DVD n e w s , g o o d i e s & g i v e a w ay s Roland Joffé Vi er Frag en an d en britisch en Reg isseu r 06 Die unter Joffés Regie entstandenen „Killing Fields” und „Mission” sind oscarprämierte Klassiker. Mit „Glaube, Blut und Vaterland” (jetzt erhältlich) widmete sich der 66-jährige Brite erneut grossen Themen rund um Geschichte und Religion. Wie war Ihre Reaktion, als Ihnen das Projekt angeboten wurde? Ich bin kein besonders religiöser Mensch. Aber ich bin von Religion fasziniert. Ein Grund war meine Faszination mit der Rolle, die die Kirche zur Zeit des spanischen Bürgerkriegs spielte. In vielerlei Hinsicht war die Kirche an beiden Fronten vertreten. Der Sozialismus ist stark vom Christentum geprägt, gleichzeitig hatte die Kirche großen Einfluss auf die vorherrschende Hierarchie. Ich wollte mich auf einen Priester konzentrieren und wie er mit dieser Situation umging. Ich wollte außerdem jede Polemik vermeiden. Es werden viele polemische Filme gedreht, die sich alle im Kreis drehen. Um das zu vermeiden, fing ich an, in der Geschichtsliteratur nach Ereignissen zu suchen, in denen die Menschen nach ihrem Herzen, nicht nach der Ideologie gehandelt haben. Ich sah eine DVD mit Filmaufnahmen von Josemaría Escrivá in Argentinien. Er sprach dort vor einigen tausend Leuten. Ein junges Mädchen vertraute ihm an, dass es zum katholischen Glauben wechseln, aber nicht ihre jüdischen Eltern verärgern wollte. Und Josemaría antwortete ihr, ohne einen Moment zu zögern: „Mein liebes Mädchen, die eigenen Eltern zu ehren, ist Gott sehr, sehr wichtig. Du trägst Gott in deinem Herzen. Er würde nicht von dir verlangen, etwas zu tun, was deine Eltern verärgern würde.” Das ist mein Idealbild von dem, was Religion sein sollte: aufgeschlossen, engagiert und zutiefst menschlich. Nach welchen Qualitäten suchen Sie bei Ihren Schauspielern? Ich suche bei ihnen nach einer Art und Weise, wie sie ihren Charakteren entsprechen. Ich suche nach Schauspielern, die von Natur aus die für eine Rolle benötigten Qualitäten verkörpern. Charlie Cox strahlt diese selbe liebenswerte Wärme aus, die auch Josemaría besaß. Charlie nahm die Rolle sehr ernst und da ich meine Schauspieler gerne improvisieren lasse, fühlte ich, dass er in diese Rolle hineinwachsen würde. Wes hingegen war eine geplagte Seele. Der Schmerz und die Qualen, die ihm gegen Ende des Films ins Gesicht geschrieben sind, kann man nicht schauspielern, solange man sie nicht selber erlebt hat. Olga ist die Greta Garbo unserer Zeit, ihr steht noch eine große Karriere bevor. Sie strahlt diese jugendliche, ausgelassene Leidenschaft aus. Meiner Meinung nach ist große Schauspielerei nicht die Schauspielerei, sondern das „Sein”. Meine Aufgabe als Regisseur besteht darin, den Schauspielern einen Raum zu schaffen, in dem sie mit der Rolle eins werden können. Ich gebe den Schauspielern emotionale Erinnerungen, etwa durch Musik oder Geschichten. Und Stück für Stück lernen sie, das Innenleben des Charakters zu verstehen. Eine sehr sanfte, osmotische Herangehensweise, die tolle Ergebnisse hervorbringen kann. Manolo, der Erzähler des Films, wäre aufgrund seiner Handlungen in jedem anderen Film der Böse- wicht. Gab es Sorgen darüber, dass der „bad guy“ in Ihrem Film der Protagonist ist? Manolo ist ein Teil von mir. Ein Teil von allen Menschen, die kein Ziel im Leben haben. Das ist der zentrale Punkt des Films, aus zweierlei Gründen. Erstens hätte Josemaría gesagt: „Dreht keinen Film über mich, dreht einen Film über die Welt, in der ich lebe.” Zweitens: Der Gedanke, einen – im christlichen Sinne – Sünder zu verstehen, sollte das Thema des Films werden. Mich faszinierte die Frage, ob ich diese Figur erschaffen könnte, die diese innere Leere für den Zuschauer so spürbar macht, dass man sich wünscht, dass er am Ende seinen Frieden findet. So etwas habe ich bis jetzt nur in sehr wenigen Filmen gesehen. Es geht gewissermaßen um die Auswirkungen des Kriegs, aber in erster Linie geht es um das Leben selbst. Religion ist ein Teil des Lebens. Die Gesellschaft, in der wir heute leben, gründet sich auf der Religion. In der Wissenschaft hat sich vielerorts der Gedanke etabliert, dass der Mensch nur ein Sack voller zusammengewürfelter Chemikalien ist und alles im Leben nur rein zufällig geschieht. Meiner Meinung nach ist das eine sehr traurige Vorstellung ohne jede Poesie. Ich denke, dass der Mensch viel komplexer ist, als es diese Einstellung zum Leben erklären würde. Erzählen Sie uns etwas über ihr aktuelles Projekt! Ich arbeite zur Zeit an einem komplett andersartigen Film mit dem Namen „Singularity”, der in Indien, Australien und Großbritannien gedreht wird. Ein Liebesfilm mit Quantenphysik. Josh Hartnett ist großartig in der Hauptrolle. Bipasha Basu – eine wunderbare indische Schauspielerin – spielt ebenfalls mit. Sie ist ein großer Star in Indien und ich denke, dass sie nach diesem Film auch in Europa ein großer Star sein wird. Nicolas Hennemann
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