Trauerrede Jan Schlauskes

Oberweimar, 22. Juni 2015
„Er fehlt in unseren Reihen“
Trauerrede für unseren verstorbenen Genossen Frank Regulski
Lieber Björn, liebe Nina, liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde, liebe Genossinnen
und Genossen,
ich möchte Euch im Namen der Partei DIE LINKE. Marburg-Biedenkopf unser
herzliches Beileid zum Tode Eures Vaters und Eures Angehörigen aussprechen.
Unser Kreisverband trauert um unseren geschätzten und langjährigen Genossen,
Weggefährten und Freund Frank Regulski.
Viele Jahre war Frank eine der tragenden Säulen unserer Kreisorganisation. Von
2008 bis 2012 gehörte er dem Kreisvorstand an. Manchmal war er seiner Zeit
voraus. Noch vor der offiziellen Gründung unserer Partei durch den
Zusammenschluss von WASG und PDS wurde er am 22. Mai 2007 Mitglied der
LINKEN.
Diesen Schritt vollzog er nicht auf einer Laune oder einem Bauchgefühl, sondern aus
tiefster politischer Überzeugung. Sein Leben lang fühlte er sich der politischen
Linken, der kommunistischen und sozialistischen Arbeiterbewegung verbunden. Ich
sehe ihn vor mir, wie er bei Vorstellungsrunden immer wieder betonte, dass er seit 45
Jahren Mitglied dieser, unserer Partei sei. Viele Jüngere mussten erst schmunzeln,
weil ihnen nicht immer ganz klar war, welche Partei Frank damit eigentlich meinte.
Später, wenn Sie Frank kennengelernt hatten, kamen sie aus dem Staunen nicht
mehr heraus, wenn Frank über seinen politischen Lebensweg berichtete.
Wie er mit leuchtenden Augen davon erzählte, wie er an seinem 15. Geburtstag, also
1963, in die illegale KPD eingetreten ist. Als Junge trug er die Deutsche Volkszeitung
mit dem Fahrrad in Essen aus und saß unter der Bank, wenn sich die illegalisierten
Genossen bei ihnen zu Hause zu Beratungen getroffen haben. Sein Großvater, der
eine bedeutende Rolle in der Roten Ruhrarmee, die 1920 zur Abwehr des KappPutsches zum Mittel des bewaffneten Kampfes aufgestellt worden ist, gespielt hatte,
wurde zu seinem Vorbild. Später wurde Frank Mitglied der neukonstituierten DKP,
der er trotz widersprüchlichen und schmerzlichen Erfahrungen bis 1997 die Treue
hielt.
Frank war, auch aufgrund dieser Herkunft, ein linker alter Schule. Der
Hauptwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit musste zugunsten der arbeitenden
Klasse gelöst werden. Die Themen der neuen sozialen Bewegungen, etwa
Feminismus und Frauenquoten waren seine Sache nicht. Dennoch konnte man mit
ihm über solche Fragen diskutieren und er wurde von den Frauen im Kreisverband
sehr geschätzt.
Seine Parteiarbeit verstand er in der Tradition der kommunistischen Bewegung. Was
einmal beschlossen war, das galt es umzusetzen. Kein Zweifel, kein Harder. An
Beschlüsse galt es sich zu halten. Manchmal sprach er mich, den 30 Jahre
Jüngeren, sogar mit „Mein Vorsitzender“ an.
Die politische Einheit von Partei und Bewegung war ihm eine Herzensangelegenheit.
Spaltereien, Querelen und persönliche Nickligkeiten verabscheute er zutiefst. In den
zum Teil stürmischen Gründungszeiten unserer Partei mit Geburtswehen und
Kinderkrankheiten, gehörte Frank zu denjenigen, die maßgeblich dazu beitrugen,
dass schlingernde Schiff auf Kurs zu halten.
Frank war ein Organisator. Er kümmerte sich um das Büro, schrieb Protokolle und
kontrollierte die Beschlüsse. Als Wahlkampfleiter für die Bundestagswahl 2009 hatte
er eine wichtige Funktion für das historische Ergebnis von 11,63 Prozent in Marburg.
Eine Selbstverständlichkeit war es für ihn, sich bei Kreisparteitagen um die
Verpflegung zu kümmern. Viele von uns erinnern sich, wie er hingebungsvoll einen
großen Topf Erbsensuppe rührte. Selbstverständlich mit Würstchen, denn der
Wunsch nach fleischloser Kost und veganer Ernährung lösten bei ihm nur ein
Kopfschütteln aus.
Auch als geselliger Genosse wurde Frank in unseren Reihen sehr geschätzt. Er
liebte die endlosen Gespräche und Diskussionen im Anschluss an die Sitzungen in
Kneipen und Restaurants. Die Partei war für ihn mehr als ein Wahlverein. Sie war ein
sozialer Ort, gar ein Stück Heimat. Dabei hatte er große Erwartungen an die Partei.
Erwartungen, denen wir nicht immer gerecht werden konnten. Als Frank aufgrund
seiner Krankheit immer seltener bei uns sein konnte, haben einige von uns dennoch,
wie die heute anwesenden Heidi Hoffmann und Hartwig Weber, versucht den Kontakt
aufrechtzuhalten.
Wen man in den letzten Tagen auch gefragt hat, alle haben Frank für seine politische
Haltung großen Respekt gezeugt. Er war ein Mann des aufrechten Gangs. Sein
ehrliches und aufrichtiges Engagement für unsere Sache hat viele beeindruckt und
manch Jüngere an die Partei gebunden.
Nach meiner Wahl zum Kreisvorsitzenden 2009 überreichte er mir eine Glocke, die
er aus Rauschenberg mitgebracht hatte. Seitdem begleitet mich diese Glocke. Immer
wenn es zukünftig auf unseren Sitzungen hoch hergehen wird, und unter Linken wird
das so sein, und ich mit dem Läuten der Glocke die aufgebrachten Genossinnen und
Genossen versuche zur Ordnung zu rufen und mir Gehör zu verschaffen, dann wird
auch Frank dabei sein.
Wenige Tage vor seinem Tod war es Frank ein großer Wunsch, sich mithilfe der
Briefwahl an der Oberbürgermeisterwahl zu beteiligen. Zu Heidi sagte er: „Ich möchte
dem Jan doch helfen.“ Aus dem Büro heraus organisierten wir ihm die
entsprechenden Unterlagen. Ausfüllen konnte er sie nicht mehr. Den Wahlerfolg vom
14. Juni mit einem nahezu historischen Ergebnis für DIE LINKE. möchte ich auch ihm
widmen. Auch sein langjähriges Engagement hat diesen Erfolg möglich gemacht.
Heute trauern wir um Frank, der nicht mehr unter uns ist. Aber sein Traum von einer
solidarischeren und friedlicheren Gesellschaft ist lebendig. Wir werden weiter in
seinem Sinne an dessen Verwirklichung arbeiten.
Vielen Dank, mein geschätzter Freund und Genosse, dass wir mit Dir
zusammenarbeiten durften. Wir werden Dich stets in guter Erinnerung behalten. Du
fehlst in unseren Reihen. Unser Engagement für eine gerechte Gesellschaft geht
weiter.
Jan Schalauske