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3 Neuroleptika
Therapie
Da meist von Arzneimittelnebenwirkungen auszugehen ist, sollten
an erster Stelle alle nicht unbedingt notwendigen Medikamente abgesetzt bzw. durch solche ersetzt werden, die bekanntermaßen keine
Agranulozytose auslösen. Oft lässt sich das auslösende Medikament
nicht ermitteln. Weiterhin werden Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe eingeleitet.
Um die Therapie zu unterstützen, kann die Granulozytenproduktion durch die Gabe der Granulozyten-Wachstumsfaktoren G-CSF
und GM-CSF angeregt werden.
3.6.5 QTc-Zeit-Verlängerung
• Eine Reihe von Medikamenten kann die QTc-Zeit verlängern. Dies
kann zu Torsade-de-Pointes-Tachykardien führen, die tödlich enden
können.
• Daher ist es notwendig, diejenigen Medikamente zu kennen, die
diese Nebenwirkung besonders häufig verursachen.
• Regelmäßige EKG-Kontrollen sind sowohl bei diesen Medikamenten
als auch – in längeren Abständen – bei anderen Psychopharmaka
wichtig.
Bei einer ganzen Reihe von Psychopharmaka ist es von großer Bedeutung, vor Beginn der Behandlung, nach Erreichen eines »steady
state« und im Verlauf immer wieder die QTc-Zeit (▶ auch Abb. 3-7)
zu bestimmen.
In der Praxis sollte man meiner Meinung nach so vorgehen:
• erstes EKG: vor Beginn der Behandlung mit einem verdächtigen
Medikament
• zweites EKG: eine Woche nach der Neuverabreichung oder Dosissteigerung eines verdächtigen Medikaments
Dreher: Psychopharmakotherapie griffbereit. ISBN: 978-3-7945-3183-7. © Schattauer GmbH
3.6 Neben- und Wechselwirkungen
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• nächstes EKG: bei Sertindol alle drei Monate, bei anderen ver-
dächtigen Medikamenten möglicherweise in etwas längeren Abständen, aber regelmäßig
Grenzwerte für die QTc-Zeit
• Männer: QTc-Zeit > 450 ms
• Frauen: QTc-Zeit > 470 ms
• immer verdächtig: deutlich verlängerte QTc-Zeit seit der letzten
­Messung
QT-Zeit
Baseline
Tangente
Abb. 3-7 Die QT-Zeit ist die Zeit, die zwischen dem Beginn der Q-Zacke und dem
Ende der T-Welle vergeht. Sie ist ein Maß für die Erregungsausbreitung in der Herzkammer. Die QTc-Zeit ist eine frequenzkorrigierte QT-Zeit.
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3 Neuroleptika
Abbildung 3-8 zeigt einige wichtige und häufig verordnete Neuroleptika, geordnet nach dem Ausmaß der durchschnittlichen QTc-Zeit-Verlängerung. Bei anderen Substanzen, die ebenfalls die QTc-Zeit verlängern, muss man sich immer im Einzelnen ein Bild machen, wie
ausgeprägt die Verlängerung der QTc-Zeit ist. Man muss außerdem
bedenken, dass Substanzen, die einzeln jeweils die QTc-Zeit verlängern können, dies in Kombination noch sehr viel stärker tun können.
Am ausgeprägtesten ist die QTc-Zeit-Verlängerung durchschnittlich
unter Thioridazin, das als Melleril® vertrieben wird. Bei Anwendung
von Thioridazin sind regelmäßige EKG-Kontrollen erforderlich.
Auch Pimozid, das unter dem Namen Orap® im Handel erhältlich
ist, verursacht häufig QTc-Zeit-Verlängerungen.
Thioridazin
QTc-Zeit-Verlängerung
Sertindol
Pimozid
Haloperidol
Ziprasidon
Quetiapin
Risperidon
Amisulprid
Clozapin
Olanzapin
Aripiprazol
Abb. 3-8 Ausmaß der QTc-Zeit-Verlängerung bei einigen ausgewählten Neuroleptika
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