Absender Eltern/Angehörige Einschreiben Bezirksrat Hinwil/Uster Strasse Ort Ort, 8. Juli 2015 Replik zur Vernehmlassung der KESB vom 22. Juni 2015 Sehr geehrte Frau XY/ Sehr geehrter Herr XY Wir danken Ihnen für die Gelegenheit einer Stellungnahme zur Vernehmlassung der KESB Hinwil. Wir halten auf jeden Fall an unseren Anträgen fest. Vorweg hat uns der Ton der KESB Hinwil sehr erstaunt. Irritiert hat uns die Behauptung, unsere Anträge und Begründungen seien „aktenwidrig und schlicht falsch“. Ich ersuche Sie im angefochtenen Entscheid der KESB eine Begründung zu suchen, weshalb keine vollständige Befreiung von der Berichterstattung und der Rechnungsablage ermöglicht wird. Ob sie uns auf ihre restriktive Praxis schon am 6. Februar hingewiesen hat, ist ohne Belang. Sie hat ihre Praxis im Entscheid zu begründen. Dieser tönt wie ein Gnadenakt, dass man uns wenigstens teilweise befreit. Die KESB Hinwil schreibt in ihrem Antrag von einer allgemeinen Interessenabwägung, die nichts mit dem Einzelfall unserer Tochter/ unserem Sohn oder mit der Lebenssituation von Menschen mit geistiger Behinderung zu tun hat, und dass für sie nur eine Teilpflichtentbindung in Frage kommt. Wenn in einem Gesetz „kann“ steht, heisst dies noch lange nicht, dass jede Behörde machen kann, wie es ihr beliebt. Im Rahmen einer einheitlichen Praxis haben wir deshalb auf die Praxis der Berner Behörden hingewiesen, die uns sachgerecht und vernünftig erscheint. Für die KESB Hinwil stellt eine mögliche Pflichtentbindung „die Ausnahme dar“. Wir können diese Schlussfolgerungen nicht verstehen. In einem national anwendbaren Gesetz soll nach ähnlichen Kriterien entschieden werden. Immerhin stammt die Berner Praxis vom Präsidenten der Berner KESB Patrick Fassbind, der in den nationalen Medien zu KESB-Fragen sehr oft präsent ist. Im Artikel Art. 420 ZGB steht „Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.“ Das ZGB gibt den Familienangehörigen also ganz bewusst eine Sonderstellung im Vergleich zu anderen Beiständen. Und es sieht explizit vor, dass auch eine vollständige ganze Entbindung möglich ist. Das ZGB sieht dies vor „wenn die Umstände es rechtfertigen“ (und nicht „unter Umständen“ wie die KESB Hinwil zitiert). Hätte der Gesetzgeber die Entbindung nur ausnahmsweise gewollt, dann wäre der Gesetzesartikel wohl auch so formuliert worden. Dem ist aber nicht so, sondern die Behörden müssen die Umstände prüfen. Unter dem früheren Vormundschaftsrecht war es gängige Praxis, dass bei Menschen mit geistiger Behinderung den Eltern die elterliche Sorge erstreckt wurde. In den allermeisten Fällen wurden dabei von den Eltern keine Berichterstattung und keine Rechnungsablage verlangt. Dass die neue gesetzliche Bestimmung zu diesen Pflichten sehr offen formuliert wird und die KESB einen Ermessensentscheid treffen muss, hängt wohl auch damit zusammen, dass die administrativen Erleichterungen im neuen Erwachsenenschutz nicht mehr nur den Eltern gewährt werden können, sondern darüber hinaus auch weiteren Familienangehörigen. Die KESB muss also auch diesen unterschiedlichen Interessenlagen Rechnung tragen können. Wie schon ausgeführt, haben wir in unserem Antrag auf die Praxis der Berner Behörden hingewiesen. Wir stellen fest, dass die Berner KESB Überlegungen anstellt, welche Umstände im Hinblick auf eine Pflichtbefreiung von Elternbeiständen von Belang sein können und wie diese im Einzelfall gewertet werden können: „Eltern als Beistandspersonen ihrer erwachsenen, behinderten Kinder sind grosszügig von den Pflichten gemäss Art. 420 ZGB zu entbinden, sofern dies von ihnen beantragt wird, und wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die eine Entbindung ausschliessen. Die Eltern werden auf die Möglichkeit der Entbindung aufmerksam gemacht. Kriterien, die eine Entbindung von der Rechnungslegung und von der Zustimmung nach Art. 416 ZGB ausschliessen können, sind insbesondere die folgenden: • Hohes Vermögen, komplexe Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Beteiligungen an Liegenschaften, Erbschaften oder Gesellschaften • Die Angehörigen können nicht darlegen, dass eine getrennte Verwaltung des Vermögens, bzw. der Konti vorgenommen wird • Die betroffene Person ist in keiner Tagesstruktur (Institution, Tagesbetreuung, Spitex etc.) eingebunden und wird ausschliesslich von den Angehörigen betreut • Die Angehörigen sind aufgrund der auf begründete Zweifel in Bezug auf die Eignung hin durchzuführenden PriMa-Eignungsabklärung nur bedingt zur Übernahme der Einkommens- und Vermögensverwaltung geeignet. Eine regelmässige Kontrolle und Begleitung erscheint notwendig.“ Eine Entbindung von der Berichterstattung und Rechnungsablage heisst nicht, dass die KESB Hinwil auf ihre Aufsicht verzichtet. Wir wissen, dass gemäss einer bundesrätlichen Verordnung die Banken alljährlich einen Bankauszug von bebeiständeten Menschen an die zuständige KESB zu schicken haben. Die grundsätzlichen Überlegungen zum Bankgeheimnis scheinen uns hier ziemlich hergeholt. Einen monatlichen Bankauszug erhält man von den meisten Banken nur noch gegen Gebühr. D.h. die KESB Hinwil hätte also keine Schwierigkeiten, dass auf Kosten unserer Tochter Gebühren (auch bei der KESB selber) auflaufen, nur damit ein überflüssiger Beleg in die Akten fliessen kann. Wir sind deshalb nach wie vor der Ansicht, dass die Umstände im Fall unserer Tochter/ unseres Sohnes es rechtfertigen, uns ganz von den Pflichten gemäss Art. 420 ZGB zu entbinden. Wir möchten deshalb nochmals zusammenfassen, was die Situation unserer Tochter/ unseres Sohnes ist: • Unsere Tochter/unser Sohn hat kein hohes Vermögen, keine komplexe Einkommens- und Vermögensverhältnisse, keine Beteiligungen an Liegenschaften und keine Erbschaften oder Gesellschaften; Unsere Tochter/unser Sohn bezieht eine IV Rente in der Höhe von Fr. xx/Monat, sie/er erhält Ergänzungsleistung von Fr. xx/Monat und erhält einen Monatslohn von Fr. xx. • • • Diesen Einahmen stehen monatlich effektive Ausgaben von rund Fr. 3000.00 gegenüber (Kost und Logis, Freizeit, Steuern, Arztrechnungen, Zugbillete, Spezialfahrrad, Klavierunterricht, Kleider, Ferien etc). Bevor uns die KESB angehalten hat, die EL zu beantragen, haben wir klaglos die fehlenden rund Fr. 1500.00/Monat getragen und tragen selbstverständlich auch die jetzige Differenz von ca. Fr. 500.00/Monat. Die getrennte Verwaltung vom Konto unserer Tochter/unseres Sohn resp. Geldverkehr ist gewährleistet. Unsere Tochter/unser Sohn arbeitet in der Institution/Arbeitsort, ist also in eine entsprechende Tagesstruktur eingebunden. Die PriMa Eignungsabklärungen sind durchgeführt worden und wir wurden entsprechend dem neuen Gesetz als Eltern die die Beistandschaft übernehmen können empfohlen und eingesetzt. Ebenfalls haben wir ein Inventar über die Vermögensverhältnisse unserer Tochter/unseres Sohnes abgeben, welches von der KESB akzeptiert wurde. Unter diesen Umständen rechtfertigt sich eine Pflichtentbindung, die auch mit den Interessen unserer Tochter/unseres Sohnes vereinbar ist. Bezeichnenderweise machte auch die KESB Hinwil keinen einzigen konkreten Hinweis, wo sie im Falle einer Pflichtentbindung für unsere Tochter/unser Sohn ein Risiko oder ein Missbrauchspotenzial sehen würde. Insbesondere sehen wir nicht, inwiefern es dem Schutz der Interessen unserer Tochter/unseres Sohnes dient bzw. welchen Sinn es unter den gegebenen Verhältnissen macht, dass die KESB unter anderem die monatlichen Bankbelege kontrolliert. Aus diesen Gründen bleiben wir bei unserem Antrag: Wir beantragen, dass wir gemäss ZGB Art. 420 als Eltern in der Funktion als Beistände unserer erwachsenen Tochter/unseres erwachsenen Sohnes mit einer geistigen Behinderung von der weiteren Inventarpflicht sowie der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage entbunden werden. Ebenso beantragen wir die Befreiung von den Pflichten gemäss ZGB Artikel 416, Punkt 1 + 2 (Verträge über die Unterbringung) Mit freundlichen Grüssen Eltern/Angehörige Beschwerdeschrift an: Kopie an: Insieme Schweiz, Aarbergstrasse 33, 3011 Bern Dachverband Insieme Kanton Zürich, Freiestrasse 15, 8610 Uster
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