130 3 Neuroleptika Therapie Da meist von Arzneimittelnebenwirkungen auszugehen ist, sollten an erster Stelle alle nicht unbedingt notwendigen Medikamente abgesetzt bzw. durch solche ersetzt werden, die bekanntermaßen keine Agranulozytose auslösen. Oft lässt sich das auslösende Medikament nicht ermitteln. Weiterhin werden Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe eingeleitet. Um die Therapie zu unterstützen, kann die Granulozytenproduktion durch die Gabe der Granulozyten-Wachstumsfaktoren G-CSF und GM-CSF angeregt werden. 3.6.5 QTc-Zeit-Verlängerung • Eine Reihe von Medikamenten kann die QTc-Zeit verlängern. Dies kann zu Torsade-de-Pointes-Tachykardien führen, die tödlich enden können. • Daher ist es notwendig, diejenigen Medikamente zu kennen, die diese Nebenwirkung besonders häufig verursachen. • Regelmäßige EKG-Kontrollen sind sowohl bei diesen Medikamenten als auch – in längeren Abständen – bei anderen Psychopharmaka wichtig. Bei einer ganzen Reihe von Psychopharmaka ist es von großer Bedeutung, vor Beginn der Behandlung, nach Erreichen eines »steady state« und im Verlauf immer wieder die QTc-Zeit (▶ auch Abb. 3-7) zu bestimmen. In der Praxis sollte man meiner Meinung nach so vorgehen: • erstes EKG: vor Beginn der Behandlung mit einem verdächtigen Medikament • zweites EKG: eine Woche nach der Neuverabreichung oder Dosissteigerung eines verdächtigen Medikaments Dreher: Psychopharmakotherapie griffbereit. ISBN: 978-3-7945-3183-7. © Schattauer GmbH 3.6 Neben- und Wechselwirkungen 131 • nächstes EKG: bei Sertindol alle drei Monate, bei anderen ver- dächtigen Medikamenten möglicherweise in etwas längeren Abständen, aber regelmäßig Grenzwerte für die QTc-Zeit • Männer: QTc-Zeit > 450 ms • Frauen: QTc-Zeit > 470 ms • immer verdächtig: deutlich verlängerte QTc-Zeit seit der letzten Messung QT-Zeit Baseline Tangente Abb. 3-7 Die QT-Zeit ist die Zeit, die zwischen dem Beginn der Q-Zacke und dem Ende der T-Welle vergeht. Sie ist ein Maß für die Erregungsausbreitung in der Herzkammer. Die QTc-Zeit ist eine frequenzkorrigierte QT-Zeit. Dreher: Psychopharmakotherapie griffbereit. ISBN: 978-3-7945-3183-7. © Schattauer GmbH 132 3 Neuroleptika Abbildung 3-8 zeigt einige wichtige und häufig verordnete Neuroleptika, geordnet nach dem Ausmaß der durchschnittlichen QTc-Zeit-Verlängerung. Bei anderen Substanzen, die ebenfalls die QTc-Zeit verlängern, muss man sich immer im Einzelnen ein Bild machen, wie ausgeprägt die Verlängerung der QTc-Zeit ist. Man muss außerdem bedenken, dass Substanzen, die einzeln jeweils die QTc-Zeit verlängern können, dies in Kombination noch sehr viel stärker tun können. Am ausgeprägtesten ist die QTc-Zeit-Verlängerung durchschnittlich unter Thioridazin, das als Melleril® vertrieben wird. Bei Anwendung von Thioridazin sind regelmäßige EKG-Kontrollen erforderlich. Auch Pimozid, das unter dem Namen Orap® im Handel erhältlich ist, verursacht häufig QTc-Zeit-Verlängerungen. Thioridazin QTc-Zeit-Verlängerung Sertindol Pimozid Haloperidol Ziprasidon Quetiapin Risperidon Amisulprid Clozapin Olanzapin Aripiprazol Abb. 3-8 Ausmaß der QTc-Zeit-Verlängerung bei einigen ausgewählten Neuroleptika Dreher: Psychopharmakotherapie griffbereit. ISBN: 978-3-7945-3183-7. © Schattauer GmbH
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