Phönix aus der Asche? Nr 4 Art_ 12

MESSEN UND KONGRESSE
Der Azadi Tower ist das Wahrzeichen
von Teheran, der iranischen Hauptstadt.
Phönix aus der Asche?
Iran zurück auf der internationalen Handelsbühne
Die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran sind Geschichte. Jetzt beginnt eine
neue Ära der wirtschaftlichen Entwicklung. News-Redakteur Hendrik Fuchs sprach
mit dem Unternehmer Mossadegh Hamid über die damit verbundenen Chancen
für den deutschen Mittelstand.
FOTO: BUSINESSFOTOGRAFIE INGA HAAR
W
Mossadegh Hamid (61) ist Geschäftsführer
der Dimah GmbH mit Sitz in Ostfildern bei
Stuttgart, einem Unternehmen das sich
auf das Thema Markenkommunikation im
Raum spezialisiert hat. Der gebürtige
Iraner lebt seit seinem 16. Lebensjahr in
Deutschland und hat 2008 ein eigenständiges Unternehmen im Iran gegründet.
Selbst der geistliche Führer Ali Chamenei hat ein Interesse
daran, dass das Land wirtschaftlich vorankommt und modernisiert wird. Der Islam gibt zwar den Rahmen vor, letztlich
wird aber auf der politischen Ebene der Weg hin zu diesem
Ziel festgelegt. Das heißt, das Volk kann zum Teil durch die
Wahl beeinflussen, welche Richtung das Land einschlägt. Mit
der Wahl von Hassan Rohani zum Staatpräsidenten im Jahr
2013 haben sich die Menschen für eine politisch weltoffene
Richtung und für einen Weg der Mitte entschieden – eine
riesige Chance für das Land, das durch die Herrschaft seines
Vorgängers, des konservativen Mahmud Ahmadinedschad,
sehr gelitten hat.
as ist für Sie als gebürtiger Iraner das Faszinierende am Iran?
Mossadegh Hamid: Ich habe im Iran bis zu meinem 16. Lebensjahr gelebt. So sind mir die Kultur, die Traditionen und die Gegebenheiten des Landes von klein auf bestens vertraut. Diese Wurzeln haben mich geprägt.
Mein Herz schlägt daher einerseits für Deutschland, aber andererseits natürlich auch
für den Iran. Nicht zu vergessen ist die sehr geschichtsträchtige Vergangenheit des
Landes, die mich immer wieder aufs Neue fasziniert.
Das Land am Persischen Golf ist fast fünfmal größer als die Bundesrepublik, hat aber
mit rund 80 Millionen ähnlich viele Einwohner. Etwa 70 Prozent der Menschen dort
sind unter 30 Jahren und es gibt rund vier Millionen Studenten – nicht uninteressant
für die deutsche Wirtschaft, wenn es um das Thema Fachkräfte geht. Die wirtschaftliche Vielfalt vor Ort sucht im Mittleren Osten ihresgleichen. Was den Iran zudem
auszeichnet, ist sein starker Wille zur Modernisierung, der leider immer wieder durch
Kriege und Unruhen ausgebremst wurde. Aber die Aufhebung der Sanktionen hat das
ganze Land elektrisiert. Der rapide Anstieg der Börsenparameter in Teheran beweist
das große Vertrauen in die Zukunft des iranischen Markts. Und auch in Deutschland
spürt man diese Aufbruchstimmung: Noch vor zwei Jahren hat sich niemand für das
Thema interessiert, heute bin ich ein gefragter Gesprächspartner.
Aktuell gibt es sehr starke Spannungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien, ganz
zu schweigen von den anderen Krisenherden in der Region. Was spricht aus Ihrer
Sicht dennoch für ein Engagement im Land am Persischen Golf?
Als gebürtiger Iraner habe ich da vielleicht eine etwas andere Sichtweise der Dinge. Ich glaube nicht, dass es zwischen dem Iran und Saudi-Arabien in Zukunft zu
030_DIE NEWS 01_02/2016
FOTO: SHUTTERSTOCK
Inwieweit beeinflusst die Religion die wirtschaftliche
Entwicklung?
Wie steht es denn um das Thema Korruption?
Korruption ist nach wie vor ein großes Problem, wobei es
unter den Unternehmen in Familienhand weniger verbreitet
ist als bei den Staatskonzernen. Jedenfalls kann man ohne
Bestechungsgelder Geschäfte machen, denn viele iranische
Unternehmen sind sehr daran interessiert, gute Kontakte zu
deutschen Mittelständlern aufzubauen. Kleine Geschenke
hingegen sind im Iran etwas ganz Normales und in der Geschäftskultur tief verankert: Erst freundet man sich an und
wenn die Chemie stimmt, werden Geschäfte gemacht, häufig
bei einer Tasse Tee. Apropos Tee: Viele Konflikte lassen sich
im Iran besser bei einem guten Tee klären als über Rechtsanwälte. Gibt es dennoch größere so nicht lösbare rechtliche
Probleme, empfehle ich eine auf iranisches Recht spezialisierte Kanzlei, die es auch in Deutschland gibt. Unterstützung
bietet ebenfalls die AHK in Teheran.
Gibt es von Seiten des iranischen Staats Förderprogramme für
deutsche Unternehmen?
Die gibt es. Interessant sind auch die Freihandelszonen, die
in fast jeder größeren Stadt zu finden sind. Zudem werden für
deutsche Unternehmen kostenlose Grundstücke und diverse
Steuererleichterungen offeriert, vor allem im wirtschaftsschwachen Osten des Landes.
FOTO: BUSINESSFOTOGRAFIE INGA HAAR
einer direkten militärischen Konfrontation kommen wird.
Spannungen zwischen den beiden Ländern gab es schon immer. Diese werden sich aber nicht auf das Wachstum im Land
auswirken. Also gilt für ein Engagement im Iran das Motto
„Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. In vielen Bereichen hat
die iranische Wirtschaft extremen Nachholbedarf und über
viele Jahre wurden Investitionen zurückgehalten. Jetzt ist ein
idealer Zeitpunkt, um aktiv zu werden. Bereits jetzt tut sich
einiges: Momentan sind über 50 Fünf-Sterne-Hotels und rund
300 Einkaufsmalls im Bau. Und in Teheran entsteht gerade
ein neues Messegelände, das in etwa so groß ist wie das der
Messe München.
Gefragter Gesprächspartner: Hamid (l.) bei einer Veranstaltung zum
Thema „Wirtschaftsstandort Iran“ des Vereins Berliner Kaufleute
und Industrieller (VBKI) Mitte November. Mit dabei war auch der
deutsche Ex-Botschafter im Iran, Dr. Bernd Erbel (r.).
Sie sind bereits seit acht Jahren selbst mit einem Unternehmen
in Teheran präsent. Wie können Sie deutsche Firmen dabei unterstützen, im Iran Fuß zu fassen?
Mit dem Unternehmen Dimah Iran AG bin ich im Bereich
Kommunikation, Messebau und Events aktiv und daher vor
Ort bestens vernetzt. Meine Erfahrungen und Kontakte nutze
ich, um Unternehmen zu beraten, die den iranischen Markt
erschließen möchten – im Idealfall in einem ersten Schritt über
eine Messepräsenz oder ein besonderes Event. Im Zusammenspiel mit der Dimah GmbH hier in Ostfildern bei Stuttgart
können wir für die Unternehmen die gesamte Abwicklung von
der Auswahl passender Messen, über die Konzeption und Genehmigungen bis hin zum Aufbau übernehmen. So steht einer
Präsenz etwa auf dem neuen Teheraner Messegelände nichts
im Wege. Übrigens können interessierte Unternehmen bei der
Dimah GmbH ab Mitte Februar kostenlos eine Iran-Broschüre
mit vielen Tipps ordern. Zudem würde ich Unternehmern
empfehlen, sich das Land einmal vorab in Ruhe anzuschauen
und die Mentalität der Menschen kennen zu lernen, natürlich
inklusive eines Messebesuchs.
WWW.DIMAH.DE
WWW.DIMAH.IR
ZAHLEN UND FAKTEN
Die islamische Republik Iran gilt als schlafender Riese.
Mit seinen knapp 80 Millionen Einwohnern und seinen
1.648.195 Quadratkilometern Fläche zählt das Land zu
den 20 größten und bevölkerungsreichsten Staaten der
Erde. Iran verfügt weltweit über die viertgrößten Erdölreserven und die zweitgrößten Erdgasvorkommen. Weitere
wichtige Wirtschaftssparten sind Maschinenbau, Textilindustrie, Baustoffproduktion und die Landwirtschaft.
Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf betrug 2013 bei
knapp 5.000 Dollar. Die Arbeitslosenquote lag 2013 bei
13,2 Prozent.
DIE NEWS 01_02/2016_031