Focal Sopra 2 - HiFi

H I F I E X K L U S I V S TA N D L A U T S P R E C H E R
12 STEREO 8/2015
Die Reise
nach Utopia
Ist so ein Trip die Möglichkeit? Mit der brandneuen Sopra No 2
schickt Focal einen Lautsprecher auf den Weg, der nach zielstrebiger
Entwicklung sogar bei der großen „Utopia“-Serie anklopft. Dabei
war der Exklusivtest in STEREO für sie kein Spaziergang.
J
ede Wette: Dieser Lautsprecher
wird für Aufsehen sorgen und die
High Ender elektrisieren. Dafür
muss er nichtmal wie links in der grellen Schockfarbe „Electric Orange“ auftreten. Es ist die neue Sopra No 2 – der
Name steht für „Überlegenheit“ –, mit
der Focal knapp unterhalb seiner höchst
anspruchsvollen „Utopia“-Linie natürlich
nicht nur optische Zeichen setzen will. Die
ambitionierte Aufgabe an die Entwicklungsabteilung lautete, eine Standbox zu
schaffen, die wesentliche Qualitäten der
Top-Modelle der Franzosen sowohl in
einem kompakteren Gehäuse als auch zu
einem günstigeren Preis bietet.
Gar nicht so einfach, denn die ausladend großen Utopias ziehen neben der
gebotenen Präzision einen beträchtlichen
Teil ihrer Klangfaszination aus der Mühelosigkeit, mit der sie gerade in den unteren Lagen die Luft bewegen. Wer daran
im kleineren Format anknüpfen will,
sieht sich, wie die Franzosen unumwunden zugeben, in einer Art „audiophilem
Teufelskreis“ gefangen. Denn kompaktere Gehäuse bedingen nunmal kleinere
Tieftöner. Dies setzt den Wirkungsgrad
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herab, weshalb man für identische Pegel
den Verstärker höher belasten muss,
was an sich bereits ein Nachteil darstellt
und zudem stärkere Auslenkungen der
Bass-Chassis zur Folge hat, die wiederum
zu mehr Verzerrungen führen, was laut
den Franzosen leicht zum „blurred sound“
führt, also zu einer verschmierten und
undifferenzierten Wiedergabe.
Auftritt mit HighEnd-Flair
So viel vorab: Von derlei Makeln ist die
Performance der Sopra No 2 ähnlich weit
weg wie ein gestochenes Blu-ray-Bild vom
verwackelten Urlaubsschnappschuss. Und
wer schon mal neugierig zu den Laborergebnissen vorgeblättert hat, erkennt
sofort, dass es Focal hier gelungen ist,
hohen Wirkungsgrad mit exemplarischem
Tiefgang sowie hervorragender Klirrarmut zu vereinen, ergo den vermaledeiten
Teufelskreis zu sprengen.
Dabei halfen dem in Saint-Étienne nahe
Lyon ansässigen Spezialisten ausgefeilte
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 Der Berylliumhochtöner ist ein Focal-Highlight, das
die Sopras mit den großen Utopias teilen.
Software-Simulationsverfahren und seine beobachtet, ob das Modell sensibel auf
hohe Fertigungstiefe. Denn die Franzosen geringste Abweichungen in der Aufstelbauen nicht nur ihre Chassis inklusive des lung reagiert oder wie spürbar der Klang
einzigartigen Hochtöners mit ultraleichter im Zuge der abschließenden millimeterund ultraharter Berylliummembran, der genauen Anpassung der Kanäle „einrasauch in der Sopra No 2 arbeitet, selbst. tet“. Was soll man sagen: Von der neuen
Sogar die Gehäuse stammen aus eigener Focal haben fast wir uns geprüft gefühlt,
Produktion – gerade wurde das neue Werk so präzise spielt diese auf dem Punkt.
fertig –, sodass sie geringe wie bedeutende
War alles perfekt, wobei die Sopras
Änderungen sofort umsetzen konn- knapp über die Schultern des mittigen
ten, was während des Feinabgleichs der Hörers zielten und wir sie per WasserBoxen von zentraler Bedeutung war.
waage – wenn schon, denn schon – exakt
Ob Sie’s glauben oder
senkrecht ausgerichtet
nicht: Als Testredakteur TEST-KOMPONENTEN
sowie die in die Bodenerhält man bereits beim PLATTENSP./PHONO-AMP: Clearplatte aus Glas integEinrichten von Laut- audio Innovation Wood, Universal,
rierten Spikes gekontert
sprechern eine Ahnung Stradivari V2/Absolute Phono
hatten, lief die Manndavon, wie tief der Her- SACD-SPIELER: Accuphase DP-550
schaft zusammen, um
steller in die klangli- VOLLVERSTÄRKER: Symphonic Line das kunstvolle Klangchen Strukturen vorge- RG 9 MK4 Reference HD
bild zu bestaunen.
drungen ist, indem man VOR-/ENDSTUFE: Accustic Arts
Der „Soundtrack“
TUBE PREAMP II/AMP II
für die Positionierung
LAUTSPRECHER: DALI Epicon 6,
war einmal mehr Maria
KEF Reference 5
Pihls „Malvina“ von der
LS-KABEL: In-Akustik LS-1608/
STEREO Hörtest-CD
2
LS-2404, Silent Wire LS16 mk
VI. Hundertfach zuvor
gehört, lieferte es mit
seiner Mischung aus
Weiträumigkeit und
Ortungsschärfe, kräftigem, jedoch konturiertem Bass sowie glockenklarer Stimme, die ohne
jede artifizielle Note
‘rüberkommen muss,
neben schöner Musik
abermals optimale Voraussetzungen, um sämt Die Gehäuse der
liche Parameter ins Verhältnis zueinanFocal-Serien Utopia, Sopra
der zu setzen – und diese dabei selbstverund Electra werden in
ständlich bestmöglich auszuformen.
Frankreich zusammengeSchließlich hatten wie die Darbietung
setzt, geschliffen, lackiert
so hoch getrieben, dass sie bemerkensund poliert. Zum Schluss
wert gelöst im Raum stand und „Malvina“
erfolgt das Einsetzen der
sowohl in all seinen Facetten, aber auch
Treiber.
als geschlossenes Ganzes erschien. Und
dies mit dem noblen, beherrschten Flair,
Das Hochtönermodul von hinten und
im Durchblick (r.). Durch „Infinite Horn
Loading“ werden rückwärtige Schallanteile
weggeleitet und können so nicht stören. 
das echtes HighEnd auszeichnet und das
die Sopra No 2 tatsächlich in die Nähe zu
den Utopias rückt, denen sie ja auch hinsichtlich der leicht zueinandergeneigten
Treiber für Bässe und Mitten sowie dem
dazwischen platzierten Beryllium-Tweeter formal nacheifert.
Und mit „Saturday Night“ des Red
Norvo Quartet – noch ein Hörtest-Klassiker – von derselben Disc begeisterten die
Französinnen nicht nur damit, die knochentrocken eingefangenen Vibraphonanschläge hochdynamisch zwischen sich
zerplatzen zu lassen, sondern das durchgängig leise im Hintergrund vernehmbare Publikum nicht nur im korrekten
Abstand von der Band abzusetzen, sondern das Gebrabbel mit selten gehörter
Klarheit darzustellen. Chapeau!
belastet. Allerdings war dies Accustic
Arts’ bei dieser Übung angeschlossenem
fettem Endstufenblock wohl eher egal.
Trotz dieses potenten Antriebs fragt
man sich: Wie kriegen die Sopras das hin?
Zum Beispiel mit dem neuen 18-Zentimeter-Tieftöner, der zwar wie das Chassis für
die Mitten Focals ausgeklügelte, auf den
jeweiligen Zweck angepasste „Sandwich
W“-Membran aus Kunstschaumkern und
Glasfaserfolie(n) bietet, jedoch im Antrieb
überarbeitet wurde.
Kampf den Wirbelströmen!
Doch die Focals können auch herzhaft
zupacken. So trieben sie die deftigen
Bassimpulse von Monty Alexanders
anspringendem „Moanin’“ stramm
und straff heraus. Und dies bei
praktisch beliebigen Lautstärken.
Keine Frage, die Sopra No 2 kann
neben dem sich liebevoll um sublime Akzente kümmernden Sensibelchen auch den kurz und knackig aufgelegten Haudrauf geben, wobei sie dank
ihrer Effizienz den Verstärker nur mäßig
 Ein Leckerbissen und
simpel zu bedienen sind
die in die Glasplatte
integrierten Spikes. Die
Bodenschoner liefert der
Beipack.
 Ein Paar Anschlussbuchsen reichen der Sopra –
und uns auch. Top-Amp dran, und los geht‘s!
Das Beste aus
zwei Welten
Naim nicht im Versand erhältlich
Der Hersteller, der mehr als 200 Mitarbeiter beschäftigt, tüftelt seit vielen Jahren
am Problem, dass im elektromagnetischen
System dynamischer Lautsprecher vielfältige Faktoren miteinander interagieren.
Und dies erfolgt sogar in unterschiedlicher Weise, je nachdem, an welcher Stelle
im Magnetfeld sich die Schwingspule
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 Zur „Sopra“-Linie gehört noch
die kompakte No1 für rund 8000
Euro das Paar inklusive Ständer.
gerade befindet. Doch will man nun
anhand aufwendiger Simulationen im
Computer sowie Praxisversuchen eine
probate Lösung gegen die schädlichen
Einflüsse entstehender Wirbelströme
gefunden haben, die die Membranbewegungen behindern.
Und dies in Gestalt eines Faraday’schen
Rings im Magnetsystem. Der ist eigentlich keine Innovation und wird von
anderen Produzenten längst gegen die
beschriebenen Phänomene eingesetzt.
Doch Focal wollte tiefer einsteigen und
ermittelte, dass der Ring am unteren
Ende des Polstücks sitzen sollte, ohne
jeden physischen Kontakt zu diesem
beziehungsweise zum Magneten.
Ob’s wirklich daran liegt, dass die
Wiedergabe der Sopras so lebendig und
unbeschwert erscheint? Das zeichnete
Focals Lautsprecher ja bislang auch
schon aus. Aber jetzt womöglich noch
ein bisschen besser. Schließlich kämpfen
die Franzosen auf hohem Niveau um
jedes Quäntchen mehr Qualität.
 Die beiden Verdickungen in der Sicke
der Membran
des Mitteltöners
bilden definierte
Knickpunkte.
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Vielleicht haben Sie sich bereits gefragt,
wofür das auffällige silbrige Gitter auf der
Rückseite der Focal dient. Nein, dahinter verbirgt sich keine Bassreflexöffnung.
Diese befindet sich auf der Unterseite und
strahlt definiert auf den Glasfuß. Hier
dringen vielmehr die rückwärtigen Schallanteile der Inverskalotte ins Freie, auf dass
sie sich verflüchtigen, statt zu stören.
Dafür baut der Hersteller ein komplettes
Modul, das zugleich die Bass- und Mitteltönerkammern voneinander trennt.
Apropos Mitten: Im Land der charmanten Sprache liebt man schöne Stimmen.
Und so lässt sich für den immerhin 16,5
Zentimeter durchmessenden Mitteltontreiber ebenfalls eine Neuerung vermelden: den „Tuned Mass Damper“ (TMD).
Der besteht aus zwei genau berechneten
Verdickungen in der Sicke, die das exakte
Auslenken der Membran unterstützen
sollen. Nicht der Rede wert? Focal gibt an,
mehr als 100 Varianten durchgespielt zu
haben, bevor man die passende fand.
Aus diesem Grund wählten sie auch
eine konsequente Lösung gegen ebenfalls
bremsende Kompressionseffekte hinter
der Tweeter-Kalotte sowie das Signal verschleiernde Reflexionen durch diese hindurch. Abhilfe soll das „Infinite Horn Loa- Ganzheitlichkeit & Auflösung
ding“-Verfahren, kurz IHL, schaffen.
All dies sind die wichtigsten Teile aus
Focals technischer Dokumentation zu den
Sopras – es gibt unter der Bezeichnung
No 1 noch ein Kompaktmodell. Bevor wir
 Die Chassis der Sopras fertigt Focal am
uns allzu sehr in den technischen Finessen
Firmenstandort in Saint-Étienne. Hier wird das
verlieren, hören wir lieber Musik. Dafür
Schwingsystem eines Mitteltöners mit dem
haben wir das runde, von zwei winzigen
Korb- und Magnetsystem vereint.
Inbusschräubchen gehaltene Schutzgitter
vor dem äußerst fragilen Beryllium-Tweeter entfernt. Zugegeben, dies bringt nur
einen Hauch an zusätzlicher Transparenz
 In der Schnittzeichnung des Woofers ist der
und Natürlichkeit, aber immerhin!
Faraday’sche Ring zur Vermeidung von störenden
Dass die Sopra No 2 nur ein Paar AnWirbelströmen rot markiert. Seine Position
schlussbuchsen bietet, stört uns nicht.
wurde in der Simulation und praktisch erprobt.
Auf diese Weise vermeidet sie die Klangverluste beim leider oft üblichen
Betrieb von Bi-Terminals mit
nur einem Kabel, unangepassten Jumper-Litzen oder gänzlich
ungeeigneten Blechbrücken.
Was die Kabel betrifft, stellt die Focal
die Unterschiede zwischen ihnen zwar
deutlich heraus, zeigte aber weder Vorlieben noch Abneigungen. Je nach Amp,
Raumakustik und Hörgewohnheiten mag
sich jeder adäquate Leiter aussuchen. Nur
gut sollten sie sein. Ach was, super!
SPIRIT ONE S
FOCAL SOPRA NO 2
Dank Focal-Highlights wie den „Sandwich W“-Membranen oder dem berühmten
Beryllium-Hochtöner bringt die neue Sopra
beste Zutaten mit. Clevere Detaillösungen
sowie eine extrem sorgfältige Abstimmung
machen sie endgültig zum Top-Tipp.
MESSERGEBNISSE *
Focal-Classic-Produkte nicht im Versand erhältlich
So wie die Sopra als leicht zu motivierende Spielpartnerin auch kleinere Verstärker zum Zug kommen
lässt, schätzt sie dennoch Perfektion. An
unseren Top-Referenz-Komponenten lief
sie zur eingangs beschriebenen Hochform
auf. Dabei überzeichnete sie nie, sondern
präsentierte sich als ehrliches, äußerst
durchlässiges Medium für praktisch alle
Arten von Musik, ließ etwa Sol Gabettas
beschwingte Interpretation von Cellokonzerten des Barock duftig und zart von
ihren Membranen perlen, während die
Tieftonimpulse am Beginn von Carolin
Nos „Still Waters Run Deep“ (HörtestCDVIII) prägnant und ungehemmt aus
ihr herauspluckerten.
Zwei Vorzüge gehören unter den Stärken dieses Lautsprechers besonders herausgestellt: seine Fähigkeit, Klangbilder
als leicht gewirktes, glaubhaftes Ganzes
‘rüberzubringen und die radikale Offenheit, die sich etwa in zartesten Hallfahnen offenbart. So gerät das Hören mit der
Sopra No 2 zum puren Vergnügen – und
zu einer Reise bis dicht an den Klangkosmos der Utopias.
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eine Furnierausführung)
Maße: 36x119x54 cm (BxHxT)
Garantie: 10 Jahre
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4Ω
Nennimpedanz
minimale Impedanz
3,4 Ω bei 90 Hertz
maximale Impedanz
14,2 Ω bei 1800 Hertz
Kennschalldruck (2,83 V/1m)
90 dB SPL
Leistung für 94 dB (1m)
4,7 W
untere Grenzfrequenz (-3 dB)
33 Hertz
Klirrfaktor bei 63 / 3k / 10k Hz
0,3 | 0,1 | 0,1 %
LABOR-KOMMENTAR
Hervorragend linearer Achsfrequenzgang
(rote Linie) mit sehr sanftem Abfall zum Tieftonbereich hin. Der kleine, schmalbandige
Einbruch zwischen zwei und drei Kilohertz
bleibt in der Praxis ohne Belang, zumal er
unter einem Winkel (blaue Linie) verschwindet. Hoher Wirkungsgrad bei unkritischem
Impedanzverlauf. Das Minimum bei 90 Hertz
schreckt keinen Amp. Exzellente Sprungantwort: Die Chassis reagieren praktisch
zeitgleich und schwingen kaum nach.
„In seiner Preisklasse hängt
er die Messlatte für mobile
Hörer, die auch zu Hause Spaß
machen, ein gehöriges Stück
höher.“
Michael Lang, STEREO
95%
 Darf er stolz drauf sein: Focal-Grandseigneur
Gérard Chrétien hat das Sopra-Projekt begleitet.
EXZELLENT
* Zusätzliche Messwerte und Diagramme für Abonnenten
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