Rezession zum Tatort Dinner „Mord in Paris“ In Nordrhein-Westfalen gibt es seit einiger Zeit ein so genantes „Tatort Dinners“. Dabei handelt es sich um Theaterstücke die zusammen mit einem gemütlichen Essen angesehen werden können. Auf der Internetseite (www.tatort-dinner.de) heißt es dazu: „Sie haben doch bestimmt schon einmal etwas über Krimishows mit einem vorzüglichen Dinner gehört! In England und den USA gibt es sie schon seit Jahren: die DINNERUNTERHALTUNG! Die Gäste speisen in einem stilvollen Ambiente und erleben hautnah eine spannende Show, die jeden mitreißt. Es gibt weder eine Bühne, noch wird ein künstlicher Abstand zu den Schauspielern geschaffen. Ganz im Gegenteil, denn alles geschieht ringsum unter den Gästen. Und damit nicht genug: Die Zuschauer werden sogar selbst ein Teil des Geschehens!“ Dieses Angebot kann in vier unterschiedlichen Bühnenshows, davon drei Theaterstücke und ein Musical, erworben werden. Einen festen Spielort gibt es nicht, sondern er wechselt nach einem Rotationssystem zu unterschiedlichen Hotels im Ruhrgebiet. Ab 63 Euro, kann das Theaterstück „Mord in Paris“ erlebt werden. Die Geschichte dazu ist schnell erklärt: „Mademoiselle Tütü, die Patronne des Variétés, feiert Geburtstag und hat extra aus diesem Anlass ein grandioses Programm zusammengestellt. […] Plötzlich eskaliert die Situation! Mitten in spannenden Zaubernummern und fröhlichem "Cancan" passiert etwas Ungeheuerliches: Ein Mord! Zum Glück haben Mademoiselle Tütü's Geburtstagsgäste so einiges beobachtet….“ Der Zuschauer ist bei dieser Art des Dinners ein Statist der mitten im Geschehen ist. Man darf also als Teilnehmer einiges erwarten. Diese Erwartung wird auch erfüllt. Kurz vor Beginn wird man von den Schauspielern in ihrer Rolle begrüßt. hierbei merkt man schnell, dass Schauspielstück ist anders als die anderen und da kommt noch einiges auf einen zu. Bevor man nun zu seinen Platz geleitet wird darf man sich noch kurz vorher mit den Schauspielern vor einer roten Windmühle, die das Moulin Rouge symbolisieren soll, ablichten lassen. Insgesamt wirkten die Schauspieler sehr bemüht und kollegial, auch gegen das Essen, ein 4 Gänge Menü, kann nichts eingewendet werden, es entspricht den Erwartungen eines Hotelessens. Die meisten Gerichte sind in rot gehalten um den blutigen Charakter des Stücks zu betonen An einem Tisch sitzen mindestens acht Personen, was, wenn man Glück hat, sehr unterhaltsam sein kann. Leider war dies auch schon das Einzige, was man von dieser Veranstaltung positives berichten kann. Bei Beginn der Veranstaltung wird versucht etwas Witz in die Vorstellung, durch die Identifikation einiger Gäste als Berühmtheiten wie z.B. Monet zu bringen. Dies wird jedoch so dermaßen übertrieben, dass es zu einer Aneinanderreihung von Namen ausartet, die nur noch nervig ist. Die Geschichte wirkt sehr platt und wird genauso schnell erzählt, wie sie uninteressant ist. Die schauspielerische Leistung der Akteure passt sehr gut in die einer mittelmäßigen RTL-Soap. Alles wirkt sehr aufgesetzt und gezwungen. Etwas mehr Ernsthaftigkeit und weniger Witz bzw. Albernheit hätte dem Stück sicherlich gut getan. Die meisten Witze in diesem Stück beschränken sich in den vermeintlich witzigen Namen der Protagonisten der aus französischen Assoziationen von Sehenswürdigkeiten oder Produkten besteht. Als Beispiel kann Kommissar Pierre Camembert genannt werden oder Madame Tütü. Wenn der Name nicht mehr als Belustigung ausreicht, werden sexuelle Zweideutigkeiten verwendet die eher peinlich sind und bestenfalls ein Schmunzeln auf den Lippen hinterlassen. Kostprobe: Ein Gast wurde als vermeintlicher Künstler erkannt und soll nun eine Darstellerin zeichnen. „Wie hättest du mich den gern, so oder so? Oder doch lieber hier von hinten?“ Ja, witzig… Besonders witzig und clever soll der später auftauchende Kommissar wirken, der sich jedoch als eine schlechte Columbo-Imitation entpuppt an der man sich schnell Leid gesehen hat. Wenn man nicht von dem Kommissar genervt war, war man es sicherlich von der Madame Tütü. Ihr Parfum war dermaßen aufdringlich, dass es schon als Belästigung aufgefasst werden konnte. Etwas mehr Rücksicht auf die Gäste, die essen wollen wäre da sehr rücksichtsvoll gewesen. Ein genussvolles Essen kann sich bei diesen Umständen nicht einstellen. Jedoch muss gesagt werden, dass sich die Rolle der Madame Tütü ganz gut in das Auftreten der anderen Protagonisten einordnet. Diese kommen so dermaßen selbstverliebt daher, dass eine wirkliche Interaktion untereinander kaum stattfindet. Es ist mehr ein Neben- als ein Miteinander, dieses Verhalten hat man bestenfalls im Kindergarten gesehen. Insgesamt wirkte die Aufführung wie ein Zuschnitt für die ältere Generation. Dieser Verdacht erhärtet sich bei der Musik die während des Essens gespielt wird. Ein WDR 4 Hörer hätte seine Freude daran. Sie kennen wohl ihr Publikum, denn die ältere Generation schien sich sehr über die gemachten Anspielungen und Einbeziehungen zu amüsieren. Lichtblicke in dieser Aufführung sind die Gesangseinlagen, da die Protagonisten besser singen als schauspielern können. Bei der der Vorführung im „Ringhotel Katharinenhof“ in Unna wäre ein größerer Raum für das Schauspiel nicht verkehrt gewesen, einige der Gäste saßen mit dem Rücken zum Geschehen, wodurch man nach der Aufführung auch noch etwas hatte: Nackenstarre. Obwohl der Raum recht überschaubar und etwas lauteres Sprechen jeder verstanden hätte, wurde ein Mikro verwendet und mit Hall unterlegt, vermutlich um den Raum etwas mehr Größe zu verleihen. Ebenso klein, aber ausreichend waren die Tische. Sie waren so voll mit Geschirr und Dekorationen gestellt, dass man schon bei der Ablage der Serviette Probleme bekam eine geeignete Stelle zu finden. Ebenso prunkvoll wie die Tische sollten wohl auch die Kostüme der Schauspieler wirken, ganz im Stil des alten Paris Ende des 19. Jahrhunderts. Jedoch hätte man sich dabei um die Gegebenheiten zu dieser Zeit besser informieren müssen. Wodurch ihnen einige Fehler unterliefen und dadurch eher alles wie gewollt aber nicht gekonnt aussah. Als Beispiel kann die Fotokamera die zum Fotografieren verwendet wurde genannt werden. Sie sollte den Anschein geben, dass man sich in einer alten Zeit befinde, jedoch reicht es nicht aus eine Digitalkamera in einen Holzkasten zu stecken. Ein Stativ hätte dem Geschehen mehr Autensität gegeben. Ein weiterer schlimmer Fehler fand sich auch in den Kostümen wieder, Nylonstrümpfe waren 1889 nicht bekannt. Wenn man dies schon ignoriert sollte man jedoch schon eine klare Linie fahren und sich einigen welche man trägt, mit Naht oder ohne. Für eine richtige Identifikation mit der alten Zeit wäre diese Frage nicht unerheblich. Auch die Armbanduhr einer der Darstellerinnen störte eher, als das sie half dem Geschehen glauben zu schenken. Die Armbanduhr war jedoch wohl nötig, um zu sehen wie lange dieses Stück noch dauern würde, was man sich bei insgesamt 4 Stunden schon mehrmals fragte. Das Stück hatte teilweise seine Längen in der man getrost seine Erledigungen für den nächsten Tag im Kopf durchgehen konnte ohne etwas Wesentliches vom Geschehen zu verpassen. Leider kann man sich während der Aufführung nicht mit seinem Nachbarn unterhalten, wodurch die Veranstaltung eher einem Theaterbesuch gleicht als einem netten Essen in einer schönen Atmosphäre. Wer also auf ein nettes Abendessen mit einer schönen Unterhaltung aus ist, sollte von einem Besuch dieser Veranstaltung absehen. Die Idee mag dabei ganz nett erscheinen zwei schöne Dinge, Theater und Essen, miteinander zu verbinden, doch gelingt dies nicht besonders gut. Zu einem unterhaltsamen Abend gehört mehr als ein paar Leute etwas vortragen zu lassen und dabei ein Essen zu servieren, wirklich schade. Wenn man sich diese Stück dennoch anschauen möchte ist eine Empfehlung für Leuten zu geben die an einer Unterhaltung keine großen Ansprüche stellen und auch im Urlaub mit dem Unterhaltungsprogramm im Hotel voll und ganz zufrieden sind.
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