Neue Möglichkeiten durch TPP in Vietnam

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Ausgabe 2 | 9. März 2016
Neue Möglichkeiten durch TPP in Vietnam
Oliver Massmann
Kanzlei Duane Morris,
­Vietnam
Vietnam steuert mit der Unterzeichnung der Trans-Pacific Partnership (TPP) auf eine neue Phase der wirtschaftlichen Zusammen­
arbeit zu. Das Land wird zur Schnittstelle zwischen der ASEAN und den TPP-Mitgliedsländern. Vietnamesische Hersteller werden
sich noch stärker in die weltweiten Produktions- und L­ ieferketten integrieren. Dadurch ergeben sich große Absatzmöglichkeiten
für deutsche Maschinenbaufirmen und eine ­Produktionsalternative zu China.
OMassmann@
duanemorris.com
Das folgende Interview mit Oliver Massmann, Kanzlei Duane Morris, Vietnam,
führte C
­ hristine Heinze, Director, Bayerische ­Landesbank, im Rahmen des BayernLB Trade & Export Finance Day.
[email protected]
© Roni-G/iStock/Thinkstock/Getty Images
22 Heinze: Wie schätzen Sie die aktuelle
und zukünftige wirtschaftliche Lage Vietnams ein?
Massmann: Vietnam ist, wirtschaftlich
gesehen, sehr gut für die Zukunft aufgestellt. Das Wirtschaftswachstum betrug
im vergangenen Jahr knapp 6% und
führte zu einem Bruttoinlandsprodukt
von 187,5 Mrd USD. Außerdem bietet die
vietnamesische Bevölkerung einen wachsenden Anteil an Arbeitskräften, so sind
derzeit 60% der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter. Das Durchschnittsalter liegt
bei 27,8 Jahren und somit unter dem
weltweiten Durchschnitt. Die demographische Dividende wird sich in Zukunft
bemerkbar machen. Vietnam erwirtschaftet 80% seines Bruttoinlandsprodukts im
Export. Für ein solch exportorientiertes
Land hat ein Freihandelsabkommen
enorme Bedeutung und Auswirkungen.
Vietnam ist aber auch bedeutend für die
Christine Heinze
Director,
Bayerische Landesbank
Leichterer Zugang zu fernen Märkten – in der Halong-Bucht werden Waren auf kleine Lastboote verladen.
umliegenden Volkswirtschaften und für
die Weltwirtschaft.
22 Heinze: Ist Ihrer Meinung nach das
neue vietnamesische Investitionsrecht
maßgeblich für das weitere Anziehen der
dortigen Wirtschaft?
Massmann: Neue Definitionen, Regelungen und Zeitspannen führen zu einer
starken Vereinfachung. Dies wird, u.a.
durch erhöhte Investitionen aufgrund
steigender Attraktivität für Investoren,
einen positiven Einfluss auf das Wirtschaftswachstum in Vietnam haben. Die
wesentlichen Vorteile sind die Verringerung der verbotenen und begrenzt möglichen Geschäftstätigkeiten, flexiblere
M&A- Regelungen und eine Erleichterung
der Stammkapitalregularien.
22 Heinze: Vietnam hat 2015 weitere Abkommen abgeschlossen. Was ist die TPP
und wie stark kann sie die Wirtschaft der
einzelnen Mitglieder, v.a. Vietnams, beeinflussen?
Massmann: Die Transpazifische Partnerschaft (TPP) ist bisher das größte Freihandelsabkommen und deckt 37,6% des
globalen Bruttoinlandsprodukts ab.
Unterzeichner sind u.a. die USA, Australien, Japan, Malaysia und Singapur. Die
Kernbestimmungen des Abkommens
beschäftigen sich mit den Themen
Arbeitsnormen, Handel und Umwelt,
Investitionen, Wettbewerbspolitik sowie
Marktzugang.
Regionalen Herstellern wird somit die
Möglichkeit eröffnet, in weltweite Lieferketten einzutreten. Der erweiterte Marktzugang wird die Wirtschaft ankurbeln. Für
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22 Heinze: Was ist für Sie der außergewöhnlichste Charakterzug der TPP?
Massmann: Innerhalb der TPP wird
jedem Land die Möglichkeit geboten
(sollten Rechtsstreitigkeiten entstehen),
den dem Abkommen zuwiderhandelnden Partner in seinem eigenen Land zu
verklagen. Ist zum Beispiel ein amerikanisches Unternehmen der Ansicht, ein vietnamesischer Zuschlag für eine Ausschreibung sei nicht rechtskonform, so hat das
amerikanische Unternehmen die Möglichkeit, Vietnam auf US-Boden nach USRecht zu verklagen.
22 Heinze: Auch die EU hat die Bedeutung Vietnams erkannt und unterzeichnete ein Freihandelsabkommen, welches
2017 ratifiziert werden soll. Worin bestehen die Vorteile?
Massmann: Dies ist das zweite Freihandelsabkommen der EU mit einem
ASEAN-Staat, daher gestaltet sich der
Inhalt ähnlich. Die Kernthemen sind Zölle,
der Handel mit Waren, Investitionen,
Wettbewerbsrechte und nachhaltige Entwicklung. Konkret werden nach dem
Abkommen zwischen der EU und Vietnam
99% aller Zölle in einem Zeitraum von sieben Jahren wegfallen. Der vietnamesische Markt wird hierbei für alle europäischen Lebensmittel geöffnet, wohingegen der Fokus der EU zu Beginn auf dem
Textil- und dem Schuhsektor liegt.
22 Heinze: Wie beurteilen Sie somit die
Gesamtentwicklung Vietnams in den folgenden Jahren?
Massmann: Vietnam hat zwei sehr
bedeutende Handelsabkommen vor sich,
durch die es sich wirtschaftlich immer
mehr an Industriestaaten annähert und
Teil von deren Liefer- und Produktionsketten wird. Die Öffnung westlicher Märkte
wird bei gleichbleibender wirtschaftlicher
Situation am Gesamtmarkt einen stabilen
Aufschwung für Vietnam bringen.
Neben den Ländern Brunei, Malaysia
und Singapur stellt Vietnam die Schnittstelle zwischen ASEAN und der TPP dar.
Vietnam ist jedoch klar in führender Rolle
innerhalb dieser vier Länder – sowohl aus
makro- als auch aus mikroökonomischer
Sicht.
So kann Vietnam im Zuge der TPP
davon profitieren, dass China nicht Teil
des Abkommens ist. Chinesische Hersteller und Unternehmen werden gezwungen, Standorte in Vietnam zu eröffnen
und dort zu produzieren, um weiterhin
konkurrenzfähig zu bleiben und alle bisherigen Kunden bedienen zu können, da
gleichbleibende Lieferbedingungen aus
China teurer sein werden. Dies wird wiederum zu einem starken Anstieg der viet-
namesischen Wirtschaft führen und
sowohl BIP als auch Export stimulieren.
22 Heinze: Sehen Sie Vorteile für deutsche Unternehmen durch die Unterzeichnung der TPP entstehen?
Massmann: Die Wertschöpfungskette
der im TPP-Raum gehandelten Produkte
ist im Abkommen festgelegt. Demnach
müssen jene Produkte, welche unter den
Bedingungen der TPP gehandelt werden,
auch im exportierenden Land produziert
werden. Deutschen Maschinenherstellern
wird die Möglichkeit gegeben, das Eröffnen dieser Wertschöpfungskette zu
begleiten und v.a. vietnamesische Textilproduzenten mit Maschinen zu beliefern.
Das Hauptaugenmerk des vietnamesischen Exports liegt auf dem Textilbereich,
100% des Garns, das für die Textilproduktion in Vietnam verwendet wurde, war
chinesischen Ursprungs. Um nun die
Textilprodukte gemäß den TPP-Freihandelsbedingungen verkaufen zu können,
muss das Garn nun auch in Vietnam produziert werden. Hierfür bedarf es moderner Maschinen, wobei Vietnam nicht in
der Lage ist, diese selbst zu produzieren.
22 Heinze: Wie müssen sich deutsche
Unternehmen aufstellen, um an der Entwicklung zu partizipieren?
Massmann: Es ist wichtig, dass deutsche Unternehmen vor Ort präsent sind,
sei es durch einen Handelsvertreter, eine
Repräsentanz oder eine Niederlassung.
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Vietnam spielt die TPP eine besondere
Rolle, da seine wichtigsten Handelspartner – USA und Japan – darin vertreten
sind. Vietnam kann in Zukunft ca. 30% seines Außenhandels über die TPP abwickeln. Die erheblichen Handelserleichterungen werden laut Berechnung des
World Economic Forum zu einem Zuwachs
des vietnamesischen BIP um 28,2% in den
nächsten zehn Jahren führen.
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