Wochenzeitung, Ausgabe: Koblenz, vom: Donnerstag

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Blick aktuell - Koblenz Nr. 08/2016
TOP-THEMA
Mahnwache abgesagt - Bürgerinitiative „Lebenswertes Rübenach“ e.V. befasst sich nun mit Kompromissvorschlag von SPD und CDU
Geplante Erweiterung des
GVZ an der A61 erhitzt die Gemüter
Stadtratsvorlage wurde abgesetzt
Koblenz-Rübenach. In Rübenach
gibt es eine Art „Shitstorm“, denn
hier hängt der Haussegen schief:
Flyer, Mahnwache, Bürgerinitiative
und eine Pressekampagne gegen
ein Projekt, das bisher noch nicht
beschlossen ist. Es geht um die
Erweiterung des Industrie- und
Gewerbegebiets A 61, das, nach
Meinung der Bürgerinitiative „Lebenswertes Rübenach“ e.V., bis
an die Bebauung von Rübenach
reicht.
Aufgrund einer Anfrage von „Blick
aktuell“ an die beiden Rübenacher Stadtratsmitglieder folgte
dann eine gemeinsame Presseerklärung der CDU und SPD-Stadtratsfraktion („Blick aktuell“ vom 18.
Februar, Seite 14). In dieser stellten die kommunalen Volksvertreter sich schützend vor die Rübenacher, indem sie in der nächsten
Stadtratssitzung einen Antrag mit
sechs Eckpunkten stellen wollen.
Doch das scheint vielen Bürgern
des Stadtteils nicht zu reichen.
Auf der Website „Unser Ruebenach“ werden die Stadträte und
auch das Projekt in mehr als 30
Beiträgen, also eine Art „Shitstorm“, hart angegangen. Daneben gibt es im Netz auch eine offene Petition mit der Überschrift
„Für den Erhalt der Rübenacher
Gemarkung“. Den Einwohnern
geht es wohl nicht darum, wie nah
das Industriegebiet an die Wohnbebauung kommt, sie wollen einfach keine Erweiterung des GVZ
und damit den Erhalt von Wiesen,
Feldern und Bäumen in der Gemarkung.
In der vergangenen Koblenzer
Stadtratssitzung hatte die Verwaltung einen Beschluss vorgelegt, in
dem über die Einleitung von vorbereitenden Untersuchungen zur Gewinnung von Beurteilungsgrundlagen für die Festlegung eines städtebaulichen
Entwicklungsbereiches abgestimmt werden sollte.
Ziel und Zweck der Entwicklungsmaßnahme ist die Schaffung von
gewerblich-industriellen Erweiterungsflächen an der A61/L52 zur
Bedarfsdeckung des Oberzentrums Koblenz. Dabei sollen aber
die Belange des Umweltschutzes,
der verkehrlichen Auswirkungen,
der Landwirtschaft und der dortigen Eigentumsverhältnisse berücksichtigt werden. Diese beiden
Auf der Karte für die Stadtratsmitglieder sind die Untersuchungsflächen gelb dargestellt. Darin sollen dann Entwicklungsflächen für Industrie und Gewerbe ausgewiesen werde..
fast 190 Hektar großen Untersuchungsgebiete sind in den Bereichen Aachener Straße und Anderbachstraße wohl zu nah an der
Wohnbebauung, meint man in Rübenach. So hat auch der Rübenacher Ortsbeirat die Vorlage zwei
Tage vor der Stadtratssitzung abgelehnt und deshalb wurde sie
auch dort von der Tagesordnung
genommen.
Mahnwache abgesagt
Knaak: Noch Beratungsbedarf
Thomas Knaak, Pressesprecher
der Koblenzer Stadtverwaltung,
schrieb auf Anfrage von „Blick aktuell“: „Der Punkt wurde abgesetzt,
weil es Beratungsbedarf gegeben
hat. Die Bürgerinitiative gibt es in
Rübenach schon lange. Zunächst
einmal muss man festhalten, dass
es ein Missverständnis gab. Man
ist davon ausgegangen, dass die
Untersuchungsfläche dem geplanten Entwicklungsbereich entspreche. Dies ist nicht der Fall. Mit der
Untersuchung soll festgestellt werden, welche Flächen sich für den
Entwicklungsbereich eignen. Die
beiden Ratsfraktionen wollen für
die nächste Sitzung am 17. März
einen gemeinsamen Antrag einbringen, der etwa eine Flächenbe-
mehr habe. „Damit kann eine wesentliche Aufgabe des Oberzentrums Koblenz als landesweit bedeutsamer Gewerbe- und Arbeitsmarktstandort in Kürze nicht mehr
wahrgenommen werden“, heißt es
wörtlich in der Beschlussvorlage
und weiter: „Es ist daher kurzfristig
zwingend erforderlich und liegt im
öffentlichen Interesse, Flächenreserven für die gewerblich-industrielle Entwicklung und die bereits
vorliegenden Bedarfe schnellstmöglich baurechtlich zu entwickeln, sowie in der Folge dann
auch den notwendigen Grunderwerb vorzubereiten und in die Wege zu leiten.“
Trotz „schnellstmöglich“ dauert es
vermutlich noch Jahre, bis hier die
ersten Unternehmen bauen können. Denn, nach einem Einleitungsbeschluss des Stadtrates
muss erst die Obere Landesplanungsbehörde der sogenannten
Zielabweichung
zustimmen,
schließlich liegen Teile der vorgesehenen Flächen in einem Regionalen Grünzug an der L 52 sowie
in einem Vorranggebiet Landwirtschaft des regionalen Raumordnungsplanes Mittelrhein-Westerwald. Und bis das alles mit Untersuchungen, Gutachten, Beteiligungen, Einwänden und Bedenken,
vor allem bei der Landwirtschaft,
über die Bühne ist, wird noch viel
Wasser durch den Anderbach fließen.
Es könnte sein, dass dieser schöne Blick auf Rübenach in geraumer Zeit
nicht mehr möglich ist, wenn Bäume, Felder und Wiesen im Vordergrund
dem Industriegebiet geopfert werden.
Foto: HEP
grenzung und eine Abstandszone
zur Wohnbebauung enthält. Dann
sollte die Untersuchung wieder
durch die Gremien laufen und beschlossen werden.“
Dabei wäre es aus Sicht der Stadt
wohl schon richtig gewesen, wenn
der Rat diesem, von der Verwaltung vorbereiteten Beschluss zugestimmt hätte. Hintergrund ist,
dass in einem Entwicklungsgebiet
die Grundstückspreise eingefroren
sind und auch Veränderungen, al-
so Kauf und Verkauf, nur unter besonderen Bedingungen zulässig
sind. Ansonsten kann nur schwer
ein zusammenhängendes Gewerbe- und Industriegebiet ausgewiesen werden. Diese Absicht der
Stadtverwaltung scheint jetzt durch
die öffentliche Aufregung durchkreuzt.
In der abgesetzten Beschlussvorlage wird beklagt, dass Koblenz
seit geraumer Zeit keine großen
Gewerbeflächen für Unternehmen
Die für Freitag den 26. Februar angekündigte Mahnwache hat die
Bürgerinitiative „Lebenswertes Rübenach“ e.V. mittlerweile abgesagt,
da, so der BI-Vorsitzende Rüdiger
Neitzel, CDU und SPD für die Erweiterung des Güterverkehrszentums (GVZ) einen Kompromiss
vorschlagen haben, mit dem man
sich in der Mitgliederversammlung
am Mittwoch 2. März auseinandersetzen wolle.
„Die Mahnwache am 11. März wird
aber stattfinden, weil es ja auch
(und eigentlich in erster Linie) um
die Umsetzung des Gerichtsbeschlusses zur Lärmminderung in
der Aachener Straße geht“,
schreibt BI-Vorsitzender Rüdiger
Neitzel in seiner E-Mail (Vorsitzender BI) an die Redaktion.
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