rpp-katholisch.de ONLINE UNTERRICHTSWERK Name:_____________________ Datum:__________ Dialog: Jesus konnte über das Wasser gehen, deshalb ist er der Sohn Gottes. Was beweist das schon für seine Stellung vor Gott? Und woher weißt du überhaupt, dass Jesus über das Wasser gehen konnte? Es steht in der Bibel: Mk 6,48; Mt 14,15; Joh 6,19. Da habe ich aber einige Einwände: Warum ist eine für dich so wichtige Geschichte, die Jesu übernatürliche Rolle beweist, bei Markus, Matthäus und Johannes so unterschiedlich erzählt; Matthäus erzählt, dass auch Petrus auf dem See gelaufen sei, Johannes erzählt, dass Jesus nicht zu den Jüngern ins Boot gestiegen wäre, wie es Mk und Mt erzählen, sondern dass das Boot wie durch ein Wunder ganz schnell am Ufer war. Welche Version ist denn jetzt passiert? Und warum lässt Lukas eine so wichtige Geschichte einfach weg? Wenn Jesus über Wasser laufen konnte, konnte er es ja auch mehrmals machen. Dann haben alle drei Evangelisten Recht, und Lukas hat es nicht gewusst. Das ist eine lächerliche Ausrede: Warum sollte Jesus ständig über Wasser laufen? Um seine Göttlichkeit zu beweisen, habe ich doch gesagt. Wenn Jesus seine Göttlichkeit aber eindeutig bewiesen hat, wieso haben das die Menschen nicht gemerkt und ihn sogar von den Römern hinrichten lassen? Das hat uns Jesus klar erklärt: Sie sollen sehen und doch nicht sehen; hören und doch nicht hören. [Mk 4,12] Du gehörst auch zu den verstockten Zweiflern! Genau wie die Jünger, die nicht zur Einsicht kamen, weil sie so verstockt waren; [Mk 6,52] woher willst du wissen, dass ausgerechnet diese bösen Zweifler Jesu angebliche Beweise richtig wahrgenommen und verstanden haben? Du drehst einem das Wort im Mund herum. Ich zitiere die Bibel – genau wie du! Lieber würde ich anders mit dir reden! Man muss die Bibel mit gläubigen Augen lesen! Genau! Der Glaube kommt zuerst – und dann interessiert man sich für die Bibel. Aber du stellst den Glauben doch in Frage, wenn du bestreitest, dass die Bibel genau das berichtet, was tatsächlich passiert ist. Aber ich glaube doch: Ich glaube an Christus, den Auferstandenen, aber nicht an Christus, den Wasserläufer. Ich glaube an eine unsichtbare Wirklichkeit, die mich heute betrifft, und nicht an ein paar Ereignisse, die vor 2000 Jahren in einem fremden Land passiert sind. Ist etwa Jesus erst dann der Sohn Gottes, wenn er über Wasser laufen kann? Ist er für dich auch nur dann der Sohn Gottes, wenn er vom Kreuz steigen kann, wie die Leute sagen [Mk 15,30], oder wenn er vom Tempel springen kann, ohne sich weh zu tun, wie der Teufel vorschlägt? [Mt 4,6] Also, ich lasse mich jetzt nicht mehr weiter verwirren, ich bleibe bei meinem Glauben, dass die Bibel zuverlässig genau das berichtet, was passiert ist. Für mich ist das kein Glauben, sondern das Festhalten an einer Krücke, die jemand, der wirklich glaubt, gar nicht braucht. Ich finde dich ziemlich arrogant. Fragen zum richtigen Verständnis der Bibel Ein Richter möchte einen Zeugen im Gerichtssaal haben und mündlich befragen; er gibt sich nicht mit einer schriftlichen Erklärung zufrieden. Warum? Die Formgeschichte belehrt uns, dass in den Heilungs- und Streitgesprächsgeschichten nicht neutrale Augenzeugen, sondern Zeugen des Glaubens an den auferstandenen Christus sprechen, während die Erzählkerne der Gleichnisse vermutlich auf Jesus selbst zurückgehen: Reicht das für den Glauben? Kann man an ein historisches Ereignis glauben? Kann ein historisches Ereignis für den Glauben wichtig sein? Wenn Glauben ein unbedingtes Vertrauen in die Dinge ist, die man nicht wahrnehmen kann, wie der Katechismus sagt: Wie kann man die Gegenstände des Glaubens dann sichtbar machen? Religiöser Fundamentalismus und politischer Radikalismus Welche Folgerungen aus einem religiösen Glauben sind legitim – welche nicht? Kann man aus der Bibel (oder dem Koran) ableiten, dass ein bestimmtes Volk Anspruch auf ein bestimmtes Gebiet oder bestimmte Kultstätten hat: Z.B. den Tempel in Jerusalem, das Heilige Grab in Jerusalem, „This Land is your land, this land is my Land .. God blessed America for me“ [folksong Urfassung New York 1940], die heilige Erde des .. Volkes ? Darf man, um solche Stätten von den Fremden und Ungläubigen zu befreien, militärische Gewalt einsetzen? – Auch Widerstand, Aufstand oder Terror? Kann man aus der Bibel politische Richtlinien ableiten, z.B. Frieden schaffen ohne Waffen! Oder Bewahre die Schöpfung für die kommende Generation! Oder Es ist auch im Krieg nicht zulässig, eine Armbrust / eine Kampfdrohne einzusetzen! Oder Wir dürfen die Zwergsechsaugenspinne nicht aussterben lassen. Darf man aus der Tatsache, dass ein anderer Mensch der eigenen Religion nicht angehört oder etwas gegen sie unternimmt, den Schluss ziehen, dass er/ sie von Gott verworfen ist? Begeht jemand, der Gott für die Rettung aus einer großen Gefahr dankt, einen logischen Fehler, denn Gott hat ja andere nicht gerettet? Z.B. Ich war beim Boston Marathon gerade in der Minute der Explosion nicht in der Nähe der Bomben; kurz vorher bin ich vorbeigelaufen, und ich wollte zum Anfeuern zurückgehen Richtung Zieleinlauf.. oder: Als der Tsunami kam, hatte ich schreckliche Minuten im Wasser, aber vorbei an den ganzen Felsen und Häusern wurde ich von der Welle auf einen Sandstrand gespült, wo ich mich fast unverletzt retten konnte. .. Ich bin Gott so dankbar und spende erst mal eine Kerze. Könnte man von Gott nicht verlangen, dass er die Geschicke so lenkt, dass etwas mehr Menschlichkeit herrscht. (Zum Beispiel: Hätte er ein Attentat auf Hitler oder Stalin oder einen anderen Diktator nicht gelingen lassen können?) Sollte das Volk, das die richtige Religion hat, nicht auch die Welt beherrschen? Müssen nicht alle wirklich glaubenden und tief religiösen Menschen politische Verantwortung oder gar den Einsatz militärischer Gewalt ablehnen? Kann ein Christ General sein?
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