Originalien Schmerz DOI 10.1007/s00482-015-0019-z © Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg - all rights reserved 2015 P. Nilges1 · C. Essau2 1 DRK Schmerz-Zentrum, Mainz, Deutschland 2 Department of Psychology, University of Roehampton, London, England Die Depressions-AngstStress-Skalen Der DASS – ein Screeningverfahren nicht nur für Schmerzpatienten Fragebögen dienen der reliablen, validen und ökonomischen Erfassung komplexer Merkmale wie Depression, Angst, Stress oder schmerzbedingten Beeinträchtigungen. Auch wenn sie beispielsweise Depressivität zuverlässiger erfassen als der „klinische Blick“ [8], können sie eine sorgfältige Untersuchung und Anamnese nicht ersetzen. Sie unterstützen allerdings die Diagnostik, indem sie dazu beitragen, für den weiteren diagnostischen Prozess Schwerpunkte zu setzen (z. B. gezielte Abklärung psychischer Komorbiditäten). Für die Diagnosestellung und damit die Einordung in die geltenden Klassifikationssysteme [ICD-10, DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen)] reichen Fragebögen allein nicht aus. Als Forschungsinstrumente tragen sie dazu bei, Risikofaktoren für die Entwicklung und Chronifizierung von Schmerzen, sinnvolle Behandlungsziele und mögliche ungünstige Einflüsse auf das Behandlungsergebnis zu identifizieren. Das Thema Depression ist seit Beginn der Schmerzforschung, -diagnostik und -therapie von zentraler Bedeutung: Auslösung, Chronifizierung, Behandlungsziele und -ergebnisse hängen mit dessen Ausprägung zusammen [2]. Zurückzuführen ist das u. a. auf die klinisch und wissenschaftlich bedeutsamen unterschiedlichen Sichtweisen des Zusammenhangs zwischen Schmerz und Depression: Chronischer Schmerz wird als mögliche Variante von Depression angesehen [3], andere Studien lassen eher darauf schließen, dass Schmerz Depressionen verursacht [7]. Depressive Verstimmungen wurden bereits frühzeitig als prognostisch ungünstiger komorbider Faktor für Behandlungen identifiziert [10]. Problematik der Diagnosesysteme Die Anwendung von Fragebögen bei Patienten mit Schmerz und anderen körperlichen Beschwerden ist mit spezifischen Problemen verbunden. Bei Patienten mit primär somatischen Beschwerden sind Verfahren, die ausdrücklich zur Abklärung von Depression konstruiert wurden, nur eingeschränkt geeignet. Denn im Rahmen von Depressionen treten Symptome auf, die auch bei somatischen Krankheiten auftreten können (z. B. Schlafstörungen, Erschöpfung). Die Überlappung schmerzspezifischer Symptome mit Symptomen, die für eine depressive Störung sprechen, ist ein kritisch diskutierter Aspekt in der Schmerzdiagnostik [30]. In psychopathologischen Diagnosesystemen mithilfe von strukturierten und standardisierten Interviews wird dieses Problem dadurch gelöst, dass bei Symptomen explizit erfragt wird, ob diese (nur) eine Folge der körperlichen Störungen darstellen. Ein solches Vorgehen ist bei Screeningverfahren üblicherweise nicht der Fall. Die Überschneidung von Symptomen für Depressivität und schmerzassoziierten Befindensstörungen führt zu einer Überschätzung depressiven Erlebens und Verhaltens. Aus diesem Grund wird ein Standardverfahren der Depressionsdiagnostik, der BDI1 (Beck Depressionsinventar, dt. Version [17]), in der Schmerzdiagnostik kaum noch verwendet. In der ersten Version des Deutschen Schmerzfragebogens (DSF) wurde die ADS (die Allgemeine DepressionsSkala, [11]) – die deutschsprachige Version der CESD (Center for Epidemiological Studies – Depression Scale; [24]) – als Depressionsscreening eingesetzt. Dieser Fragebogen enthält im Unterschied zum BDI weniger mit Schmerz konfundierte Items. In der revidierten Version des DSF wurde der ADS durch den HADS (Hospital Anxiety and Depression Scale; dt. Version [16]) ersetzt. Gründe dafür waren, dass 55keine somatischen Items enthalten sein sollten und 55bei vergleichbarer psychometrischer Güte mit je 7 Fragen für Depressivität und Ängstlichkeit eine wünschenswerte Reduzierung des Bearbeitungsaufwandes gegeben war. Die Normierung von Fragebögen erfolgt an repräsentativen und meist umfangreichen (nichtklinischen) Bevölkerungsstichproben. Das Ziel ist, nicht primär die Identifikation ausgeprägter Depressionen oder die Bestimmung der Schwere einer Depression, sondern die Verteilung und Ausprägung von Merkmalen zu ermitteln und Personen mit einer überdurchschnittlichen Merkmalsausprägung zu identifizieren. Damit ist ein weiteres Pro1 Zur Verbesserung der Lesbarkeit wird für Abkürzungen von Testverfahren im Folgenden durchgängig der für Fragebögen übliche Artikel „der“ – z. B. der FPI, der MMPI – verwendet. Der Schmerz 1 Originalien Fragen zu Ihrem Befinden Bearbeitungshinweis: Bitte lesen Sie jede Aussage und kreuzen Sie die Zahl 0, 1, 2 oder 3 an, die angeben soll, wie sehr die Aussage während der letzten Woche auf Sie zutraf. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten. Versuchen Sie, sich spontan für eine Antwort zu entscheiden. 0 1 2 3 Traf gar nicht auf mich zu Traf bis zu einem gewissen Grad auf mich zu oder manchmal Traf in beträchtlichem Maße auf mich zu oder ziemlich oft Traf sehr stark auf mich zu oder die meiste Zeit 1 Ich fand es schwer, mich zu beruhigen. 0 1 2 3 2 Ich spürte, dass mein Mund trocken war. 0 1 2 3 3 Ich konnte überhaupt keine positiven Gefühle mehr erleben 0 1 2 3 4 Ich hatte Atemprobleme (z. B. übermäßig schnelles Atmen, Atemlosigkeit ohne körperliche Anstrengung). 0 1 2 3 5 Es fiel mir schwer, mich dazu aufzuraffen, Dinge zu erledigen. 0 1 2 3 6 Ich tendierte dazu, auf Situationen überzureagieren. 0 1 2 3 7 Ich zitterte (z. B. an den Händen). 0 1 2 3 8 Ich fand alles anstrengend. 0 1 2 3 9 Ich machte mir Sorgen über Situationen, in denen ich in Panik geraten und mich lächerlich machen könnte. 0 1 2 3 10 Ich hatte das Gefühl, dass ich mich auf nichts mehr freuen konnte. 0 1 2 3 11 Ich bemerkte, dass ich mich schnell aufregte. 0 1 2 3 12 Ich fand es schwierig, mich zu entspannen. 0 1 2 3 13 Ich fühlte mich niedergeschlagen und traurig. 0 1 2 3 14 Ich reagierte ungehalten auf alles, was mich davon abhielt, meine momentane Tätigkeit fortzuführen. 0 1 2 3 15 Ich fühlte mich einer Panik nahe. 0 1 2 3 16 Ich war nicht in der Lage, mich für irgendetwas zu begeistern. 0 1 2 3 17 Ich fühlte mich als Person nicht viel wert. 0 1 2 3 18 Ich fand mich ziemlich empfindlich. 0 1 2 3 19 Ich habe meinen Herzschlag gespürt, ohne dass ich mich körperlich angestrengt hatte (z. B. Gefühl von Herzrasen oder Herzstolpern). 0 1 2 3 20 Ich fühlte mich grundlos ängstlich. 0 1 2 3 21 Ich empfand das Leben als sinnlos. 0 1 2 3 blem verbunden, das über die bloße Konfundierung von Symptomen hinausgeht. Die Verteilung eines Merkmals in der Bevölkerung entspricht nicht zwangsläufig dem Verteilungsmuster bei Patienten mit primär körperlichen Beschwerden. Ein hoher Wert für Depression in einem Testverfahren entspricht damit bei Patienten nicht unbedingt einer überdurchschnittlichen und damit pathologischen Ausprägung. Bei Patientengruppen mit somatischen Erkrankungen und Schmerz finden sich regelhaft erhöhte Werte für Be- 2 Der Schmerz einträchtigungen des Befindens, die als „Beschwerdedruck“ („symptom burden“) und nicht als depressive Symptome zu werten sind, sodass die vorgeschlagenen Normwerte wiederum nur eingeschränkt verwendet werden können [27]. Werden die für mit diesem Verfahren entwickelten Grenzwerte bzw. Cut-offs zugrunde gelegt, besteht somit die Gefahr einer Überschätzung depressiver Symptome bzw. einer vorschnellen Pathologisierung. Abb. 1 9 Kurzfassung des Fragebogens für deutschsprachige Patienten mit chronischen Schmerzen Als Konsequenz wurden die Cut-offs für ADS und HADS höher angesetzt als bei Anwendung in Gruppen ohne somatische Beschwerden. Dieser Lösungsversuch wurde auch von Nicholas et al. [22] vorgeschlagen. Sie plädieren dafür, bei Patienten mit chronischen Schmerzen zur Vermeidung einer Überpathologisierung für eine Anpassung der Normwerte einer Vielzahl von Fragebögen [22]. Für die Anwendung bei Schmerzpatienten schlagen sie zudem die Depressions-Anxiety- Zusammenfassung · Abstract Schmerz DOI 10.1007/s00482-015-0019-z © Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg - all rights reserved 2015 P. Nilges · C. Essau Die Depressions-Angst-Stress-Skalen. Der DASS – ein Screeningverfahren nicht nur für Schmerzpatienten Zusammenfassung Hintergrund. Die Erfassung psychischer Belastung hat einen zentralen Stellenwert in der Schmerzforschung und -behandlung. Für Depression als Komorbidität bei Schmerz bestehen dabei besondere methodische und konzeptionelle Schwierigkeiten. Überprüft wurden die psychometrischen Eigenschaften der deutschsprachigen Kurzfassung der Depressions-Angst-Stress-Skalen (DASS). Das Verfahren wird in der Schmerzforschung und -behandlung verwendet und wurde entwickelt, um spezifische Konfundierungsprobleme zu lösen, indem somatische Items vermieden werden und sich die Fragen auf psychologische Kernaspekte von Depression, Angst und Stress konzentrieren. Methode. Die psychometrischen Eigenschaften des Instrumentes wurden bei Pa- tienten mit Schmerz und bei verschiedenen Stichproben ohne primäres Schmerzproblem untersucht (N = 950). Der DASS enthält 3 Skalen mit jeweils 7 Items. Reliabilität und Konstruktvalidität des DASS wurden mit HADS (Hospital Anxiety and Depression Scale) und ADS (Allgemeine Depressionsskala) verglichen. Spezifität und Sensitivität für Depression wurden anhand eines strukturierten klinischen Interviews für DSM-IV (SKID) ermittelt und ebenfalls mit ADS und HADS verglichen. Ergebnisse. Cronbachs α für die Depressionsskala war mindestens 0,91, die Werte der Angst- und Stressskala für die revidierte Version sind 0,78–0,82 bzw. 0,81–0,89. Obwohl die Depressionsskala nur 7 Items enthält, ist sie ebenso zuverlässig wie der ADS mit 21 Items. Sensitivität und Spezifität bei der Klassifikation klinischer Fälle sind besser als beim HADS. Diskussion. Der DASS ist eine zuverlässige und ökonomisch sowohl hinsichtlich Zeitaufwand als auch Kosten (das Verfahren ist lizenzfrei) Alternative zu bisherigen Verfahren für ein Depressionsscreening bei Schmerzpatienten. Darüber hinaus wird mit der Skala „körperliche Anspannung“ (Stress) ein diagnostisch und therapeutisch gerade für Patienten mit Schmerzen interessanter und bisher nur wenig erforschter Aspekt erfasst. Schlüsselwörter Fragebögen · Psychische Belastung · Schmerz · Sensitivität · Spezifität Depression, anxiety and stress scales. DASS—A screening procedure not only for pain patients Abstract Background. The assessment of mental distress is a central aspect in pain research and treatment. Particularly for depression the comorbidity with pain poses methodological and conceptual challenges. This study examined the psychometric properties of the short version of the depression, anxiety and stress scale (DASS), used in both pain research and treatment and constructed to overcome the particular problems by omitting somatic items and concentrating on the psychological core aspects of depression, anxiety and stress. Method. The psychometric properties of the DASS-21 were compared between patients with pain and various people without any pain problems (N = 950). The DASS has three subscales, depression, anxiety and stress, Stress-Scale (DASS) von Lovibond und Lovibond [19] vor. Depressions-Angst-StressSkalen (der DASS) Der Entwicklung des DASS liegen konzeptionelle und methodische Überlegungen zugrunde. Lovibond und Lovibond konzentrierten sich auf die Kernsymptome von Depressionen und Ängs- each with seven items. The construct validity of the DASS was examined using the hospital anxiety and depression scale (HADS) for anxiety and depression and the general depression scale (Allgemeine Depressionsskala, ADS) for depression. The sensitivity and specificity for depression were determined against a structured interview for diagnostic and statistical manual of mental disorders (DSM-IV) and compared with the Center for Epidemiological Studies depression scale (CESD) and HADS in pain patients. Results. Cronbach's alpha of the DASS for the depression subscale was at least 0.91, while the anxiety and stress subscales had Cronbach alphas of 0.78–0.82 and 0.81–0.89, respectively. Although the depression subscale has only 7 items, it is just as reliable as ten. Ziel war es, Itemüberlappungen von Depression und Angst zu vermeiden. Dazu wurden im ersten Schritt Items aufgenommen, die von Experten als typisch für Angst bzw. Depression ausgewählt wurden. Diese wurden in 3 Gruppen zusammengefasst: 1. Items die eindeutig mit Angst, aber nicht mit Depression verbunden sind, 2. Items mit eindeutiger Zuordnung zu Depression, aber nicht zu Angst und the ADS with 21 items. It also has a better sensitivity and specificity than the HADS in identifying clinical patients with depression. Discussion. The DASS is a reliable questionnaire, free to use and brief to administer; therefore, it is an alternative to the previously used instruments for the screening of depression. Furthermore, the subscale stress measures irritability and tension, which are important aspects of pain experience but underused in assessment procedures for the diagnosis and treatment evaluation of patients with pain. Keywords Questionnaire · Mental stress · Sensitivity · Specificity · Pain 3. Items, deren Zuordnung zu Depression und Angst nicht eindeutig zu entscheiden war. Bei Faktorenanalysen mit unterschiedlichen Probandengruppen konnte das Ergebnis des Expertenratings bestätigt werden: Ein dritter Faktor wurde identifiziert, der aus den Items der „Restgruppe“ bestand und als Stressskala bezeichnet wurde. Der Schmerz 3 Originalien Tab. 1 Kennwerte der Depressions-Angst-Stress-Skalen (DASS) DASS-Depression Mittelwert (Median) Standardabweichung (SD) Min–Max Perzentil 25 Perzentil 75 Werte > 10 (Cut-off) (%) Cronbachs α DASS-Angst Mittelwert (Median) SD Min–Max Perzentil 25 Perzentil 75 Werte > 6 (Cut-off) (%) Cronbachs α DASS-Stress Mittelwert (Median) Stichprobe Essau (1. Version) (N = 413) Schmerzpatienten (N = 301) Schmerzpatienten (Revision) (N = 93) Psychotherapeutische Ambulanz (Revision) (N = 145) 4,1 (3,0) 4,3 6,7 (6,0) 4,9 8,3 (7,0) 5,6 6,3 (5,0) 5,4 0–20 1,0 6,0 8 0–19 2,0 10,0 18 0–20 4,0 13,0 30 0–21 1,0 10,0 19 0,88 0,88 0,92 0,91 2,5 (1,0) 3,1 0–17 0 3,0 12 % 4,5 (4,0) 4,2 0–20 1,0 6,0 20 % 5,9 (5,0) 4,4 0–18 2,0 9,0 40 % 4,1 (3,0) 4,3 0–19 1,0 6,0 20 % 0,76 0,80 0,78 0,82 5,9 (5,0) 5,0 0–17 2,0 9,0 13 % 7,6 (7,0) 4,7 0–21 4,0 11 23 % 9,2 (9,0) 4,7 1–20 6,0 13,0 35 % 5,7 (5,0) 4,6 0–19 2,0 8,0 14 % 0,87 112/189 (62,8 %) 47,8 (11,1) 10,4 (10,3) 0,81 42/51 (54,8 %) 0,89 51/94 (64,8 %) 51,6 (10,1) 8,9 (9,5) 40,9 (15,0) - SD Min–Max Perzentil 25 Perzentil 75 Werte > 10 (Cut-off) (%) Cronbachs α 0,86 Geschlecht m/w 83/330 (79,9 %) (%w) Alter in Jahren (SD) 23,7 (4,9) Schmerzdauer (SD) Schmerzstärke –Momentan –Maximal –Durchschnittlich Stadien nach Gerbershagen (%) –1 –2 –3 5,8 (2,3) 8,5 (1,5) 6,6 (2,0) 7 33 60 Diese 3-Faktoren-Struktur des DASS entspricht der Theorie von Clark und Watson [5], in der die negative Affektivität als gemeinsamer Faktor von Angst und Depression bezeichnet wird. Faktorenanalysen von Depressions- und Angstfragebögen bestätigen diesen für Depres- 4 Der Schmerz 2 38 60 sionen und Ängste gemeinsamen Faktor „negative Affektivität“, zu dem Ärger, Gereiztheit, Schuld, Furcht und Sorge gerechnet werden und den sie als „general distress“ bezeichnen [28]. Die Gemeinsamkeiten von Angst und Depression zeigen sich zwar in den hohen Korrelationen bei Verfahren, die beide Merkmale erfassen. Dennoch bestehen spezifische Unterschiede: Charakteristisch für Angst sind physiologische Überaktivität und erhöhte Anspannung, der für Depressionen spezifische Faktor ist das Fehlen von Aktivität und positiven Emotionen (z. B. Stolz, Hoffnung, Interesse, Freude; [29]). Der DASS ist für die Messung von Depression, Angst und Stress bei Erwachsenen konzipiert. Die erste Langfassung (42 Items) mit 3 faktorenanalytisch bestätigten Subskalen [4] mit jeweils 14 Items erfasst mit der Skala Depression dysphorische Stimmung (Antriebs-, Hoffnungslosigkeit) und enthält keine Fragen, die somatische Symptome betreffen. Die Skala Angst enthält Symptome von Furcht, Panik und physiologischer Erregung, während sich die Skala Stress auf Reizbarkeit und körperliche Anspannung bezieht [22] Eine erste deutschsprachige Version des DASS wurde von Essau auf der DASSHomepage veröffentlicht (http://www2. psy.unsw.edu.au/groups/dass/translations.htm). Diese Langfassung mit 42 Items wird in Studien mit entwicklungspsychologischen und pädagogischen Fragestellungen eingesetzt [26, 15, 14, 18]. Berichtet werden gute Kennwerte für die Stabilität dieser Langversion (Cronbachs α für alle Skalen und die Gesamtskala über 0,80). Im englischsprachigen Raum sind inzwischen zahlreiche Studien mit unterschiedlichen Probandengruppen veröffentlicht. Die gute Differenzierbarkeit von Angst, Stress und Depression sowie das Fehlen konfundierender somatischer Faktoren werden als weiterer Vorteil dieses Verfahrens genannt [21]. Zum jetzigen Zeitpunkt (12/2014) stehen Übersetzungen in 39 Sprachen zur Verfügung. Untersucht wurde auch die Kurzfassung mit 21 Items. Für diese Version werden im Vergleich zur Langfassung ähnliche und teilweise bessere Kennwerte angegeben [1]. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Validierung der Kurzfassung für deutschsprachige Patienten mit chronischen Schmerzen. Sie enthält 21 Fragen, jeweils 7 Items für die Skalen Depression, Angst und Stress (. Abb. 1; zur Zuordnung der Fragen zu den Skalen s. . Tab. 5). Die ersten Validierungsstudien wurden mit der auf der DASS-Homepage ver- Tab. 2 Korrelationen der Skalen Depression, Angst und Stress (DASS) und Beck Depressions- inventar (BDI) sowie Beck Angstinventar (BAI) DASS-D DASS-A DASS-S BDI DASS-A 0,61 DASS-S 0,66 0,69 BDI 0,68 0,67 0,67 BAI 0,56 0,76 0,68 0,65 N = 413. Alle Korrelationen sind mit 0,01 (2-seitig) signifikant. DASS-D Depressionsskala, DASS-A Angstskala, DASS-S Stressskala. öffentlichten Ursprungsversion durchgeführt (Schritte 1 und 2). Vor der Einbindung in den Deutschen Schmerzfragebogen wurden die Formulierungen durch das Psychologenteam des Schmerzzentrums Mainz überprüft und ungünstig formulierte Items modifiziert. Diese revidierte Version wurde in einer abschließenden Studie erneut überprüft (Schritt 3). Methode Die Validierung der Depressions-AngstStress-Skalen wurde für die Kurzversion mit 21 Items durchgeführt. Die Berechnungen wurden mit SPSS Version 21 erstellt. Für diese Studien wurden statistische Verfahren gewählt, die zur Überprüfung psychometrischer Eigenschaften von Fragebögen üblich sind: 55für die Reliabilität Cronbachs α und Itemcharakteristika (Schwierigkeit, Trennschärfe), 55für die Validitätsaspekte Faktorenstruktur, Interkorrelationen des DASS, Korrelationen mit konstruktnahen Verfahren sowie Spezifität und Sensitivität der Skala Depression im Vergleich mit vorhandenen Verfahren [Receiver-Operating-Characteristics (ROCs)]. Eine erste explorative Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse) wurde aufgrund der vorgegebenen Skalenstruktur mit einer auf 3 Faktoren begrenzten Rotation (Varimax) mit dem ersten Datensatz der Autorin (C.E.) durchgeführt. In einem weiteren Schritt wurde eine konfirmatorische Faktorenanalyse mit den Daten der Schmerzpatienten berechnet. Die ersten Analysen wurden mit den von der Autorin Essau zur Verfügung gestellten Daten vorgenommen. Eine erste deutschsprachige Version des DASS wurde von 439 Personen (Studenten, keine Patienten) bearbeitet, aufgrund fehlender Werte bei unterschiedlichen Variablen reduziert sich bei einigen Berechnungen die Anzahl auf 413. Im zweiten Schritt wurde der Fragebogen von 301 Patienten mit chronischen Schmerzen bearbeitet. Überprüft wurden auch hier die interne Konsistenz der Skalen und Eigenschaften der Items, die faktorielle Validität mittels einer konfirmatorischen Faktorenanalyse (AMOS7) sowie die Validität (konvergente Zusammenhänge mit bereits etablierten Fragebögen). Für die im DASS erfassten Merkmale Depression und Angst sind bereits erprobte Verfahren vorhanden. Ein neuer Fragebogen sollte sich an diesen „Standards“ messen lassen. Bei einer Subgruppe mit 100 Schmerzpatienten wurde der DASS direkt mit etablierten Verfahren hinsichtlich der ROCs verglichen: Bei diesen Patienten wurde das Vorliegen einer Depression mit dem SKID (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV) durch erfahrene und geschulte Psychotherapeuten überprüft. Die Patienten bearbeiteten gleichzeitig DASS, HADS und ADS. Dadurch ist ein direkter Vergleich von Sensitivität und Spezifität mittels der SPSSProzedur ROC für die Erfassung des Merkmals Depressivität möglich. Da die deutsche Schmerzgesellschaft eine Verwendung des DASS im deutschen Schmerzfragebogen beabsichtigte, erfolgte ein dritter Schritt: Das Psychologenteam des Schmerzzentrums überprüfte die Items auf Verständlichkeit und Eindeutigkeit. Dabei wurden 6 Items geändert und einfacher formuliert. Die Kennwerte des geänderten Verfahrens wurden erneut bei einer ausgewählten Stichprobe von Schmerzpatienten (N = 93) aus 3 Zentren berechnet, um die Vergleichbarkeit der Kennwerte und mögliche Veränderungen durch die Modifikation der Items zu überprüfen. Zusätzlich wurden Daten einer Stichprobe mit Patienten zweier Hochschulambulanzen (N = 145) erhoben, die nicht wegen Schmerzen behandelt wurden. Damit sollte die Eignung des Verfahrens für andere (Nicht-Schmerz-) Patientengruppen überprüft werden. Die gesamte Validierungsstudie umfasst 950 Probanden. Eine Darstellung der Stichprobencharakteristika findet sich in . Tab. 1. Ergebnisse Schritt 1: Überprüfung der ersten deutschsprachigen Version Für die erste deutschsprachige Version des DASS lagen gültige Daten von 413 Personen (keine Patienten) vor. Es handelte sich somit um eine „untypische“ Stichprobe mit einem Altersmittelwert von 23,7 (Spanne 19–62, SD 4,9), 80 % weiblich (N = 330), ausschließlich Studenten von 3 Universitäten (Graz, Braunschweig und Münster). Überprüft wurden die interne Konsistenz der Skalen, die Faktorenstruktur sowie die konvergente Validität. Reliabilität Die interne Konsistenz der Skalen beträgt 0,88 für die Depressionsskala, für die Skala Angst 0,76 sowie 0,86 für Stress (. Tab. 1). Als unterste Grenze für die Trennschärfe von Items gilt 0,30. Dieser Wert wurde in keinem Fall erreicht oder unterschritten. Als Grenzen für die Itemschwierigkeit wurde der Bereich zwischen 10 und 90 % gewählt, das entspricht einem Itemmittelwert von 0,3 bzw. 2,7. Wie in einer nichtklinischen Stichprobe zu erwarten war, zeigen sich deutliche Bodeneffekte, die Itemmittelwerte liegen niedrig. Für die Skala Depression unterschreitet lediglich Item 21 mit 0,29 die Grenze von 10 %, 3 Items der Skala Angst (4, 7 und 15) liegen unterhalb dieser Schwierigkeitsgrenze. Die Items der Stressskala liegen alle innerhalb der Grenzen von 10 bzw. 90 %. Faktorenanalyse Während die Skala Depression faktorenanalytisch nahezu vollständig reproduzierbar war und 6 Items mit hohen Ladungen (> 0,6; Item 5 < 0,4) korrekt zugeordnet wurden, luden bei den Skalen Angst und Stress nur jeweils 4 Items einDer Schmerz 5 Originalien Tab. 3 Konfirmatorische Faktorenanalyse Modellkennziffer 21,1N χ2 Df RMSEA CFI TLI Latente Faktoren 703,3 189 0,85 0,84 Varianz DASS (LV) = 0,44 21,2N 576,3 188 0,10 KI 90 %: 0,09–0,10 0,08 KI 90 %: 0,08–0,09 0,89 0,87 DASS21 3faktorielles Modell 21,3N 488,7 186 0,075 KI 90 %: 0,07–0,08 0,91 0,90 DASS21 3-faktorielles Modell korr. Fehler: dassk4a & dassk19a 21,4N 445,2 185 0,07 KI 90 %: 0,06–0,08 0,93 0,91 Varianz Depression = 0,40 Varianz LV2 = 0,45 r Depression -LV2 = 0,87 Varianz Stress = 0,47 Varianz Angst = 0,39 Varianz Depression = 0,40 Varianz Stress = 0,47 Varianz Angst = 0,39 Varianz Depression = 0,40 Modellzusammenfassung DASS21 1-aktorielles Modell DASS21 2-faktorielles Modell Allgemein akzeptierte Cut-off-Werte für Fit-Indizes: RMSEA < 0,08 für gerade akzeptablen Modellfit, CFI > 0,90, TLI > 0,90. TLI Tucker-Lewis-Index, CFI Comparative Fit Index, RMSEA Root Mean Square Error of Approximation, KI Konfidenzintervall, DASS Depressions-Anxiety-Stress-Scales, df „degrees of freedom“, LV latente Variable, LV2 latente Variable 2, gemeinsamer Faktor aus Angst & Stress. Tab. 4 Korrelationen der Skalen des DASS mit HADS und ADS DASS-A 0,67 DASS-D DASS-A DASS-S HADS-D HADS-A DASS-S 0,71 0,69 HADS-D 0,75 0,46 0,52 HADS-A 0,70 0,59 0,68 0,70 ADS 0,86 0,69 0,73 0,73 0,75 DASS-D Depressionsskala, DASS-A Angstskala, DASS-S Stressskala, HADS-D Hospital Anxiety and Depression Test, Depressionsskala, HADS-A Hospital Anxiety and Depression Test, Angstskala. Alle Korrelationen sind mit 0,01 (2-seitig) signifikant. (N: DASS-Interkorr. N = 301, DASS/ADS 296, DASS/HADS sowie HADS Interkorr. 251, HADS/ADS 246). Tab. 5 Zuordnung der Items und Revision der Itemformulierungen DASS-D Item 3 10 DASS-A 9 19 DASS-S 8 14 Ursprünglich „Es ging mir so, als ob ich keine positiven Gefühle mehr erleben konnte“ „Ich hatte das Gefühl, nichts zu haben, auf das ich mich freuen konnte“ „Ich machte mir Sorgen über Situationen, in denen ich in Panik geraten und mich zum Trottel machen könnte“ „Ich war mir über meinen Herzschlag bewusst, ohne dass ich mich körperlich angestrengt hatte (z. B. das Gefühl, beschleunigten Herzschlags, das Gefühl, dass der Herzschlag aussetzt)“ „Ich fühlte, dass ich eine Menge Nervenkraft verbrauchte“ „Ich konnte nichts ertragen, das mich davon abhielt, in meiner Tätigkeit fortzufahren“ Revidiert „Ich konnte überhaupt keine positiven Gefühle mehr erleben“ „Ich hatte das Gefühl, dass ich mich auf nichts mehr freuen konnte“ „Ich machte mir Sorgen über Situationen, in denen ich in Panik geraten und mich lächerlich machen könnte“ „Ich habe meinen Herzschlag gespürt, ohne dass ich mich körperlich angestrengt hatte (z. B. Gefühl von Herzrasen oder Herzstolpern)“ „Ich fand alles anstrengend“ „Ich reagierte ungehalten auf alles, was mich davon abhielt, meine momentane Tätigkeit fortzuführen“ DASS-D Depressionsskala, DASS-A Angstskala, DASS-S Stressskala. Alle Items sind in die gleiche Richtung gepolt, die Skalensummen werden durch einfache Addition errechnet.Skala D: 3, 5, 10, 13, 16, 17, 21; Skala A: 2, 4, 7, 9, 15, 19, 20; Skala S: 1, 6, 8, 11, 12, 14, 18. deutig auf den erwarteten Faktoren. Bei den restlichen Items war eine Differenzierung anhand der Itemladungen für diese Stichprobe nicht möglich. 6 Der Schmerz Validität Die Validität für die Skalen DASS-D und DASS-A wurde mithilfe des BDI bzw. Beck Angstinventar (BAI) überprüft. Alle 3 DASS-Skalen korrelieren hoch mit BDI und BAI (. Tab. 2). Die höchste Korrelation zeigt sich mit 0,76 für die beiden Angstskalen (DASS-A und BAI), der Zusammenhang zwischen der DASS-D und dem BDI beträgt 0,68. Dieses Ergebnis belegt die konvergente Validität beider Skalen. Die Überschneidung der Konstrukte Depression und Angst zeigt sich sowohl bei den Interkorrelationen der entsprechenden DASS-Skalen mit 0,61 als auch für BDI und BAI mit 0,65. Schritt 2: Validierungsstichprobe Schmerzpatienten Die Überprüfung des DASS bei Patienten mit chronischen Schmerzen erfolgte bei einer Stichprobe im DRK Schmerz-Zentrum Mainz. Der Ausgangsdatensatz beruht auf 301 Personen, die zur stationären Schmerzbehandlung aufgenommen wurde (. Tab. 1). Die Patienten waren zwischen 18 und 75 Jahre alt (M = 47,8 Jahre, SD = 11,1 Jahre), 63 % waren Frauen. Knapp 70 % gaben mehrere Schmerzlokalisationen an, die Schmerzdauer betrug zwischen 6 Monaten und 50 Jahren (M = 10,3 Jahre, SD = 10,2 Jahre). Reliabilität Die Itemschwierigkeiten lagen für alle Items zwischen 10 und 90 %. Die unterste Grenze für die Trennschärfe (0,30) wurde in keinem Fall erreicht oder unterschritten. Die Kennwerte für die Reliabilität (Cronbachs α) für die Skala Depression Sensitivität von 77 % und eine Spezifität von 83 %. Ein vergleichbares Ergebnis wird für die ADS mit einem Cut-off von 27 erzielt. Bei einem Cut-off von 10 erreicht HADS-D dagegen lediglich eine Sensitivität von 58 % und eine Spezifität von 77 %. Der Wert 10 von DASS-D mit seinem günstigen Verhältnis von Sensitivität und Spezifität entspricht auch dem Perzentil 75 % bei den Gruppen Schmerzpatienten und Ambulanzpatienten (. Tab. 1). Er wird deshalb als Cut-off vorgeschlagen. Abb. 2 9 Spezifität und Sensitivität der Depressionsskalen DASS-D, HADS-D und ADS. ROC Receiver-Operating-Characteristic mit 0,88, die Angstskala mit 0,80 und die Stressskala mit 0,87 sind ausreichend bis gut (. Tab. 1). Konfirmatiorische Faktorenanalyse Die konfirmatorischen Faktorenanalysen mit 292 vollständigen Datensätzen für die 21-Item-Version wurden mit Amos7 durchgeführt. Im ersten Schritt wurde ein Modell mit nur einem Faktor getestet, dann ein 2-faktorielles Modell und abschließend ein 3-faktorielles Modell mit den 3 latenten Faktoren Depression, Stress, Angst. Als Schätzmethode wurde Maximum Likelihood verwendet, als Cutoff-Werte für die Fit-Indizes wurden Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) < 0,08 für akzeptablen Modellfit, Comparative Fit Index (CFI) > 0,90, Tucker-Lewis-Index (TLI) > 0,90 festgelegt (. Tab. 3). Diese Grenzwerte werden nur bei den 3-faktoriellen Modellen (Modellkennziffer 21,3 N und 21,4 N) eingehalten. Das 1- und das 2-faktorielle Modell wurden aufgrund der schlechten FitIndizes verworfen. Im letzten Schritt wurde anhand der von Amos7 vorgeschlagenen „modification indices“ eine weitere Modellverbesserung getestet. Die Verbesserung zwischen den beiden 3-faktoriellen Modellen 21,3 N und 21,4 N, d. h. das Zulassen einer Fehlerkorrelation der beiden Items 4 und 19, ist statistisch signifi- kant (δχ2> 5/df). Inhaltlich ist die Korrelation innerhalb des Faktors Angst vertretbar, da es sich um 2 somatische Items handelt (Herzschlag und Atem). Hier ist es plausibel, eine gemeinsame Varianz, die über die 3 Faktoren hinausgeht, anzunehmen. Die vorgegebene 3-faktorielle Lösung kann somit beibehalten werden. Spezifität und Sensitivität bei der Erfassung einer depressiven Störung Für 100 Schmerzpatienten konnten die 3 Instrumente DASS-D, HADS-D und ADS auf ihre korrekte Zuordnung zur Gruppe mit einer depressiven Störung verglichen werden. Außenkriterium war dabei das Vorliegen einer Depression (erfasst durch ein strukturiertes Interview nach DSM IV) (. Tab. 4). Mithilfe der der Receiver-OperatingCharacteristics (SPSS Prozedur ROC) wurde die AUC („area under the curve“) für die 3 Verfahren ermittelt (. Abb. 2). Bei 26 Patienten wurde nach den Kriterien des SKID das Vorliegen einer depressiven Störung diagnostiziert. Mit jeweils 0,88 waren die AUC-Werte für die Skala DASS-D mit 7 und die ADS mit 20 Items identisch, für die HADS-D (ebenfalls 7 Fragen) betrug der Wert 0,83. Die Skala D des DASS erreicht bei einem Punktwert von 10 als Cut-off eine Schritt 3: Überprüfung der modifizierten Version Zur Verbesserung der Akzeptanz des Verfahrens wurden ungünstig formulierte Fragen durch eine Expertenkommission überarbeitet (Zuordnung der Items zu den Skalen und revidierte Formulierungen . Tab. 5). Diese in der jetzigen Form als Konsens vorliegende Version wurde erneut 2 unabhängigen Stichproben vorgelegt. Ziel war, mögliche Veränderungen der psychometrischen Eigenschaft durch die Umformulierungen und zusätzlich die Anwendbarkeit bei einer Patientengruppe ohne Schmerzsymptomatik zu überprüfen. Dazu nahmen an 3 Schmerzambulanzen 93 Patienten, an 2 Hochschulambulanzen, die Patienten mit unterschiedlichen Störungen behandeln, 143 Patienten an dieser abschließenden Validierung teil. Die Ergebnisse sind in . Tab. 1 zusammengefasst. Für alle Gruppen zeigen sich übereinstimmend ausreichende bis sehr gute Kennwerte der Skalen. Für alle Skalen zeigte sich (deskriptiv) eine Verbesserung der Stabilität. Insbesondere für die Skala Depression des DASS ist die interne Konsistenz der revidierten Form mit > 0,90 sowohl für die klinische Anwendung als auch für die Forschung nicht nur für Patienten mit Schmerzen akzeptabel. Für die revidierte Form liegen die Schwierigkeiten der Items alle im Bereich zwischen 20 und 80 %. Die Mittelwerte der DASS-Skalen der Patienten der Schmerzambulanzen sind höher als bei den übrigen Patientenstichproben. Das ist auf den ungewöhnlich hohen Anteil an Personen mit möglicher Der Schmerz 7 Originalien Depression zurückzuführen: Bei der Validierungsstudie wurden zwar keine Diagnosen erfasst, die jeweiligen Studienleiter gaben ein Urteil ab, ob eine depressive Störung bei den Patienten vorliegt, die an der Studie teilnahmen. Bei lediglich 30 % wurde dabei eine affektive Störung sicher ausgeschlossen. Diskussion Die ermittelten Kennwerte für Reliabilität und Validität belegen die Eignung des DASS als Screeningverfahren zur Erfassung von Belastung durch Merkmale von Depression, Angst und Stress nicht nur für Patienten mit Schmerz, sondern darüber hinaus auch für Patienten mit nichtschmerzspezifischen Problemen. Dies gilt insbesondere für die jetzt vorgelegte revidierte Fassung. » Der DASS ist als Screeningverfahren zur Erfassung von Belastung durch Merkmale von Depression, Angst und Stress geeignet Die Studie umfasste 4 große Stichproben: 2 Gruppen ohne Schmerzsymptomatik, davon 1 Gruppe Psychotherapiepatienten, sowie 2 Gruppen mit Schmerzpatienten. Für diese voneinander unabhängigen Stichproben wurden nahezu identische Ergebnisse gefunden, ein aufgrund der Populationsabhängigkeit der Ergebnisse von Fragebogenanalysen guter Indikator für die Stabilität des DASS. Er ist hinsichtlich psychometrischer Gütekriterien den im deutschsprachigen Raum verwendeten Standardverfahren (BDI‚ BAI, ADS und HADS) zumindest gleichwertig. Gegenüber dem ADS besteht der Vorteil, dass bei guter bis sehr guter Reliabilität lediglich ein Drittel des Aufwandes nötig ist: Statt 20 Items enthält die DASS-D-Skala lediglich 7 Fragen. Die Sensitivität und Spezifität der kürzeren DASS-D-Skala entsprechen dabei exakt dem ADS. Für die hinsichtlich der Länge identische HADS-D-Skala sind die Werte (AUC) vergleichbar, bei der Anwendung des Cut-offs von 10 sind Sensitivität und Spezifität der HADS-Skala D jedoch problematisch. Der HADS wird zudem auf- 8 Der Schmerz grund der unklaren Faktorenstruktur kritisiert. In einem systematischen Überblick [6] werden populationsabhängige Faktorenlösungen zwischen 1 und bis zu 4 Faktoren anstelle der üblichen 2 Skalen gefunden. Eine plausible 3-faktorielle Lösung enthält neben Depression und Angst einen weiteren allgemeinen Belastungsfaktor. Insbesondere die Identifizierung von Depression scheint mit dem HADS nicht sicher möglich. Die Autoren schlagen vor, den HADS als generelles Maß für Belastung zu verwenden („general measurement of distress“; [6]). Insbesondere weisen sie auf seine Unfähigkeit hin, konsistent zwischen den Konstrukten Angst und Depression zu unterscheiden. Dieses Problem zeigt sich auch in unserer Untersuchung. Die für den HADS vorgeschlagene 3-faktorielle Lösung entspricht der Grundkonstruktion des DASS mit Depression, Angst und Stress. Für den DASS wird bei Patienten mit chronischen Schmerzen auf die spezifisch für diese Gruppe wichtige Differenzierung von psychopathologischen und konfundierenden somatischen Symptomen sowie die klare Struktur der Skalen hinsichtlich Depression, Angst und allgemeiner Belastung hingewiesen [22]. Berichtet werden auch bei Studien mit der englischsprachigen Version gute Kennwerte für die interne Konsistenz (Cronbachs αfür alle Skalen > 0,90; [25]). Studien mit der Kurzfassung bestätigen die Eignung der Verfahren für Patienten mit chronischen Schmerzen [9, 23, 31]. Nach Einschätzung von Antony [1] scheint der DASS ein ausgezeichnetes Verfahren zur Messung von Depression, Hyperarousal und Spannung in klinischen und nichtklinischen Gruppen zu sein. Vorgeschlagen wird die Verwendung der Kurz- anstelle der Langversion. Beim Vergleich mit etablierten Verfahren ist die Depressionsskala der deutschsprachigen Kurzfassung des DASS hinsichtlich Reliabilität und Validität zumindest gleichwertig, gegenüber ADS und BDI ökonomischer, hinsichtlich Spezifität und Sensitivität besser als die Depressionsskala des HADS. Bei den Gütekriterien finden sich für die Angstskala keine Unterschiede gegenüber gut überprüften Verfahren. Die Skala Stress ist reliabel, eine Überprüfung der Konstruktvalidität durch einen Vergleich mit ähnlichen Messverfahren steht jedoch aus. Der Aspekt „körperliche Anspannung“, den diese Skala erfasst, ist diagnostisch und therapeutisch gerade für Patienten mit Schmerzen von Interesse. Stress als möglicher stimmungsunabhängiger Einflussfaktor auf Schmerz ist bisher nur wenig erforscht. Eine isolierte Erhöhung der Stressskala bei unauffälligen Werten für Depressionen und Angst könnte beispielswiese ein Hinweis auf die Indikation für Entspannungsverfahren oder achtsamkeitsbasierte Verfahren sein. » Die Depressions-AngstStress-Skalen sind lizenzfrei Der DASS ist lizenzfrei, ein für klinische und wissenschaftliche Anwendung ebenfalls wichtiger Aspekt. In der aktuellen Fassung des DSF wurde der DASS aufgenommen. Dadurch besteht die Möglichkeit, auf einer sehr umfangreichen Datenbasis allgemeine und gruppenspezifische Normwerte zu entwickeln und damit einen Beitrag zur Verbesserung der Diagnostik, Therapieindikation und -evaluation zu leisten. Korrespondenzadresse Dr. P. Nilges DRK Schmerz-Zentrum Auf der Steig 14, 55131 Mainz [email protected] Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. P. Nilges und C. Essau geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Literatur 1. Antony MM, Bieling PJ, Cox BJ, Enns MW, Swinson RP (1998) Psychometric properties of the 42-item and 21-item versions of the Depression Anxiety Stress Scales in clinical groups and a community sample. Psychol Assess 10:176–181 2. Banks SM, Kerns RD (1996) Explaining high rates of depression in chonic pain: a diathesis-stress framework. Psychol Bull 119:95–110 3. Blumer D, Heilbronn M (1982) Chronic pain as a variant of depressive disease. The pain-prone disorder. J Nerv Ment Dis 170:381–406 4. Brown TA, Chorpita BF, Korotitsch W, Barlow DH (1997) Psychometric propertys of the depression anxiety stress scales (DASS) in different clinical samples. Behav Res Ther 35:79–89 5. 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