05.04.2016 IV. Erbrecht des Ehegatten/ eingetragenen Partners 1. Erbteil: § 757 ABGB aF (iVm § 537a ABGB) • alte Rechtslage: • neben 1. Linie: 1/3 • neben Eltern und Geschwistern des Verstorbenen: 2/3 • in der 2. Linie Repräsentation verkürzt: – Ehegatte/eingetragener Partner erhält, was an die Neffen und Nichten des Verstorbenen ginge • neben Großeltern des Verstorbenen 2/3 • keine Repräsentation in der 3. Parentel: – Ehegatte/eingetragener Partner erhält, was an die Nachkommen der Großeltern ginge • keine 4. Parentel • Erbrechtsgrenze nach unten verschoben IV. Erbrecht des Ehegatten/ eingetragenen Partners 1. Erbteil: § 744 ABGB nF • eingetragener Partner ausdrücklich erwähnt • neue Rechtslage: • neben 1. Linie: 1/3 • neben Eltern des Verstorbenen: 2/3 • Anteil eines vorverstorbenen Elternteils geht auch an den Ehegatten/eingetragenen Partner • keine Repräsentation in der 2. Parentel: – Ehegatte/eingetragener Partner erhält, was an die Geschwister des Verstorbenen ginge • keine 3. + 4. Parentel • Erbrechtsgrenze noch weiter nach unten verschoben 1 05.04.2016 2 05.04.2016 3 05.04.2016 2. Vorausvermächtnis: § 758 ABGB aF / § 745 Abs 1 ABGB nF • pflichtteilsähnlicher Charakter • bewegliche Sachen des ehelichen (partnerschaftlichen) Haushalts • Recht, in der Ehe- /Partnerschaftswohnung zu wohnen • subsidiär • vom Bedarf unabhängig • strittig, ob Recht mit Wiederverehelichung / Eingehen einer neuen EP erlischt 4 05.04.2016 3. Unterhaltsansprüche: § 796 ABGB aF / § 747 ABGB nF • wie bei aufrechter Ehe/eingetragener Partnerschaft • subsidiär durch Einrechnung • Geldrente • begrenzt durch Wert der Verlassenschaft • Vorrang vor Legataren • Nachrang nach Pflichtteilsberechtigten 4. Bedeutung der Scheidung/Auflösung der eingetragenen Partnerschaft § 1266 l S ABGB aF / § 746 Abs 1 ABGB nF: kein gesetzliches Erbrecht • Unterhaltsanspruch nach Scheidung/Auflösung der eingetragenen Partnerschaft bleibt bestehen • richtet sich gegen die Erben • Herabsetzung nach Billigkeit möglich • Unterhaltsbeitrag nach Scheidung/Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erlischt • laufendes Scheidungsverfahren: § 759 Abs 2 ABGB aF • ≠ § 746 Abs 2 ABGB nF: gesetzliches Erbrecht entfällt nur bei Vereinbarung über die Aufteilung des Ehevermögens 5 05.04.2016 V. Erbrecht des Lebensgefährten 1. Erbteil: § 748 ABGB nF • bisher keine erbrechtlichen Ansprüche • neue Rechtslage: gesetzliches Erbrecht des Lebensgefährten („außerordentliches Erbrecht“) • Voraussetzungen: − kein anderer testamentarischer / gesetzlicher Erbe gelangt zur Verlassenschaft − geht dem außerordentlichen Erbrecht der Vermächtnisnehmer vor − keine aufrechte Ehe / eingetragene Partnerschaft des Verstorbenen − drei Jahre im gemeinsamen Haushalt (siehe jedoch Abs 2) V. Erbrecht des Lebensgefährten 2. Vorausvermächtnis: § 745 Abs 2 ABGB nF • neu: gesetzliches (Voraus-)vermächtnis des Lebensgefährten − Voraussetzung: drei Jahre im gemeinsamen Haushalt − erlischt nach 1 Jahr − befristetes Wohnrecht − Benützung des Hausrats: Lebensgefährte wie Vorerbe zu behandeln oder schuldrechtliches Benützungsrecht? 6 05.04.2016 VI. Erbrechtliche Sondervorschriften 1. Tod eines Wohnungseigentumspartners § 14 WEG 2002 idF WRN 2006 • Eigentümerpartnerschaft: § 2 Abs 10 und § 13 WEG • überlebender Partner wird von Gesetzes wegen Eigentümer des Miteigentumsanteils des Verstorbenen außer: – er verzichtet darauf (Versteigerung) oder – Vereinbarung mit Erben (Zustimmung der PT-Berechtigten), wonach Dritter Anteil des Verstorbenen erhält, oder – die Eigentümerpartner haben eine schriftliche Vereinbarung geschlossen (Notar, Anwalt), nach der ein Dritter den Anteil des Verstorbenen erhält • Zahlung eines Übernahmspreises (Wert des halben Mindestanteils) • kann der Verstorbene erlassen • entfällt oder reduziert sich (Viertel des Mindestanteils), wenn – Pflichtteilsberechtigter den Anteil des Verstorbenen erhält und – dringendes Wohnbedürfnis hat 7 05.04.2016 2. Anerbenrecht AnerbenG 1958 (SonderG in Kärnten und Tirol) • Erbhof • Anerbe • weichender Erbe • Übernahmspreis („Wohlbestehenkönnen“) • Nachtragserbteilung • Verstorbener kann Anwendung des AnerbenG ausschließen VII. Anrechnung auf den Erbteil Bei Ermittlung des Erbteils werden Leistungen aus dem Vermögen des Verstorbenen berücksichtigt. -> dient der Gleichbehandlung. Alte Rechtslage: Unterscheide – Einrechnung: Zuwendung erfolgt aus der Verlassenschaft, wird abgezogen – Anrechnung i.e.S.: von Zuwendungen unter Lebenden Anrechnung i. e. S.: § 790 ABGB aF • Gewillkürte Erbfolge: Verstorbener muss Anrechnung verfügen (Form) • Gesetzliche Erbfolge: Verstorbener kann Anrechnung erlassen (Form) 8 05.04.2016 Alte Rechtslage: Anrechnungsposten: • Vorempfänge nach § 788 ABGB aF – anrechnungspflichtig: hA nur Kinder (aA Umlauft) – anrechnungsberechtigt: hA nur Kinder (aA Umlauft) • Vorschüsse nach § 789 ABGB aF – Anrechnung muss vereinbart sein (Frage der Auslegung) – anrechnungsberechtigt: hA nur Kinder (Umlauft: auch Ehegatte und Aszendenten) – anrechnungspflichtig: hA nur Kinder (Umlauft: auch Ehegatte und Aszendenten) Neue Rechtslage: Anrechnung nach § 752 ABGB nF – betrifft alle Erben – alle Schenkungen nach § 781 ABGB nF – bei gewillkürter und gesetzlicher Erbfolge – wenn letztwillig angeordnet oder – vereinbart (mit dem Beschenkten) • schriftlich (Vereinbarung und ihre Aufhebung) • Notariatsakt (gerichtliches Protokoll) für Vereinbarung nach erfolgter Schenkung (= Erbverzicht) 9 05.04.2016 Neue Rechtslage: Anrechnung nach § 753 ABGB nF – betrifft nur gesetzliche Erbfolge unter Kindern – nur Kinder anrechnungsberechtigt und anrechnungspflichtig – Schenkungen nach § 781 ABGB nF – außer Stammvermögen nicht geschmälert – kann erlassen werden • letztwillig • durch Vereinbarung mit Beschenktem Neue Rechtslage: § 754 ABGB nF − Nachkommen müssen sich Schenkungen an Vorfahren anrechnen lassen − gilt auch bei Anwachsung Anrechnungsposten − Schenkungen unter Lebenden nach § 781 ABGB nF − dazu zählen auch Ausstattung, Vorschüsse, Abfindungen für Erb- oder Pflichtteilsverzicht etc (§ 781 Abs 2 ABGB nF) 10 05.04.2016 Anrechnungsmethode: Judikatenbuch 114 (§ 793 ABGB aF) / § 755 ABGB nF Beispiel: Der Erblasser E hinterlässt zwei Kinder (S und T). S hat zu Lebzeiten des E von diesem € 100.000,- für die Eröffnung einer Arztpraxis erhalten. Der reine Nachlass (Aktiva minus Passiva) beträgt € 300.000,-, es kommt zur gesetzlichen Erbfolge. Lösung: € 100.000,- werden rechnerisch zum Wert des reinen Nachlasses hinzugeschlagen (= € 400.000,-). S und T sind Erben je zur Hälfte (wäre für jeden € 200.000,-). S muss sich davon den Vorempfang abziehen lassen (€ 200.000,- minus € 100.000,-) und erhält im Ergebnis noch € 100.000,-. T erhält € 200.000,-. Keine Rückzahlungspflicht (§ 793 aE ABGB aF / § 755 Abs 2 aE ABGB nF) Bewertung: § 794 ABGB aF − bewegliche Sachen: Wert beim Erbanfall − unbewegliche Sachen: Zeitpunkt des Empfanges − korrigierende Auslegung § 755 ABGB nF − einheitlich − Zeitpunkt der Schenkung („wirklich gemacht“) − Aufwertung auf Todeszeitpunkt 11 05.04.2016 Anrechnung unter Kindern § 790 ABGB aF/§ 753 ABGB nF − Erbteil des Ehegatten bleibt unberührt Beispiel: Hinterlässt im obigen Beispiel E auch eine Ehefrau, erhält diese als gesetzlichen Erbteil € 100.000,- (1/3 von € 300.000,-). Zu den restlichen € 200.000,- werden die € 100.000,- (Vorempfang des S) hinzugerechnet. Der so ermittelte Betrag wird rechnerisch auf die beiden Kinder aufgeteilt (je € 150.000,-). S muss sich davon die erhaltenen € 100.000,- abziehen lassen und erhält € 50.000,-. T bekommt die verbleibenden 150.000,-. € 100.000,- (Ehegattin) + € 50.000,- (S) + € 150.000,- (T) = € 300.000,-. Anrechnung auf den Ehegattenerbteil § 757 Abs 2 ABGB aF / § 744 Abs 2 ABGB nF • Ehe- bzw Partnerschaftspakt, Erbvertrag • Einrechnung, nach neuer Rechtslage nur noch „Anrechnung“ • auf Verlangen eines Miterben 12 05.04.2016 D. Letztwillige Verfügungen im Allgemeinen I. Allgemeines § 552 ABGB • Anordnungen über die Verlassenschaft • einseitige Rechtsgeschäfte von Todes wegen • formgebunden • nicht empfangsbedürftig • widerruflich (unverzichtbar: § 716 ABGB) • keine Stellvertretung (vgl auch § 564 ABGB) • Verfügungsfreiheit unter Lebenden bleibt Vgl demgegenüber Erbvertrag Begriffe: • Letztwillig Verfügender (früher Testator) • Testament • Sonstige letztwillige Verfügung (§ 552 Abs 2 ABGB nF; früher Kodizill, siehe § 553 ABGB aF) • Testierfreiheit (zwingend) II. Gültigkeitserfordernisse • Testierfähigkeit • Testierabsicht • keine Willensmängel • Möglichkeit und Erlaubtheit • Form 13 05.04.2016 1. Testierfähigkeit - Sondergeschäftsfähigkeit: Definition § 565 ABGB nF - muss beim Testierakt vorhanden sein - hängt ab von: – Alter (§ 569 ABGB): » volle Testierfähigkeit ab vollendetem 18. Lj » beschränkte Testierfähigkeit (ab Mündigkeit): formelle Schranke – Geisteszustand (§ 566 ABGB aF / §§ 566 f ABGB nF) » Testiervorgang und Inhalt müssen bewusst sein » partielle Testierunfähigkeit » Bedeutung des lucidum intervallum (§ 567 ABGB aF / § 568 ABGB nF) – Sachwalterschaft (§ 568 ABGB aF) » formelle Schranke (mündlich vor Gericht oder Notar) » ersetzt nicht Einsichtsfähigkeit » wenn im Bestellungsbeschluss angeordnet Aufgehoben mit ErbRÄG 2015! 2. Testierabsicht - animus testandi, Testierwille - Bewusstsein, eine letztwillige Verfügung zu errichten 14 05.04.2016 3. Berücksichtigung von Willensmängeln § 565 ABGB - kein Erklärungsempfänger - stärkere Berücksichtigung des Willens des Verstorbenen • List und Zwang (gleichgültig wer Urheber) • Irrtum – wesentlicher Irrtum (§ 565 ABGB) = – kausaler Erklärungs- oder Inhaltsirrtum (§ 570 ABGB) – keine weiteren Voraussetzungen – Motivirrtum (§ 572 ABGB) beachtlich, wenn kausal – auch Motivirrtum über Zukünftiges (oft Sondertatbestände) – Irrtum unerheblich, wenn Aufrechterhaltung der letztwilligen Verfügung eher dem Willen des Verstorbenen entspricht als ihr Wegfall – falsa demonstratio non nocet ( § 571 ABGB) ≠ Erklärungsirrtum – irrtümliche Übergehung von Kindern (§ 775 Abs 2 ABGB nF) • eines von mehreren (§ 777 ABGB aF) • das einzige (§ 778 ABGB aF) – testamentum ruptum • Präterition – Agnation • Beweislast – Scheingeschäft, Mentalreservation: im Erbrecht unbedeutend 15 05.04.2016 4. Möglichkeit und Erlaubtheit §§ 878 und 879 ABGB, wenn keine Sonderregeln • unmögliche/unerlaubte Bedingungen und Befristungen (§ 698 ABGB aF / §§ 697 f ABGB nF) – aufschiebende Bedingung: letztwillige Anordnung – ungültig – auflösende Bedingung/Befristung: nicht beigesetzt – unverständliche Bedingungen/Befristungen: nicht beigesetzt (§ 697 ABGB) • kassatorische Klausel = Bestreitungsverbot – § 720 ABGB aF / § 712 Abs 2 ABGB nF: Ermittlung von Echtheit oder Sinn kann nicht verboten werden III. Folgen der Mangelhaftigkeit • Anfechtbarkeit • Anfechtungsberechtigter • Anfechtungsgegner IV. Konversion • Wenn Umdeutung dem Willen des Verstorbenen eher entspricht als Ungültigkeit. Testierverbot (-gebot) unzulässiges Vermächtnis -> -> Nacherbschaft Auflage 16 05.04.2016 V. Auslegung § 565 ABGB; § 655 ABGB aF / § 553 ABGB nF • Orientierung am subjektiven Willen des Verstorbenen • Ziel: Erforschung des Willens des Verstorbenen, • sofern Anhaltspunkte im Wortlaut (Andeutungstheorie) • favor testamenti: iZw Auslegung so, dass letztwillige Verfügung aufrecht bleibt • iZw Teilungültigkeit statt Gesamtungültigkeit V. Auslegung Auslegungsregeln: = gesetzliche Vermutungen § 779 ABGB aF / § 605 ABGB nF: stillschweigende Ersatzerbenberufung § 681 ABGB: Begriff der „Kinder“ § 682 ABGB: Begriff „Verwandte“ 17
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