CBBL Forum Auslandsrecht Investieren in Vietnam 2015?

CBBL Forum Auslandsrecht
Investieren in Vietnam 2015?
Rechtsanwalt Dr. Matthias Dühn, LL.M.
Foreign Registered Lawyer (Vietnam)
Viet Diligence Legal (Vietnam) Ltd., Hanoi
Überblick Rechtsordnung Vietnam (I):
Im Zuge des Beitritts Vietnams zur Welthandelsorganisation
(WTO) im Januar 2007 wurde eine Vielzahl von Gesetzen
eingeführt, angepasst oder zum Teil vollständig erneuert.
- Nebeneffekt dieser radikalen Modernisierung des
Rechtssystems waren und sind jedoch immer noch viele
widersprüchliche und überlappende Regelungen.
- In der Praxis haben Ausführungsbestimmungen wie etwa
Dekrete, Direktiven oder Ministerialerlasse eine höhere
Bedeutung als die an sich übergeordneten Gesetze.
- Ebenso sind Justizwesen und Rechtsprechung in Vietnam
noch nicht mit deutschen Standards vergleichbar.
Überblick Rechtsordnung Vietnam (II):
Vertragsschluss und Anspruchsdurchsetzung:
- Es besteht weitgehend Vertragsfreiheit. Die gerichtliche
Durchsetzung vertraglicher Ansprüche in Vietnam ist
jedoch zeitaufwändig und unsicher im Erfolg.
- Sie sollten Ihre Ansprüche daher immer auch durch
(dingliche) Sicherheiten faktisch schützen.
- Ausländische Investoren sollten Schiedsgerichtsbarkeit
vereinbaren, im Regelfall in Singapur.
- Vietnam ist seit 1995 Mitglied des New Yorker
Übereinkommens
über
die
Anerkennung
und
Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche.
Überblick Rechtsordnung Vietnam (III):
Geschäftspartnersuche und Korruption:
- In Vietnam ist die Wahrscheinlichkeit, auf unseriöse
Vertragspartner zu stoßen, größer als in Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Daher sollten sich Investoren
vorab über den potenziellen Vertragspartner umfassend
informieren.
- Informelle Gebühren und unrechtmässige “Kickback”Zahlungen gehören häufig noch zum geschäftlichen Alltag
in Vietnam; und Sie sollten daher eine klare ComplianceStrategie für Ihre Unternehmungen in Vietnam haben.
Das neue Unternehmensrecht (I):
-
-
Das neue vietnamesische Unternehmensrecht (“Law on
Enterprises”, LOE) zielt auf eine weitere Vereinfachung
der Regeln für Unternehmensgründungen sowie der
internen Corporate Governance von Unternehmen ab.
Stärkere Orientierung als zuvor an international üblichen
Standards (z.B. bei Stimmrechten).
Trennung der Voraussetzungen für die Erteilung des sog.
“Business Registration Certificates” (BRC) im Rahmen der
Unternehmensgründung, sowie der Erteilung der
Investitionsgenehmigung
(“Investment
Registration
Certificate”, IRC) bei Investitionsvorhaben.
Das neue Unternehmensrecht (II):
-
-
Das neue LOI stellt insoweit zudem klar, dass
Investitionsgenehmigungen mittels Investmentlizenz
(“Investment Registration Certificate”, IRC) nur für
diejenigen ausländische Investoren vorgesehen sind, die
51% oder mehr des Stammkapitals bzw. der Anteile der
Investitions-Gesellschaft halten möchten.
Investitionsprojekte
mit
einem
ausländischen
Kapitalanteil von weniger als 51% werden umgekehrt
durchgängig als rein inländische Investitionsprojekte
betrachtet und bedürfen daher über das BRC hinaus
keiner zusätzlichen Investitionsgenehmigung mehr.
Das neue Investitionsgesetz (I):
Paradigmenwechsel im neuen LOI:
- Unter dem alten Investitionsgesetz (“Law on Investment”,
LOI) wurden ausländische Investitionsgenehmigungen
oftmals verweigert oder verzögert, soweit das
beabsichtigte Investitionsvorhaben nicht ausdrücklich
gesetzlich zulässig war.
- Das neue LOI kehrt diesen Grundsatz insoweit um, als
ausländischen
Investoren
nunmehr
sämtliche
Geschäftsaktivitäten in Vietnam erlaubt sind, die nicht
ausdrücklich gesetzlich verboten oder beschränkt sind.
Das neue Investitionsgesetz (II):
Klarstellung der “bedingten” Investitionsvorhaben:
- Das neue LOI umfasst eine neue “Anlage 4” mit einer
abschliessenden Liste der 267 (!) bedingten, d.h.
genehmigungspflichtigen
Geschäftsbereiche
bzw.
Investitionsvorhaben.
- Zwar klingt 267 zunächst nach sehr vielen Bereichen.
Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die neue Anlage 4
nunmehr
sämtliche
bedingte
und
damit
genehmigungspflichtige Bereiche abschliessend regelt,
ohne darüberhinaus gehende zusätzliche Anforderungen
aus spezialgesetzlichen Regelungen.
-
Das neue Investitionsgesetz (III):
-
-
-
Klare Verbesserung zum alten LOI: Dort gab es zwar nur
neun (9) recht allgemein gehaltene “bedingte”
Investitionsvorhaben.
Im Übrigen verwies das alte LOI in einer Generalklausel
auf "andere gesetzlich bedingte Geschäftsbereiche", die
in der Praxis von Behörden per Verwaltungsvorschrift
konkretisiert werden durften.
Das neue LOI stellt nunmehr klar, dass Verwaltungs- und
Lizensierungsbehörden von nun an nicht mehr in der
Lage
sein
werden,
eigenmächtig
bedingte
Geschäftsbereiche verbindlich zu bestimmen.
Fristen für Investitionsprojekte:
-
-
Das neue LOI verkuerzt Genehmigiungszeiten weitgehend
auf nur 15 Arbeitstage.
Dabei ist jedoch anzumerken, dass bereits unter dem
alten LOI die gesetzlichen Rahmen oftmals nicht
eingehalten wurden bzw. Genehmigungsbehörden die
gesetzlichen Fristen häufig dadurch “verlängert” haben,
dass Unterlagen aus verschiedensten Gründen als nicht
“vollständig” betrachtet wurden.
Es bleibt daher abzuwarten, ob sich die tatsächlichen
Genehmigungszeiten durch die neuen Regelungen
verkürzen werden.
Weitere investitionsrechtliche Aspekte (I):
Steuersätze und Investitionsanreize:
- Der Körperschaftsteuersatz beträgt in Vietnam seit 2014
nur noch 22% (und 20% ab 2016).
- Unternehmensgewinne lassen sich nach Steuerzahlung in
aller Regel problemlos ins Ausland transferieren.
- Es besteht ein progressiver Einkommensteuersatz von
fünf bis 35% Spitzensteuersatz (bei über 3,700 USD).
- Das vietnamesische Investitionsrecht bietet Ihnen eine
Vielzahl attraktiver Investitions- und Steueranreize, wenn
Sie in bestimmte Bereiche (z.B. Gesundheitswesen, IT,
High-Tech, erneuerbare Energien u.a.) investieren.
Weitere investitionsrechtliche Aspekte (II):
Lohnkosten und Arbeitsrecht:
- Lohnkosten für gering-qualifizierte Mitarbeiter liegen
noch vergleichsweise niedrig.
- Personalkosten für hochqualifizierte Mitarbeiter können
jedoch über denen in anderen ASEAN Staaten liegen (z.B.
Buchhalter, Manager sowie Ingenieure und Techniker).
- Das vietnamesische Arbeitsrecht ist traditionell sehr
arbeitnehmerfreundlich.
- Wichtig sind klare und vollständige Arbeitsverträge und
„Internal Labour Regulations“, die insbesondere
Voraussetzung für fristlose Künigungen sind.
Weitere investitionsrechtliche Aspekte (III):
Schutz geistigen Eigentums:
- In Vietnam kann der Schutz von Geschäftsgeheimnissen
und geistigem Eigentums in der Praxis recht einfach
umgangen werden.
- Sie können sich nicht immer allein auf die behördliche
Registrierung Ihrer Eigentumsrechte verlassen.
- Geistiges Eigentum sollte daher unter keinen Umständen
an vermeintlich vertrauensvolle Geschäftspartner
übertragen werden (insbesondere Joint Venture Partner)!
- Vorsicht bei Lizensierungen!
Joint Ventures – Überblick (I):
-
-
-
Identifikation eines geeigneten JV-Partners: In Vietnam
oft ein schwieriger und langwieriger Prozess.
Gute Joint-Venture-Partner haben oft schon ihre
ausländischen Geschäftspartner gefunden.
In manchen Fällen ist bereits die Anzahl geeigneter
Kandidaten schlichtweg von vornherein begrenzt, da nur
wenige über bestimmte, zwingend erforderliche
Qualifikationen verfügen (z.B. in Bezug auf Kapital, Knowhow oder Lizenzen).
Die Suche „auf eigene Faust“ ohne kompetente Hilfe ist
mit großen finanziellen und zeitlichen Risiken verbunden.
Joint Ventures - Überblick (II):
-
-
-
Soweit ein geeigneter Joint-Venture Partner identifiziert
ist, sollte dieser auf „Herz und Nieren“ auf Integrität und
geschäftlichen Hintergrund geprüft werden.
Mittelständler sollten zumindest versuchen, die Integrität
Ihrer potentiellen Joint-Venture-Partner in einem
vereinfachten dreistufigen Verfahren zu prüfen.
Allerdings sollte man sich – gerade bei hohem Risiko nicht nur auf öffentlich zugängliche Information
verlassen, sondern die zuvor genannten Quellen
gründlich mit der Befragung lokaler Geschäftsleute und
Einrichtungen kombinieren.
Joint Ventures - Geschäftspartnerprüfung (I):
1. Schritt: Grobe Risikoeinstufung des potenziellen JVPartners. Diese Einschätzung hängt von verschiedenen
Faktoren ab, wie z.B. Inhalt der Zusammenarbeit,
Staatsunternehmen
involviert
...
Diese
grobe
Risikoeinstufung resultiert in Einstufung „niedriges“,
„mittleres“ sowie „hohes Risiko“.
2. Schritt: Bei mittlerem oder hohem Risiko werden
spezifische Informationen über den geplanten JV-Partner
gesammelt. Dies können u.a. Unternehmens- und
Kreditberichte sowie Hinweise über den Ruf des
Unternehmens, vergangene Gesetzesverstöße etc. sein.
Joint Ventures - Geschäftspartnerprüfung (II):
3. Schritt: wenn „hohes“Risiko vorliegt, sollte man den
potentiellen JV-Partner auffordern,
eine
Selbsteinschätzung auf Grundlage eines oder mehrerer
Fragebögen zu liefern.
Wenn die Kooperation – auch nach der Selbstauskunft - ein
hohes Risiko bedeutet, sollte sich der JV-Partner, z.B. per AntiKorruptionsklausel im JV-Venture-Vertrag, verpflichten, in
Einklang mit den geltenden Anti-Korruptionsgesetzen zu
handeln. Zudem sollte der JV-Vertrag bei Verstoß eine
sofortige Kündigung des JV-Vertrages ermöglichen. Ein
Auditrecht ist in diesem Zusammenhang sinnvoll.
Joint Ventures - MoU / Vertragsverhandlung (I)
Nach erfolgreicher Geschäftspartnerprüfung:
- In einem "Memorandum of Understanding" (MoU) oder
„Letter of Intent“ (LOI) sollten, zunächst in allgemeiner
Form, Art, Umfang und Ort der Tätigkeiten aufgeführt
werden sowie die Dauer der Partnerschaft, Finanzierung,
Ausstattung und Management in Grundzügen geregelt
werden.
- Rechtliche Aspekte sind wichtig, aber nicht alles
überragend: Bedeutung bei der JV-Verhandlung sind vor
allem die langfristige Beziehung der Parteien sowie eine
faire Verteilung der Geschäftsrisiken.
Joint Ventures - MoU / Vertragsverhandlung (II):
-
-
-
So können frühzeitig Schwierigkeiten vermieden werden,
wenn es um die detaillierteren Bestimmungen des
späteren JV-Vertrages geht, z.B. im Hinlick auf
Kapitalisierung, Finanzierung und Personal.
Wichtig: Einigung über Dauer des JV-Vertrages sowie
Fristen, innerhalb derer Übertragung von Eigentum,
Verantwortung und Rechten stattfinden soll.
Soweit sich bereits in den Vorgesprächen zeigt, dass eine
Einigung über die Art der Tätigkeiten, die Finanzierung,
das Management etc. nicht erreicht werden kann,
können Verhandlungen frühzeitig abgebrochen werden.
Überblick Anti-Korruptionsrecht Vietnam:
Transparency International: Platz 119 (von 174)
- Die „United Nations Convention against Corruption“
(UNCAC) regelt u.a. die Haftung für direkte und indirekte
Bestechung und Schmiergelder, unter die auch Zahlungen
an Agenten und Vermittler fallen, soweit diese gezahlte
Honorare zur Bestechung Dritter verwenden.
- In Vietnam wurde ein Anti-Korruptionsgesetz auf
Grundlage der UNCAC erlassen (public officials)
- „Foreign Corrupt Practices Act“ sowie „UK Bribery Act“
haben extra-territoriale Wirkung.
- Verstärkte internationale Zusammenarbeit!
Beispiel - Agenten und Vermittler (I):
Vermittler und Agenten treten in vielfacher Form in
Erscheinung, z.B. als Broker oder Händler, als Reisebüros
oder Veranstalter, als Hafen- oder Zollagenten usw.
Gemeinsam ist diesen Vermittlern, dass sie vertraglich,
geografisch und professionell von den sie beauftragenden
Unternehmen unabhängig sind.
Unternehmer in der Zwischenschaltung lokaler Vermittler
und Agenten oft einen eleganten Weg, über bestimmte
Geschäftsdetails gar nicht allzuviel wissen zu müssen.
-> Aber: Korruption lässt sich nicht „outsourcen“!
Beispiel - Agenten und Vermittler (II):
Fallgruppe 1 - Zahlungen an einen Vermittler, um lukrative
Verträge mit Kunden zu sichern:
- Der Vermittler seinerseits setzt die Zahlungen dazu ein,
diese potentiellen Kunden zu bestechen.
- Diese Zahlungen werden in den Büchern des
Unternehmens dann häufig als "Sonderaufwendungen" ,
"Beratungshonorar"
oder
„Aufwendungen
für
Vertriebsprovisionen“ erfasst.
- Aber: Derartige Verschleierungsversuche bleiben den
Finanz- und Steuerbehörden in aller Regel nicht
unerkannt!
Beispiel - Agenten und Vermittler (III):
Fallgruppe 2 - Einladungen und Geschenke:
- So ist z.B. der Kauf eines Luxusautos für den
vietnamesischen Transportminister auch nicht erlaubt,
wenn die Zahlung durch den Vermittler erfolgt!
- Dasselbe gilt für die Reise-und Aufenthaltskosten für den
Minister, wenn die bezahlte Reise keinen Zusammenhang
mit dem in Frage stehenden Geschäft hat bzw.
vorwiegend privater Natur ist, oder dritte Personen wie
Ehefrauen, Kinder oder Freunde einschliesst.
- Hier müssen die Umstände des Einzelfalls genau
untersucht werden.
Zusammenfassung - Anti-Korruption:
-
-
-
Korruption lässt sich nicht „outsourcen“!
Auch fahrlässiges Vertrauen auf Vermittler, ohne
effektives „Business Partner Screening“, stellt eine
erhebliche Haftungsgefahr dar!
Agenten und Vermittler, soweit deren Einsatz
unausweichlich erscheint, müssen mit höchster Sorgfalt
ausgewählt und kontinuierlich überwacht werden.
Die Abhängigkeit von Agenten führt zudem zu einer
Erosion der Unternehmenskultur. Bestechung ist auf
lange Sicht stets nachteilig für Unternehmen, auch und
gerade in Vietnam und den ASEAN-Staaten!
Rechtsanwalt Dr. Matthias Dühn, LL.M. (Georgetown)
Foreign Registered Lawyer (Vietnam)
E-Mail: [email protected]
http://www.vietdiligence.com
Viet Diligence Legal (Vietnam) Ltd.
68 Nguyen Du Street, 3rd Floor, Hai Ba Trung District, Hanoi
Phone: +84(0) 4 3998 9767 / Mobile: +84(0) 914 247 295