorierter Stahlstich von Johann Poppel (1807–1882) nach Ludwig Lange (1808–1868), aus: Carl August Schimmer. Das Kaiserthum Oesterreich, Darmstadt, 1842 g Triest. Kolorierter Stahlstich, Hildburghausen 1861 h Vizenza. Platz Salone, Padua. Petrark’es Haus. Palast des Doge[n] von Venedig. Rialto Brücke, Venedig. Kolorierter Stahlstich von Albert Henry Payne (1812–1902), um 1850 i Mayland. Kolorierter Stahlstich, Hildburghausen 1840 j Mannheim Theater. Lithografie von Robert Geissler (1819–1893), Mannheim, um 1860 k Der Marktplatz in Karlsruhe. Kolorierter Stahlstich von Johann Poppel (1807–1882) nach Jacobo Pozzi (1814–1897), Darmstadt, um 1840 11 l Der Marktplatz in Stuttgart. Kolorierter Stahlstich von C. Gerstner nach Heinrich Schönfeld (1809–1845), um 1840 m Nationaltheater in München. Kolorierter Stahlstich, gezeichnet und gestochen von K. Gunkel, München, um 1850 n Le Danube Allemand et l’Allemagne du Sud / Grotte d’Adelsberg. Kolorierter Holzstich von Adolphe Gusman (1811–1905) nach einer Zeichnung von Karl Giradet (1813–1871), 1863 o Salzburg vom Mönchsberg. Kolorierter Stahlstich, Salzburg, um 1840 p Cathédrale de Vienne. Kolorierter Stahlstich. Gedruckt bei P. Chardon nach Adolphe (1810–1870) und Émile(1795–1865) Rouargue, Paris 1859 Mozart und Salzburg, Tod und Würdigung [Wand] 23 Mozart-Platz mit Mozart-Denkmal. Kolorierter Stahlstich, gezeichnet von Johann Fischbach, gestochen von Carl Huber. Gedruckt bei W. Wick in München. Verlag und Eigenthum von Gregor Baldi in Salzburg, um 1850 Nachdem 1835 der Salzburger Schriftsteller Julius Schilling (1800–1870) einen ersten Aufruf zur Errichtung eines Mozart-Denkmals in Salzburg veröffentlicht hatte, gründete sich 1836 ein „Comitée für Errichtung des Mozart Denkmahls in Salzburg“. Das von dem Münchner Bildhauer Ludwig von Schwanthaler (1802–1848) entworfene Denkmal konnte dank zahlreicher Spenden aus dem In- und Ausland 1842 im Rahmen eines großen Musikfestes eingeweiht werden. [Vitrine 5] 24 Franz Xaver Wolfgang Mozart. Fest-Chor zur Enthüllung des Mozart-Denkmals in Salzburg für Soli, zwei Chöre und Orchester, Wien 1842, Klavierauszug, Titelseite des Erstdrucks 1839 erhielt Mozart (Sohn) aus Salzburg den Auftrag, für die Feierlichkeiten zur Enthüllung des Salzburger Mozart-Denkmals eine Festkomposition zu schreiben. Er komponierte jedoch kein neues Werk, sondern bearbeitete zwei Ausschnitte aus Werken seines Vaters, dem Offertorium „Venite populi“ KV 260 und dem Adagio für Klavier KV 540. Der eigens hierfür verfasste Text stammt von Franz Xaver Wolfgang Mozart. 12 25 Fahrkarten für die Rückreise Franz Xaver Wolfgang Mozarts nach Wien am 21. September 1842 Mozart reiste von Linz bis Wien mit dem Dampfschiff „Sophia“, von der Anlegestelle in Wien gab es einen Transfer in die Wiener Innenstadt. Vermutlich nahm Mozart (wie auf der Hinreise) eine Kutsche nach Lambach und stieg dort in die seit 1836 verkehrende Pferdeeisenbahn nach Linz um. 26 Parte vom Tod Franz Xaver Wolfgang Mozarts, 15. August 1844 Zur Behandlung einer schweren Magenerkrankung reiste Mozart (Sohn) im Juni 1844 in den böhmischen Badeort Karlsbad. Er starb jedoch schon am 29. Juli 1844 an den Folgen seiner Krankheit. In Salzburg veröffentlichte die Schwester seiner Mutter, Sophie Haibel, die Todesanzeige. Der „Dom-Musik-Verein und Mozarteum“ brachte bei einem Seelenamt in der Kirche St. Sebastian das Requiem seines Vaters zur Aufführung. 27 Musikalischer Nachlass von Wolfgang Amadé Mozart Sohn als Vermächtnis für das Mozarteum, verzeichnet und geordnet von Aloys Fuchs, Wien, 1. Oktober 1844 Mozart hatte in seinem Testament seine Geliebte Josephine von Baroni-Cavalcabò zur Universalerbin eingesetzt. Mündlich hatte er aber verfügt, dass die Originalhandschriften seines Vaters, seine Bibliothek sowie weitere Dokumente, Porträts und andere Familienerbstücke an das Mozarteum in Salzburg gehen sollten. Aloys Fuchs (1799–1853) fertigte dieses Verzeichnis des Vermächtnisses an und organisierte dessen Transport nach Salzburg. 28 Aloys Fuchs. Gedächtnißfeier am Sterbetage W. A. Mozart’s (des Sohnes) in Carlsbad, aus: Wiener allgemeine Musik-Zeitung, 5. Jahrgang, Nr. 107 vom 6. September 1845 und Abbildung des Grabmonuments Aloys Fuchs war ein leidenschaftlicher Sammler von Musikerautographen und galt als ausgezeichneter Kenner auf diesem Gebiet. Er war mit Mozart (Sohn) befreundet. Nachdem dieser am 29. Juli 1844 in Karlsbad gestorben war, unterstützte Fuchs auch die Errichtung eines Grabmonuments, das zum ersten Todestag feierlich enthüllt wurde. Die Inschrift auf dem Sockel verfasste Franz Grillparzer: „Sohn des grossen Mozart, dem Vater ähnlich an Gestalt und edlem Gemüthe, der Name des Vaters sei seine Grabschrift, so wie seine Verehrung des Ersteren der Inhalt seines Lebens war.“ 13 [Wand] 29 Franz Xaver Mozart, Lithographie von Johann Stadler, aus: August Schmidt. Denksteine. Biographien von Ignaz Ritter v. Seyfried, Joseph Edlen v. Eybler, Ignaz Franz Edlen v. Mosel, W. A. Mozart (Sohn)[…], Wien 1848 August Schmidt (1808–1891) war mit Mozart befreundet und vermittelt daher in seiner Biographie ein besonders anschauliches Bild des Mozart-Sohnes. Unter anderem schildert er, wie dieser schon seit seiner Jugend unter dem übermächtigen Vorbild seines Vaters litt: „er verzweifelte, ihn je erreichen zu können, und doch hatte er kein anderes Ziel“. 30 Mozarts Ohr und Ein gewöhnliches Ohr, Anonyme Zeichnung, vor 1828? Auf dieser Zeichnung werden „Mein Ohr“ und „ein gewöhnliches Ohr“ einander gegenüber gestellt. Das Wort „Mein“ wurde jedoch gestrichen und durch „Mozarts“ ersetzt. Höchst wahrscheinlich handelt es sich um das Ohr Franz Xaver Wolfgang Mozarts. In der Biographie W. A. Mozarts von Georg Nikolaus Nissen (1828) wurde diese Darstellung reproduziert und darauf hingewiesen, dass dessen Sohn diese ungewöhnliche Ohrenform von seinem Vater geerbt habe. [Vitrine 6] 31 Biedermeier Portikusuhr auf Podest mit Glasdom, Bronze Feuervergoldet, unsigniert, [Wien, um 1830?] Diese Uhr stammt vermutlich aus dem Besitz Franz Xaver Wolfgang Mozarts. Sie kam durch ein Vermächtnis im Jahre 2006 aus Wiener Privatbesitz an die Internationale Stiftung Mozarteum. 14
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