Ursula Meierkord: „Verstärkter Musikunterricht an Ganztagsschulen

Ursula Meierkord:
„Verstärkter Musikunterricht an Ganztagsschulen“
Bericht der Arbeitsgruppe mit Hans Jünger
Eine Chance der Ganztagsschule liegt in der Einbindung der Freizeitaktivitäten in
den schulischen Rahmen. Für musikalische Aktivitäten würde das bedeuten, dass
ein Zugang zu musikalischer Bildung auch Schülerinnen und Schülern ermöglicht
wird, die durch das Elternhaus weniger an solche Angebote herangeführt werden.
Der Unterricht fände in einer vertrauten Umgebung statt. Das könnte die Schwelle
verringern, allein oder zusammen mit anderen ein Instrument zu erlernen.
Lernen mehr Schülerinnen und Schüler ein Instrument spielen, profitiert davon auch
der Pflichtunterricht. Ein auf diese Weise verstärkter Musikunterricht wirkt sich positiv
auf die Motivation und die Arbeitshaltung der Schülerinnen und Schüler auch
anderen Fächern gegenüber aus.
Verstärkter Musikunterricht erfordert Kooperation zwischen schulischen und
außerschulischen Partnern, in der Regel der Musikschule.
Die Arbeitsgruppe hat die Bedingungen für eine gut funktionierende Kooperation
diskutiert. Grundlage war das Modell der „Julius-Leber-Schule“ in Hamburg, an der
Hans Jünger lange Zeit Lehrer war. (Siehe auch Web-Site der Schule) Diese Schule
ist zwar keine Ganztagsschule, kann aber mit ihrem umfangreichen
freizeitpädagogischen Angebot Anregungen bieten.
Hans Jünger sieht folgende Aufgaben auf der Seite der Heranwachsenden, denen
die Schule nachkommen muss:
Orientierung und Auswahl, Kompetenzerwerb und Anwendung.
Orientierung und Auswahl kann hauptsächlich im Klassen- und Kursunterricht
innerhalb des Pflichtbereiches stattfinden. Schülerinnen und Schüler machen
verschiedene Erfahrungen mit Musikarten und dem Umgang mit Musik. Sie werden
bei der eigenen Auswahl unterstützt.
Der Kompetenzerwerb findet je nach Spezialisierung im Pflicht- oder Wahlbereich
statt. Im Klassen- und Kursunterricht des Pflichtbereichs werden grundlegende
Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen vermittelt (z. B. in Bezug auf den Umgang
mit Gefühlen, rhythmischen Fähigkeiten, Verständigung über Musik).
Der Erwerb spezieller Kompetenzen sowie ihre Anwendung findet im Wahlbereich
in entsprechenden Ensembles statt (Chöre, Orchester, Bands, Tanzgruppen). Es
können aber auch befristete Projekte sein: Improvisationsworkshops,
Musicalaufführungen, Opern- oder Konzertbesuche.
Sollen Kinder und Jugendliche in ihrer Schulzeit eine breites Angebot musikalischer
Tätigkeiten kennen lernen und ihre eigenen Profile entwickeln, wie sie sich
musikalisch betätigen wollen, muss das Bildungsangebot differenziert werden. Es
muss ein vielfältiges Wahlangebot vorhalten und die individuelle Wahrnehmung
dieses Angebotes ermöglichen. Für die Ganztagsschule bedeutet das, dass sie auf
die Nachfrage bezogen entsprechende Kurse und Ensembles einrichtet. Ist das mit
ihren eigenen personellen Mitteln nicht möglich muss sie mit außerschulischen
Anbietern kooperieren. Nehmen Schülerinnen und Schüler diese Angebote
außerhalb der Schule war (z. B. Einzelunterricht), ist zu überprüfen, ob diese auf
schulische Verpflichtungen (Anwesenheit, Leistungsnachweise) angerechnet werden
können.
Vor allem die gebundene Ganztagsschule bietet durch die Rhythmisierung des
Schultages besonders gute Möglichkeiten musikalische Bildung aus ihrer
randständigen Position herauszuholen, sie mit anderen Bildungsangeboten zu
vernetzen und ein reichhaltiges schulisches Musikleben entstehen zu lassen.
Je differenzierter es ist, desto mehr muss koordiniert werden, sonst entstehen viele
Reibungsverluste. Dazu ist es erforderlich, dass Lehrkräfte von beiden Seiten
regelmäßige Konferenzen durchführen, um die entsprechenden Abstimmungen
vornehmen zu können. Für die Fülle der Organisationsaufgaben muss es mehrere
Koordinatoren mit entsprechendem Stundenausgleich geben, denn diese Tätigkeiten
können nicht nebenbei erledigt werden (z. B. Management von
Instrumentalunterricht, Planung und Durchführung von Veranstaltungen, Abstimmung
mit den Angeboten anderer Fächer usw.)
Der Schulträger muss ausreichend Stellen und Honorarmittel zur Verfügung stellen,
um zu mindest den Pflichtunterricht und eine Grundausstattung an Wahlangeboten
abzusichern.
Die Eltern bezahlen den Instrumentalunterricht für ihr Kind. Bei Bedürftigkeit werden
sie durch staatliche Zuschüsse oder Elternvereinen, Patenschaften oder Sponsoren
übernommen.