Interview mit Professor Doktor Joachim Möller, Direktor des Instituts

Interview mit Prof. Dr,. Joachim Möller, Direktor des Instituts für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
Frage: Herr Prof. Möller, könnten Sie zunächst bitte einmal die Aufgaben des
Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung umreißen?
Prof. Möller: Unsere Kernaufgabe ist die wissenschaftliche Beratung von
Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit, auf der Basis exzellenter Forschung. Das
heißt konkret, unsere Forschungsergebnisse helfen den Entscheidungsträgern,
ein realistisches Bild von Entwicklung am Arbeitsmarkt zu erhalten. Zu den zu
beratenden Akteuren gehören neben der Bundesagentur für Arbeit und ihrer
Selbstverwaltung beispielsweise das Parlament, die Regierung, die Ministerien,
aber auch Verbände, Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen.
Typische Forschungsfragen sind: Wie wird sich der Arbeitsmarkt in Zukunft
entwickeln? Wie steht es um die Wirksamkeit arbeitsmarktpolitischer
Maßnahmen? Führen beispielsweise Umschulungen oder 1-Euro-Jobs zu
verbesserten Beschäftigungschancen? Wie wirkt sich der Mindestlohn auf den
Arbeitsmarkt aus und welche Faktoren begünstigen zum Beispiel die
Langzeitarbeitslosigkeit? Oder vielleicht ein ganz aktuelles Beispiel, wird die
Digitalisierung Arbeitsplätze kosten oder ist eher das Gegenteil der Fall? Wir
machen hier also sowohl Prognosen, als auch Evaluation. Das heißt, Bewertung
der Effekte von Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik.
Dazu können wir sehr umfangreiche Datenbestände auswerten,
Sozialversicherungsdaten, genauso wie Befragungsdaten von Unternehmen
oder Haushalten oder Einzelpersonen. Diese Daten sind die wichtigste
Grundlage unserer Forschung. Sie erlauben uns, Entwicklungen und
Veränderungen in der Gesellschaft zu erkennen und am Arbeitsmarkt und mit
ihnen können wir herausfinden, wie die Maßnahmen der deutschen
Arbeitsmarktpolitik sich konkret auswirken. Aber natürlich schauen wir auch
auf die Situation in anderen Ländern und stellen internationale Vergleiche an,
um auch aus der Erfahrung anderer Länder zu lernen.
Frage: Wäre es möglich, anhand eines konkreten Beispiels zu veranschaulichen,
wie aus einer aktuellen Fragestellung – nehmen wir die derzeitige
Einwanderungssituation - eine Forschungsaufgabe für Ihr Institut wird.
Prof. Möller: Ein Forschungsbereich am IAB, unter Leitung des Kollegen
Herbert Brücker, hat sich schon vor dem Anstieg der Flüchtlingszahlen im
Sommer 2015 intensiv mit dem Thema Migration beschäftigt. Als ich dann
abzeichnete, dass das Thema Zuwanderung - vor allem Flüchtlingszuwanderung
- sehr stark an Bedeutung gewinnt, hat das IAB dieses Thema dann zu einem
unserer Fokusthemen gemacht. Also zu einem Thema, auf das wir einen
besonderen Schwerpunkt legen. So starten wir beispielsweise gerade eine breit
angelegte Befragung unter Flüchtlingen. Dabei arbeiten wir mit dem
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem Soziökonomischen Panel,
das ja am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung angesiedelt ist,
zusammen. Wenn die Ergebnisse der Befragung vorliegen, gibt es dann
erstmals auch repräsentative Daten zur beruflichen Qualifikation der
Flüchtlinge und das ist für die Planung der Qualifizierung und der
Integrationsmaßnahmen von ganz erheblicher Bedeutung.
Frage: Sie müssen gleichermaßen den Forschungsbedarf des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wie der Bundesagentur für Arbeit
befriedigen. Ist dies immer möglich und haben Sie Spielraum, um auch Fragen
aufzugreifen, die sich aus Ihrer Sicht als wichtig erweisen.
Prof. Möller: Ja, wir haben den Spielraum auf wissenschaftliche
Fragestellungen einzugehen, die über die konkreten, aktuellen Bedürfnisse der
Bundesagentur oder des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
hinausgehen. Wir sind ja keine Ressortforschungseinrichtung im engeren Sinne,
die in der Regel ja eher an den Fragestellungen des jeweiligen Ministeriums
sich orientiert, sondern wir können unser Forschungs- und Arbeitsprogramm
im Rahmen unseres gesetzlichen Auftrags selbst entwickeln. Natürlich
berücksichtigen wir aber dabei den Forschungs- und Beratungsbedarf der
Bundesagentur und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Frage: Sie publizieren in wissenschaftlichen Zeitschriften und unterrichten Ihr
Ministerium und die Bundesagentur über Ihre Resultate. Inwieweit und auf
welchen Wegen informieren Sie auch die Öffentlichkeit?
Prof. Möller: Unsere Ergebnisse auch in die Öffentlichkeit zu bringen, ist uns
ein ganz wichtiges Anliegen. Wir machen beispielsweise keine
Schubladenforschung. Alles was wir erforschen, wird auch publiziert. Wenn wir
Forschungsaufträge annehmen, achten wir bei den Verträgen sehr genau
darauf, dass die Ergebnisse dann auch von uns veröffentlicht werden dürfen.
Neben unseren Publikationen für die wissenschaftliche Gemeinschaft in
Fachzeitschriften oder in unseren eigenen wissenschaftlichen
Publikationsreihen, wie unseren hauseigenen IAB-Discussion Papers oder den
IAB-Forschungsberichten haben wir auch Publikationsreihen für die breite
Öffentlichkeit. Insbesondere sind da unsere IAB-Kurzberichte zu nennen.
Den allergrößten Teil unserer Forschungsergebnisse kann man kostenlos auf
unserer Website www.iab.de finden. Über aktuelle Forschungsergebnisse
informieren wir mit unserem elektronischen Newsletter. Für die Medien
bereiten wir die Forschungsergebnisse in Presseinformationen auf und erzielen
damit auch eine sehr hohe Presseresonanz. Last not least organisieren wir auch
Veranstaltungen, wie beispielsweise die Nürnberger Gespräche, in denen wir
aktuelle Themen des Arbeitsmarktes mit Fachleuten zusammen diskutieren.
Die Öffentlichkeit zu informieren, ist für uns ganz wesentlicher Teil unserer
Arbeit.