Rettet die DDR – Moderne! Denkmalpflegerische Konzeption und

Tagung 2015: „Transparente Oberflächen auf Holz“
Fachgruppe Möbel und Holzobjekte
Mit freundlicher Unterstützung
Samstag, 7.11.2015
15:00 Uhr
Zusammenfassung
Rettet die DDR – Moderne!
Denkmalpflegerische Konzeption und deren Umsetzung an
Cellulosenitratbeschichtungen einer hölzernen Raumschale
Eberhard Roller
Im Jahre 1956 wurde die Kunsthochschule (KHS) Berlin um einen Neubau erweitert, welcher u.a.
eine als Raumkunstwerk konzipierte Aula birgt. Selman Selmanagić, Tischler, Bauhaus-Student
unter Mies van der Rohe und Widerstandskämpfer, bekleidete als Architekt lange Jahre eine
Professur just an dieser Hochschule und gestaltete die Räume in der Architektursprache der ostdeutschen Nachkriegszeit. Ausgeführt wurde von dem traditionsreichen „VEB Deutsche Werkstätten Hellerau“. Ein wandgroßes realsozialistisches Wandgemälde in der Voraula wird gefolgt
von einer holzgetäfelten Raumschale im Festsaal selbst mit einer qualitätvollen baukünstlerischen
Ausstattung subtil aufeinander abgestimmter Formen, Farben und Materialien.
Die von einem Sponsor getragene Restaurierungskampagne an dieser kaum überformten Anlage
wird von einem wissenschaftlichen Beirat eng begleitet und tritt mit dem Anspruch einer exemplarischen Würdigung der frühen DDR-Moderne an, von welcher nur noch erstaunlich wenige herausragende Beispiele existieren. Unter anderem war es eines der letzten Projekte des Beirates
Dr.h.c.H.F. Reichwald (verstorben Jan. 2014), Nestor des Studienganges Restaurierung in Stuttgart.
Wohltuend präzise konzeptionelle Debatten werden interdisziplinär geführt und ermöglichen,
unterlegt von hinreichender finanzieller Ausstattung, einen Umgang mit dem Bestand, dessen
Maßstäbe trotz komplexer Modernisierungen an Haus- und Konferenztechnik Rückführung auf die
ursprüngliche Zeitschicht und Erstrangigkeit des Erhaltungsgedankens sind.
Nach umfassenden Voruntersuchungen wird ab 2011 ausgeführt. Im Zentrum der Restaurierung
stehen neben dem Wandbild rund 620 qm Wandgetäfel, Türen und Deckenverkleidung in Edelhölzern mit bauzeitlichen Cellulosenitrat-Beschichtungen, partiell mit Alkydharzlacken überfangen.
Sie sind durch UV-Eintrag weitgehend ihrer ursprünglichen Farbigkeit beraubt, die Beschichtungen
verschmutzt, eingetrübt und partiell verloren.
Wie ist damit umzugehen? Wie weit hilft die Analytik? Was tun mit Farbigkeit und Transparenz?
Wo legt man die Grenze zwischen Patina und zu behebendem Schadensbild? Nach welchen
Kriterien? Hierzu werden basierend auf Vorversuchen differenziert abgestufte Bearbeitungsvarianten entwickelt.
Voruntersuchung – Regenerierung – Schichtentrennung - Rekonstruktion sind die zentralen
Instrumente, welche die Arbeit an diesen Holzoberflächen prägen. Die Verzahnung denkmalpflegerischer Konzepte, intimer praktischer Kenntnisse historischer Ballenpoliertechniken und
robuster Baulogistik sind für den Erfolg eines solch großen restauratorischen Projekts unerlässlich.
Rund 95% der Beschichtungen werden letztlich gehalten, Überlackierungen entfernt, teilweise
wird neu beschichtet.
Das gesamte Vorhaben wird mit dem Architekturpreis Berlin 2012 ausgezeichnet.
KHS Berlin-Weißensee, Aula gegen Nordwesten,
Zustand 2013
Fotos: ©Wüstenrot Stiftung / Philipp Lohöfener.
KHS Berlin-Weißensee, Aula gegen Südosten 3,
Zustand 2013
Kurzbiografie
1958 geboren im Schwäbischen, seit über 30 Jahren in Berlin, 2 Kinder
Die Werkstatt für Restaurierung & Konservierung existiert seit 1983 in einem kleinen Kreuzberger
Gewerbehof. Inzwischen betreuen wir - mit einem im Schnitt fünfköpfigen Kollegium - Kunst und
Kulturgut mit dem Schwerpunkt Möbel, Holzobjekte und Raumausstattungen der letzten fünf
Jahrhunderte. Wir beraten, erstellen Gutachten und entwickeln Konzeptionen. Wir führen
Konservierungen und Restaurierungen sowie Rekonstruktionen aus.
Kontakt
Eberhard Roller
Waldemarstr. 24, 10999 Berlin
01636151146
[email protected]