Emma schweigt

Emma schweigt – Susanne Scholl
Ein Buchtipp von Barbara Bretterklieber
Frau Emma, geschieden, Mutter eines Sohnes, Pensionistin,
hat eine latent negative Einstellung zum Leben. Alles
scheint sich in ihrem Leben gegen sie zu wenden: der ExMann Georg, der nach vielen Jahren langweiliger Ehe eine
neue Herausforderung gesucht hat. Nach einem
Schlaganfall, der dem Georg schon recht geschieht,
besucht Emma in einmal wöchentlich im Pflegeheim – aber
eher aus der Motivation heraus, ihn leiden zu sehen. Hansi,
ihr Sohn, kann ihr nichts recht machen. Auch alle seine
Frauen taugen nichts – besonders schlimm ist es dann, als
Hansi sich in die Türkin Emine (eine Türkin!!) verliebt und
sie ein Kind bekommen. Das mit den Ausländern ist eh so
eine Sache – sie ist ja froh, nicht mehr mit U-Bahn fahren zu
müssen, seitdem sie in Pension ist. Das sitzen sie immer
früh morgens mit ihren Kopftüchern. Unheimlich!
Sarima, Witwe, Mutter von drei Kindern, zwei davon bereits
verstorben, versucht alles, um ihrem Sohn Schamil und sich in diesem neuen Land, dass alles
hat, ein besseres Zuhause zu schaffen. Geflohen in einer Nacht- und Nebelaktion vor dem
brutalen Mann, der ihre Schwester Lisa verschleppt hat und vor einem Zuhause, das keines mehr
war. Unterstützt von der Tante ihres Mannes schaffen Sarima und Schamil die Flucht bis nach
Österreich. Im Flüchtlingswohnheim versuchen sie nicht aufzufallen – anpassen als wichtigste
Prämisse, damit Schamil die Chance auf ein Leben in Freiheit hat.
Susanne Scholl gelingt es in ihrem Roman sehr einfühlsam und ehrlich die zwei
Frauengeschichten parallel zu erzählen; bis sich die beiden Wege durch einen Zufall kreuzen.
Mutig und ohne Blatt vor dem Mund wird die Leserin/der Leser mitgenommen in Altbekanntes
und gänzlich Unbekanntes. Zu mehr Mut und weniger Angst vor anderem fordert dieser Roman
auf: vor allem in Zeiten wie diesen.
Leseprobe: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=10258