Allgemeine Messtechnik | Signalerzeugung und -analyse Besser als Real-Life: Radarechos vom Zielsimulator Die Radarsensorik war bisher eines der letzten Elektronikbereiche im Automobilbau, die sich realitätsnahen Tests in Labor und Fertigung entzogen. Szenarien mit mehreren bewegten und statischen Zielen in unterschiedlichsten Entfernungen ließen sich einfach nicht mit vertretbarem Aufwand innerhalb eines Gebäudes nachbilden. Mit dem Automotive Radar Target Simulator ARTS 9510 wird genau das zur einfachen Übung. Als wesentliche Komponenten fortgeschrittener Fahrerassistenzsysteme (ADAS) haben Radarsensoren innerhalb weniger Jahre eine ganz neue Klasse an Komfort- und Sicherheitsfunktionen in den Fahrzeugen möglich gemacht. ADAS-Applikationen wie Bremsassistent, Spurwechselassistent oder automatische Distanzregelung greifen aktiv in die Fahrzeugführung ein und sind daher hochgradig sicherheitsrelevant. Entsprechend streng sind die Anforderungen an die Zuverlässig keit dieser Systeme. Ausgiebige Feldversuche müssen der Markteinführung vorausgehen. Vorher jedoch sollten Labortests bereits alle wesentlichen Situationen in realitätsnahen Testszenarien vorweggenommen haben. Dies auch aus wirtschaftlichen Gründen, denn Testfahrten sind teuer und zeitaufwendig, Labortests dagegen relativ preiswert, zügig durchführbar und – in der Messtechnik immer erwünscht – unter definierten Bedingungen wiederhol- und variierbar. Diese Vorzüge kommen mit dem Radar-Zielsimulator ARTS9510 jetzt auch Tests an allen Bordsystemen zugute, die Radarsensoren nutzen. BILD 1: Radar-Sensoren finden sich heute schon in allen Fahrzeugklassen. Der Radar-Zielsimulator ARTS9510 ermöglicht erstmals den Aufbau flexibler Testeinrichtungen unter Laborbedingungen dafür. 34 Für alle Einsatz- und Radar-Szenarien Die ARTS 9510-Familie wurde speziell für den AutomotiveBereich entwickelt, also für Radare in den Frequenzbändern 24 GHz und 77 GHz. Dank ihrer flexiblen, zukunftssicheren Architektur können die Geräte aber nicht nur mit FMCW-Signalen umgehen, sondern beherrschen das komplette Spektrum der Radartechnologien. Vielseitigkeit ist auch sonst in jeder Hinsicht Trumpf. Passend für den vorgesehenen Einsatzfall und die abzubildenden Radareigenschaften lässt sich die Geräteplattform maßgeschneidert konfigurieren. Die Variationsmöglichkeiten umfassen sowohl die Bauweise (Desktopgerät mit integriertem PC und grafischer Bedienoberfläche oder fernbedientes Systemgerät) als auch die Modulbestückung (Frequenzbereiche, Bandbreiten, optionale Erweiterungen). Was die simulierten Entfernungen, Auflösungen und Objektgeschwindigkeiten betrifft, erfüllt ARTS alle gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen. Nahbereichsradare, etwa für Parkassistenten, werden ebenso präzise bedient wie weit vorausschauende Systeme, denen Objekte bis zu einer Entfernung von 2,4 km und mit Radialgeschwindigkeiten bis 700 km/h vorgespiegelt werden können. Optional lässt sich sogar die Tangentialkomponente der Objektbewegung darstellen (angle of arrival). Ob im Labor oder in der Produktionshalle: ARTS passt! Die Hornantenne (optional ist auch bistatischer Betrieb mit zwei Antennen zur Steigerung der Dynamik möglich) kann hinten, seitlich oder am Geräteboden platziert werden, sodass bequeme Tischaufbauten ebenso wie die Bestückung horizontaler und vertikaler Testkammern möglich sind (BILD 2). Ein zusätzlicher Freiheitsgrad ergibt sich durch die Montage des Mikrowellen-Transceivers entweder für horizontale oder vertikale Polarisation der Signale. Wem selbst diese Möglichkeiten noch nicht reichen, kann das hochkompakte, nur etwa streichholzschachtelgroße Transceiver-Modul auch abgesetzt betreiben, was die Einsatzmöglichkeiten, z. B. in EMV-Kammern, noch einmal drastisch erweitert. Ganzheitlich gedacht: ARTS als Komponente in HIL-Systemen Der Trend zu autonomen Fahrzeugen wird immer mehr und anspruchsvollere Testfälle generieren, um die Komplexität realer Situationen möglichst umfassend abzudecken. Dabei genügt es nicht mehr nur, den Signalverkehr über die leitungsgebundenen Bussysteme (CAN, FlexRay, LIN etc.) zu stimulieren und auszuwerten; vielmehr ist es für eine realitätsnahe Systemnachbildung unabdingbar, alle Regelkreise über die involvierten HF-Verbindungen (GPS, Radar, C2C, eCall etc.) zu schließen. HIL-Systeme (Hardware-in-the-Loop) dafür müssen dazu mit diversen Luft-(=Funk-)Schnittstellen ausgerüstet werden. ARTS ist eine solche Schnittstelle, alle weiteren lassen sich über das Rohde & Schwarz-Messgeräte programm ergänzen. Der Radar-Zielsimulator selbst gibt sich BILD 2: ARTS9510-Bau- und -Betriebsarten: Tischgerät mit Touch-Bedienoberfläche und rückseitiger Antennenplatzierung, Systemgerät mit seitlicher oder bodenseitiger Antennenanordnung. NEUES 213/15 35 Allgemeine Messtechnik | Signalerzeugung und -analyse Beispiel für ein Automotive-Radar-Testsetup ARTS-Bedienoberfläche Produktions-Steuerrechner LAN Automotive-Radarsensor KontrollEin- / Ausgänge Signal- und Spektrumanalysator R&S®FSW Oszilloskop R&S®RTO Vektor-Signalgenerator R&S®SMW 200A 3-Pfad-Leistungssensor R&S®NRPxxS BILD 3: Der Zielsimulator ARTS9510 in einem beispielhaften Setup mit ergänzenden Messgeräten: Signal- und Spektrumanalysator mit Radar-Analysesoftware, Oszilloskop zur Signalvisualisierung, Signalgenerator zur Signalbeeinflussung, Leistungssensor zur präzisen Messung der Sendeleistung. kontakt- und anpassungsfähig. So kann der A nwender über die mitgelieferten DLL /API-Bibliotheken eigene Signal- und Steuerungs-Routinen entwickeln, um zum Beispiel nichtlineare Bewegungsprofile zu generieren. Dank der großen Speichertiefe sind darüber hinaus auch Multiziel-Szenarien programmierbar, die sich über einen langen Zeitraum (20 bis 30 Minuten, je nach Anzahl der Zielparameter und deren Wechselhäufigkeit) entwickeln und jedes Ziel mit einer individuellen Dynamik ausstatten. Ein ZF-Kontrollausgang erlaubt die Analyse des empfangenen Signals mittels externer Messgeräte. BILD 3 zeigt mögliche Erweiterungen, mit deren Hilfe ein Radarsignal eingehend untersucht werden kann. Insbesondere die Kombination mit einem Signal- und Spektrumanalysator R&S®FSW ergibt ein umfassendes Bild. Dient ARTS primär zur funktionalen Bewertung von Radarsensoren und zum Schließen des Signalwegs im Rahmen von HIL-Szenarien, erlaubt der R&S®FSW eine exakte automatische Vermessung der Signale selbst. 36 Mögliche Schwachstellen und Optimierungspotenziale von Sensoren lassen sich so schnell identifizieren (siehe Artikel auf Seite 30). Fazit ARTS9510 ist ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt in dem Bemühen, die steigende Komplexität des Systems Automobil durch hoch entwickelte Messtechnik funktional und sicherheitstechnisch unter Kontrolle zu halten. Automobil hersteller, Tier-1-Ausrüster, Sensor- und Chipset-Hersteller können mit diesem Gerät jetzt in jeder Phase des Entwicklungs- und Herstellungsprozesses reproduzierbare, verlässliche Testbedingungen schaffen, um den Aufwand für Testfahrten sowie die Entwicklungszeiten drastisch zu reduzieren. Ergänzt um weitere HF-Messgeräte aus dem Rohde & Schwarz-Programm, lässt sich ARTS9510 zu einer vollständigen Testumgebung für Radartechnologie erweitern. Udo Reil; Lutz Fischer; Volker Bach
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