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11
2015
3,80 €
Im Sattel durch
den Herbst
■ Premiere in Stendal
Mannschaftsmeisterschaften
der Kreismannschaften in
Sachsen-Anhalt
■ Landeschampionate des
Mecklenburger Pferdes –
Eine Zusammenfassung
■ Bluten für den Profit?
Ein Skandal aus Südamerika
führt auch nach Deutschland
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IMPRESSUM
PFERDE IM OSTEN
Grausam
Magazin für Pferdesport, -zucht und Freizeit
Sehr geehrte Pferdezucht- und -sportfreunde,
liebe Leserinnen und Leser,
obwohl in Europa und Deutschland in Sachen
Pferdezucht und -sport noch lange nicht alles
Gold ist, was glänzt, es auch künftig noch viel zu
tun gibt, könnte man fast meinen, dass Pferde
hier das Paradies auf Erden haben. Nirgends auf
der Welt ist der Tierschutz so hoch angebunden,
sind die Gesetze und Kontrollorgane so tierfreundlich wie in Deutschland und die Menschen
so auf das Wohl unserer Mitgeschöpfe bedacht.
Das gilt nicht nur für Pferde. Im Direktkontakt, bei
Veranstaltungen, über die Medien und vor allem
in den sozialen Netzwerken verbreiten sich echte
und scheinbar praktizierte Tierquälereien rasend
schnell. Ob berechtigt oder nicht, aufmerksam,
penetrant oder einfach nur nervig – für uns gilt,
lieber einmal mehr hinschauen, als zu wenig.
Leider ist das nicht überall auf der Welt so. Ende
September erschütterte im Schweizer Fernsehen
in der Sendung „Kassensturz“ ein Bericht über
sogenannte Blutfarmen in Südamerika die Öffentlichkeit, der mit Hilfe des Schweizer Tierschutzbundes (Animal Welfare Foundation) entstanden
war.
Hier wird im Auftrag von US-Pharmafirmen von
niedertragenden Stuten Blut gezapft, weil in diesem das Hormon PMSG enthalten ist, das weltweit
in der Schweinezucht Verwendung findet, um
Sauen schneller wieder tragend für eine hohe Ferkel-und damit Fleischproduktion zu bekommen.
Auch in Europa. Auch in Deutschland.
Auf diesen Blutfarmen geht es in vielen Fällen alles andere als tierschutzgerecht zu, denn entsprechende Gesetze gibt es in diesen Ländern nicht.
Die halb wild lebenden Stuten werden in die
Entnahmestände geprügelt, in denen sie sich
teilweise schwere Verletzungen zufügen. Brutal
und ohne Rücksicht wird ihnen wöchentlich zehn
Liter Blut abgenommen, die sie in der kurzen
Zeit bis zur nächsten Entnahme nicht genügend
kompensieren können. Mangelerscheinungen,
Erkrankungen und Schwächeanfälle sind die Folge. Tiermedizinische Versorgung wird oft nicht
gewährt. Nach 130 Trächtigkeitstagen wird ohne
Betäubung der Abort ausgelöst, ein für die Stuten
ebenfalls schmerzhaftes und mit häufigen inneren Verletzungen verbundenes Prozedere, das
nicht immer von Tierärzten durchgeführt wird.
Viele Stuten sterben an den Verletzungen, an Entkräftung, an seelischem Stress.
PFERDE IM OSTEN
Wir haben lange überlegt, ob wir Ihnen die grausamen Fotos aus der argentinischen Pferdefarm,
die uns der Schweizer Tierschutzbund freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, zeigen sollen.
Wir haben uns in unserem Brennpunkt „Bluten
für den Profit“ auf Seite 30 entschieden, wenige,
aber aussagekräftige Fotos zu zeigen, weil nur das
wachrüttelt.
Natürlich haben wir versucht, mit den Pharmafirmen in Deutschland, die in Verdacht stehen, als
Partner- oder Tochterunternehmen der US Firma
Merck Sharp & Dohme und der argentinisch-uruguayischen Firma Syntex S.A. auch in dieser Hinsicht zusammen zu arbeiten und die in dem Fernsehbericht namentlich erwähnt wurden, Kontakt
aufzunehmen.
Die Fa. MSD Animal Healt hat als einzige umfangreich Rede und Antwort gestanden. Ihr Statement
können Sie ebenfalls in unserem Brennpunkt
erfahren. Die deutsche Niederlassung der spanischen Firma Laboratorius Hipra in Düsseldorf
wimmelte uns ab und der Pressesprecher der
Firma IDT Biologika mit Sitz in Dessau Roßlau ließ
uns wissen, dass man sich nicht an Spekulationen
beteiligen wolle. Er schickte uns ebenfalls eine
Presseerklärung, bei der man allerdings mehr
zwischen den Zeilen erfahren kann, als aus dem
diffus gehaltenen Wort. Auch das können Sie bei
uns nachlesen.
In unserer globalisierten Welt lässt sich fast nichts
mehr verheimlichen und es wird immer deutlicher
– unser Wohlstand basiert auch auf dem Leid von
Tieren, die wir so sehr lieben, nur dass diese auf
anderen Kontinenten leben. Eben hat eine amerikanische Studie veröffentlicht, dass rotes Fleisch
krebserregend ist. Denken sie beim nächsten Biss
in die Bratwurst nicht nur daran, sondern auch an
das grausame Schicksal vieler Blutpferde.
Ihre
Beate Baake
Chefredakteurin
Herausgeber und Verlag
Beate Baake & Partner GbR
BeaMon Verlag
Verlagssitz und Chefredaktion
Weidenweg 4
04683 Belgershain, OT Threna
Tel.: 0342 93 - 477 490 Redaktion
-491 Verwaltung/Buchh.
-492 Grafik
Fax: 0342 93 - 477 493
E-Mail: [email protected]
www.beamon-verlag.de
www.pferdeimosten.de
Verlagsleiterin/Chefredakteurin
Beate Baake (bb)
Redaktionsschluss
5. des Vormonats
Redaktionelle Mitarbeiter
Hans Aachen (H. A.), Berlin
Martina Brüske, Raisdorf
Daniel Kaiser (dk) Delitzsch
Margot Kornhaas (mako), Senzig
Karl-Heinz Lange (KHL), Pfaffenhain
Andreas Pantel (Pantel), Rühstedt
Claus Schridde (CS), Querenhorst
Meike Schulze-Wührl (kes), Klötze
Angela Rieden (AR), Frankfurt/M.
Franz Wego (wego), Dummerstorf
Kirstin Weigel (KW), Erfurt
Prof. Annette Zeyner, Halle/S.
Fotografie
Hans Aachen, Berlin
Margot Kornhaas (mako), Senzig
Karl-Heinz-Lange (KHL), Pfaffenhain
Andreas Pantel (Pantel), Rühstädt
Melanie Pfitzner (MelPi), Leipzig
Meike Schulze-Wührl (kes), Klötze
Jutta Wego (wego), Dummerstorf
Kirstin Weigel (KW), Erfurt
Anzeigenleitung und -verwaltung
Beate Baake
Anzeigenschluss
5. des Vormonats
Anzeigenpreisliste
Nr. 1/01 vom 10.12.01
Erscheinungsweise
monatlich
Satz und Gestaltung
BeaMon-Verlag
Heidi Kästner
[email protected]
Druck
Tisk Horák AG
PFERDE IM OSTEN
ist eine unabhängige Fachzeitschrift und
erscheint im BeaMon Verlag. Der Vertrieb
erfolgt über Abonnement, Pressevertrieb
und den Fachhandel bzw. über den
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gekennzeichnete Beiträge geben nicht in
jedem Falle die Meinung der Redaktion
wieder. Wir danken allen Firmen, Institutionen, Agenturen, Sportvereinen und
Verlagen, die uns Text- und Bildmaterial
zur Verfügung stellten.
Titelfoto:
Bunter Herbstausritt
Foto:
bb
BRENNPUNKT
Foto : Tierschutzbund Zürich
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Eine versteckte Kamera hat fünf Stunden der Blutentnahme bei Syntex aufgenommen. Ein Arbeiter schlägt ein Pferd mit einer Peitsche auf den Kopf
Bluten für den Profit ?
Ein Beitrag des Schweizer Fernsehens über den Umgang mit Serumpferden im Auftrag von
Pharmakonzernen löste auch in Deutschland einen Skandal aus
S
eit kurzem erschüttert ein Skandal
um den amerikanischen Pharmakonzern Merck Sharp & Dohme und den
argentinisch-uruguayischen Pharmakonzern Syntex S.A. die Öffentlichkeit. Unter
Hauptverantwortung der beiden Konzerne
soll tragenden Stuten auf Pferdefarmen in
Uruguay und Argentinien wöchentlich bis
zu 10 Liter Blut unter brutalen Bedingungen abgezapft werden, ohne Rücksicht auf
Verluste. Aufgedeckt wurden die tierquälerischen Maßnahmen von einem Team der
Tierschutzorganisation „Animal Welfare
Foundation“ aus der Schweiz, die heimlich
Aufnahmen in den sogenannten Blutfarmen
gemacht haben. Veröffentlicht wurden diese
Aufnahmen in Europa Ende September in
der Sendung „Kassensturz“ des Schweizer
Fernsehens.
prügelt und teilweise so stark auf den Kopf
geschlagen, bis sie das schmerzhafte Prozedere halb betäubt über sich ergehen lassen.
Die Entnahme erfolgt am Hals mit einer dicken Nadel. Innerhalb einer Woche können
die Pferde sich nicht regenerieren. Der wöchentliche Blutverlust führt bei den schlecht
ernährten Pferden durch den massiven
Verlust an Eiweißen zu Anämie, Muskelschwund, Abmagerung, Lebervergrößerung
usw. Fünf bis sechs Wochen hintereinander
werden sie in die Blutungsstände gejagt. Viele Pferde brechen anschließend zusammen,
ohne dass sich ein Tierarzt um sie kümmert.
Aufgenommen wurden die Zustände im April diesen Jahres 300 Kilometer von Buenos
Aires entfernt mit versteckter Kamera.
Da das begehrte Hormon bei den tragenden Stuten nur bis zum 130 Trächtigkeitstag zur Verfügung steht, werden die Fohlen
danach per Hand abgetrieben, was ebenfalls
Es geht um den Rohstoff PMSG
brutal und schmerzhaft für die Stuten ist.
Das Blut enthält das Hormon PMSG Obwohl sie dabei oft verletzt werden, soll
(Pregnant Mare Serum Gonadotropin), das sich auch hier kein Tierarzt um sie kümentsprechend verarbeitet, weltweit in der mern. Werden sie wegen Entkräftung oder
Schweinezucht eingesetzt wird, um Sauen Krankheiten nicht mehr tragend, gehen sie
schneller wieder trächtig werden zu lassen, zur Schlachtung, wenn sie nicht schon vorwodurch die industrielle Schweineproduk- her gestorben sind.
tion am Leben gehalten wird. Das Hormon
setzt bei den Sauen den natürlichen SelbstIn Europa wäre das so nicht
schutz außer Kraft, das Muttertier hat damöglich
durch keine Zeit mehr, sich körperlich von
Obwohl auch in Europa und Deutschden vielen Trächtigkeiten zu erholen. 25
Kunden, Partner bzw. Tochterunternehmen land Kunden die Blutseren aus Südamerika
der Fa. Merck Sharp & Dohme und Syntex beziehen, fühlt sich angeblich kaum jemand
S.A. gibt es in Europa, so auch in Deutsch- für die geschundenen Tiere verantwortlich.
Auch die EU-Kommission soll verkündet
land.
Die halbwild lebenden Stuten werden auf haben, dass EU-Standards nur für Produkden Aufnahmen in die Entnahmestände ge- te gelten, die innerhalb der EU-Grenzen
hergestellt werden, egal woher die Ausgangsstoffe kommen. Prof. Ricardo Sienra
ist Tierschutzexperte im Landwirtschaftsministerium von Uruguay. Er glaubt, dass
man das Blutserum deshalb in Südamerika
gewinnen lässt, weil solch tierschutzrelevantes Verhalten in Europa nicht möglich
wäre. Eine adäquate Verordnung gibt es in
Südamerika nicht.
Nach bekannt werden der unhaltbaren Zustände in den Medien, vor allem im
Schweizer Fernsehen in der Sendung „Kassensturz“, reagierten die europäischen und
deutschen Partner und Kunden der Firmen
Merck Sharp & Dohme und Syntex entsetzt.
Das deutsche Unternehmen Merck Sharp
& Dohme gab gegenüber der weltweiten
Bürgerinitiative Sum of Us an, mit dem
gleichnamigen US-Unternehmen nur noch
den Namen gemeinsam zu haben und vom
US-Konzern unabhängig zu sein. Die Bürgerbewegung Sum of Us setzt sich u.a. dafür
ein, dass weltweit Konzerne für ihr Handeln
zur Verantwortung gezogen werden. Die
deutsche Firma Merck Sharp & Dohme hat
klar gestellt, dass sie mit den geschilderten
Vorfällen nicht in Verbindung steht und sich
davon klar distanziert. Die Fa. MSD Animal
Health, eine Tochter dieses Pharmakonzerns Merck gab dazu folgende Stellungnahme ab:
„Als Unternehmen, das sich dem Wohlbefinden der Tiere verschrieben hat, ist
MSD Animal Health von den Bildern und
Beschreibungen der Kassensturz-Sendung
vom 29. September 2015 betreffend Blutplasma von Pferden […] sehr betroffen und
distanziert sich nachdrücklich von dieser
Vorgehensweise.
BRENNPUNKT
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Abgemagert, verängstigt und verletzt wird diese Stute zur Blutentnahme getrieben
Fotos : Tierschutzbund Zürich
MSD Animal Health arbeitet nicht mit dem in der Berichterstattung genannten Lieferanten zusammen. Um sicherzustellen, dass
unsere Zulieferer sich an unsere erheblichen, vertraglichen Tierschutz-Standards halten, welche über die bestehenden Kontrollprozesse hinaus gehen, haben wir nach Kenntnis von den genannten
Vorfällen unverzüglich auch bei uns weitgehende Untersuchungen
eingeleitet, um sicher zu stellen, dass unsere eigenen Lieferanten
unsere umfangreichen vertraglichen Anforderungen erfüllen. Wir
haben u.a. sofort Tierärzte zu unseren Lieferanten geschickt, um vor
Ort ein Audit durchzuführen. Dies wird, wie bisher, auch in Zukunft regelmäßig geprüft.
Inzwischen liegt uns die Auswertung dieser Audits vor und wir
können bestätigen, dass auf den uruguayischen Farmen unserer
Lieferanten Tierärzte vor Ort sind, die sicher stellen, dass die Pferde
gesund sind und es auch bleiben. Die Fohlen werden aufgezogen
und verkauft.
MSD Animal Health arbeitet mit Lieferanten aus verschiedenen
Ländern zusammen [...], jedoch nicht mit den in den verschiedenen
Berichten erwähnten Lieferanten.“
Und weiter heißt es in dem Statement: „MSD Animal Health
fordert von seinen Lieferanten zusätzlich, vertraglich festgelegte
Endstation Tod: Stuten, die nach den wochenlangen Torturen kraftlos zusammenbrechen sterben häufig, weil ihnen keine medizinische Hilfe gewährt wird
Tierschutz-Standards einzuhalten. Diese beinhalten z.B. regelmäßige tierärztliche Inspektionen, eine Überwachung bezüglich des Auftretens von Anämie sowie strenge Obergrenzen für die Blutabnahme. Die Geschäftspartner von MSD Animal Health sind außerdem
an den Code of Conduct, einen freiwilligen Ehrenkodex, gebunden,
der auch öffentlich auf www.merck.com zugänglich ist.
Werden die Auflagen von den Lieferanten nicht erfüllt, leitet MSD
Animal Health die entsprechenden Schritte ein, um die Einhaltung
der Anforderungen sicherzustellen. Ist dies nicht erfolgreich, werden entsprechende Verträge aufgelöst.“
Ein klares Bekenntnis, das sicher der Überprüfung außenstehender Tierschutzorganisatoren unterzogen werden wird.
Vertrauen Sie 100 Prozent Natur?
Weniger klar und eindeutig äußerte sich dagegen der Leiter der
Unternehmenskommunikation der Firma IDT Biologika aus Dessau-Roßlau, Peter Kellner. Hier Auszüge aus der Presseerklärung:
„Die IDT Biologika ist ein Unternehmen, das seit mehr als 94
Jahren zur Gesundheit von Mensch und Tier durch wirkungsvolle
Präparate beiträgt. [...] An unsere Arbeit und unserer Zusammenarbeit mit Kunden, Partnern und Lieferanten stellen wir hohe ethische Anforderungen, die sich in unserem […] Unternehmenskodex
ausdrücken.
Als Unternehmen in einem wettbewerbsintensiven Markt können
wir keine Details zu unseren Produkten, Partnern und zu unserer
Supply Chain (Harmonisierung von Abläufen zwischen Mitgliedern
einer Lieferkette sowie funktionsübergreifende Geschäftsprozesse
mit dem Ziel der Wertschöpfung) veröffentlichen. [...] aus vertraglichen Verpflichtungen ergibt sich, dass wir […] weder Angaben zu
den Unternehmen, der Lieferbeziehung noch zu den […] bezogenen Materialien machen können und wollen.“
Da uns diese Erklärung sehr allgemein und wenig substanziell
erschien, haben wir noch einmal detailliert nachgefragt, aber wie
auch andere Medien keine Antwort erhalten. Offenheit in einem
so brisanten Fall sieht anders aus, zumal die Firma IDT Biologika
aus Dessau Roßlau explizit im Zusammenhang mit dem Blutserumskandal von unterschiedlichen Medien genannt wurde. U.a. heißt
es da: „Fast zynisch klingt die Werbung von IDT Bioligika Dessau
Roßlau ‚PMSG – der moderne Klassiker: Vertrauen Sie 100 Prozent
Natur‘, heißt es da in einer Broschüre. Versprochen wird da mehr
Wirtschaftlichkeit und eine höhere Ferkelproduktion. Mehr muss
bb
man dazu wohl nicht sagen.“