Mit einem Satz aus der Bibel … Einleitung zu Mt 12,1-8 (I/15/Fr) Mit einem Satz aus der Bibel lässt sich fast alles begründen. Man muss nur den richtigen finden: den, der zur eigenen Meinung passt. Dann jedenfalls hat man für seine eigene Meinung eine biblische Begründung. Aber ob das im Sinn Gottes ist, das ist eine andere Frage. Jesus jedoch lässt sich von solchen Bibelweisungen nicht beeindrucken. Als die Pharisäer ihm und seinen Jüngern mit Berufung auf die biblische Weisung vorhalten: „Sie tun, was am Sabbat nicht erlaubt ist“, hält er ihnen sofort ein anderes Bibelzitat entgegen: „Habt ihr nicht gelesen …“ (V. 3). Ja, Jesus weiß sogar zwei Beispiele zu zitieren, in denen deutlich wird: So einfach ist das mit dem Sabbatgebot nicht: David hat sich nicht daran gehalten (V. 3f.). Und selbst die frommen Priester „arbeiten“ am Sabbat, wenn sie im Tempel Dienst tun (V. 5). Ganz abgesehen davon, dass Gott – nach Jesu Ansicht – Barmherzigkeit will, und nicht Opfer. Also: den gütigen Blick auf die Menschen – und nicht die sture Regelbefolgung Gott gegenüber. Und damit zitiert Jesus wiederum die Bibel, diesmal das Wort eines Propheten (V. 7). Kurz: Mit der Bibel lässt sich alles begründen. Man muss nur die richtigen Sätze finden. Aber eines muss klar sein: Es steht in der Verantwortung der Menschen – und erst Recht der Religionsführer, welche Sätze ihrer eigenen Tradition sie in den Vordergrund rücken, und welche nicht. 1 Wer sich in jesuanischem Sinn sich auf die Bibel beziehen will, sollte immer im Ohr haben, welcher Grundsatz ihn steuert, wenn er zu Bibelversen greift: „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer.“ 2
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