IP kompakt 11/2015 - Bundesanzeiger Verlag

Markenrecht
BGH – Goldbären
Zeichenähnlichkeit zwischen Wortmarke
und dreidimensionaler Gestaltung
RAin Andrea Renvert, LL.M., Köln
¢ Sachverhalt
Die Klägerin produziert und vertreibt
Fruchtgummiprodukte. Zu ihrem Produktsortiment gehören auch sog.
„Gummibärchen“, die sie unter der Bezeichnung „GOLDBÄREN“ anbietet. Sie
ist u.a. Inhaberin der folgenden Marken
• „Goldbären“, DE 974380: kraft
Verkehrsdurchsetzung für „Zuckerwaren“ eingetragene deutsche
Wortmarke (Klagemarke 1),
• „Goldbär“, DE 39922430: für „Zuckerwaren“ eingetragene deutsche
Wortmarke (Klagemarke 2),
•
, EU 009423757: u.a. für
„Schokolade“ und „Zuckerwaren“
eingetragene Gemeinschaftsbildmarke (Klagemarke 5),
• „Gold-Teddy“, DE 30 2011 030 914:
mit Priorität vom 3.6.2011 für „Zuckerwaren, insbesondere Fruchtgummi, Schokolade und nicht-
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medizinische Kaugummis“, eingetragene deutsche Wortmarke
(Klagemarke 7),
• abstrakte Farbmarke „Gold“, DE
30 2008 038 605: kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragen für
„Fruchtgummi“.
Darüber hinaus ist die Klägerin ihrer
Ansicht nach Inhaberin dreier Benutzungsmarken kraft Verkehrsgeltung,
namentlich die mit den Klagemarken
1 und 2 übereinstimmenden Wortmarken „Goldbären“ (Klagemarke 3) und
„Goldbär“ (Klagemarke 4) sowie eine
der Klagemarke 5 entsprechende Bildmarke „Goldbär“ (Klagemarke 6).
Die Beklagten vertreiben Schokoladenprodukte. Zu ihrem Produktsortiment
gehören der „Lindt Goldhase“ sowie
seit dem Jahr 2011 eine ebenfalls in
Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur in Form eines sitzenden Bären,
die sie selbst als „Lindt Teddy“ bezeichnen und auch als Verpackung für
Schokoladenerzeugnisse verwenden.
Die Beklagte zu 1) ist zudem Inhaberin
einer mit Priorität aus 1927 eingetra-
genen deutschen Wort-/Bildmarke
„Teddy“, DE 371973, sowie der mit
Priorität aus 1994 eingetragenen
deutschen Wortmarke „Teddy“, DE
2105373, welche u.a. für Schokolade
und Zuckerwaren geschützt sind.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage
gegen die Ausgestaltung der von den
Beklagten verwendeten Bärenfiguren,
wie nachstehend eingeblendet und ist
der Ansicht, die Figur sei die bildliche
Darstellung des Wortes „Goldbär“, sodass die Klage wegen Verletzung ihrer
Klagemarken begründet sei. Darüber
hinaus hält sie die beanstandeten Aufmachungen für unlautere Nachahmungen ihrer Erzeugnisse.
Die Beklagten haben sich gegen die
Klage verteidigt und machen geltend,
die angegriffene Schokoladenfigur
stelle eine Fortentwicklung ihrer eigenen Produktlinie dar, zu der der „Lindt
Goldhase“ gehöre. Ihrer Ansicht nach
werde der Verkehr eine Verbindung
auch wegen der aufgebrachten Wortbestandteile „Lindt“ bzw. „Lindt Teddy“
daher allein zu ihrem Unternehmen
und nicht zu der Klägerin herstellen.
¢ Entscheidung des LG Köln
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt (vgl. LG Köln,
GRUR-RR 2013, 102 ff.).
Nach Auffassung des Landgerichts
sind sämtliche geltend gemachten Ansprüche aus dem Bekanntheitsschutz
der deutschen Wortmarke „Goldbären“ aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG
gerechtfertigt.
Es wurde insoweit von der Kammer
festgestellt, dass bisher noch keine
höchstrichterliche Rechtsprechung zur
Kollision einer Wortmarke mit einer
dreidimensionalen Gestaltung ergangen sei. Der BGH habe allerdings hinsichtlich der Kollision zwischen einer
Wortmarke und einer Bildmarke bereits mehrfach entschieden, dass eine
die Markenverletzung begründende
Ähnlichkeit dann gegeben sei, wenn
nicht nur eine Übereinstimmung im
Motiv vorliege, sondern das Wort die
„naheliegende ungezwungene und
erschöpfende Benennung des konkreten Bildes“ sei (vgl. BGH GRUR 1971,
251, 251 – Oldtimer; BGH GRUR 1999,
990, 992 – Schlüssel: BGH GRUR 2004,
779, 783 – Zwilling/Zweibrüder).
Nach Auffassung der Kammer könne
für den Fall der Kollision zwischen einer
Wortmarke und einem dreidimensionalen Zeichen nichts anderes gelten.
Auch hier müsse die Markenähnlichkeit
darauf beruhen, dass die Wortmarke
den in der dreidimensionalen Ausgestaltung verkörperten Sinngehalt
wiedergebe, wobei insoweit strenge
Anforderungen zu stellen seien. Für
einen markenrechtlichen Schutz solle
kein allgemeiner Motivschutz begründet werden können. Von einer auf
dem Sinngehalt der dreidimensionalen
Marke beruhenden Zeichenähnlichkeit
könne daher nur in seltenen Fallkonstellationen ausgegangen werden,
nämlich dann, wenn der verkörperte
Begriffsinhalt besonders einprägsam
und charakteristisch sei.
Nach Auffassung der Kammer waren
diese Voraussetzungen auch unter
Anlegung des gebotenen strengen
Maßstabes vorliegend erfüllt. Für das
Schokoladenprodukt der Beklagten
sei nicht dessen offizieller Name „Lindt
Teddy“, sondern die Bezeichnung
„GOLDBÄR“ die für den Verbraucher
naheliegende ungezwungene und erschöpfende und gleichsam einprägsame Betitelung.
Dem sind die Beklagten im Wege der
Berufung zum OLG entgegengetreten.
¢ Entscheidung des OLG Köln
Das Berufungsgericht hat die Klage im
Gegensatz zum LG Köln vollumfänglich abgewiesen (vgl. OLG Köln, MarkenR 2014, 215).
Einen auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG
gestützten Bekanntheitsschutz könne
die Klägerin nach Ansicht des Berufungsgerichts für ihre Marke „Goldbären“ (Klagemarke 1) nicht beanspruchen, da es an einer hinreichenden Zeichenähnlichkeit fehle.
Insofern hatte das Berufungsgericht im
Einklang mit dem Landgericht noch
ausgeführt, dass eine Zeichenähnlichkeit aus Gründen einer begrifflichen
Übereinstimmung bei der Kollision
zwischen einer Wortmarke und einer
dreidimensionalen Gestaltung nur in
Betracht komme, wenn das Wort die
naheliegende, ungezwungene und
erschöpfende Benennung der dreidimensionalen Produktausstattung in
ihrer Gesamtheit sei.
Nach Auffassung des Senates stelle die
Bezeichnung „Goldbär“ für den Verbraucher jedoch keine naheliegende
Bezeichnung für die angegriffenen
Produkte dar.
Allein die Form und Farbe der Ausstattungen des Produkts der Beklagten
rufe beim Publikum keine ungezwungene gedankliche Verknüpfung zu der
bekannten Marke „Goldbären“ hervor, da ihnen nur eine schwache Kennzeichnungskraft zukomme.
Durch die gleichfalls enthaltenen kennzeichnungskräftigen Wortbestandteile
„Lindt“ oder „Lindt Teddy“ und die
Einfügung in die Produktreihe mit
dem „Goldhasen“ werde der Verkehr
vielmehr zwanglos auf das Unternehmen der Beklagten hingewiesen, sodass eine Assoziation zu der Bezeichnung „Goldbären“ der Klägerin allenfalls über gedankliche Zwischenschritte erfolge.
Mangels Ähnlichkeit der Zeichen bestehe auch keine Verwechslungsgefahr i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Markenrechtliche Ansprüche auf der
Grundlage der hilfsweise geltend gemachten Wortmarken (Klagemarken
2 bis 4) bestünden aus dem gleichen
Grunde nicht.
Die Klage sei mangels Zuständigkeit aus
der Gemeinschaftsbildmarke „Goldbär“, EU 009423757 (Klagemarke 5)
bereits unzulässig, da die Geltendmachung von Gemeinschaftsmarken in
NRW nach § 1 der VO vom 30.8.2011
bei dem Landgericht Düsseldorf konzentriert sei.
Auch Ansprüche auf die der Klagemarke 5 entsprechenden Bildmarke
„Goldbär“ in Form einer Benutzungsmarke kraft Verkehrsgeltung (Klagemarke 6) bestünden nicht, weil sich
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der jeweilige Gesamteindruck der gegenüberstehenden Zeichen erheblich
unterscheide.
Im Hinblick auf die von der Klägerin
geltend gemachte Wortmarke „GoldTeddy“ könnten die Beklagten der Klägerin den Einwand einer bösgläubigen
Markenanmeldung entgegenhalten,
da die Marke erst zur Eintragung angemeldet worden sei, nachdem die Beklagten sie über die beabsichtigte
Verwendung des Begriffs „Teddy“ für
eine Schokoladenfigur in Goldfolie in
Kenntnis gesetzt hätten.
Auch markenrechtliche Ansprüche aus
der konturlosen Farbmarke „Gold“
lägen nicht vor. So sehe der Verkehr
in der Farbe keinen Herkunftshinweis,
da diese sowohl auf den Produktgestaltungen der Klägerin als auch bei
den angegriffenen Verwendungsformen hinter den kennzeichnungskräftigen Wortbestandteilen zurücktrete.
Mangels hinreichender Ähnlichkeit
und Verwechslungsgefahr bestünden
auch auf den Gesichtspunkt eines lauterkeitsrechtlichen Nachahmungs- und
Irreführungsschutzes gestützte Ansprüche nicht.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung
die Beklagten beantragen, verfolgt die
Klägerin ihre Klageanträge weiter.
¢ Entscheidung des BGH
Die Revision hat in der Sache keinen
Erfolg.
Nach Ansicht des BGH hat das Berufungsgericht die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zu Recht
unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für begründet erachtet.
Die gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts gerichteten Angriffe der
Revision haben keinen Erfolg, soweit
das Berufungsgericht die auf die Klagemarken 1 bis 7 und auf die Vorschriften
des UWG gestützten Ansprüche abgewiesen hat.
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Dagegen könne das Urteil keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht Ansprüche aufgrund der abstrakten Farbmarke „Gold“ abgewiesen habe, da diese Marke nicht
Gegenstand des Klageverfahrens sei.
Kein Anspruch aus Bekanntheitsschutz, § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG
Das Berufungsgericht habe ohne
Rechtsfehler angenommen, dass mangels Zeichenähnlichkeit keine rechtsverletzende Benutzung der angegriffenen Gestaltungen i.S.v. § 14 Abs. 2
Nr. 3 MarkenG vorliege.
Die rechtsverletzende Benutzung eines
mit der bekannten Marke identischen
oder ihr ähnlichen Zeichens nach § 14
Abs. 2 Nr. 3 MarkenG setze voraus,
dass die beteiligten Verkehrskreise die
einander gegenüberstehenden Zeichen
gedanklich miteinander verknüpfen.
Die im Wesentlichen dem Tatrichter
obliegende Beurteilung der Frage, ob
eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist, habe dabei unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des
konkreten Falls zu erfolgen, zu denen
der Grad der Ähnlichkeit der einander
gegenüberstehenden Marken, die Art
der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer
Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit
der Klagemarke, ihre originäre oder
durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von
Verwechslungsgefahr zählen.
Fehle es an einer Zeichenähnlichkeit,
komme ein Anspruch aus § 14 Abs. 2
Nr. 3 MarkenG hingegen nicht in Betracht.
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Bekanntheitsschutz) seien im
Grundsatz keine anderen Maßstäbe
anzuwenden als bei der Prüfung der
Zeichenähnlichkeit i.S.v. § 14 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG (Verwechslungsschutz).
Demnach beurteilt sich die Frage der
Ähnlichkeit einander gegenüberste-
hender Zeichen grundsätzlich nach deren Ähnlichkeit im
• Klang,
• (Schrift-)Bild und
• Bedeutungs- oder Sinngehalt,
weil Zeichen auf die angesprochenen
Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher
und begrifflicher Hinsicht wirken können.
Stehen sich – wie vorliegend – eine
Wortmarke und eine dreidimensionale
Gestaltung gegenüber, so könne sich
die Zeichenähnlichkeit allerdings weder in klanglicher noch bildlicher Hinsicht, sondern allein aus einer Ähnlichkeit im Bedeutungsgehalt ergeben.
Nach Ansicht des BGH ist eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und Marken anderer Kategorien anzunehmen, wenn die Wortmarke aus Sicht der angesprochenen
Verbraucher die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der zu vergleichenden Markengestaltung darstellt. Dieser Grundsatz
sei für die Kollision von Wort- und Bildmarken anerkannt und gelte – wie
vom Berufungsgericht zutreffend angenommen – gleichermaßen für den Vergleich zwischen einer Wortmarke und
einer dreidimensionalen Gestaltung.
Merke
Begriffliche Ähnlichkeit zwischen
einer Wortmarke und Marken anderer Kategorien ist anzunehmen,
wenn die Wortmarke aus Sicht der
angesprochenen Verbraucher die
„naheliegende, ungezwungene
und erschöpfende Bezeichnung der
zu vergleichenden Markengestaltung“ darstellt.
Dieser Grundsatz ist für die Kollision
von Wort- und Bildmarken anerkannt und gilt gleichermaßen für
den Vergleich zwischen einer Wortmarke und einer dreidimensionalen
Gestaltung.
Es sei aber darauf zu achten, dass über
die Ähnlichkeit im Sinngehalt nicht ein
dem Markenrecht fremder Motivschutz
gewährt werde oder eine uferlose Ausweitung des Schutzbereichs erfolge.
Enthalte das Wortzeichen hingegen einen allgemeinen oder beschreibenden
Sinngehalt oder beschreibende Anklänge, werde eine begriffliche Ähnlichkeit
umso weniger in Betracht kommen.
Nach Auffassung des BGH bestünde
sonst die Gefahr, dass über eine Zeichenähnlichkeit im Sinngehalt einer
Wortmarke eine weitgehende Monopolisierung von Warengestaltungen
erfolgt, wie sie mit einer Bildmarke oder
dreidimensionalen Warenformmarke, in
der lediglich eine bestimmte Ausgestaltung festgelegt ist, nicht zu erreichen ist.
Weiter führt der BGH aus, dass zur Begründung einer Zeichenähnlichkeit im
Sinngehalt sämtliche vorstehend angeführten Voraussetzungen kumulativ
erfüllt sein müssen.
Deshalb seien an eine Zeichenähnlichkeit im Sinngehalt zwischen einer
Wortmarke und einer Warengestaltung grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen.
Als naheliegende, ungezwungene und
erschöpfende Bezeichnung einer
Wortmarke sei eine dreidimensionale
Gestaltung nur zu qualifizieren, wenn
sich die Benennung der beanstandeten
Gestaltung mit dem Markenwort für
den Verkehr aufdränge, ohne dass
hierfür mehrere gedankliche Zwischenschritte notwendig sind.
Merke
Über die Ähnlichkeit im Sinngehalt
einer Wortmarke und einer dreidimensionalen Gestaltung darf kein
dem Markenrecht fremder Motivschutz gewährt werden oder eine
uferlose Ausweitung des Schutzbereichs erfolgen.
Deshalb sind strenge Anforderungen an eine Zeichenähnlichkeit im
Sinngehalt zu stellen.
Eine dreidimensionale Gestaltung ist
nur die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung einer Wortmarke, wenn sich
die Benennung der dreidimensionalen Gestaltung mit dem Markenwort
für den Verkehr aufdrängt, ohne
dass hierfür mehrere gedankliche
Zwischenschritte notwendig sind.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts
zur Zeichenunähnlichkeit erweise sich
nach Ansicht des BGH im Ergebnis als
richtig. Entgegen der Auffassung der
Revision sei die Bezeichnung „Goldbären“ keine naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der angegriffenen Produktform.
Der etwaige Einfluss von Form und Farbe lasse die Benennung als „Goldbären“ schon deshalb nicht als naheliegend erscheinen, weil die Bärenform
gleichermaßen als „Teddy“, „Schokoladen-Bär“ oder „Schokoladen-Teddy“
bezeichnet werden könne.
Hierfür spreche auch das vom Berufungsgericht herangezogene Gutachten, wonach lediglich 8,5 % der Befragten bei Vorlage der in Rede stehenden Ausstattungen der Beklagten
mit der Aufschrift „Lindt Milk Chocolate“ für dieses Produkt die Bezeichnung
„Goldbär“ oder eine daran angelehnte
Bezeichnung (Goldbärchen, Haribo
Goldbären oder Goldbärchi) gewählt
haben, während der weit überwiegende Teil (37 %) andere Angaben benutzt habe (Teddy/Teddybär mit zum
Teil weiteren Zusätzen 14,7 %, Lindt
Schokoladenbär 4,2 %, Lindt Bär
3,6 %, Lindt Bärchen 1,1 % sowie
13,4 %, die weitere vollständig andere
Angaben gemacht haben).
Nach Ansicht des BGH durfte das Berufungsgericht die Ergebnisse der Befragung auch ohne Rechtsfehler zur Absicherung seiner rechtlichen Beurteilung
heranziehen, dass das Wortzeichen
„Goldbären“ nicht die naheliegende,
ungezwungene und erschöpfende Be-
zeichnung der angegriffenen Produktgestaltung darstellt.
Die Revision könne auch nichts für sie
Günstiges aus der Anlehnung der angegriffenen Produktgestaltung an den
von der Beklagten vertriebenen Goldhasen ableiten, da eine Verbindung zu
der Klagemarke „Goldbären“ dabei
allenfalls in mehreren gedanklichen
Schritten hergestellt werde, die aber
nicht mehr naheliegend sei.
Da es im Verletzungsverfahren allein
auf die eingetragene Form der Klagemarke ankomme, seien außerhalb der
Registereintragung liegende Umstände nicht zu berücksichtigen, sodass
der konkrete Kontext der Benutzung
der Klagemarke unerheblich sei.
Die von der Revision vertretene Sichtweise, in die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit die Produktform einzubeziehen, für die die Klagemarke benutzt
wird, widerspreche zudem dem Charakter des Markenrechts als Registerrecht. Denn durch die Festlegung auf
ein bestimmtes Zeichen im Eintragungsverfahren und die Veröffentlichung dieser Eintragung würden sowohl die Mitbewerber als auch die Allgemeinheit die Möglichkeit erhalten,
sich über die in Kraft stehenden Marken und ihren Schutzbereich zu unterrichten. Diese Funktion gehe verloren,
wenn der Schutzbereich der Klagemarke anhand konkreter Benutzungsformen zu bestimmen sei.
Kein Anspruch aus Verwechslungsschutz, § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG
Mangels Zeichenähnlichkeit scheide
auch ein auf die Klagemarke 1 gestützter Unterlassungsanspruch aus
§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus.
Keine markenrechtlichen
Ansprüche im Übrigen
Mangels Zeichenähnlichkeit könne die
Klägerin ihr Unterlassungsbegehren
auch nicht aus der Wortmarke „Goldbär“ (Klagemarke 2) herleiten.
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Gleiches gelte für die mit den Klagemarken 1 und 2 gleichlautenden Wortmarken „Goldbären“ und „Goldbär“
als Benutzungsmarken kraft Verkehrsgeltung (Klagemarken 3 und 4).
Ansprüche aus der Gemeinschaftsbildmarke „Goldbär“ (Klagemarke 5) seien wegen der Unzuständigkeit des angerufenen Landgerichts als unzulässig
abgewiesen worden. Dies nehme die
Revision hin.
Zu Recht habe das Berufungsgericht
Ansprüche aus der der Gemeinschaftsmarke „Goldbär“ (Klagemarke 5) entsprechenden Bildmarke „Goldbär“ als
Benutzungsmarke kraft Verkehrsgeltung (Klagemarke 6) mangels Zeichenähnlichkeit abgelehnt.
Auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass Ansprüchen aus der
Wortmarke „Gold-Teddy“ der Einwand einer bösgläubigen Markenanmeldung i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 10
MarkenG entgegengehalten werden
kann, lässt nach Ansicht des BGH keinen Rechtsfehler erkennen.
Die getroffenen Feststellungen würden die Annahme tragen, dass im Vordergrund der Anmeldung nicht die
Absicht der Klägerin stand, das angemeldete Zeichen selbst zur Kennzeichnung ihrer Produkte zu verwenden,
sondern in unzulässiger Weise die
wettbewerbliche Betätigung der Beklagten zu behindern.
Teilweise Aufhebung des Berufungsurteils im Hinblick auf die
Farbmarke „Gold“
Keinen Bestand haben könne hingegen die Entscheidung des Berufungsgerichts im Hinblick auf Ansprüche
aus der abstrakten Farbmarke „Gold“.
Diese Marke sei gar nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Anders als vom Berufungsgericht angenommen, habe die Klägerin ihr Klagebegehren weder im ersten noch im
zweiten Rechtszug auf diese Marke
gestützt, sondern die Farbmarke ledig-
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lich im Zusammenhang mit den Klagemarken und einer Vielzahl weiterer
Zeichenrechte erwähnt.
Einer erstmaligen Einführung der Farbmarke im Berufungsverfahren stehe
zudem entgegen, dass eine solche Klageerweiterung der in erster Instanz in
vollem Umfang erfolgreichen Klägerin
die Einlegung der Anschlussberufung
gemäß § 524 ZPO erfordert hätte, welche aber weder ausdrücklich noch
durch schlüssiges Verhalten erfolgt sei.
Das Berufungsurteil war daher insoweit aufzuheben, wie die auf die Farbmarke „Gold“ gestützte Klage abgewiesen worden ist.
Keine Ansprüche aus UWG
Auch die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche der Klägerin seien zu Recht zurückgewiesen worden, da es an einer Nachahmung durch die Beklagten (§ 4 Nr. 9
UWG) bzw. einer hinreichenden Produktähnlichkeit (§ 5 Abs. 2 UWG) fehle.
Der BGH hat das angegriffene Urteil
daher hinsichtlich der Abweisung der
auf die Farbmarke „Gold“ gestützten
Klage aufgehoben und die Revision im
Übrigen zurückgewiesen.
Fazit
Eine Zeichenähnlichkeit zwischen
einer Wortmarke (hier: Goldbären)
und einer dreidimensionalen Gestaltung (hier: in Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur) ist nicht
von vornherein ausgeschlossen. Sie
kann sich aber weder in klanglicher
noch in bildlicher Hinsicht ergeben;
vielmehr kann eine Zeichenähnlichkeit nur aus einer Ähnlichkeit im
Bedeutungsgehalt folgen.
Bei der Beurteilung der Frage der
Zeichenähnlichkeit zwischen einer
Wortmarke und einer dreidimensionalen Gestaltung darf nicht über
die Ähnlichkeit im Sinngehalt ein
Motivschutz begründet werden
oder eine uferlose Ausweitung des
Schutzbereichs der Wortmarke mit
der Folge einer umfassenden Monopolisierung von Warengestaltungen vorgenommen werden.
Die begriffliche Ähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer
dreidimensionalen Gestaltung ist
anzunehmen, wenn die Wortmarke
aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der dreidimensionalen
Gestaltung ist. Hierzu ist erforderlich, dass sich die Benennung der
beanstandeten Gestaltung mit dem
Markenwort für den Verkehr aufdrängt, ohne dass hierfür mehrere
gedankliche Zwischenschritte notwendig sind und ohne dass es andere Bezeichnungen für die dreidimensionale Gestaltung gibt, die
gleich naheliegend sind.
Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit einer für Fruchtgummiprodukte
eingetragenen Wortmarke (hier:
Goldbären) ist in die Prüfung der
Zeichenähnlichkeit bei einer Kollision mit einer dreidimensionalen Gestaltung (hier: in Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur) nicht
die Produktform einzubeziehen,
für die der Markeninhaber die
Wortmarke nutzt (hier: konkrete
Gestaltung der Gummibärchen).
Hat das Berufungsgericht über einen Anspruch aus einer Marke entschieden, auf die der Kläger sich im
Rechtsstreit zur Begründung seines
Anspruchs nicht gestützt hat, sondern die er nur neben anderen
Marken zur Darstellung seines Markenbestands angeführt hat, stellt
dies einen Verstoß gegen § 308 ZPO
dar, der im Revisionsverfahren von
Amts wegen zu beachten ist.
(Amtliche Leitsätze des BGH)
Quelle
Urteil des BGH vom 23.9.2015, Az. I
ZR 105/14