Der nicht entscheidungsfähige Patient Patientenverfügung, keine Patientenverfügung, unklare oder überholte Weisungen Peter Breitschmid* Prof. Dr. iur., Lehrstuhl für Privatrecht mit Schwerpunkt ZGB, Mitglied Doktoratskommission Biomedical Ethics and Law, Universität Zürich – Korrespondenz [email protected] Inhaltsübersicht I.Einführung II. Ausgangslage – die Problemstellung: Entscheidungs unfähigkeit weshalb? III. Der nicht entscheidungsfähige Patient A. Im Allgemeinen B. Kinder als Patienten IV. Terminologie und Eigenheiten A. Informed consent B. Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB) C. Terminologische Unschärfen als Indiz für ein noch zu stabilisierendes Instrument V. Die Probleme um Patientenverfügungen insbesondere VI. Die gesetzliche Ordnung der Patientenverfügung A. Inhalt B. Form C.Mängel D. Bindungswirkung E. Widerruf F. Zwischenergebnis G. Exkurs: Der nicht (mehr) entscheidungsfähige Patient H. Zusammenfassend: was gilt wirklich unter dem Erwachsenenschutzrecht? I. Rechtsvergleichender Flash: das österreichische Patientenverfügungsgesetz J. Fazit VII. Folgerungen Literaturhinweise * Unterlage zum entsprechenden Modul des Verfassers im BmEL-Law-Track-Programm. Für die Mitarbeit an diesem Beitrag gebührt herzlicher Dank (i) Caroline Wittwer, cand. iur., ehem. wissenschaftliche Mitarbei terin am Lehrstuhl, dipl. Pflegefachfrau HF (die u. a. insbes. die Darstellung der zahlreichen Fallbeispiele in Ziff. III.B und V erarbeitet hatte), sowie (ii) lic. iur. Mar tina Gmür, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehr stuhl, welche die Nachführung der ursprünglich aus dem Jahre 2009 datierenden Unterlage an die Hand genommen hat. Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 1 Die Entscheidungsfähigkeit der Patienten ist an sich Voraussetzung für das Zustandekommen des Be handlungsvertrags. Dem hypokratischen Eid gehor chend, kann allerdings die Behandlung des nicht entscheidungsfähigen Patienten nicht unterbleiben. Die Vorstellung, in Phasen oder im Zustand beein trächtigter Entscheidungsfähigkeit fremden Behand lungsentscheiden ausgesetzt zu sein, verträgt sich indes schlecht mit der Selbstwahrnehmung des ge sunden, aufgeklärten, selbstbewussten Individuums. Umgekehrt unternehmen gerade diese selbstbewuss ten (und manchmal auch etwas selbstverliebten) Individuen oft wenig, um ihre Einstellung transpa rent zu machen; je nach Stimmungs- und Lebenslage oszilliert das Spektrum zwischen maximierter Life stylemedizin im Rahmen der Grundversicherung und einem apathisch-erschöpften Wunsch, mög lichst in Ruhe gelassen zu werden. I. Einführung Über Patientenverfügungen zur Überwindung der Entscheidungsunfähigkeit der betroffenen Person wurde schon viel, auch Ideologisches, geschrieben – es fragt sich, ob darüber nicht mehr geschrieben wor den sei, als wirklich reflektierte Patientenverfügun gen individuell bzw. individualisiert verfasst worden sind. Das Gebiet betrifft nicht nur Fragen im Grenz bereich von Medizin und Recht (wobei funktionell – wenn die Gesundheit des Menschen höchstes Gut ist – die Medizin an erster Stelle zu stehen hat: Aus gangspunkt ist regelmässig eine spezifische Behand lungsbedürftigkeit und erst sekundär die Zustim mung zur Ablehnung oder Nuancierung dieser Behandlung), sondern hat auch ausgeprägt kulturellreligiös-emotionale Hintergründe. Behandlungs wünsche, Wünsche zur Behandlungsintensität und (auch nur vermeintlich empfundene) soziokulturel le, familiäre oder ökonomische Zwänge können zudem die Entscheidfindung beeinträchtigen und Drucksituationen schaffen. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 1 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 Um im «Dschungel» der einzelnen Institute des deutschsprachigen europäischen Raums – z. B. der Vorsorgevollmacht,1 Patienten-2 oder Betreuungs verfügung3 sowie des schweizerischen Erwach senenschutzrechtes4 – nicht den Blick auf die (ter minologieunabhängigen!) Funktionalitäten von medizinischer Behandlung und rechtlichem und ethischem Rahmen zu verlieren, lohnt sich ein Blick auf diesen sehr spezifischen Hintergrund: entweder Informationslücken bezüglich höchstpersönlicher, grundsätzlich nicht delegierbarer Behandlungsent scheide oder der Versuch prospektiver Ordnung von eigentlich kaum absehbaren Szenarien. Jede Krank heit, die zur Entscheidungsunfähigkeit führt, bzw. der biografische Verlauf hin zu einer möglichen Demenz berührt eigentlich clausula rebus sic stanti bus-Situationen, nämlich qualifiziert unerwartete, oft geradezu verdrängte Verläufe. Ähnliches gilt für die elterliche5 Zustimmung zur Behandlung minder jähriger Kinder. Die spezifischen Probleme altersbedingter Ent scheidungsunfähigkeit liegen in der geringen Bereit schaft zur Reflexion über künftig schlechtere Zeiten, die mutmasslich6 noch geringer ist als zu allgemeinlebensplanerischen Entscheiden um Krankenkassen- und Hypothekarmodelle sowie güter- und erbrecht liche Anordnungen, und im oft beträchtlichen Zeitlauf zwischen allfälliger Äusserung und Umsetzung; die 1Vgl. Ulsenheimer, § 132 Rz. 46 f.; Wenzel, Kapitel 4 Rz. 519. 2 Vgl. etwa Ulsenheimer, § 132 Rz. 38 f. (Anm. 58); Baum garten, 303; Breitschmid, successio 2008, 21 f. 3 Vgl. Breitschmid/Reich, ZVW 2001, 150; Ulsen heimer, § 132 Rz. 43. 4 Vgl. etwa Häfeli, FamPra.ch 2007, 5. 5 Pro memoria: ob die Eltern gemeinsam, jenes Elter, welches die elterliche Sorge alleine innehat, oder mit Blick auf die Tragweite eines konkreten Entscheids den noch beide zuzustimmen haben, wäre ein Thema für sich (vgl. Art. 133 f., Art. 275a und Art. 296 ff. ZGB; Tuor/Schnyder/Jungo, § 43 Rz. 31 ff.). 6 Schwarzenegger/Manzoni/Studer/Leanza, in: Jus letter 13. September 2010, Rz. 41 ff., Untersuchung u. a. über die statistische Bedeutung von Patientenverfügun gen; es ist allerdings kaum anzunehmen, dass sie häufi ger sind als die ebenfalls eher raren erbrechtlichen An ordnungen, die nur in knapp einem Drittel der Erbfälle überhaupt auftreten und die in ihrer Tragweite (Rege lungsintensität bzw. Abweichung gegenüber der gesetz lichen Erbfolge) überwiegend eng begrenzt sind; diese Folgerung drängt sich angesichts der bescheidenen Transplantationsbereitschaft auf (diesbezüglich figu riert die Schweiz im europäischen Vergleich auf den hinteren Plätzen, abrufbar unter: <www.swisstrans plant.org> [zuletzt eingesehen am 13. 11. 2015]). Es kann sich aufdrängen, darüber nachzudenken, was die allen falls unterschiedliche Tragweite individualisierter oder formularmässig-stereotyper Patientenverfügungen sei (dazu CHK-Breitschmid/Kamp, Art. 370 ZGB N 1 ff.). 2 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 2 Entwicklungskadenz verbesserter (teurerer oder auch effizienterer, nebenwirkungsärmerer, evtl. patien tenspezifischerer) Behandlungsmethoden ist dem gegenüber rasch, und noch rascher als das fami lienbiographische Puzzlespiel, welches den Kreis vertretungsberechtigter (oder auch nur vertretungs berechtigt gewesener) Personen schillern und mäan drieren lässt – für das Behandlungsteam oft eine zu sätzliche, aus dem Blickwinkel der medizinischen Ausbildung und des medizinischen Auftrags zudem nicht als wirklich prioritär empfundene Aufgabe. II. Ausgangslage – die Problem stellung: Entscheidungsunfähig keit weshalb? Vorab bedarf die Ausgangslage der Entscheidungs unfähigkeit der Klärung: Liegt («nur» allgemeine) Handlungsunfähigkeit7 (und damit beschränkte Handlungsfähigkeit bzw. beschränkte Handlungsun fähigkeit mit Bestimmungsfähigkeit bezüglich höchstpersönlicher Belange, Art. 19 Abs. 2 ZGB) oder gar Urteilsunfähigkeit vor (Art. 18 ZGB), und zwar bezüglich des konkret anstehenden Entscheids? Was sind die Gründe dieses Autonomiedefizits? Bestehen allgemeine intellektuelle Defizite wegen Jugend, ho hen Alters, Bildungsstand, oder liegt Überforderung durch medizinische Fragestellungen an sich oder aufgrund der konkreten Diagnose vor? Bestehen Kommunikationshemmnisse aufgrund sozio-kultu rell oder religiös bedingter Wertungsdivergenzen oder gar blosser Sprachbarrieren? Ärztliches und oft auch pflegerisches Handeln am Patienten ist ein Eingriff in dessen Körper oder seine körperliche und/oder psychische Intimsphäre (je nachdem, ob eine somatische oder/und psychiatri sche Behandlung erfolgt) und damit in seine Persön lichkeit (nicht nur im körperlichen, sondern auch im abstrakten rechtlichen Sinne). Der «Eingriff» – ver standen in der weitesten Form, etwa auch blossen Redens («Reden-Müssens») über die Befindlichkeit im Rahmen einer ersten Anamnese – hat seine Ursache im somatischen und/oder psychischen Klärungs- und Handlungsbedarf. Die Ausgangslage ist mithin immer eine Sondersituation, und die Entscheidungs fähigkeit gegenüber gängigen Geschäften des Alltags zwangsläufig – je nach Naturell des Patienten und weiteren Rahmenbedingungen (Informations-, Bil 7 Zu den Voraussetzungen der Handlungsfähigkeit, vgl. Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 9 ff. sowie Tuor/Schnyder/Schmid, § 9 Rz. 24 ff. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 dungs- und Behandlungsstand) – mehr oder minder herabgesetzt. Landläufig-herkömmlich wird denn auch immer davon ausgegangen, dass Abklärung und Behandlung der Wiedererlangung der Gesundheit (und damit letztlich: der uneingeschränkten Entschei dungsfähigkeit) dienen – mithin «der Zweck die Mittel heiligt». Dieses paternalistische System verträgt sich schlecht mit dem Bild eines volljährigen, aufgeklär ten und entsprechend informiert handelnden, mit denkenden Patienten; allerdings dürfte eben dieses Bild auch in einer technisch entwickelten, aufgeklär ten Welt gleichermassen Fiktion sein wie jenes der «behandlungswütigen» Ärzteschaft. Der nach Infor mation suchende (und auch der mit Information reichlich versehene) Patient ist nicht notwendig bes ser informiert, sondern möglicherweise stärker irri tiert. Während stellvertretende Entscheide Dritter in höchstpersönlichen Belangen eher denkbar sind, wenn die Delegation sich auf einen informed consent stützt, stellen sich verschärfte Probleme bei a priori urteils unfähigen Patienten/innen: Soll z. B. bei Kindern mit intersexuellen Merkmalen8 kurz nach der Geburt 8 Bei Intersexualität (= Hermaphroditismus = Sexualdif ferenzierungsstörung; DSD, Disorders of Sexual Deve lopment; vgl. z. B. AWMF-Leitlinien, Reg.-Nr. 027/022, abrufbar unter: <www.awmf.org> [zuletzt eingesehen am 13. 11. 2015]) braucht somatisch keineswegs zwin gend im Kleinstkindesalter operativ interveniert zu werden; anderseits wird sich (nach einer über etli che Jahrzehnte offenbar wenig sensibilisierten Opera tionspraxis) künftig die Frage stellen, ob die Nicht behandlung bzw. der aufgeschobene Entscheid (der zwangsläufig mit einer intensiveren, begleiteten Identi tätsfindungsphase einhergeht) nicht ihrerseits/seiner seits (auch) zur Belastung werden könnte und letztlich (auch hier; vgl. im Übrigen hinten Anm. 85) auch der (Noch-)Nichtbehandlungsentscheid daran krankt, dass er ohne Einbezug des noch nicht handlungs- und zu stimmungsfähigen (Kleinst-)Kindes erfolgen muss. Eine geschlechtszuweisende Operation erfordert nach Wer len die Einwilligung des urteilsfähigen Kindes sowie der Eltern (Werlen, Kapitel 4 Rz. 758 – insofern nicht ganz logisch, als bei Urteilsfähigkeit des Kindes die Ein willigung der Eltern mit zunehmendem Alter in den Hintergrund treten muss). Im Falle, dass das Kind noch nicht urteilsfähig ist, gilt es, zu warten, da es sich um einen schweren Eingriff in die körperliche Integrität handelt (Werlen, Kapitel 5 Rz. 999 f.; so auch Schlat ter, § 4 Rz. 109 und 119 [in Bezug auf Neu- oder Früh geborene], mit der Begründung, dass die Eltern ihr Kind noch kaum «kennen», und die Gefahr besteht, die eige nen Wünsche in den Kindeswillen hineinzuinterpretie ren, sodass das Recht auf eine offene Zukunft verwehrt werden könnte – man wird allerdings bedenken müssen, dass die «offene Zukunft» über Jahre entwicklungsbe gleitend auch eine beträchtliche Belastung darstellen und eine auch vom Kind als unglücklich erlebte «Son derstellung» in Schule und Gesellschaft bedeuten kann). Somit bleibt fraglich, ob der Entscheid der Eltern dem Kindesinteresse bzw. dem Kindeswohl entsprechen würde – fraglich bleibt allerdings auch, ob sich das Kind Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 3 operativ geschlechtsbestimmend interveniert wer den? Das Thema berührt eine Mehrzahl von Tabus: Jenes der Geschlechtswahl, jenes der «gewöhnli chen» Vorstellung «eindeutiger» Geschlechtlichkeit, jenes der Behandlung (nur) aufgrund Weisung Be stimmungsberechtigter (Inhaber der elterlichen Sor ge) statt Wunsch der Betroffenen. Zugleich manifes tieren sich allerdings auch die Probleme einer um ultimative Gerechtigkeit ringenden Verrechtlichung: Das Leben ist manchmal nicht einfacher, wenn es (je nach Alter und Entwicklungs- und Rahmenbedin gungen) «richtig» entscheiden wird. Selbstverständlich soll dem Kind ein Recht auf sexuelle Entfaltung sowie ein positives Selbstbild zugestanden werden (Werlen, Kapitel 3 Rz. 539, 542 und 554). Der stellvertretenden Entscheidungsfindung der Eltern steht Werlen bezüg lich eines nicht lebensnotwendigen Eingriffs indes kri tisch gegenüber (Werlen, Kapitel 3 Rz. 535 und 542, vgl. dazu A nhörungsrecht des Kindes Rz. 533 und 570, so auch Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 111, die eine stellvertretende Einwilligung ablehnt). Um die Urteilsfähigkeit eines Kindes zu bestimmen, können folgende Kriterien ausschlaggebend sein: Die Entwicklung und Reife des Kindes, die Schutzbedürftig keit der Gesundheit des Kindes, die Einflussnahme durch Drittpersonen und deren Werthaltungen, die Komplexität des Eingriffs und dessen Beurteilung sowie die Dringlichkeit und die Notwendigkeit des Eingriffs (Werlen, Kapitel 5 Rz. 830 ff.). Die Freiheit, eine Ent scheidung zu fällen, ist ausserdem eingeschränkt durch Fähigkeiten, Werte, Triebe, Erfahrungen, unbewusste Prozesse, das soziale Umfeld sowie den Wunsch nach Selbstentfaltung (Werlen, Kapitel 7 Rz. 1121 und 1124). Intuitionen und Gefühle sind somit ein Bestandteil der Urteilsfähigkeit (Werlen, Kapitel 7 Rz. 1127 und 1129), welche demzufolge «einem offenen Vernunftverständ nis, also einem Zusammenspielen von (rationalem) Denken und (sinnlichem) Fühlen entspricht» (Werlen, Kapitel 7 Rz. 1151) – ob und wann dieser Zustand einge treten und seitens des Kindes ein «fehlerfreier» Ent scheid möglich ist, bleibt allerdings ungewiss und erfor dert kontinuierliche, geduldige Begleitung und wohl eine beträchtliche Phase an Unsicherheit; ob rückbli ckend eine Generation später den Entscheid dereinst als zufriedenstellender bzw. «fehlerfreier» als frühere, stell vertretend getroffene empfinden wird, bleibt damit offen. Die Frage, inwieweit die eigene Entwicklung (Identitätsfindung in Familie und Umfeld, allgemeine schulische, soziokulturelle und berufliche Prägung, aber auch sexuelle Identifikation) insgesamt (aktiv) ge steuert oder (apathisch) akzeptiert werden soll, wird in unterschiedlichen Perioden und in unterschiedlichem gesellschaftlichem Umfeld unterschiedlich beant wortet; es liegt auf der Hand, dass mit einem gewissen erweiterten Autonomierahmen nach heutigen Vorstel lungen und entsprechend höherem Anspruch an Indi vidualität auch dieser Identitätsgestaltungsanspruch ausgeprägter wird, was nicht zu kritisieren ist – lediglich die Frage, ob das Leben dadurch «einfacher» und «be friedigender» wird, kann das Individuum mangels Re ferenzwerten kaum beurteilen, doch scheint das zuneh mende Bewusstsein für kindliche Transsexualität nicht einen durchweg höheren Lebenszufriedenheitsfaktor zu gewährleisten (vgl. Susanna Ellner, Kinder im fal schen Körper, NZZ vom 22. Dezember 2015, 21). Pflegerecht – Pflegewissenschaft 3 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 «selbstbestimmt» geführt werden muss; eine frühe Behandlung könnte9 medizinisch einfacher und danach die Bewältigung alltäglich-kleinkindli cher Entwicklungsschritte in der Erfahrung der Geschlechtlichkeit unproblematischer sein – ob das genügende Rechtfertigungsgründe sind, um eine eigentlich systemwidrige medizinische Intervention (nach welchen Kriterien?) zuzulassen, bedürfte ver tiefter gesellschaftlicher und fachlicher Diskussion, mutmasslich aber auch der Bereitschaft, in atypi schen Situationen atypische Entscheide zu fällen bzw. für solche Entscheide fachlich-ethisch unter mauerte Entscheidprozesse zu definieren.10 Solches allerdings auf die Gefahr hin, nachmals (analog vor mundschaftlicher «Internierungen» zu Zeiten etwa der «Kinder der Landstrasse» oder der Psychiatrisie rung und Pönalisierung unverheirateter Mütter) sich einer «Wiedergutmachungsdiskussion» stellen zu müssen; die Kadenz medizinischer und gesellschaft licher Entwicklungen dürfte zunehmend öfter solche Diskussionen auslösen.11 Dies müsste die Bereitschaft stärken, solche Diskussionen auch auszuhalten, al lerdings im Bewusstsein: tempora mutantur, et nos mutamur in illis – andere Zeiten, andere Sitten. Eine früher gesellschaftlich überwiegend akzeptierte oder auch unzureichend reflektierte Sicht ist nicht in Stein gemeisselt, aber auch nicht ohne Weiteres An knüpfungspunkt für wirtschaftliche Wiedergutma 9 Effektiv scheint dies im vorliegenden Kontext gerade eher nicht der Fall zu sein; anders bei der sog. «Hasen scharte» (Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, LGKS-Spalte), wo eine erste operative Behandlung bereits nach weni gen Lebensmonaten unausweichlich ist (klare ICDKlassifikation, Q35 ff.). 10 Was vorweg eine Diskussion über «Standards» und «Nor malität» erfordert, die nicht ganz einfach zu führen sein dürfte, da das Infragestellen der weiblich-männlichen Bipolarität unter Schaffung einer «Übergangszone» an Tabuvorstellungen rührt (dazu zuletzt Geiser Thomas, Die Natur ist bunter als das Recht, NZZ vom 11. Septem ber 2015). Es könnte diese Diskussion vereinfachen, wenn generell nachdrücklicher vermittelt würde, dass die Grenze von «Normalität» und «Kranksein» schlei chend verläuft. (Alle haben Stimmungsschwankun gen – ob deswegen eine Depression im medizinischen Sinne mit Krankheitswert vorliegt, ist jedoch offen; ebenso bei der Behandlung altersbedingter Defizite, die bis zu einem gewissen Grad dem biografischen Normal verlauf entsprechen, und deren Behandlungsbedürftig keit und -würdigkeit manchmal nicht nur ethische und krankenversicherungsrechtliche, sondern auch eine Temperamentsfrage ist.) Eher die «Variabilität» ist also «Normalität» und kaum die Gleichförmigkeit und Iden tität; wäre dieses Bewusstsein für die Individualität (nicht im Sinne eines grundrechtlichen Anspruchs, sondern in epigenetischer und biografischer Hinsicht) ausgeprägter, so wäre scheinbar «weniger Normales» durchaus im Bereich der Standardabweichungen ange siedelt. 11 Huonker, 17 ff. 4 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 4 chung12 – alte Fehler sollen überwunden werden, aber es werden wohl (dereinst retrospektiv betrach tet) weiterhin Fehler geschehen, auch bei Thesen, die erst gegenwärtig in juristische Formen gegossen wer den. Unter altem Recht abgeschlossene Vorgänge sind rechtlich nach den damaligen Gegebenheiten zu beurteilen; zwar ist – aufgrund «besserer» (oder zumindest: neuerer, aktueller) Erkenntnis – die Un zulänglichkeit früheren Vorgehens einzugestehen und sind Fehler zu entschuldigen; nur ausnahmswei se dürfte dies aber Entschädigungs- oder Genug tuungsforderungen rechtfertigen. Zu glauben, die eigene Zeit und das eigene Denken habe sich der Per fektion angenähert, zeigt höchstens, dass der Vorstel lungshorizont des preussischen Königreichs und des ALR (des Allgemeinen Preussischen Landrechts: ei ner Kodifikation des ausgehenden 18. Jahrhunderts mit knapp 20 000 Vorschriften und der vermeintli chen Hoffnung, jeden denkbaren Fall umfassend und genau zu regeln) noch nicht überwunden ist – mithin nach wie vor eine noch ziemlich zurückge bliebene Betrachtungsweise gilt … III. Der nicht entscheidungsfähige Patient A. Im Allgemeinen13 Die persönliche Freiheit und das Selbstbestimmungs recht eines Menschen sind in der Heilkunde von be sonderer Bedeutung. Im Privatrecht wird der Schutz durch Art. 28 ZGB gewährleistet und im öffentlichen Recht findet Art. 10 Abs. 2 BV Anwendung.14 Dabei 12 Als punktuelle Illustration sei erwähnt Begert Ro land M., Lange Jahre fremd, 3. Aufl., Bern 2009 – eine belletristisch-biografisch-sachbuchmässige (Untertitel: Biographischer Roman) Aufarbeitung einer Verding kindbiografie. Möglicherweise könnte (Konjunktiv! – selbstverständlich kann das der Schreibende nicht be urteilen) diese Biografie insgesamt zufriedenstellender verlaufen sein als eine hyperindividualisierte Überfor derung aus elterlichem Perfektionsfimmel. 13 Die «Entscheidungsfähigkeit» wird hier – dem Titel des Beitrags folgend – als der für die medizinische Behand lung spezifische Begriff verwendet: während typischer weise handlungsfähig ist, wer volljährig und urteilsfä hig ist (Art. 16 ff. ZGB), ist der medizinisch (somatisch, psychiatrisch) Behandlungsbedürftige für diesen Be reich gerade nicht «handlungsfähig», sondern auf Hilfe angewiesen, über deren Annahme er idealerweise auto nom und informiert zu entscheiden hätte. 14 Van Spyk, 30 ff., zur persönlichen Freiheit. Das Selbst bestimmungsrecht sowie die Verfügungsfreiheit einer Person wird hierzulande durch Art. 27 und 28 ZGB ( Persönlichkeitsschutz) geschützt. Damit ein Auftrag (Art. 394 ff. OR) zwischen Arzt und Patient gültig zu stande kommt, muss der Kranke frei in die Behandlung eingewilligt haben (bei einem urteilsunfähigen Patien Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 ist der Einzelne bezüglich einer Behandlung frei und kann dieser zustimmen oder sie ablehnen. Ein Arzt, der ohne die Einwilligung eines Patienten eine Behandlung vornimmt, macht sich strafbar.15 Auf grund einer Ursache unterschiedlichster Ätiologie kann ein Mensch entscheidungsunfähig sein oder wer den: z. B. bei Kindern wegen ihres noch (Klein-)Kind seins, bei Erwachsenen durch Unfall oder Krankheit (z. B. Demenz), bei geistig behinderten Personen (z. B. bei Trisomie 21) usw. Das Selbstbestimmungsrecht steht dabei an erster Stelle, wobei sich bei nicht ent scheidungsfähigen Menschen die Frage der stellvertreten den Einwilligung zum Vorteil eines Kranken stellt.16 Dazu werden verschiedene Merkmale herangezogen. Bei «paternalistischen» Kriterien will der Arzt auf ten gilt der sogenannte mutmassliche Wille bzw. eine im Voraus erstellte Patientenverfügung). Der Kranke muss nach dem informed consent-Prinzip aufgeklärt werden, die Einwilligung hat vor der medizinischen Behandlung zu erfolgen, auch darf keine Rechts- und Sittenwidrigkeit entsprechend Art. 27 ZGB i. V. m. Art. 20 OR vorliegen. Die Zustimmung in die eigene Ver stümmelung oder gar Tötung ist als rechtswidrig zu betrachten und demnach ohne Rechtswirkung. Nicht davon betroffen ist die Zustimmung zu einer Operation zu Heilzwecken (vgl. BGE 114 Ia 350, E. 6). Die Persön lichkeitsrechte sind nicht übertragbar oder vererblich (im Unterschied zu Vermögensrechten). Nach Art. 27 Abs. 2 ZGB ist jede Zustimmung widerrufbar. Die zivilrechtlichen Bestimmungen sind nicht nur auf Rechtsgeschäfte begrenzt. Viele Erlasse haben einen persönlichkeitsschützenden Charakter. Von zentraler Bedeutung sind z. B. Art. 8 FMedG (Fortpflanzungsme dizingesetz) und Art. 3 ff. GlG (Gleichstellungsgesetz) und wohl auch das TxG (Transplantationsgesetz). Im Weiteren sind Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 BV, Art. 8 EMRK, Art. 10 Biomedizinkonvention und im Strafrecht Art. 320, 321 und 321bis StGB zu erwähnen, welche die «informationelle Selbstbestimmung» und den Schutz der Privatsphäre sicherstellen (zum Thema: Büchler, 181, 185 und 195; Barta/Kalchschmid, 13 ff.; Tuor/ Schnyder/Schmid, § 11 Rz. 7 und 19 sowie § 9 Rz. 49; Huguenin, BSK-ZGB I, Art. 27 ZGB N 4; Breitschmid, FS Rey, 13 ff., zur Organspende). 15 Eichenberger/Marti, 145 f.; Stolz et al., 10 ff.; Panagopoulou-Koutnatzi, 89; Peter, in: Jusletter 16. August 2010, Rz. 6, befasst sich mit den Anliegen der Kranken und Pflichten der Ärzte sowie den rechtlichen Schwierigkeiten bei der medizinischen Heilbehandlung von Zeugen Jehovas; Guillod, Diss., 21 ff., zur Selbst bestimmung des Patienten; Hausheer/Geiser/AebiMüller, § 20 Rz. 20.38 f.; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 66, zu den Anforderungen an das Verständnis des Patienten und dessen Einwilligung sowie Rz. 68 ff., zu den möglichen Beeinträchtigungen der Urteilsfähigkeit im Behandlungskontext. 16 Mameghani, 30; Jox, Ethik Med. 2004, 401 f.; Seich ter, 7 f. und 10 ff., zum Selbstbestimmungsrecht; Schneider, 83 f.; Eichenberger/Marti, 145 ff., insbe sondere 147; Guillod, Diss., 21 ff., zur Selbstbestim mung des Patienten; Sprecher, FamPra 2011, 279; Schwab, ZBJV 2006, 561 ff., zur Selbstbestimmung im Alter, welche sich aus dem Persönlichkeitsrecht her leiten lässt. Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 5 grund seines Fachwissens das Beste für seinen Pa tienten. Dabei kann seine Entscheidung mit der A nsicht von Angehörigen und Pflegepersonal zusam menfallen oder aufgrund unterschiedlicher Betrach tungsweisen, z. B. durch «branchenfremde» Angehö rige, zu verschiedenen Ansichten führen.17 Wird vom Merkmal der «substitutiven Autonomie» ausge gangen, so kommen Surrogate anstatt des Selbst bestimmungsrechts eines Menschen zum Tragen. Dabei bildet der mutmassliche Patientenwille die Grundlage.18 Gilt als Regel der Grundsatz der prospek tiven Autonomie, so ist eine im Vorfeld, zur Zeit der Urteilsfähigkeit, verfasste Patientenverfügung be deutsam.19 Im Erwachsenenschutzrecht sehen die Art. 377 ff. ZGB die Vertretung bei medizinischen Massnahmen von urteilsunfähigen Menschen vor.20 Nach Art. 372 Abs. 1 ZGB ist ein Arzt verpflichtet, abzuklären, ob eine Patientenverfügung verfasst worden ist, was zu dem nötig macht, dass eine allfällige Urteilsunfähig keit eines Menschen in diesem Zusammenhang ab geklärt wird. Mit einer Patientenverfügung ist es für einen urteilsfähigen Menschen möglich, Wünsche bezüglich medizinischer Massnahmen für den Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit festzuhalten (Art. 370 ZGB). In der Verfügung kann eine natürliche Person angeführt werden, welche die nicht entscheidungs fähige Person nach aussen hin vertritt (Art. 370 Abs. 2 ZGB).21 In Notfallsituationen führt der Arzt nach Art. 379 ZGB medizinische Massnahmen ent 17 Jox, Ethik Med. 2004, 405; Holzem, 98 ff. – Immerhin wird zu beachten sein, was sich der Kontroverse unter Familienmitgliedern an Information über die Anliegen der behandlungsbedürftigen Person verfeinernd ent nehmen lässt. 18 Vgl. z. B. Jox, Ethik Med. 2004, 406. 19 Jox, Ethik Med. 2004, 407 ff.; Dunger, 35 ff.; Maul, Pflegewissenschaft 2010, 307 ff.; Seichter, 155 ff.; Walhalla Fachredaktion (Hrsg.), 42 ff., zum Umgang mit Pat ientenverfügungen und Vorsorgevollmachten; Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 20 Rz. 20.38 ff.; Schweizerische Akademie medizinischer Wissenschaf ten SAMW, Medizinisch-ethische Richtlinie der SAMW zu Patientenverfügungen (2009, aktualisiert 2012), abrufbar unter: <http://www.samw.ch/de/Ethik/Richt linien/Aktuell-gueltige-Richtlinien.html> (letztmals abgerufen am 12. 11. 2015). 20 Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 20 Rz. 20.71; Gass mann, KuKo ESR, Art. 377 N 1 ff.; Fassbind, OFK-ZGB, Art. 377 N 1 ff. Es ist ausschlaggebend, «ob der Patient vernünftig handeln kann». Ein «unvernünftiges» Han deln lässt nicht automatisch auf eine Urteilsunfähigkeit schliessen. Im Falle einer Urteilsunfähigkeit hat der Pa tient Partizipationsrechte bezüglich der Entscheidungs findung gemäss Art. 377 Abs. 3 ZGB (vgl. Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 92 und 115 f.). 21 Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 20 Rz. 20.41; Bider bost, SJZ 2010, 313; Ummel, 141 ff., zum Testament und zur Patientenverfügung; Gassmann, KuKo ESR, Art. 372 ZGB N 1. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 5 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 sprechend dem mutmasslichen Willen eines urteils unfähigen Kranken aus.22 Falls keine Patientenver fügung vorliegt, sind vor dem Behandlungsentscheid die nach dem Gesetz vertretungsberechtigten Perso nen zu kontaktieren (Art. 377 ZGB). Wer dazu der Reihe nach infrage kommt, regelt Art. 378 ZGB.23 Das Vertretungsrecht der Angehörigen wird durch eine errichtete (und anwendbare) Patientenverfügung oder eine Beistandschaft (s. zu Konflikt- und Zwei felsfällen Art. 373, 376 und 381 ZGB) hinfällig. Eher wenige Personen dürften Behandlungsanliegen mit einem Vorsorgeauftrag kombiniert haben.24 Ob Vor sorgeauftrag oder Patientenverfügung: Es stellen sich Auslegungs- und Anpassungsfragen bezüglich deren Realisierbarkeit,25 oder es drängt sich eine notfall mässige Behandlung auf (Art. 379 ZGB). Art. 388 ZGB soll das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Individuums fördern.26 Die Erwachsenen schutzbehörde interveniert demnach im Rahmen von Art. 389 ZGB nur nach dem Subsidiaritäts- und Verhältnismässigkeitsprinzip.27 Das im Gesetz vorgese hene Vertretungsrecht hat dabei Priorität vor behörd lich angeordneten Massnahmen. Die Behörde schal tet sich nach Art. 389 Abs. 1 ZGB situationsabhängig ein, z. B. bei einer Verschlechterung des Allgemein zustandes einer Person und wenn die Betreuung von Angehörigen oder dem (oftmals gleichaltrigen) Ehe gatten nicht übernommen werden kann. In dieser Situation fällt das gesetzliche Vertretungsrecht dahin (Art. 374 Abs. 1 ZGB). Ob eine Beistandschaft zu er richten ist (Art. 390 ZGB) oder die Behörde von sich aus das Nötige vorzukehren hat (Art. 392 ZGB),28 ist im Einzelfall abzuwägen. Der Übergang vom seinerzeitigen Vormund schaftsrecht zum Erwachsenenschutzrecht hat in der Substanz für den Alltag wenig geändert. Art. 393 ff. 22 Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 20 Rz. 20.73; Ulsen heimer, § 132 Rz. 39, zum mutmasslichen Willen; Schmid, ESK-ZGB, Art. 379 ZGB N 1 f. 23 Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 20 Rz. 20.71; Schmid, ESK-ZGB, Art. 378 ZGB N 1 ff.; Gassmann, KuKo ESR, Art. 378 ZGB N 1; Fassbind, OFK-ZGB, Art. 377 ZGB N 1 ff.; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. Sep tember 2014, Rz. 109 ff. sowie 120 ff., zur Vertretungs kaskade. 24 Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 20 Rz. 20.53 und 20.58; Seichter, 33, der Betreuer ist in Deutschland auch zur Vermögenssorge berechtigt. 25 Hoppler-Wyss, 467; Hotz, ZKE 2011, 105 ff., zum Vor sorgeauftrag. 26 Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 20 Rz. 20.71 und 20.76; Schmid, ESK-ZGB, Art. 388 ZGB N 4; Rosch, KuKo ESR, Art. 389 ZGB N 2. 27 Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 20 Rz. 20.76; Geiser et al., 8; Landolt, § 17 Rz. 546 f.; Schmid, ESK-ZGB, Art. 389 ZGB N 1 und 4; Rosch, KuKo ESR, Art. 389 ZGB N 2 ff.; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 139 ff. 28 Rosch, KuKo ESR, Art. 392 ZGB N 3. 6 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 6 ZGB regeln die verschiedenen Beistandschaftsformen;29 was früher Vormundschaft30 hiess, wurde zur umfas senden Beistandschaft (nach Art. 398 ZGB).31 Eine um fassende Beistandschaft rechtfertigt sich nur bei einer anhaltenden, schweren und umfassenden Hilfs bedürftigkeit bzw. andauernden Urteilsunfähigkeit und ist ultima ratio.32 Eine andere Beistandsform ist die Begleitbeistandschaft, welche nur in einfachen Fäl len Anwendung findet und auch nur, wenn sich die betroffene Person diesbezüglich offen zeigt.33 Eine Vertretungsbeistandschaft ist für den Fall vorgesehen, dass es einem hilfsbedürftigen Menschen an der Fä higkeit mangelt, die eigenen Angelegenheiten regeln zu können, während die Mitwirkungsbeistandschaft (Art. 396 ZGB) eher punktuelle und subsidiäre Schutz- und Stützfunktion hat.34 Es ist aber nicht der medizinische «Schweregrad» einer Erkrankung, wel cher die Beistandschaftsform bestimmt, sondern der Umstand, dass ein Mensch die eigenen (Alltags-)An gelegenheiten nicht mehr (umfassend) besorgen kann. Art. 397 ZGB sieht die Kombination der ver schiedenen Beistandschaften (Begleit-, Vertretungs- und die Mitwirkungsbeistandschaft) vor.35 B. Kinder als Patienten36 Die Heilbehandlung kranker Kinder ist für das ärzt liche und das pflegerische Team genauso wie für die Eltern eine schwierige Aufgabe und eine Belastungs probe; rechtlich ist die (unvermeidliche) Fremdbe stimmung mit gewissen Bedenken verbunden. Die Bezeichnung «Kind» ist zudem weit: vom Kleinst 29 Biderbost, AJP 2010, 3 ff.; Rosch, KuKo ESR, Art. 393 ff. ZGB. 30 Rosch, ZKE 2010, 118 ff. 31 Schmid, ESK-ZGB, Art. 398 ZGB N 1 f.; Rosch, KuKo ESR, Art. 398 ZGB N 1. 32 Schmid, ESK-ZGB, Art. 398 ZGB N 5 f.; Rosch, KuKo ESR, Art. 398 ZGB N 1. 33 Rosch, FamPra 2010, 268 ff., zur Begleitbeistandschaft. 34 Schmid, ESK-ZGB, Art. 396 ZGB N 1 f. 35 Botschaft des Bundesrates zur Änderung des schwei zerischen Zivilgesetzbuches (Erwachsenenschutz, Per sonenrecht und Kindsrecht) vom 28. Juni 2006, BBl 2006, 7001 ff., 7036 ff. (Gesetzesentwurf 7139 ff. sowie die definitive Fassung vom 19. Dezember 2008 in BBl 2009, 141 ff.); Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, § 19 Rz. 19.59 ff. und § 20 Rz. 20.78 ff.; Schmid, ESK-ZGB, Art. 397 ZGB N 1 f. In Deutschland entstand eine neue Rechtsfigur, wobei die Rechtsinstitute «Pflegschaft» und «Vormundschaft» in Einklang gebracht wurden. Daraus entstand dann 1992 das «neue» deutsche «Betreuungs recht» (vgl. Seichter, 1 ff.). 36 Hierzu auch (ohne die einzelnen nachfolgenden Fälle) die Unterlage zur «1. St. Galler Pflegerechtstagung» vom Mittwoch, dem 1. September 2010, Grand Casino Lu zern, 17 ff. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 kind über die verschiedenen Entwicklungsstufen bis zur Autonomie bezüglich medizinischer Behand lungsentscheide; sodann bezeichnet der Begriff auch die verwandtschaftliche Beziehung zu leibli chen, evtl. aber auch zu Stiefeltern und weitern Per sonen, die allenfalls für seine Entwicklung we sentlich sind (vgl. sinngemäss Art. 274a und 275a ZGB).37 «Autonomie» ist nicht nur ein Recht von Erwachsenen. Die Anhörungs- und Partizipations rechte von Minderjährigen sind grundlegende Elemente sowohl des internationalen Konventions rechts (UN-K inderrechtskonvention) wie des natio nalen Rechts.38 Die UN-Kinderrechtskonvention unter scheidet Abwehrrechte (z. B. Schutz vor Missbrauch und Folter) und positive Rechte (z. B. das Recht auf psychisches und physisches Wohlbefinden, Freizeit, Unterhaltung usw.).39 Ist das Kind minderjährig, zu gleich urteilsunfähig und ist es wegen dieser Um stände gänzlich handlungsunfähig gemäss Art. 17 ZGB und kann einer medizinischen Heilbehand lung nicht zustimmen, so sind in der Regel die Eltern oder gegebenenfalls der Vormund als gesetzliche Vertreter vorgesehen.40 Nach dem informed consent- 37 Aebi-Müller/Tanner, 82; Biderbost, in: Jusletter 10. Februar 2003, Rz. 5; Hegnauer, § 2 Rz. 2.02 ff.; del Pozo, 131 ff., zur Situation der Kinder in der Welt; Dettmeyer, 197 ff., zur Behandlung von minderjähri gen Kranken; Cignacco, Pflege 2009, 325 ff., zur Heil behandlung von Minderjährigen mit chronischen Er krankungen. 38 Michel, FamPra.ch 2008, 264 ff., zu den Partizipations rechten von Kindern. Diese lassen sich am Humanfor schungsgesetz besonders gut erkennen, vgl. hierzu das Bundesgesetz vom 30. September 2011 über die For schung am Menschen (Humanforschungsgesetz, HFG, SR 810.30). 39 Staubli, 75; Biaggini, 29, die Kinderrechtskonvention (UN-KRK) lässt sich in Freiheitsrechte, Verfahrensgaran tien und Leistungs- und Schutzgarantien unterteilen; Alderson, 28 ff., zum Selbstbestimmungsrecht von Kindern; Freiburghaus-Arquint, 15; Früh, 5 ff., zur Kinderrechtskonvention, vgl. Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (SR 0.107). 40 Michel, Diss., 174; Biderbost, in: Jusletter 10. Februar 2003, Rz. 17, zur Gliederung der Handlungsfähigkeit in vier Stufen; Thommen, 5 f.; Belling/Eberl/Michlik, 127 ff.; Venetz, 51 und 61; Aebi-Müller fügt zudem an, dass die verschiedenen Stufen insofern von Bedeutung sind, da «einerseits der Vertragsschluss und andererseits die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des Patien ten unterschiedlichen Regeln folgen». Für die Einwilli gung in eine Behandlung genügt Urteilsfähigkeit, für den Vertragsschluss muss jedoch die volle Handlungs fähigkeit gegeben sein. Im Falle, dass die Aufklärung nicht gleichzeitig mit der Behandlung erfolgt, muss der Patient im Zeitpunkt der Aufklärung wie auch im Zeit punkt des Behandlungsentscheids urteilsfähig sein (vgl. Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 13 ff. und 57). Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 7 Prinzip sind sie Ansprechpersonen für den Arzt bei der Aufklärung zur Behandlung,41 doch sind alle Informationen in geeigneter, nach den Umständen jeweils verständlicher Art auch dem Kind gegenüber geschuldet.42 Bei der Vertretung höchstpersönlicher Belange ist die h. L. der Auffassung, dass verringerte Anforderungen an die Urteilsfähigkeit von Minderjährigen zu stellen sind.43 Kinder sind, wenn irgendwie möglich, in die Entscheidung betreffend ihrer medizinischen Be handlungen einzubeziehen (Art. 301 Abs. 1 ZGB bzw. Art. 301 Abs. 1 i. V. m. Art. 405 Abs. 2 ZGB; Art. 327b ZGB),44 oder es wäre – wo dies möglich ist – die Be handlung aufzuschieben. In Ausnahmefällen kann ein Vormund als gesetzlicher Vertreter für das Kind fungieren nach Art. 327a ff. ZGB. Bei der Ermittlung des (möglichst freien, unbeeinflussten) Willens des Kindes ist eine «natürliche Abhängigkeit» zu berück sichtigen. Üblicherweise, aber doch eben nur im Rah men der Reife des einzelnen Kindes im konkreten Fall bezüglich einer konkreten Behandlung, wird ab dem zwölften Altersjahr von Urteilsfähigkeit ausgegan gen.45 Art. 301 Abs. 1 ZGB rückt das Kindeswohl ins Zentrum, das sich einerseits an einem abstrakten Ideal, anderseits aber doch auch an den konkret mög lichen Lebensumständen zu orientieren hat und Art 41 Michel, Ashley, 152; Michel, FamPra.ch 2008, 267, zum informed consent-Prinzip und zu der Möglichkeit eines Patienten, sein Selbstbestimmungsrecht selber auszuüben; Schnell; 23 f., zum informed consent-Prin zip; Roggo, 76; Güntner, PaPfleReQ 2009, 97, zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechtes bei Minder jährigen; Nägeli, 28, zur elterlichen Gewalt. 42Vgl. Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 118 f., zu den Partizipationsrechten der Minderjäh rigen im Einzelnen; CHK-Breitschmid, Art. 16 ZGB N 5. 43 Michel, Ashley, 145; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. Sep tember 2014, Rz. 23 ff., zum Begriff der Urteils(un)fähig keit, und Rz. 44 ff., zur Urteils(un)fähigkeit im Kindes alter. 44 Michel, Diss., 175; Michel, FamPra.ch 2008, 249; Michel, Ashley, 151; Staubli, 72 und 75; Art. 327a ff. ZGB. 45 Staubli, 77. – Gerade das mit seiner Erkrankung länger fristig vertraute Kind wird allerdings eine höhere Stufe autonomer Entscheidungsfähigkeit erlangt haben als ein gleichaltriges, aber mit der Situation neu konfron tiertes Kind. – Es scheint geboten, auf solche differen zierungsbedürftige Nuancen sowohl in der gebotenen Aufklärung (auch der einzuräumenden Bedenkzeit) wie auch bei der rechtlichen Würdigung «abstrakter», «nomineller» Altersgrenzen Rücksicht zu nehmen; Smole/Ensner, Schweizerisches Medizin-Forum 2009, 166, mit Beispielen des Bundesgerichtes zur Frage der Urteilsfähigkeit von Kindern. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 7 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 und Umfang einer Heilbehandlung bestimmt.46 Ob Eltern vertretungsweise für erkrankte Minderjährige auf eine lebensnotwendige Heilbehandlung verzich ten dürfen, ist unter ethischen sowie rechtlichen Gesichtspunkten umstritten. Michel ist m. E. zu Recht zur Ansicht gelangt, dass eine solche Entschei dung mit den Eltern einerseits sowie einem unabhän gigen Behandlungs- oder einem Ethikteam anderer seits getroffen werden sollte. Nicht für ihr Kind einwilligen können Eltern in eine medizinische Heil behandlung, welche absolut höchstpersönlicher Natur und dieses Recht zudem eng mit der Persönlichkeit eines Menschen in Verbindung zu bringen ist.47 (i) Die 13-jährige Hannah Jones aus dem mitteleng lischen Hereford (GB) sorgte 2008 weltweit für Auf sehen, da sie lieber in Würde sterben wollte, als sich einer lebensrettenden Herztransplantation zu unter ziehen. Die behandelnde Klinik hatte die Operation gerichtlich erzwingen wollen. Hannah forderte dar auf das Recht zu sterben und den Behandlungsab bruch beim High Court ein. Die Eltern standen im mer hinter dem Entscheid ihrer Tochter. Eine Gruppe aus Medizinern und Juristen räumte dem Mädchen schliesslich das Recht zu sterben (bzw. die Behand lung abzulehnen) ein, nachdem diese schon die Kin derschutzbehörden für sich gewinnen konnte (die zuständigen Beamten wollten Hannahs Eltern zuerst das Sorgerecht entziehen). Das behandelnde Kran kenhaus, welches ein Verfahren gegen die Familie des Mädchens führte, stellte den Rechtsstreit nachfol 46 Michel, Diss., 175; Michel, FamPra.ch 2008, 249; Michel, Ashley, 151; Staubli, 72 und 75; Thommen, 7 f.; Schweizerische Akademie medizinischer Wissen schaften SAMW, Medizinisch-ethische Richtlinie der SAMW zum Recht der Patientinnen und Patienten auf Selbstbestimmung (2005, jedoch zurückgezogen durch den Senat am 29. 11. 2012), 3, abrufbar unter: <http:// www.samw.ch/de/Ethik/Richtlinien/Aktuell-gueltigeRichtlinien.html> (letztmals abgerufen am 12. 11. 2015). 47 Michel, Diss., 175; Baumann-Hölzle/von Sieben thal, 83 ff., zum Entscheidfindungsprozess; Noll, 92. Verweigern die Eltern eine lebenserhaltende medizini sche Heilbehandlung, so ist das Wohl des Kindes gefähr det und ein Missbrauch der elterlichen Fürsorge fällt in Betracht. Entsprechend ist die Vormundschafts- bzw. die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde beizuzie hen, welche mögliche unausgesprochene Hintergründe der Entscheidfindung beteiligter Erwachsener bei Zwei feln durchaus hinterfragen darf. Die Regeln der GoA nach Art. 419 ff. OR kommen zwar sinngemäss zur An wendung, denn Angehörige, Ärzte und Pflege müssen in diesem Fall handeln (vgl. Breitschmid/Steck/ Wittwer, FamPra.ch 2009, 871), ohne dass aber die GoA eine genügend konkretisierte Entscheidgrundlage abgibt. Die Erwachsenenschutzbehörde ist beizuziehen. Ist die Behandlung hingegen nicht lebensnotwendig, so ist auch das Kindswohl kaum unmittelbar gefährdet (vgl. Bernhart, Kapitel IV Rz. 253). Zum «Kindeswohl» vgl. die belletristische Aufbereitung bei McEwan Ian, Kindeswohl, Zürich 2015. 8 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 8 gend ein. 2009 geriet die inzwischen 14-jährige Han nah erneut weltweit in die Schlagzeilen, weil sie sich nun für die lebensrettende Operation entschied und somit dafür, ihr eigenes Leben zu retten.48 Der Fall von Hannah ist deshalb aus juristischer Sicht so interessant, da sie – mit ihrer Krankheit «gewachsen» und entsprechend gereift – mit ihren 13 bzw. 14 Jahren ohne Weiteres als urteilsfähig be trachtet werden konnte und ihr Wille, die lebensret tende Herztransplantation abzulehnen, von den englischen Ärzten, Juristen und Behörden respek tiert wurde. Die kontinentalen Rechtsordnungen orientieren sich nicht daran, ob eine Person volljäh rig ist oder nicht, vielmehr stellen sie auf die Urteils fähigkeit einer Person ab. Ist ein Patient urteilsfähig, aber minderjährig, so kann er in eine Heilbehand lung selber einwilligen nach Art. 19 Abs. 2 ZGB (bzw. Art. 19c ZGB zur Ausübung von höchstpersönlichen Rechten).49 Demnach haben Minderjährige bei an zunehmender Urteilsfähigkeit ein Vetorecht gegen über einem (gewöhnlichen) Heileingriff, dem die El tern als gesetzliche Vertreter zustimmen.50 Offen ist hingegen, ob urteilsfähige und minderjährige Kinder in der Schweiz eine lebensnotwendige Heilbehandlung ablehnen dürfen.51 Bei einem urteilsfähigen, aber minderjährigen Kind ist es nicht möglich, dass die Eltern anstelle des Kindes der Behandlung zustim men, weil es sich um ein höchstpersönliches Recht (die körperliche Integrität) handelt.52 Die Umset zung dieses Schwellenprinzips verursacht in der Pra xis beträchtliche Probleme.53 Heute existieren ver 48 Wittman Jochen, Ein Mädchen will doch nicht ster ben, Tages-Anzeiger vom 22. Juli 2009, 8; «Wieso Hannah kein neues Herz will», abrufbar unter: <http:// www.stern.de/panorama/todkranke-13-jaehrige-wiesohannah-kein-neues-herz-will-645414.html> (letztmals abgerufen am 13. 11. 2015); «Dürfte Hannah auch bei uns sterben?», abrufbar unter: <http://www.stern.de/ gesundheit/gesundheitsnews/todkranke-13-jaehrigeduerfte-hannah-auch-bei-uns-sterben-645547.html> (letztmals abgerufen am 13. 11. 2015). 49 Michel, Ashley, 144, zur Urteilsfähigkeit; Bernhart, Kapitel IV Rz. 254; Sprecher, FamPra 2011, 276 und 289. 50 Urteil BGH vom 10. Oktober 2006, Az. VI ZR 74/05; Hausheer/Aebi-Müller, FS Bucher, 237 ff., zum Steiss beinfall, hierzu nachfolgend Fn. 90; Sprecher, FamPra 2011, 300 f. 51 Michel, FamPra.ch 2008, 249; Michel, Ashley, 146 ff.; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 16. Vgl. hierzu § 20 Patientinnen- und Patientengesetz vom 5. April 2004 des Kantons Zürich (LS 813.13): Ein urteils fähiger Patient darf nur mit seiner Einwilligung einer Heilbehandlung unterzogen werden. Vgl. dazu auch McEwan Ian, Kindeswohl, Zürich 2015. 52 Michel, Ashley, 147; Sprecher, FamPra 2011, 274 f., zur physischen und psychischen Integrität als «doppelter Verletzungstatbestand» bei ärztlicher Heilbehandlung. 53 Michel, Ashley, 145 f. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 schiedene Lehrmeinungen darüber, ob Eltern von minderjährigen, aber urteilsfähigen Kindern eine beratende Funktion zukommt und inwieweit sie in die Entscheidungsfindung dennoch miteinbezogen wer den müssen (oder sollen).54 Sinnvoll erscheint hier die Sichtweise von Manaï, die Eltern ein Mitent scheidungsrecht einräumen will;55 der letzte Ent scheid dürfte allerdings (i) einerseits von der «Bezie hungsqualität» abhängen (letztlich nicht anders als im Kontext von Art. 378 oder 381 ZGB), da zwar in der gelebten Familienbeziehung der Austausch ge rade über solche Fragen (Art. 159 und 272 ZGB) zum Kern der Beziehung gehört, aber die rechtliche Be ziehung nicht zwingend etwas über die emotionale Qualität besagt und (ii) anderseits von der Urteilsfä higkeit des Minderjährigen, die relativ zur Tragweite des Eingriffs (der alltäglichen Heilbehandlung oder des terminalen Entscheids) ist und gegebenenfalls höher anzusetzen ist (wobei stets zu bedenken bleibt, dass ein Kind mit Einsicht und Verständnis für seine Situation meist eine hohe Entscheidungsreife haben wird und die Eltern ihrerseits in ihrer persönlichen Betroffenheit auch nicht als «rationale Automaten» einfach «funktionieren»); im Zweifel geniesst des halb die Emotionalität der unmittelbar betroffenen Person Vorrang. (ii) Der 16-jährigen Hannah Clark wurde ein trans plantiertes zusätzliches zweites Herz, welches sie im Alter von zwei Jahren erhalten hatte, entfernt, da ihr eigenes plötzlich wieder zu arbeiten anfing. Heute führt das Mädchen ein überwiegend normales Le ben. Grund für die Herztransplantation war die damals vorhandene Kardiomyopathie56 mit Herz insuffizienz, an der Hannah litt.57 In diesem Fall war Hannah mit zwei Jahren zum Zeitpunkt des Eingriffs urteilsunfähig sowie minderjährig, und ihre Eltern entschieden als ihre gesetzlichen Vertreter. Inzwi schen war Hannah mit 16 Jahren urteilsfähig, aber noch nicht volljährig. Minderjährige Kinder, welche nicht urteilsfähig sind, können nicht einer Heil behandlung zustimmen oder diese ablehnen. Für 54 Hausheer/Aebi-Müller, Personenrecht, § 7 Rz. 07.76. 55 Manaï, 197 und 200; Michel, Ashley, 153, zu den ab solut und relativ höchstpersönlichen Rechten, wozu die Heilbehandlung zählt. 56 Die Kardiomyopathie ist eine Erkrankung des Myokards (mittleren Herzmuskels, umschlossen vom Epikard aus sen und Endokard innen), sie führt zu einer mecha nischen oder elektrischen Dysfunktion des Herzens, abrufbar unter: <http://www.gesundheit.de/lexika/me dizin-lexikon/kardiomyopathie> (letztmals abgerufen am 13. 11. 2015). 57 Vgl. die Information in der Ärztezeitung vom 14. Juli 2009, abrufbar unter: <http://www.aerztezeitung.de/ medizin/krankheiten/herzkreislauf/?sid=557797> (letzt mals abgerufen am 13. 11. 2015). Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 9 diese Kinder entscheidet der gesetzliche Vertreter, üblicherweise Vater und/oder Mutter.58 (iii) Es begann im Mai 1995, als die damals sechs jährige Olivia Pilhar ins St.-Anna-Kinderspital in Wien eingeliefert und bei ihr ein Wilms-Tumor (kindlicher Nierenkrebs) diagnostiziert wurde. Fest steht, dass die Eltern an diesem langen Wochenende, an dem sie auf die Diagnose für ihre Tochter warten mussten, das Vertrauen in die Schulmedizin gänzlich verloren. Die unerwartete Krebsdiagnose ihrer Toch ter, die verschiedenen Aussagen des am Wochenende stark wechselnden medizinischen Personals sowie ihre eigene Angst und Verwirrtheit im Zusammen hang mit Olivias Erkrankung, trugen dazu bei, dass sie eine schulmedizinische Behandlung ihrer Toch ter ablehnten. Der Fall Olivia wurde in der nachfol genden Zeit immer mehr zum Medienspektakel. Die Eltern, nun total verunsichert, verliessen die Klinik samt Tochter gegen den Willen der Ärzte und kon taktierten den umstrittenen Krebsheiler Ryke Geerd Hamer aus Köln. Dieser machte den Eltern Hoffnung, der Tumor verschwinde auch ohne Chemotherapie. Den Eltern wurde darauf von den Behörden das Sor gerecht entzogen. Sie flohen mit Olivia und ihren anderen Kindern nach Malaga (ESP), um sich den Behörden und Ärzten in ihrer Heimat zu entziehen. Es folgte eine «Rückholaktion» und die Behandlung von Olivia gegen den Willen der Eltern und unter Ausschluss des Vaters während der Behandlung in einer Klinik in Wien. Auch der Hungerstreik der El tern gegen die Behandlung ihrer Tochter erzielte kei ne Wirkung. Heute gilt Olivia als geheilt. Krebsheiler Ryke Geerd Hamer wurde in der Zwischenzeit in Frank reich der Prozess gemacht.59 Der Fall von Olivia Pilhar zeigt, dass die Eltern in der Tat nicht nur über die Heilbehandlung ihrer Kin der entscheiden, sondern ebenfalls über den Behand lungsabbruch, auch wenn dieser noch so schwerwie gende Folgen hat wie bei Olivia.60 Solange die Eltern als die gesetzlichen Vertreter eines urteilsunfähigen und minderjährigen Kindes fungieren, sind Behör den, Ärzten und Pflegepersonal die Hände gebunden, 58 Michel, Ashley, 151. – Allerdings dürften je nach beste henden emotionalen und weiteren tatsächlichen Bezie hungen auch weitere Bezugspersonen (Stief-/Pflege eltern, [ältere] Stiefgeschwister, Paten und Freunde etc., vgl. Art. 274a und Art. 378 ZGB) einbezogen werden. 59 Jancsy Irene, Bilanz des Falles Olivia, profil vom 22. Au gust 2005, 104–109. Die Anklageschrift gegen Krebshei ler Ryke Geerd Hamer ist abrufbar unter: <http://www. pilhar.com> (letztmals abgerufen am 13. 11. 2015). 60 Michel, FamPra.ch 2008, 249 f., Eltern sind grundsätz lich verpflichtet, das Kindswohl als oberstes Gebot zu beachten und einer vital indizierten Heilbehandlung in diesem Sinne zuzustimmen. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 9 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 insofern den Eltern nicht das Sorgerecht für ihr Kind entzogen wird, wie es bei Olivia der Fall war; partielle Entziehung der elterlichen Sorge – nur bezüglich me dizinischer Behandlungsentscheide – wäre an sich denkbar, aber möglicherweise ungeeignet, weil dem Kind die Behandlung faktisch dennoch vorenthalten werden könnte. Heute ist diese volljährig. Auf die da malige Operation gegen den Willen ihrer Eltern an gesprochen, bezweifelt sie selber die Zweckmässigkeit und Notwendigkeit des Eingriffs von damals.61 (iv) Das amerikanische Mädchen Ashley 62 litt seit seiner Geburt an einer statischen Enzephalopathie63. Sie konnte weder gehen noch sitzen, und geistig be fand sie sich auf dem Entwicklungsstand eines drei Monate alten Babys. Die Familie des damals sechs jährigen Mädchens hatte sich 2004 an ein Ärzteteam in Seattle gewandt, um die Pubertät ihrer Tochter und auch das Wachstum zu bremsen.64 Zudem waren in Ashley’s Familie Fälle mit Brustkrebs aufgetreten und einzelne weibliche Familienmitglieder wiesen sehr grosse Brüste auf. Als das Kind älter wurde, da durch wuchs und an Körpergewicht zunahm, sorg ten sich die Eltern, ob eine häuslich-familiäre Pflege längerfristig überhaupt noch möglich wäre. Da die Angehörigen auch in Zukunft das Mädchen zu Hau se betreuen wollten, wandten sie sich mit dieser un gewöhnlichen Bitte an die Ärzte in Seattle. Ashley sollte, entsprechend dem Wunsch ihrer Familie, in einem Zustand «permanenter Kindheit» verharren. Mit einer Hysterektomie65 sollte die Menstruation verhindert und mit der Mastektomie66 das Risiko ei 61 Vgl. die Information unter: <http://madonna.oe24.at/ madonna/life/Was-wurde-aus-Olivia/1201721> (letzt mals abgerufen am 13. 11. 2015). 62 Zum Fall Ashley: Michel, Ashley, 141 ff.; Gerste Ro nald D., «Fall Ashley», abrufbar unter: <http://www. aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=54152> (letzt mals abgerufen am 13. 11. 2015). 63 Bei der Enzephalopathie handelt es sich um eine irre versible Hirnschädigung vielfältiger Ätiologie, abrufbar unter: <http://www.gesundheit.de/lexika/medizin-le xikon/binswanger-enzephalopathie> (letztmals abge rufen am 13. 11. 2015). 64 Gunther/Diekema, Arch Pediatr Adolesc Med. 2006, 1013 ff. 65 Eine Hysterektomie (syn. Uterusextripation) ist eine Entfernung der Gebärmutter, abrufbar unter: <http:// www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon/hysterec tomia> (letztmals abgerufen am 13. 11. 2015). 66 Eine Mastektomie (auch Ablatio mammae/Mammaam putation) ist die operative Entfernung der weiblichen Brust. Diese ist im Zusammenhang mit einem fortge schrittenen Mammakarzinom notwendig (ab Stadium T2), falls kein brusterhaltender Eingriff möglich ist, abrufbar unter: <http://www.gesundheit.de/lexika/ medizin-lexikon/mastektomie> (letztmals abgerufen am 13. 11. 2015). 10 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 10 nes Mammakarzinoms67 gesenkt bzw. Druckstellen durch zu grosse Brüste verhindert werden. Ziel war es, so die Eltern, dem Kind weiteres Leiden zu erspa ren. Ein 40-köpfiges Gremium (was an die Grenze der Praktikabilität und der personellen und fachlichen Ressourcen stossen dürfte: nebst ethischen Ab wägungen ist letztlich die alltäglich-praktische Be treuung sicherzustellen!), bestehend aus Ethikern, Medizinern und Juristen, befasste sich nachfolgend mit dem Fall von Ashley. Sie gaben nach eingehender Prüfung ihre Zustimmung. In der Folge wurden Ash ley Östrogene68 verabreicht, um das Wachstum zu stoppen. Das Mädchen wurde einer Mastektomie69 sowie einer Hysterektomie70 unterzogen. Bei Ashley stellt sich die Frage, wie die Schweizer Gerichte den Fall beurteilt hätten. Das Sterilisations gesetz71 verbietet in Art. 7 die Sterilisation von anhal tend Urteilsunfähigen unter 16 Jahren. Das Sterilisa tionsgesetz kommt zudem nur zur Anwendung, falls andere Verhütungsmethoden versagen (bei Ashley war der Fall anders gelagert, die Sterilisation wurde hier nicht zu Verhütungszwecken eingesetzt).72 Somit findet das Sterilisationsgesetz vorliegend wohl keine Anwendung. Hingegen kann Art. 23 der UN-Kinder rechtskonvention angewendet werden, welcher die Förderung von behinderten Kindern ins Zentrum stellt.73 Ein «strikt-richtiger», nur «rechtlicher» Ent scheid über die Frage, ob ein solcher Eingriff sitten widrig sei bzw. gegen das Kindeswohl als Behandlungs maxime verstosse, ist schlicht an der Grenze des Justiziablen – die Eltern wollten wohl ganz einfach aus ihrem (nachvollziehbaren) Verständnishorizont der Tochter weiteres Leid ersparen. Aus diesem Blick winkel betrachtet, kann der Fall von Ashley nicht grundsätzlich als Verstoss gegen das Kindswohl be trachtet werden. Die Frage bleibt, wie sich das Kinds wohl definiert und in welche Richtung der Begriff ausgedehnt werden kann bzw. darf oder gar muss74 – in einem gewissen, engen Rahmen dürfte der Begriff nämlich auch eine «private» Komponente insoweit haben, als das Empfinden der Beteiligten über das 67 Brustkrebs, Definition abrufbar unter: <http://www. gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon/mammakarzi nom> (letztmals abgerufen am 13. 11. 2015). 68 Östrogene sind weibliche Sexual-(Steroid-)Hormone. Sie werden u. a. nach einer Hysterektomie (vgl. Fn. 65) als Substitutionstherapie verabreicht, abrufbar un ter: <http://www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexi kon/oestrogene> (letztmals abgerufen am 14. 11. 2015). 69 Vgl. Fn. 66. 70 Vgl. Fn. 65. 71 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über Vorausset zungen und Verfahren bei Sterilisationen (Sterilisa tionsgesetz, SR 211.111.1). 72 Michel, Ashley, 167. 73 Michel, Ashley, 168. 74 Mehr zum Fall Ashley u. a. in: Michel, Ashley, 168 f. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 Wohl-Befinden nicht gänzlich ausgeklammert («ver objektiviert») werden darf: Behördliches Einschreiten nach Art. 381 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB ist nur geboten, wo ein gewisser Ermessensspielraum überschritten wird. (v) Fiona Bollag wurde gehörlos75 in der 27. Schwan gerschaftswoche (SSW) geboren und wog bei ihrer Geburt 1300 g.76 Ihre Eltern entschieden sich nach dem ersten Schock der Diagnosestellung dagegen, dass Fiona die Gebärdensprache77 erlernen sollte, denn sie wollten das Kind nicht zu einer «Aussensei terin» machen, sondern in die Welt der «Hörenden» und in die Familie integrieren.78 Das Mädchen erhielt 75 Bollag, Das Mädchen, 50 ff., insbesondere 57 und 190 ff. Es gibt verschiedene Meinungen zur Verwen dung der Bezeichnung (Terminologie) «taub» oder «ge hörlos». «Taubheit» bezeichnet fehlendes Hörvermögen (absolute T.) oder Sprachverständnis bei Wahrnehmung einzelner Töne oder Geräusche (praktische T.), abrufbar unter: <http://www.gesundheit.de/lexika/medizin-le xikon/taubheit> (letztmals abgerufen am 13. 11. 2015). Fiona selbst verwendet vorzugsweise die Bezeichnung «schwerhörig», denn 97% aller gehörlosen Menschen verfügen über ein Restgehör, welches heute technisch genutzt werden kann, damit sie die Sprache verstehen. Als diskriminierend empfinden Betroffene die Be zeichnung «taubstumm». Diese Menschen sind nicht stumm. Das Beispiel von Fiona zeigt, dass auch sie fähig sind, die Lautsprache zu erlernen und zu sprechen. Die Bezeichnung «taubstumm» sollte daher nicht mehr verwendet werden, vielmehr wird heute von «gehörlos» gesprochen. 76 Bollag, Das Mädchen, 32 ff. und 65, der Anteil gehör loser Kinder ist unter den «Frühgeburten» deutlich er höht. Das Gehör entwickelt sich im fünften Schwanger schaftsmonat; Seymour et al., JAMA 2010, 747 ff., entsprechend einer Studie aus den USA steigt die Zahl von hörgeschädigten Jugendlichen markant an. Bei 15–19-Jährigen wurde in den Jahren 2005 und 2006 bei 19,5% eine Hörbeeinträchtigung festgestellt (wenn auch meist nur leicht ausgeprägt). In den Jahren 1988 bis 1994 wiesen nur 14,9% der Jugendlichen eine solche Beein trächtigung auf. Grund hierfür sind der Gebrauch von Schusswaffen, infektiöse Erkrankungen des Ohrs sowie ein erhöhter Lärmpegel. 77 Unter «Gebärdensprache» wird die auf Handzeichen be ruhende Sprache zur Verständigung unter bzw. mit Ge hörlosen verstanden. Sie wird als eigenständige Sprache anerkannt (seit 1. Mai 2002), abrufbar unter: <http:// www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon/gebaerden sprache> (letztmals abgerufen am 14. 11. 2015). Taub blinde Menschen verständigen sich hingegen durch «Lormen». Die/der Sprechende tastet dabei auf die Han dinnenfläche des/der Lesenden. Dabei sind einzelnen Fingern sowie bestimmten Handpartien bestimmte Buchstaben zugeordnet, abrufbar unter: <http://www. taubblindenwerk.de/lormen.html> (letztmals abgeru fen am 14. 11. 2015); vgl. weitere Informationen unter: <http://www.tanne.ch/sprache-br%C3%BCcken-zu-h% C3%B6rsehbehinderten-menschen> oder <http://www. gehoerlosendorf.ch/aktuell/index.html> (beide letzt mals abgerufen am 14. 11. 2015). 78 Bollag, Das Mädchen, 66, 71 und 93, hochgradig schwerhörige oder gehörlose Kinder denken in Bildern, gebärdende Menschen hingegen in Gebärden. Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 11 deshalb als Kleinkind vom Universitätsspital Zürich Hörgeräte angepasst. Es erlernte als Kind die Laut sprache durch intensives Training mit einer Hörge schädigtenpädagogin.79 Fiona besuchte eine Gehör losenschule in Meggen/LU.80 Als junge Frau entschied sie sich für ein Cochlea-Implantat (CI).81 Heute ver fügt sie über ein zweites CI und ist glücklich damit.82 79 Bollag, Das Mädchen, 77 ff.; schwerhörige Menschen können mit einem Verständigungstraining bzw. Lip penlesekurs das Hören durch das Ablesen von Lippen bildern und Absehen von Sprechbewegungen verbes sern. 80 Bollag, Das Mädchen, 114 ff. 81 Battmer, 1 ff., das Cochlea-Implantat (auch CochlearImplantat/CI) ist eine Hörprothese zur Versorgung von taub geborenen Kindern oder ertaubten Erwachsenen. Das CI findet bei hochgradiger oder an Taubheit gren zender Innerohrschwerhörigkeit Verwendung (vgl. die Informationen unter: <http://www.cochlea-implantat. ch/informationen/das-cochlea-implantat.php> [letzt mals abgerufen am 14. 11. 2015]). Bei gehörlos gebore nen Kindern sollte das Implantat möglichst in den ersten beiden Lebensjahren eingesetzt werden. Voraus setzung ist ein intakter Hörnerv. Das Implantat wird in die Cochlea (Hörschnecke) eingelegt und besteht aus einem «inneren» (Implantat) und einem «äusseren» Teil (Sprachprozessor); Kiessling et al., 92 ff., neben dem CI existieren inzwischen auch «implantierbare Hörge räte». Diese wirken im Mittel- oder Innenohr bzw. kom biniert. Sie finden Verwendung, wenn Hörgeräte nur noch ungenügend Hilfe bieten, und haben den Vorteil, unsichtbar und wasserdicht zu sein sowie eine bessere Hörqualität durch den natürlichen Klang zu vermitteln und das Richtungshören zu verbessern (als Nachteil wirkt sich aus, dass Prozessor-Upgrades nur operativ möglich sind und die Energieversorgung ist. Zudem werden bei dieser Operation die Geschmacksnerven/ Nervus glossopharyngeus/Chorda tympani durch trennt). Es handelt sich um ein «junges» Verfahren (auf Kinder wird dieses noch nicht angewendet, da entspre chende Zahlen/Erfahrungen fehlen) und wird seit 2007 angewendet, während das CI auf eine 25-jährige Erfolgs geschichte zurückgreifen kann. Heute gibt es weltweit rund 120 000 Menschen mit einem CI (Stand 1. No vember 2007) sowie 75 Patienten in Deutschland und den USA mit einem Voll-/Hörgeräteimplantat (Stand 2007), abrufbar unter: <http://www.swissear.ch/Im plantierbareH%C3%B6rger%C3%A4te/EnvoyEsteem/ EnvoyEsteem/tabid/378/Default.aspx> und <http:// www.swissear.ch/Portals/0/Texte/GSS%20Artikel.pdf>, 16 (beide letztmals abgerufen am 14. 11. 2015). 82 Bollag, Das Mädchen, 180 ff.; Steffens, 58, zum Recht auf eine bilaterale CI-Versorgung. Die amerikanische, taubblinde Schriftstellerin Helene Keller antwortete auf die Frage, ob sie lieber wieder hören oder sehen würde: «Nicht sehen können, trennt von den Dingen. Nicht hören können von den Menschen.» Die Schriftstellerin hätte lieber das Gehör wiedererlangt (Gesundheits sprechstunde 17 (2007) 14, abrufbar unter: <http:// www.swissear.ch/Portals/0/Texte/GSS%20Artikel.pdf> [letztmals abgerufen am 14. 11. 2015]; zu Helene Keller auch Bollag, Das Mädchen, 205 ff.): Ob heutige tech nische Möglichkeiten allerdings nicht die verbale Kom munikation mehr als die visuelle zu substituieren ver mögen, lässt sich kaum von Juristen entscheiden. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 11 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 Der Entscheid ihrer Eltern, kurz nach der Geburt, war wegweisend dafür, ob Fiona in der Welt der Ge hörlosen oder unter hörenden Menschen aufwach sen sollte.83 Die meisten «hörenden» Eltern entschei den sich heute für ein CI, wenn bei einem Kind «Taubheit» diagnostiziert wird. Sind die Eltern hin gegen «gehörlos», dann entscheiden sie sich in der Regel für die Gebärdensprache bei ihrem Kind, da ihnen selber die Welt der «Hörenden» verwehrt bleibt. Viele gebärdende Gehörlose haben das CI ab gelehnt. Es gibt auch «taube» Menschen, welche mit der Lautsprache aufgewachsen sind und später die Gebärdensprache erlernten, da sie sich in der Welt der «Hörenden» nie wohl gefühlt haben.84 Der Fall von Fiona ist in gewisser Weise ähnlich gelagert wie bei intersexuellen Kindern, welche im Kleinkindesalter einer geschlechtszuweisenden Ope ration unterzogen werden sollen. Hierbei handelt es sich um absolut höchstpersönliche Rechte, die nicht von Dritten ausgeübt werden können.85 Ein Eingriff im Kleinkindesalter verletzt an sich diesen Grund satz, ist aber gerechtfertigt, weil der Eingriff sinn vollerweise in den ersten zwei Lebensjahren vor genommen werden muss, da das Cochlea-Implantat bei gehörlosen Kindern erforderlich ist, damit die sprachliche Entwicklung des Kleinkindes in dieser Phase nicht beeinträchtigt wird. Die Grenze der Ver tretungsbefugnis durch den gesetzlichen Vertreter erscheint dort gegeben, wo «irreversible oder beson ders schwerwiegende Eingriffe in die körperliche 83 Bollag, Das Mädchen, 84 und 191; BGE 122 V 377, zur Anerkennung von Cochlea-Implantaten durch die IV; Ursprung, 179 und 184, zu Hilfsmitteln zwischen So zialversicherung und Sonderpädagogik; Erni, 35, zwi schen gebärdenden Gehörlosen und jenen, die der Laut sprache mächtig sind, gibt es einen Methoden-/ Schulstreit. Viele gebärdende Gehörlose haben sich ge gen das CI gewehrt, als dieses den Hörgeräten gleichge stellt und die Kosten von der IV übernommen wurden. 84 Bollag, Das Mädchen, 113 und 194. 85 Vgl. vorne bei Fn. 8. – Der südafrikanischen Leichtath letin und 800-Meter-Weltmeisterin Caster Semenya wurde nach ihrem Sieg in Berlin am 18. August 2009 vorgeworfen, sie sei ein Zwitter bzw. ein Hermaphrodit. Ungeachtet dieser Diagnosestellung im Zusammenhang mit Sportwettkämpfen und des damit verbundenen Me dienspektakels sollte berücksichtigt werden, dass die Betroffenen für ihre Intersexualität nicht verantwort lich sind und die Diagnosestellung für sie und ihre An gehörigen eine grosse Demütigung (z. B. bei Caster Se menya durch die Medien verursacht) und insbesondere einen Schock bedeuten können. Es sollte diesen Men schen (hier Caster Semenya) mit mehr Sensibilität be gegnet werden, als die Diagnosestellung des Herma phroditismus medial auszuschlachten. Betroffene können jahrelang unter ihrer Intersexualität und einer damit verbundenen Identitätsfindungsstörung leiden, abrufbar unter: <http://www.stern.de/sport/sportwelt/ caster-semenya-weltmeisterin-soll-ein-zwitter-sein-150 8423.html> (letztmals abgerufen am 14. 11. 2015). 12 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 12 Unversehrtheit vorgenommen werden».86 Fiona sel ber hat bis heute die Gebärdensprache abgelehnt, weil sie findet, dass sie damit isoliert und ausgegrenzt würde. Sie bevorzugt die Lautsprache, welche ihr mit tels CI zugänglich wurde.87 Das Selbstbestimmungs recht eines hörbehinderten Menschen erleidet in gewissen Bereichen «Schiffbruch» oder wird einge engt dadurch, dass die Kosten für eine Operation nur teilweise oder gar nicht von der Krankenkasse und/ oder der Invalidenversicherung (IV) übernommen werden.88 Für jüngere Menschen dürfte ein gewisser Druck vonseiten der IV bestehen, sich einer CI-Ope ration zu unterziehen, da die berufliche Integration und Eingliederung vordergründig und bei «laut sprachlichen» Menschen einfacher ist als bei «gebär denden» Personen.89 IV. Terminologie und Eigenheiten A. Informed consent Bereits die einführenden Bemerkungen zeigten, dass scheinbar so überzeugend-vertrauten Begriffen wie «Urteilsfähigkeit» oder «informed consent» mit einer gewissen Vorsicht und Zurückhaltung zu begegnen ist. Sie werden bisweilen fast gebetsmühlenartig re kapituliert, aber die Urteilsfähigkeit ist immer relativ, und ein Informationsgefälle oder zumindest das Risiko von «Übersetzungsfehlern» und Missverständnissen zwi schen Fachpersonen und Laien wird fast immer bestehen. Der Vergleich mag hinken, aber: Wer ein Los kauft, weiss, dass er kaum eine Chance hat, etwas zu gewin nen, aber er hofft im Stillen doch auf einen Gewinn; wer sich einer Operation zu unterziehen hat, weiss, dass das Risiko von Komplikationen nicht besonders 86 Genna, ZVW 2000, 91 und 107; Michel, Ashley, 153. 87 Die amerikanische, taubblinde Schriftstellerin Helene Keller zum Recht auf Sprache: «Sprache ist das Geburts recht eines jeden Kindes. Sie ist für das taube Kind eine faire Chance, mit seinen Mitmenschen in Verbindung zu bleiben.» (Vgl. Bollag, Das Mädchen, 84 und 91); Bollag, a tempo 2 (2007) 3. 88 BGE 122 V 377, zur Anerkennung von Cochlea-Implan taten durch die IV. Heute werden die Kosten in der Schweiz zwischen IV (Wartung und Kostenübernahme des Implantats, Nachbetreuung durch Fachpersonal/ Hörgeschädigtenpädagogen) sowie Krankenkasse (medizinische Versorgung, Spitalaufenthalt) aufge teilt. Anders das Voll-/Hörgeräteimplantat (Kosten 30 000 Euro), welches zumindest in Deutschland ganz durch den Patienten bezahlt werden muss, abrufbar unter: <http://www.swissear.ch/ImplantierbareH%C3 %B6rger%C3%A4te/EnvoyEsteem/EnvoyEsteem/tabid/ 378/Default.aspx> sowie unter: <http://envoymedical. de/the-esteem-implant/> (beide letztmals abgerufen am 14. 11. 2015); Peter, in: Jusletter 16. August 2010, Rz. 1 ff., zum Selbstbestimmungsrecht. 89 Fankhauser, 28 ff. und 60 f. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 gross ist, aber er blendet dieses aus, weil er ganz selbstverständlich auf den im Regelfall eintretenden Erfolg hofft: Verwirklicht sich im Einzelfall ein «Ri siko» von auch «nur» einem Prozent, so ist das nicht ein Prozent Wertverlust, sondern die 100%ige Ver wirklichung dieses worst case-Szenarios. Die Informa tion über Risiken und Alternativen schaltet zudem das aleatorische Element und die Relevanz prädispo nierender Faktoren ebenso wenig aus, wie das Wissen um die statistische Aussichtlosigkeit des Gewinns den Loskauf hindert – Emotion und Hoffnung überwie gen die ratio. Die Information kann den Entscheid sogar eher erschweren als erleichtern – die patiententypische Rückfrage nach der statistischen Relevanz der aufge zeigten Risiken dient eher der eigenen Beruhigung («selten» bedeutet hier, dass es im konkreten, eigenen Fall «nicht relevant» sei) als einem aufgeklärten Ent scheid: Faktisch besteht die (wenig attraktive) Alter native meist darin, entweder das Risiko akzeptieren zu müssen oder aber sich für Nichtbehandlung zu entscheiden (unter Fortdauer jener Belastung, die ei gentlich behoben werden sollte);90 Behandlungsalter nativen unterscheiden sich in ihren Risiken häufig nur geringfügig, bzw. es können prognostisch die ver schiedenen Risiken (bzw. der möglicherweise gerin gere Heileffekt bei minder riskanter Behandlung) kaum ausgewogen (eher «informiert» als «reflektiert») beurteilt werden: Da ja auch der behandelnde Arzt letzt lich keine Gewissheit, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit in Aussicht stellen kann, bezieht sich die Informationslage nur auf Kenntnis des Risikos, aber nicht ohne Weiteres auf eine ausgewogene Informationslage und eine gereifte Ent scheidungsfindung des Patienten. Das soll keinesfalls als Kritik am Konzept, aber als Warnung verstanden wer den, immer dann, wenn ein unterschriebenes Einver ständnisformular vorliegt, einen gelassenen, über zeugten, motivierten Patienten zu erwarten. Oft gilt eher «still confused, but on a higher level» (wobei Letzteres durchaus nicht gewährleistet ist). 90 Anders lagen die Verhältnisse im sog. «Steissbeinfall» (BGE 134 II 235, «chute sur le coccyx lors d’un cours de gymnastique»): Statt der Schmerzen des (manuellen, alternativmedizinischen ostheopathischen) Eingriffs wäre eine zwar längere Schmerzphase zu erdulden ge wesen mit mittelfristig, aber gleichem Ergebnis (näm lich Heilung). In dieser Situation war die 13-jährige Tochter durchaus urteilsfähig bezüglich der Wahl der letztlich gleichwertigen Behandlungsmethoden, und es war ihr als Patientin auch durchaus bewusst, was die Folgen der Nichtbehandlung gewesen wären (nämlich Fortdauer jener Schmerzen, an denen sie gelitten hatte), weshalb die Disziplinarbusse gegenüber dem (in Über einstimmung mit der Mutter, aber gegen den Willen der Patientin behandelnden statt abwartenden) Arzt ge rechtfertigt war; Hausheer/Aebi-Müller, FS Bucher, 237 ff., zum «Steissbeinfall». Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 13 B. Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB) Das Erwachsenenschutzrecht hat die Terminologie in der Schweiz fixiert, und es ist hier von Patienten verfügungen zu sprechen. In Deutschland werden bisweilen auch die Bezeichnung Patiententestament oder -brief verwendet.91 Mit der gesetzlichen Fixierung wurde die Patien tenverfügung ab dem 1. Januar 2013 zur zwingend schriftlichen Willensbekundung und muss Anord nungen betreffend die Art und den Umfang der pfle gerischen und medizinischen Behandlung enthal ten. Sie bezieht sich oftmals92 auf voraussichtlich terminale Phasen des Krankseins. Die «Verfügung» adressiert sich an Ärzteschaft und Pflegefachperso nal; Patienten verfügen mit einer Patientenver fügung über sich selbst, bezogen auf einen Zustand der eigenen Urteilsunfähigkeit, im Blick darauf, be stimmte Heilbehandlungen sowie physische oder (psychische) Interventionen zuzulassen oder zu un terlassen.93 Die Patientenverfügung ist vom Verfasser in einem Zeitfenster der Urteilsfähigkeit niederzu schreiben, damit sie ihre Wirksamkeit entfalten kann.94 Während es vor einem Jahrzehnt noch dar um ging, der Patientenverfügung zumindest als pri vat etablierter «Behandlungsrichtlinie» Respekt zu 91 Ulsenheimer, § 132 Rz. 38 (Anm. 58); Baumgarten, 303. Es gibt insbesondere in Deutschland eine Vielzahl von Bezeichnungen, die m. E. aber nicht sonderlich ge eignet erscheinen, etwa «Euthanasietestament» oder «Lebenstestament». Sie alle sind nur andere Bezeich nungen für die Patientenverfügung. Der Begriff hat sich in der Schweiz durchgesetzt und soll auch vorliegend Verwendung finden, obgleich natürlich auf sprachliche Euphemismen hinzuweisen ist: Im Grunde ist die Ge sundheit ja ein «unverfügbares» Gut. Gut ist demgegen über, dass nicht der Begriff des «Patiententestaments» gewählt wurde, da das Thema richtigerweise aus Lebens- und nicht bloss «endzeitlicher» Perspektive zu beden ken ist; nur heisst das «Testament» andernorts im ZGB letztwillige Verfügung … (Art. 498 ff. ZGB). 92 Breitschmid/Reich, ZVW 2001, 150 f., «oftmalig» be darf einer Erläuterung: Die Patientenverfügung kommt zwar noch zu Lebzeiten eines Patienten zum Einsatz, braucht sich aber nicht nur auf das terminale Stadium eines Menschen zu beziehen. 93 Wenzel, Kapitel 4 Rz. 517, zur mündlichen oder schrift lichen Willensäusserung; Ulsenheimer, § 132 Rz. 41. 94 Ulsenheimer, § 132 Rz. 41. – Dieser eindeutige Satz er fährt interessanterweise eine nicht unbeträchtliche Relativierung bei der Suizidbeihilfe für Personen, wel che unter psychischen Störungen leiden: vgl. BGE 133 I 58, E. 6.3.5, dazu Schwarzenegger Christian, Das Mittel der Suizidbeihilfe und das Recht auf den eigenen Tod, SAeZ 88 (2007) 1 ff., 5 (zwar sei äusserste Zurück haltung geboten, aber die Verschreibung von NatriumPentobarbital nicht notwendigerweise kontraindiziert). Dies trifft zu, wobei der Entscheid natürlich letztlich davon abhängt, ob konkret die Urteilsfähigkeit bejaht oder verneint wird (vgl. dazu Fn. 43 ff. und 49 ff.). Pflegerecht – Pflegewissenschaft 13 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 verschaffen,95 ist sie ab dem 1. Januar 2013 mit In krafttreten von Art. 370 ff. ZGB «unausweichlich» geworden. Ihre «Formalisierung» bringt allerdings auch Probleme mit sich: Was geschieht mit dem «nur» mündlich, aber unmissverständlich und un überhörbar geäusserten Patientenwillen? In Deutschland bekannt, und von der Patienten verfügung zu unterscheiden, ist die Betreuungsvoll macht, welche mit Art. 360 ff. und Art. 381 ZGB Parallelen aufweist96 und z. B. auch mit einer Patien tenverfügung kombiniert werden kann.97 Bei der Betreuungsvollmacht wird eine natürliche Person98 vom Patienten selbst99 bestimmt, welche «als Be treuer» die Rechtsgeschäfte in Form eines «vormund schaftlichen Amtes» im Interesse des Betreuten tätigt.100 Nicht zu verwechseln ist die Betreuungsver fügung mit der Vorsorgevollmacht101 des deutschen Rechts. Dabei wird schriftlich für die Zukunft von der betroffenen Person ein «Bevollmächtigter in Ge sundheitsangelegenheiten» bestimmt.102 Die Vor sorgevollmacht ist subsidiär zur Bestellung eines Betreuers. Hat der Patient etwa schon eine Vorsorge vollmacht ausgefüllt, so erübrigt sich die Bestellung eines Betreuers für die Gerichte.103 Auch in der Schweiz ist die Patientenverfügung von OR-Instrumenten des Vollmachtrechts (Art. 32 ff. OR) abzugrenzen, insbesondere vom sogenannten «transmortalen Auftrag» (auch «Auftrag über den Tod hinaus»). Gewöhnlich erlischt ein Auftrag mit dem Tod des Auftraggebers nach Art. 405 Abs. 1 OR, es sei denn, es wurde Gegenteiliges vereinbart. Das Gleiche gilt für die Vollmacht nach Art. 35 Abs. 1 OR.104 Als einschlägige Spezialgesetzgebung gehen seit dem 1. Januar 2013 die Instrumente des Erwachsenen schutzrechts den allgemeinen Normen des OR vor105 … obwohl man sich bewusst bleiben muss: Dogmatisch-strukturell ist jedes der Instrumente von Art. 360 ff. und 370 ff. ZGB eine Vollmacht im Sinne der Stellvertretungslehre; Stellvertretung aber ist – zwar autonome, u. U. aber doch faktisch zwingende – De legation von Autonomie. Sodann ist zu differenzieren gegenüber dem ur sprünglich geplanten Vorsorgeauftrag mit Ausdehnung auf medizinische Massnahmen, wie ihn der VE-ZGB für die Schweiz zunächst vorgesehen hatte.106 Dieses In stitut wurde im weitern Verlauf der Gesetzgebungs arbeiten stark vereinfacht. Entsprechend der defini tiven Fassung des Erwachsenschutzrechtes ist es möglich, einer natürlichen Person den Auftrag zu erteilen, im Namen des Auftraggebers diagnosti schen oder therapeutischen Behandlungen zuzu stimmen oder diese zu verweigern. Der Vorsorgeauf trag mit Ausdehnung auf medizinische Massnahmen ist – materiell betrachtet – eine Patientenverfügung. Die beiden Institute sind zu einer Einheit verschmol zen.107 Unabhängig davon ist es entsprechend dem Erwachsenenschutzrecht nach Art. 360 Abs. 1 ZGB möglich, mittels eines Vorsorgeauftrages eine natürli che oder juristische Person zu bezeichnen, welche im Falle der eigenen Urteilsunfähigkeit die Vermögens sorge übernimmt und den Rechtsverkehr regelt.108 95 Breitschmid/Reich, ZVW 2001, 150. Ein Muster einer Patientenverfügung der FMH Gesellschaft ist abrufbar unter: <http://www.fmh.ch/de/data/pdf/patverf.pdf> (letztmals abgerufen am 12. 11. 2015). 96 Breitschmid/Reich, ZVW 2001, 150. 97 Rudolf/Bittler/Roth, 125. 98 Ulsenheimer, § 132 Rz. 43, oder einen Verein. 99 Ulsenheimer, § 132 Rz. 43, liegt keine Betreuungsver fügung vor, so ist nach § 1897 Abs. 1 BGB das Vormund schaftsgericht zuständig, einen Betreuer zu bestellen. 100 Breitschmid/Reich, ZVW 2001, 150. 101 Rudolf/Bittler/Roth, 124 f. 102 Rixen/Reinecke, 6. 103 Ulsenheimer, § 132 Rz. 46; Wenzel, Kapitel 4 Rz. 519. 104 Geiser, 27; Kälin, ST 2008, 1050; Hotz, in: Jusletter 14. Februar 2011, Rz. 3 ff., die Vorsorgevollmacht findet sich in Art. 360 ZGB und Art. 35 OR. Vgl. dazu Schwen zer, § 42 Rz. 42.25; BSK-OR I Watter/Schneller, Art. 35 OR N 7, zu den postmortalen Vollmachten, sie finden z. B. u. a. in der Bankpraxis Verwendung; BSK-OR I Weber, Art. 405 OR N 11 ff., zu den trans- und post mortalen Aufträgen; Riemer, recht 1998, 21 f., zum Auftrag medizinische Eingriffe betreffend; vgl. nachfol gender Fall in Fn. 122. 105 Aufgrund allgemeiner intertemporalrechtlicher Ord nung (Art. 1 Abs. 2 SchlT ZGB) werden allerdings unter bisherigem Recht gültig errichtete Anordnungen auch unter neuem Recht weiterhin gültig bleiben; vgl. zu intertemporalrechtlichen Aspekten meinen Beitrag in Breitschmid, SJZ 2013, 251 ff. Und um jegliches Miss verständnis zu vermeiden: Die KESR-Novelle hat das OR nicht ausser Kraft gesetzt, und es können OR- und KESRInstrumente durchaus nebeneinander bestehen: s. dazu insb. Fountoulakis, BJM 2015, 189 ff., 203 ff. Ziff. D.II.2. 106 Breitschmid/Reich, ZVW 2001, 149 ff., zur Typologie der Vorsorgevollmachten; Breitschmid, ZVW 2003, 271 f. 107 Häfeli, FamPra.ch 2007, 5, von einer Befristung der Wirkungsdauer, wie sie Baumann vorschlug, wurde zu Recht abgesehen, weil dem etwas Zufälliges anhaftet; Baumann, ZVW 2005, 69, zur Befristung auf drei Jahre; Botschaft des Bundesrates zur Änderung des schweize rischen Zivilgesetzbuches (Erwachsenenschutz, Perso nenrecht und Kindsrecht) vom 28. Juni 2006, BBl 2006, 7001 ff., 7025 f. und 7031 f. (Gesetzesentwurf 7139 ff. sowie die definitive Fassung vom 19. Dezember 2008 im BBl 2009, 141 ff.). 108 Häfeli, FamPra.ch 2007, 4; Schwenzer, § 42 Rz. 42.25. 14 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 14 C. Terminologische Unschärfen als Indiz für ein noch zu stabilisierendes Instrument Wie auch immer die Bezeichnungen lauten: Allen Instrumenten zur «Fixierung» künftiger Behand Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 lungsanliegen gemeinsam ist, dass eben zukünftige, nicht genau umrissene, zwar befürchtete, aber eher verdrängte Themen angesprochen und Vorkehren für einen Fall getroffen werden, dessen in der biogra fischen Ferne liegenden weiteren Begleitumstände (biografische Lebensphase, dannzumalige Bezie hungsstruktur, wirtschaftliche Rahmenverhältnisse, nicht nur im privaten Rahmen, sondern auch bezo gen auf die Leistungsfähigkeit des Krankenversiche rungssystems, Stand der Behandlungsmethoden und ihrer jeweiligen Risiken usf.) realistisch eigentlich nicht absehbar sind. Etwas apodiktisch formuliert werden nicht delegationsfähige höchstpersönliche Entscheide zu einem noch nicht absehbaren The menbereich getroffen, es werden zukünftige und damit notwendig unbestimmte Sachverhalte gere gelt.109 Ob dies selbstbestimmt oder Selbstaufgabe sei (vgl. Art. 27 ZGB), hängt von den Umständen ab (objektiver, solider Informationsstand der Erklä rungsurheber; Tragweite der anstehenden Behand lung; Entwicklung der Rahmenbedingungen zwi schen der Meinungsbildung und Entscheidfindung sowie dem Zeitpunkt der Umsetzung). V. Die Probleme um Patienten verfügungen insbesondere Früher war der Begriff «Verfügung» im ZGB den letztwilligen Verfügungen (erbrechtlichen Inhalts, Art. 498 ZGB) vorbehalten, nämlich den Testamen ten (während eine vertragliche Anordnung auf den Todesfall – der Erbvertrag – eben gerade nicht letztwil lige Verfügung ist, sondern eine Bindung enthält).110 Die Patientenverfügung nach Art. 370 ff. ZGB ist ih rer Natur nach demgegenüber «Verfügung unter Lebenden».111 Vor Inkrafttreten des Erwachsenenschutzrechts bestimmten die einzelnen Kantone, ob und in wel cher Ausgestaltung sie die Patientenverfügung regel ten. Diese Regeln wurden mit Inkrafttreten der Kin des- und Erwachsenenschutznovelle per 1. Januar 109 Ohne dass hier auf Einzelheiten eingegangen werden könnte, sei auf die obligationenrechtliche Kontroverse um den (Grundlagen-)Irrtum über künftige Sachver halte hingewiesen; vgl. statt aller etwa Gauch/Schluep/ Schmid, 181 ff. 110 Druey, §§ 8–10, zu den Anordnungen von Todes wegen. 111 Zur Abgrenzung einer Verfügung von Todes wegen oder unter Lebenden vgl. BGer 5C.56/2005, 15. Juli 2005. Grundsätzlich hängt die Art eines Rechtsgeschäftes davon ab, ob der Nachlass betroffen ist oder die Wirkung des Geschäftes noch zu Lebzeiten eintreten soll; Wen zel, Kapitel 4 Rz. 517, zur Verfügung unter Lebenden; Breitschmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 23. Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 15 2013 hinfällig.112 Nach Art. 19 Abs. 2 ZGB kann ein urteilsfähiger Mensch über die eigene Heilbehand lung autonom entscheiden, unabhängig davon, ob er minderjährig oder umfassend verbeiständet ist. Entsprechend Art. 16 ZGB darf Urteilsfähigkeit vor ausgesetzt werden, sofern sich gegenteilige Anhalts punkte nicht aufdrängen oder zumindest relevanten Zweifel bewirken.113 Gemäss Art. 9 der Biomedizin konvention sind in der Vergangenheit geäusserte Anliegen einer Person zu beachten114 (auch dies al lerdings ein Satz, der – wird ihm unreflektiert nach gelebt – sich gegen die Person richten kann). Es ist nun allerdings nicht etwa so, dass die Pa tientenverfügung weniger wichtig wäre als ein Erb vertrag oder ein Testament, auch wenn sie andere Inhalte regelt; vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Unsicherheit, die im Umgang mit Patientenverfügungen bestand, dazu führte, dass diese lieber nicht beachtet wurden, als sich mit ihnen auseinanderzusetzen oder sie gar auf Bundesebene gesetzlich zu regeln. Es schien nicht unangenehm, hier einen gewissen Freiraum zu belassen und die Entwicklung der kantonalen Regelungen zu beob achten …115 Die diffuse Grundhaltung der betroffe nen Fachkreise spiegelt sich auch in der Bevölkerung wider. Eine Untersuchung auf einer chirurgischen Intensivabteilung am Universitätsspital in Zürich aus dem Jahre 2008 hatte ergeben, dass wohl nur 5% der Bevölkerung eine Patientenverfügung errichtet ha ben; von zwölf Medizinern, welche auf der Intensiv station tätig waren, gab die Mehrheit an, während ihres beruflichen Werdegangs nicht häufiger als zwei-, allenfalls dreimal auf eine solche von Kranken 112 § 31 Patientinnen- und Patientengesetz des Kantons Zü rich vom 5. April 2004 (LS 813.13), zur Patientenverfü gung. Auch an dieser Stelle sei ausdrücklich auf die medizinisch-ethische Richtlinie der SAMW zu Patien tenverfügungen (2009, aktualisiert 2012) hingewiesen, abrufbar unter: <http://www.samw.ch/de/Ethik/Richt linien/Aktuell-gueltige-Richtlinien.html> (letztmals abgerufen am 14. 11. 2015); Federspiel, 22; Breit schmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 22; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 147. 113 Steffen/Guillod, 362; Breitschmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 22. – Es versteht sich, dass Zweifel nicht leichthin durchschlagen dürfen, ohne schmerzlichen Autonomieverlust zu bewirken; letztlich sind die Auswirkungen zu bedenken und nicht einfach formale Abläufe abzuspulen. Spezifisch zur psychiatri schen Patientenverfügung vgl. unten Fn. 132. 114 Federspiel, 23; Übereinkommen vom 4. April 1997 zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Me dizin (Übereinkommen über Menschenrechte und Bio medizin, SR 0.810.2); vgl. nachfolgend Fn. 165. 115 Pfändler, plädoyer 2007, 31, zur Unsicherheit mit Pa tientenverfügungen sowie den verschiedenen kantona len Gesetzen. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 15 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 aufmerksam gemacht worden zu sein.116 Tod und Sterben werden in unseren Breitengraden tabuisiert. Darüber wird nicht gesprochen (oder wenn, dann eher «glaubensbezogen»), und der Ärzteschaft solls offensichtlich recht sein.117 – Es darf nun nicht diese zögerliche historische Entwicklung kritisiert werden, die ja durchaus in eine günstige Richtung gelaufen ist (und für den Weg dorthin einfach Zeit gebraucht hat). Nur führt uns diese Entwicklung noch nicht direkt ins «goldene Zeitalter» der «definitiven Prob lemlosigkeit»: (i) Der Fall von Terri Schiavo und ihr Tod 2005 machten auf der ganzen Welt Schlagzeilen und heiz ten die Debatte um die Patientenverfügung medial an. Die junge Frau hatte, an Bulimie erkrankt und aufgrund einer Hypokaliämie, einen Herzstillstand erlitten. Sie fiel in ein Wachkoma (apallisches Syn drom), aus welchem sie aufgrund ihrer schweren Hirnschädigung während fünfzehn Jahren bis zu ihrem Tode nicht mehr erwachte und künstlich mit einer PEG-Sonde am Leben erhalten werden muss te.118 Es folgte ein erbitterter Streit zwischen ihrem Ehemann, der meinte, ihren Willen zu respektieren, wenn die PEG-Sonde entfernt würde, und den Eltern Schiavos, die eher einer katholischen und konser vativen Haltung folgend der Meinung waren, es be stünde Aussicht auf Heilung, dem jedoch unzählige Fachleute widersprachen. Zwischen den Parteien entbrannte nachfolgend ein erbitterter Streit, der sämtliche Gerichte in Florida USA beschäftigen soll te und auch dazu führte, dass vor Ort die Gesetze geändert wurden. Terri Schiavo hatte nie eine schrift liche Patientenverfügung verfasst. Selbst der dama lige amerikanische Präsident George W. Bush hatte sich persönlich für die Anliegen der Eltern einge setzt. Terri Schiavo starb am 31. März 2005 nach Ent fernung der PEG-Sonde. Der oberste Gerichtshof in Florida hatte dies zugelassen. Die Leiche wurde auf Wunsch beider Parteien obduziert. Die Hirnmasse betrug noch rund die Hälfte eines klinisch gesunden Menschen. Auch war Terri Schiavo blind. Ein norma les Leben hätte sie nie mehr führen können.119 116 Meier, 5, 12 (Tab. 1) und 20; Breitschmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 31. Für weitere Informa tionen vgl. Marti Lukas M., Das Diagnose- und Be handlungsspektrum einer chirurgischen Notfallstation im Schwerpunktspital, untersucht am Spital Männe dorf, Diss., Zürich 2000. 117 Meier, 18. 118 Spiewak Martin, Künstliche Ernährung, Leben am Schlauch, DIE ZEIT vom 28. Mai 2009, Nr. 23, 39 f., zur Bedeutung der PEG-Sonde. 119 Zum vorliegenden Fall etwa: Eisenberg Jon B., The right vs. the right to die: lessons from the Terri Schiavo case and how to stop it from happening again, New York 2005/2006; Bockenheimer-Lucius, Ethik Med 2005, 85; Hess, 1039 ff., Ernähren und Hydrieren, sollte be 16 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 16 Der Fall von Terri Schiavo zeigt zweierlei: einer seits die Bedeutung einer Patientenverfügung im Angesicht des Todes; andererseits auch, wie schwierig es ist, nachträglich den mutmasslichen Willen eines urteilsunfähigen Menschen zu ermitteln, wenn die ser nicht schriftlich in einer Patientenverfügung festgehalten wurde.120 Dass es allerdings Fälle gibt, bei denen der Wille des Verfassers einer Patientenvoll macht missachtet wird, veranschaulicht nachfolgen der Fall:121 (ii) R. K., selber Anwalt und St. Galler CVP-Altna tionalrat, hatte mit Datum vom 24. Juli 2000 eine Patientenvollmacht handschriftlich erstellt.122 «Soll te ich meine persönlichen Interessen nicht mehr voll wahr nehmen können, ist Frau A. S. ermächtigt, für mich zu sorgen oder wenn sie das will, mich zu ihr zu nehmen. Die Vollmacht der persönlichen Interessenswahrung geht auch über meinen Tod hinaus (Grabwartung und Grabstein).»123 Bei A. S. handelte es sich um eine enge persönliche Vertraute bzw. die Freundin von R. K. Im Jahr 2002 erlitt R. K. eine Hirnblutung sowie einen Schlaganfall. Die Angehörigen wurden nach der Ver sorgung im Akutspital aufgefordert, ihren Vater nach Hause zu nehmen oder sich um einen Pflegeplatz zu 120 121 122 123 handelt werden oder nicht? Eine (nicht nur) philosophi sche Betrachtungsweise des Sterbeprozesses (der Autor ist Chefarzt für Innere Medizin an einem Bezirksspital in der Schweiz). Quaas/Zuck, § 68 Rz. 176. Hinzuweisen ist auch auf BGE 134 III 385, eine lebzeiti ge Vollmacht unter verschiedenen Familienfraktionen betreffend, welche eigentlich einem Vorsorgeauftrag im Sinne von Art. 360 ff. ZGB entsprochen hatte, die aber im Konfliktfall unter den Fraktionen keinen Bestand hatte (vgl. Breitschmid/Matt, Pflegerecht 2012, 223 ff.; Breitschmid, successio 2008, 16 ff.): Ergeben sich Interessenkonflikte, so vermögen sich «Schriftstü cke» nicht ohne Weiteres durchzusetzen; auch bei der «Zustimmungskaskade» Angehöriger nach Art. 378 ZGB dürften sich Kontroversen um die Beziehungsqualität in Einzelfällen nicht gänzlich vermeiden lassen. Das hinten in Fn. 129 zitierte Buch von Oswald zeigt auf (durchaus in gutem Sinne belletristisch), welchen Schwierigkeiten und (Beziehungs-)Wechselbädern das Angehörigenumfeld ausgesetzt ist – der gesetzgeberi sche Versuch, sozusagen statusähnlich Beziehungsqua lität messen zu können, kann nicht ohne Weiteres ein fach schematisch erfolgen (vgl. dazu die Übersicht bei Jungo Alexandra, Faktische Lebenspartner als Er ben – de lege ferenda, Successio 2016, ■■ ff., insb. II.F), und es wird in solchen Fällen nicht nur der Patient, sondern auch sein persönliches Umfeld in der Entschei dungsfähigkeit eingeschränkt sein. Bei der vorliegenden «Vollmacht» dürfte es sich um ei nen transmortalen Auftrag nach Art. 405 OR gehandelt haben, vgl. Fn. 104. Raos Bernhard, Patientenverfügung: Sein Wille ge schehe nicht, Beobachter 24 (2003), abrufbar unter: <http://www.beobachter.ch/familie/artikel/patienten verfuegung_sein-wille-geschehe-nicht> (letztmals ab gerufen am 14. 11. 2015). Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 kümmern. Frau A. S. wollte, wie in der Patientenvoll macht vorgesehen, R. K. zu sich nach Hause nehmen. Dagegen wehrte sich der Sohn von R. K., seinerseits auch Anwalt in der Kanzlei seines Vaters, welcher erst durch den Spitalaufenthalt von der Vollmacht er fuhr. Er war dafür, dem Vater einen Vormund zu be stellen und diesen in einem Alters- und Pflegeheim unterzubringen. Der Sohn versuchte mit allen ver fügbaren Mitteln, den Abtransport des Vaters aus dem Kantonsspital zu verhindern. Der Aufenthalt dort wurde, ohne medizinische Indikation, um gan ze sechs Monate verlängert. Zudem bediente sich K. Junior (fraglicher) privater Unterlagen aus dem privaten Besitz seines Vaters, mit denen er ans Ge richt gelangen und den Beweis erbringen wollte, bei Frau A. S. handle es sich um eine psychisch ange schlagene und damit für die Pflege eines hilfsbedürf tigen Menschen ungeeignete Person. Die Patienten vollmacht entspreche nicht dem Willen seines Vaters. Der Fall endete, wie es nach neuem Recht wohl kaum mehr vorkommen dürfte oder sollte: R. K. erhielt ei nen Beistand und wurde in einem St. Galler Pflege heim untergebracht. A. S. hatte demnach nichts mehr zu sagen.124 Sie zeigte den Sohn in der Folge wegen Verletzung der Berufsregeln bei der St. Galler Anwaltskammer an. Immerhin hatte dieser persön liche und vertrauliche Dokumente aus dem Anwalts dossier seines Vaters verwendet. Sie bekam zu einem späteren Zeitpunkt Recht. K. Junior hatte laut der Anwaltskammer gegen die berufliche Schweige pflicht verstossen. Gegen die Busse von 1000 Franken führte er jedoch erfolgreich Beschwerde. Offen blieb nachfolgend die Gültigkeit der Patientenvollmacht.125 Offen bleibt in solchen Fällen stets, ob allenfalls Anhaltspunkte für einen ursprünglichen Willens mangel bestehen (doch ist bei m. E. richtiger Betrach tung nicht jeder, der sich im Rahmen von Alters bekanntschaften und -beziehungen um andere kümmert, die er überlebt, ein Erbschleicher, auch wenn er sich möglicherweise diesem Vorwurf ausge setzt sehen mag) oder eine gänzlich inadäquate Lö sung resultiert (wobei Inadäquanz auch nicht schon deshalb zu bejahen ist, weil die verantwortliche Per son ihrerseits bereits älter und möglicherweise nicht mehr zu höchstpersönlicher Vornahme sämtlicher Handlungen befähigt ist, aber doch als natürliche 124 Raos Bernhard, Patientenverfügung: Sein Wille ge schehe nicht, Beobachter 24 (2003), abrufbar unter: <http://www.beobachter.ch/familie/artikel/patienten verfuegung_sein-wille-geschehe-nicht> (letztmals ab gerufen am 14. 11. 2015). 125 Raos Bernhard, Anwaltsgeheimnis: Patientenvoll macht ausgehebelt, Beobachter 16 (2004), abrufbar un ter: <http://www.beobachter.ch/familie/artikel/anwalts geheimnis_patientenvollmacht-ausgehebelt/> (letztmals abgerufen am 14. 11. 2015). Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 17 Ansprech- und Vertrauensperson noch ihre Funk tion hat). Es besteht Handlungsbedarf, keine Frage! Mit der Ordnung der Patientenverfügung hat der schweize rische Gesetzgeber einen ersten Schritt unternom men, doch dreht sich die Spirale weiter. (iii) So erweckt der Fall von Carine (43) aus Belgien Aufmerksamkeit:126 Eine Tötung auf Verlangen im Spital noch während der Rehabilitationsphase nach einem Schlaganfall mit Behinderungsfolgen; die Be sonderheit liegt darin, dass einerseits eine längere Rehabilitation offenbar durchaus Erfolg verspre chend gewesen wäre, vor allem aber auch, dass die Patientin ihre Organe gespendet hatte und diese un mittelbar nach der in Belgien (analog Niederlande) zulässigen «Euthanasie» (durch Natriumpentobarbi tal) im gleichen Operationssaal durch ein anderes Chirurgenteam entnommen wurden. «Man» tut sich mit dem Thema offensichtlich nicht nur deshalb schwer, weil es an der Grenzzone von Leben und Tod liegt, sondern auch, weil die Grenzen permanent «im Fluss» sind und Medien wie Politik das sensitive Thema pflegen: (iv) Im Falle von Eluana Englaro hatte sich letztlich der italienische Staatspräsident Napoletano geweigert, eine lebensidealisierend-populistische Notverord nung der Regierung Berlusconi zu unterzeichnen. Englaro starb nach siebzehn Jahren im Wachkoma am 9. Februar 2009 in Udine in einem Altersheim, nachdem sie mit einundzwanzig Jahren bei Glatteis mit ihrem Auto von der Strasse abgekommen war. Es war der Wunsch ihres Vaters, der vor Gericht ge kämpft hatte, dass Englaro sterben durfte und die künstliche Ernährung abgesetzt wurde. Denn auch Eluana Englaro hatte zwar den «Formularkram» nicht bedacht – mithin keine Patientenverfügung ausgefüllt –, gegenüber ihrem Vater vor ihrem Unfall aber klare mündliche Äusserungen gemacht, dass sie in einem solchen Zustand nicht am Leben erhalten werden wolle.127 Die tragischen und sich geradezu akzelerierenden Fälle zeigen einzig die Brisanz des Themas und die Wichtigkeit des Versuchs, mit gesetzlichen Regeln 126 Keller Martina, Carine, 43, lässt sich töten, DIE ZEIT Nr. 43/2011, 17–19, abrufbar unter: <http://www.zeit. de/2011/43/DOS-Euthanasie> (letztmals abgerufen am 14. 11. 2014). 127 Fall von Eluana Englaro, Informationen abrufbar unter: <http://www.bernerzeitung.ch/ausland/europa/Italie nischer-Vater-kaempft-fuer-Tod-der-Tochter/story/1450 0276>, sowie unter: <http://www.tagesanzeiger.ch/aus land/europa/Eluana-Englaro-darf-sterben/story/25066 432> und ebenso unter: <http://www.tagblatt.ch/ak tuell/international/tb-au/Attentat-auf-die-Verfassung; art120098,1257934> (sämtliche Links letztmals abge rufen am 14. 11. 2015); Guillod, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 35 ff. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 17 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 (Art. 374 Abs. 2 ZGB als «Lösung») das Phänomen der Patientenverfügung pragmatisch gesetzlich zu erfas sen. Geschieht dies auf Bundesebene, so kann es an gesichts des Umstands, dass es kaum eine kantonale Ethik geben kann, nur begrüsst werden. Zudem ist auch wichtig, die Bevölkerung, Spitäler, Ärzteschaft und das Pflegepersonal für dieses Thema zu sensibi lisieren, denn nur die gesetzliche Verankerung der Patientenverfügungen nützt nichts. Es gilt, sie «unter das Volk zu bringen». Auch in einem weiteren Schritt müssen medizinische Institutionen sowie qualifi ziertes Personal noch viel mehr auf dieses Thema und seine Bedeutung aufmerksam gemacht werden.128 Das bedingt allerdings in allererster Linie, Krankhei ten und Tod – insgesamt: die Schwächephasen der autonomen und individuellen Person – nicht zu ver drängen. Neben tragischen lassen sich nämlich denn auch weitere Beispiele eines bewussten, reflektierten Umgangs mit dem letztlich ganz einfach unver meidlichen Thema in unterschiedlicher Form aus machen:129 (v) Während Peter Noll seine Diagnose akzeptiert, mit ihr gelebt und sein Leben noch – in einem ganz wörtlichen Sinne – «ausgelebt» (bewusst noch genos sen, aber auch den Schmerz ausgehalten) hatte, hat te Heinrich Oswald, ganz Manager und Konzernleiter, auch sein «letztes Unternehmen» geplant. Die Schil derung aus seinem familiären Umfeld illustriert die Schwierigkeiten. Die beiden, unterschiedlichen «Sterbensentwürfe» waren für die jeweiligen Persönlichkeiten fraglos die richtigen «Lebensentwürfe» für ihre letzten Anlie gen; beide Fälle (und vor allem ihre literarische Auf bereitung) machen indes deutlich, dass je nachvoll ziehbare, individuelle, reflektierte Entscheide die Grundlage sind, weshalb beide Alternativen je über zeugen, aber deutlich unterstreichen, dass heutige Behandlungsoptionen nicht einfach mehr «Kom fort» bieten, sondern neue Anforderungen stellen. 128 Vgl. obige Fn. 116; Gutzwiller, AJP/PJA 2007, 556, zur Förderung des Selbstbestimmungsrechts; Roglmeier, ZErb 2009, 236 ff., in Deutschland ist die Patientenver fügung seit 2009 im Betreuungsrecht geregelt – ob und inwieweit allerdings Behandelnde zur Beratung von Patient/innen ausgebildet werden sollen, kann mit Fug diskutiert werden. 129 Noll Peter, Diktate über Sterben & Tod, Zürich 1984; Oswald Ueli, Abschied, Zürich 2009 (vgl. dazu NZZ vom 19. August 2009, Nr. 190, 53); man könnte auch noch den Satz von Ezekiel Emanuel (einem US-Medi zinethiker) in: Campus [Le magazine scientifique de l’Université de Genève] Nr. 123 Décembre 2015, 40 ff., 41, anfügen: «Mourir est une perte; vivre trop longtemps aussi»; s. dazu auch ders., Why I Hope to Die at 74, in: The Atlantic, October 2014 Issue, www.theatlantic.com/ magazine/archive/2014/10/why-i-hope-to-die-at-75/37 9329 . 18 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 18 VI. Die gesetzliche Ordnung der Patientenverfügung A. Inhalt Eine Patientenverfügung ist verbindlich, wenn man von ihr weiss (wofür sowohl von Patient wie Personal angemessen vorzusorgen ist) und soweit sie verständ lich ist; im Bereich der fürsorgerischen Unterbrin gung (mithin ausserhalb des somatischen, nämlich im psychiatrischen Kontext) ist die Patientenverfü gung lediglich «zu berücksichtigen». In beiden Fällen steht indes am Anfang der Autonomieanspruch von Patientin und Patient, der ganz einfach Respekt er fordert; dieser Respekt kann sich dann allerdings auch darin manifestieren, Anordnungen zwar als «roten Faden» zu verstehen, aber diese gegebenen falls doch durchzudenken, auszulegen und zu nuan cieren, um die Stossrichtung (zwar nicht zu drehen, aber doch) zu fokussieren. Das Anliegen fokussiert häufig130 auf Tod und Urteilsunfähigkeit hin mit A ngaben z. B. zur Ablehnung einer Heilbehandlung oder betreffend die Einnahme von Medikamenten (Schmerzmitteln), parenterale Ernährung (z. B. bei einem Subclavia-Katheter) oder künstliche Ernäh rung via PEG-Sonde, Intensivbehandlung wie z. B. die Intubation usw. Grundsätzlich darf der Inhalt der Verfügung frei bestimmt werden. Zudem sind Äusse rungen betreffend Untersuchungen zu Forschungs zwecken, eine allfällige Organspende oder eine Obduktion möglich. Behandlungswünsche können eingebracht werden bis hin zur Maximalbehand lung.131 Grundsätzlich gilt das Prinzip, dass eine «realistische» Patientenverfügung eine höhere Bin dungswirkung und eine höhere Umsetzungswahr scheinlichkeit hat.132 (Absolut bindender) Inhalt ei ner Patientenverfügung kann somit nur sein, was sich in einem rechtlich erlaubten und tatsächlich mög lichen Rahmen bewegt. Unmöglich kann von medi zinischem Personal (Ärzten oder Pflegepersonal) er wartet werden, dass sich dieses strafbar macht. Hier 130 Vgl. hierzu Fn. 92; Geth, Passive Sterbehilfe, 92 ff.; Geth, Patientenverfügung, 81 ff., zur Patientenverfü gung aus strafrechtlicher Sicht. 131 Rudolf/Bittler/Roth, 77 f.; Guillod, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 36 ff.; Zeug Katrin, Nicht gegen meinen Willen, DIE ZEIT vom 9. September 2010, Nr. 37, 38, wie die Patientenverfügung in der Psychiatrie ein gesetzt wird; Widmer Blum, 155 ff., zum Inhalt einer Patientenverfügung; Wittwer/Breitschmid, in: Jus letter 22. November 2010, Rz. 24. 132 Pfändler, plädoyer 2007, 32; Spiewak Martin, Künst liche Ernährung, Leben am Schlauch, DIE ZEIT vom 28. Mai 2009, Nr. 23, 39 f., zur inhaltlichen Bedeutung der Patientenverfügung; Wittwer/Breitschmid, in: Jusletter 22. November 2010, Rz. 24. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 sei z. B. auf aktive Sterbehilfe hingewiesen, welche in der Schweiz verboten ist.133 Zweifelhaft erscheint aber auch die Anweisung von Mitgliedern der Religionsgemeinschaft der Zeu gen Jehovas, welche mittels einer Patientenverfü gung Blutprodukte und -konserven ablehnen. Auch diese Fälle werden in den Medien recht grell beleuchtet:134 Entsprechend einem Entscheid des deutschen Bundesverfassungsgerichtes wurde trotz dem Vorhandensein einer Patientenverfügung eine Blutkonserve verabreicht. Der Ehegatte, welcher nicht der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas angehörte und die Bluttransfusion guthiess, wurde als Vormund der Kranken bestimmt.135 Ein anderer Fall einer Zeugin Jehovas, welche in einer Advance Directive136 schriftlich festgehalten hatte, dass sie Bluttransfusionen ablehne, beschäftigte 2003 den High Court. Die Zeugin Jehovas äusserte in der Klinik mündlich den Wunsch, nicht sterben zu wollen, er 133Vgl. Ulsenheimer, § 132 Rz. 42; Donatsch, 24 ff., zur aktiven Sterbehilfe (Art. 115 StGB); Brückner, 148; Dunger, 39; Petermann, Sterbehilfe, 169 ff., ethische Überlegungen zur Sterbehilfe; Wittwer/Breitschmid, in: Jusletter 22. November 2010, Rz. 24; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 128, 153 ff. und 170 ff., zu den Weisungen und dem Inhalt in einer Pat ientenverfügung sowie dem Abweichen von einer Pat ientenverfügung im Falle eines Verstosses gegen gesetzliche Vorschriften und einer nicht indizierten Behandlung, dem Zweifel am freien Willen und dem Widerspruch zum mutmasslichen Willen. 134 Z. B. «Mutter verweigert Blut und stirbt nach der Ge burt», Tages-Anzeiger vom 30. Juli 2005, 10; Breit schmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 27; vgl. McEwan Ian, Kindeswohl, Zürich 2015 (vorne Fn. 47). 135 Breitschmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 27; Deutsch/Spickhoff, 426 (Anm. 55); BVerG NJW 2002, 206; Dettmeyer, 220 f. (= OLG München, Urteil vom 31. Januar 2002 – 1 U 4705/98 – MedR 2003, 174); Röthel/Hesseler, FamRZ 2006, 530 f., auch wurde in den USA die Rechtmässigkeit einer Bluttransfusion durch den High Court bei einer Zeugin Jehovas bestä tigt, welche sich in einer Advance Directive zuerst schrift lich dagegen ausgesprochen hatte, ihre Aussage dann jedoch in der Klinik mündlich widerrief. Anzumerken ist, dass die Patientenverfügung in der Schweiz nach dem Erwachsenenschutzrecht nicht mündlich, sondern schriftlich widerrufen wird (vgl. Fn. 175). Vgl. hierzu Fn. 161, zur Ehegatten- oder Angehörigenvertretung. 136Die Advance Directive (vgl. hierzu auch die verbindliche Advance Decision) ist vom sogenannten Advance State ment (Living Will) zu unterscheiden: Barta/Kalch schmid, 48 f., zum Living Will in England als rechtsver bindliches Dokument sowie Loewy, 195 ff., zu den Advance Directives; a. A. Jonsen/Siegler/Winslade, 92, in den USA dient der Living Will als Auslegungshilfe, während die Advance Directive rechtlich verbindlich ist (auch natural death acts, sogenannte Vorschriften über den natürlichen Tod); g. A. zu England: Röthel/Hesse ler, FamRZ 2006, 529 ff., zu der Advance Decision und dem Living Will. Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 19 wähnte dabei aber die Advance Directive nicht.137 Es wäre allerdings wohl kein Haftungsgrund, wenn eine Klinik in unseren Breitengraden Gläubige mit ent sprechenden Patientenverfügungen nicht behan deln würde bzw. die Willensänderung nicht wahrge nommen würde; zudem wäre zu diskutieren, ob – wer seinerseits Blutspende verweigert – Blut empfangen darf.138 B. Form Während früher keine Formvorschriften für die Pa tientenverfügungen bestanden139 (und auch bis zum 31. Dezember 2012 altrechtlich-formlos errichtete mündliche – oder sogar nur konkludente – Patienten verfügungen Wirksamkeit entfalten konnten,140 gilt heute Schriftlichkeit; altrechtliche Patientenverfü gungen bestehen allerdings fort! Das Gesetz regelt allerdings nur die äusserliche Form – in der Sache gilt, dass die Patientenverfügung klar und präzise formu liert sein sollte.141 Eine offene Formulierung lässt den Ärzten den Spielraum, objektiv und nach ihrer an fachlichen Standards ausgerichteten eigenen Über zeugung zu handeln. Die Idee der Patientenverfü gung zielt allerdings darauf ab, möglichst genau den 137 Was als neuerer Wille Vorrang verdient hatte. – Zum Entscheid des High Court (HE v. a Hospital NHS Trust, 2003 2 FLR 408) s. Röthel/Hesseler, FamRZ 2006, 530; Wolley, Jehovah’s Witnesses in the emergency depart ment: what are their rights, Emerg Med J 2005; 22: 869–871 (www.emjonline.com); Meran et al., 29 ff., zu den Zeugen Jehovas sowie weiteren Fällen aus dem US-amerikanischen Gerichtsalltag. 138 Z. B. «Mutter verweigert Blut und stirbt nach der Ge burt», Tages-Anzeiger vom 30. Juli 2005; Fellmann, 116 (Anm. 87); eine Behandlungspflicht besteht nur (aber immerhin!) in Notfällen und damit für öffentliche Spi täler, welche behandlungsbedürftige Patienten auf nehmen müssen. Ob sich allerdings Privatärzte im Not fall gewissermassen «abwenden» dürften und nicht gleichermassen recht eigentlich spontan Nothilfe nach best practice leisten müssten, wäre sorgfältig zu beden ken – eine solche Behandlung ohne lange Abklärung nach einer Patientenverfügung («Behandlung vor Ad ministration») dürfte doch nach wie vor einem stan dardmässigen mitmenschlichen und fachlichen Reflex entsprechen und nicht vorwerfbar sein. Vgl. vorne bei und mit Fn. 105. 139 Ratzel/Luxenburger/Kaiser, HB-Med. Recht, § 3 Rz. 502 ff. und 519 f.; Quaas/Zuck, § 68 Rz. 176; Deutsch/Spickhoff, 440. 140 Ratzel/Luxenburger/Kaiser, HB-Med. Recht, § 3 Rz. 502 ff. und 519 f.; a. A. Schreiber, 496, Mündlichkeit genügt nicht; Rudolf/Bittler/Roth, 72, aus Beweis gründen braucht es Schriftlichkeit; Reusser, 22, der zu einem früheren Zeitpunkt mündlich geäusserte Wille eines Patienten wird einbezogen, falls es dafür Zeugen gibt. 141 Ratzel/Luxenburger/Kaiser, HB-Med. Recht, § 13 Rz. 520; Quaas/Zuck, § 68 Rz. 176; Wassem, 79 ff. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 19 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 subjektiven Willen des Hospitalisierten zum Ausdruck zu bringen und nicht denjenigen anderer Personen oder etwa des behandelnden Arztes,142 bzw. es wäre das explizite Commitment des Patienten erwünscht, inwiefern dem Behandlungsteam in Würdigung der konkreten Umstände ein Ermessen verbleiben soll (um z. B. neuere Entwicklungen zu berücksichtigen). Idealerweise sollte die Patientenverfügung regel mässig aktualisiert werden, doch kann zur Länge des Intervalls nicht sinnvoll eine allgemeine Aussage gemacht werden, da zu vieles von der gesundheitli chen Biografie des jeweiligen Patienten und der me dizinischen Entwicklung und weiteren exogenen Faktoren abhängt.143 Der Widerspruch, dass Juristen einen klaren, bindenden Willen in gesetzlicher Form wollen, während medizinisch Behandelnde eher die konkrete Situation in den Vordergrund stellen und situationsadäquat (aber selbstverständlich unter Würdigung einer bekannten Patientenverfügung) entscheiden würden, liegt etwas «in der Natur der Sache», nämlich der unterschiedlichen Perspektive der beiden Berufsfelder: Hier Willensdurchsetzung bezüglich des rechtlichen Konstrukts (nämlich des juristisch formulierten Behandlungswunsches), dort Willensdurchsetzung bezüglich der mutmasslichen Behandlungsbereitschaft nach best practice in einer gegebenen Situation. Unterschiedliche Wertungen im Rahmen der Auslegung144 sind damit program miert, aber Interdisziplinarität gebietet, diese verschie denen Wertungsperspektiven auszuhalten und auszuta rieren: Die beiden Perspektiven haben sich in Respekt zu begegnen, und es ist nicht eine vorrangig. C. Mängel Eine Patientenverfügung, welche nicht dem Willen ihres Verfassers entspricht bzw. eben nicht dem Pa tientenwillen, ist ungültig. Bestehen für Ärzte be gründete und berechtigte Zweifel, dass dem so ist, so dürfen sie sich von dieser distanzieren bzw. haben den Versuch anamnestischer Klärung der Gegeben 142 Meier, 20, ein Teil der Befragten aus der Ärzteschaft ist der Meinung, eine «offen formulierte Patientenverfü gung» lasse sich besser umsetzen als eine «differenziert formulierte Patientenverfügung»; Pfändler, plädoyer 2007, 32, ist ein Befürworter der differenzierten und präzisen Patientenverfügung. 143 Jox/Hessler/Borasio, Nervenarzt 2008, 733, sinnvoll für eine Aktualisierung wäre nach dieser Auffassung ein Zeitabstand von zwei Jahren; Ratzel/Luxenburger/ Kaiser, HB-Med. Recht, § 13 Rz. 521 ff.; Reusser, 26, nur in «regelmässigen Abständen». Die Gefahr besteht, dass die Erklärung jährlich mit der Steuererklärung ein zureichen ist, was deren «Beliebtheit» weiter steigern, aber Periodizität gewährleisten würde 144 S. dazu sogleich unter lit. d. 20 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 20 heiten zu unternehmen. Auch wenn eine Person zum Zeitpunkt der Abfassung der Patientenverfügung urteilsunfähig war, erlangt diese keine Gültigkeit mehr.145 Eine Patientenverfügung ist für Ärzte nicht bindend, wenn bei ihrer Abfassung der Patient von therapeutischen Massnahmen keine Kenntnis hatte oder haben konnte, weil es zum damaligen Zeitpunkt eine Behandlungsmethode z. B. noch nicht gab; ent sprechend des mutmasslichen Willens, hätte er, hät te er davon gewusst, möglicherweise anders entschie den.146 Und auch die an der Grenze der Urteilsfähig keit verfasste Patientenverfügung ist immerhin ein Indiz. Die Formvorschrift von Art. 371 ZGB hat mithin primär Ordnungs- und Beweisfunktion – weiterhin soll aber trotz heutiger gesetzlicher Form eine be kannte, unmissverständliche, der Situation entspre chende formmangelhafte Patientenverfügung beach tet werden. (Diese Meinung dürfte in der juristischen Doktrin klar die Minderheitsposition sein, doch besteht kein Anlass, für persönlichkeitsrechtliche An liegen in diesem Bereich quasitestamentliche Form vorschriften zu institutionalisieren, und ein Formu larvordruck – der zwar der einfachen Schriftform von Art. 13 OR genügt – ist unter Umständen weniger aussagekräftig.) Ein Problem stellen sogenannte «lucida intervalla» dar (die allerdings häufiger juristisch-dogmatisch diskutiert werden, als dass sie in der Praxis nachweis bar wären). Eine Person, welche unter einer fortge schrittenen Form einer Demenz leidet, wird kaum noch «lichte Momente» haben (wie etwa eine Remis sion), und es wäre natürlich auf ihre fassbaren Äusse rungen in einer solchen Phase nach Möglichkeit abzustellen (auch wenn die Formschwelle kaum erreicht sein dürfte: Es geht um die Wahrung des persönlichkeitsrechtlichen [Nicht-]Behandlungs wunsches).147 Allerdings wird man realistischerweise jenen Stimmen folgen müssen, die darauf hinweisen, dass im Falle einer wirklichen Demenz diese nicht einfach wie ein Nachttischlämpchen ein- und aus geknipst wird; aber da auch die Urteilsfähigkeit nicht einfach in ein Schwarz-Weiss-Schema eingefügt wer den kann, sondern das Absinken in den Nebel des 145 Rudolf/Bittler/Roth, 72 und 75; Baumgarten, 328; Arter, ST 2007, 660. – Die Regel lautet klar und schein bar eindeutig – indes: Wie verhält es sich mit der Ur teilsfähigkeit, insbesondere bezüglich Wahrnehmung höchstpersönlicher Belange? Vgl. die Relativierungen durch BGE 133 I 58, vorne Fn. 94. 146Vgl. Schreiber, 497. 147 Zur physischen und medikamentösen Ruhigstellung von Patienten, die sich alters- oder krankheitshalber in Pflege befinden, nach schweizerischem und italieni schem Recht, vgl. Bellonzi, in: Jusletter 16. August 2010, Rz. 1 ff. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 Vergessens graduell erfolgt, sind Schwankungen der Befindlichkeit selbst im Tagesverlauf zu beobachten und zu berücksichtigen und gegebenenfalls bezüg lich einzelner Vorkehren entsprechend konkret zu dokumentieren, womit dann durchaus noch ver wertbare Äusserungen – gegebenenfalls auch bloss «tatsächliche» Willensbekundungen – resultieren können.148 D. Bindungswirkung149 Betreffend die Bindungswirkung einer Patientenver fügung wurden unter dem früheren geltendem Recht unterschiedliche Ansichten vertreten.150 Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung gilt eine Patientenverfügung151 als bedeutsames Indiz bei der Bestimmung eines mutmasslichen Patientenwil lens.152 Eine andere Gruppe hingegen war der Ansicht, dass eine Patientenverfügung Bindungswirkung ha be.153 Ebenfalls wurde die Meinung vertreten, dass die Verfügung als nicht verbindlich zu betrachten sei, nämlich aufgrund unterschiedlicher Motive. Dem nach ist es denkbar, dass Patient/innen ihre Ansicht ändern, von dem Augenblick an gerechnet, an dem sie verfasst wurde, bis hin zu dem Tag, da die Patien tenverfügung Anwendung finden soll. Problematisch erscheint zudem, wenn sie durch ihren Verfasser 148 Müller, 140, in Analogie zur Testierfähigkeit bei der Errichtung eines Testaments im Zusammenhang mit luciden Intervallen; Mitaftsis, International Journal of Legal Medicine 1937, 128 f., lucide Intervalle aus ju ristischer und psychiatrischer Sicht; Petermann, Ur teilsfähigkeit, 44; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. Sep tember 2014, Rz. 129 ff. sowie Sprecher, FamPra 2011, 280, zur kasuellen (vorübergehenden) sowie habituellen (andauernden) Urteilsunfähigkeit, und Breitschmid, ■■■UF / BSK. 149 Mit Hinweisen: Breitschmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2014, Rz. 30. 150 Ulsenheimer, § 132 Rz. 39. 151 Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 165 ff., zur Auslegung der Patientenverfügung nach dem Willensprinzip. 152 Rudolf/Bittler/Roth, 75 f.; Seelmann, SAeZ 2006, 101; Haas, 321; Reusser, 188 ff.; Manaï, 214; Deutsch/ Spickhoff, 440; Niethammer, 131 f.; Hoppler-Wyss, 465; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 132 ff. sowie Höfling/Schäfer, 83 (Tbl. 15), zu den Kriterien zur Ermittlung des mutmasslichen Willens. 153 Rudolf/Bittler/Roth, 75 ff.; Seelmann, SAeZ 2006, 101; Baumgarten, 328; Pfändler, plädoyer 2007, 31; Baumann-Hölzle/Strebel, 337; Gächter/Vollen weider, § 7 Rz. 608 ff.; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 162 vertritt die Ansicht, dass Art. 372 Abs. 2 ZGB, welcher besagt, dass der Arzt oder die Ärztin einer Patientenverfügung zu entsprechen hat, sich nicht nur auf den Arzt oder die Ärztin beschränkt, sondern auch auf die weiteren Personen des Behand lungsteams. Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 21 nicht mehr aktualisiert wurde.154 Der BGH vertritt die Meinung, dass die «Patientenverfügung als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechtes» Bin dungswirkung erzielt.155 Die Lösung gewisser theore tischer Widersprüchlichkeiten der vertretenen Posi tionen liegt unvermeidlich in der (unvermeidlichen!) Auslegung der jeweiligen Patientenwünsche:156 Realis tisch ist von einem Spektrum von blossem «Wunsch» bis zur unwiderruflichen «Bindung» auszugehen, wobei die Äusserungen von Laien sowohl in ihrer sprachlichen «Intensität» wie auch in der Bedeutung einigermassen alltäglicher Begriffe (und ohnehin von Fachbegriffen) durchaus missverständlich sein kön nen, auch wenn selbstverständlich der Wortlaut der Ausgangspunkt ist. Eine gewisse Ermessensbandbrei te gilt m. E. selbst (und gerade) dort, wo der Patient «Formulare» verwendet, da nicht zwingend Überein stimmung zwischen der Meinung des Formularverfassers und dem Verständnis des Formularverwenders bestehen muss; wo allerdings ein Vereinsmitglied ein vom Ver ein abgegebenes Formular verwendet, besteht natür lich ein sozusagen zwingender Anhaltspunkt (jeden falls dann, wenn die Vereinsmitgliedschaft nicht einfach pro forma für einige Stunden bestanden hat te), dass sich der Patient mit dem Inhalt weit intensi ver befasst hat (und identifiziert), als dort, wo Vorla gen aus Broschüren und Internet unter Umständen eher zufällig verwendet werden. E. Widerruf Unabhängig davon, welcher Form die Patientenver fügung unterliegt,157 kann sie bei Urteilsfähigkeit jederzeit widerrufen werden, richtigerweise in rechts genüglicher Errichtungsform, indes durchaus auch (beweisbar) mündlich (vgl. die ratio des mündlichen 154 BGH 17. 3. 2003, XII ZB 2/03; s. Rudolf/Bittler/Roth, 75; Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 163 f. fügt an, dass eine Patientenverfügung dahin gehend problematisch sein könnte, da sie in einer ge wissen Weise Art. 9 des Übereinkommens über Men schenrechte und Biomedizin widerspricht. Weiter ist fragwürdig, ob der Patient bei Erstellung der Verfügung fähig war, die vorherrschende Behandlungssituation zu antizipieren. In der medizinischen Praxis stösst die Verfügung zudem eher auf Ablehnung; Haas, 321, spricht der Patientenverfügung die absolute Bindungs wirkung ab. 155 Rudolf/Bittler/Roth, 75 ff., insbesondere 78; AebiMüller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 137 f., zu den Besonderheiten bei Dringlichkeit einer medizini schen Massnahme. 156 Ohne dass das hier vertieft werden könnte, sei an die Kontroverse um die Auslegung erbrechtlicher (testa mentarischer) Anordnungen erinnert: Vgl. mit weiteren Hinweisen BSK ZGB II-Breitschmid, Art. 469 N 22 ff. 157 Vgl. Anm. 140. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 21 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 Nottestaments, Art. 506 ZGB mutatis mutandis).158 Grundsätzlich ist dies aber auch möglich durch Ver nichtung oder Aktualisierung (Art. 509 ff. ZGB). Ohne Widerruf ist eine Patientenverfügung vermu tungsweise so lange als gültig zu betrachten, als sich nicht durch exogene Faktoren eine clausula rebus sic stantibus-Situation ergeben hat. Als ausreichend kön nen auch Gesten wie Augenzwinkern gegenüber dem Pflegepersonal oder den Ärzten betrachtet werden, wenn Patienten nicht mehr sprechen können, weil sie z. B. an einer Broca-Aphasie159 leiden, aber durch Kopfnicken sich durchaus ausdrücken können.160 F. Zwischenergebnis Individueller Befindlichkeit kann nur durch situatives Eingehen auf das Individuum in seiner jeweiligen konkreten individuellen Befindlichkeit wirklich ent sprochen werden. «Formulare» vermitteln da manch mal unter Umständen nur missverständliche An haltspunkte. Das ist nicht gegen Formulare, aber gegen die Verabsolutierung einer fast «heiligen For mularphilie» gerichtet. Selbst nicht mehr im juristi schen Sinne Urteilsfähige können noch – ähnlich Kleinstkindern – rein körperlich ihr Befinden signa lisieren, und Mitmenschlichkeit gebietet, nicht einfach formularmässig, sondern empfindsam vorzugehen. Man wird sich dabei auch hüten müssen, allzu apodiktisch die Urteilsfähigkeit für den Zeitpunkt der Abfassung der Patientenverfügung zu bejahen bzw. den Zustand im Zeitpunkt der Umsetzung der Pa tientenverfügung dem Bereich der Urteilsunfähig keit zuzuordnen: Die Übergänge sind bekanntlich fliessend,161 die Urteilsfähigkeit ist relativ, und mög 158 Im Falle, dass der Patient die Patientenverfügung form los widerruft, besteht die Gefahr, dass der behandelnde Arzt nicht in Kenntnis gesetzt wird oder diesen Wider ruf aufgrund der Beweislast nicht respektieren kann (vgl. Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 157; s. ferner vorne Fn. 138 m. Hw.). 159 Bei der Broca-Aphasie bleibt, im Gegensatz zur Werni cke-Aphasie, das Sprachverständnis relativ gut erhalten, aber häufig fehlt der Wortschatz, und es kommt zu Wortfindungsstörungen (auch Telegrammstil). Bei der Wernicke-Aphasie ist es umgekehrt. Diese Patienten haben keine Mühe mit Sprechen, reden aber häufig ohne Zusammenhang, abrufbar unter: <http://www. ims.uni-stuttgart.de/phonetik/joerg/sgtutorial/broca. html> (letztmals abgerufen am 14. 11. 2015); Kerschen steiner et al., Journal of Neurology 2004, 223 ff., zur Broca-Aphasie. 160 Rudolf/Bittler/Roth, 75; Ulsenheimer, § 132 Rz. 41. 161 Im erbrechtlichen Zusammenhang (bzgl. Testierfähig keit) hatte ich dies mit dem Titel «Die Urteilsunfähigkeit des Urteilsfähigen und die Urteilsfähigkeit des Urteils unfähigen – Thesen zur Urteilsfähigkeit aus rechtlicher Sicht» (vgl. Breitschmid, Thesen) zu umreissen ver sucht: Es besteht die Gefahr, Urteilsfähige mit Blick auf 22 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 22 licherweise fehlt zwar die Urteilsfähigkeit, um zu komplexen Behandlungsalternativen einen informed consent zu erteilen oder zu verweigern, aber der Pa tient vermag noch klar zu erkennen geben, dass er auf gewisse Linderung hofft, oder zu signalisieren, dass er sich konkreten Behandlungsschritten entzie hen möchte. Selbstverständlich sind Patientenverfügungen ernst zu nehmen – es geht hier um eine wichtige und zentrale Errungenschaft des neuen Rechts. Aber das neue Recht will Autonomie und Individualität för dern und nicht systematisierter, billiger Formular frömmigkeit huldigen, weshalb «Formulare» selbst verständlich uneingeschränkt ernst zu nehmen sind, ebenso aber die «ausserformularmässigen» Anhalts punkte in den jeweiligen Behandlungsphasen. Man hatte sich möglicherweise vom «neuen Recht» die Lösung aller Probleme erhofft; indes macht die dif ferenzierende Ordnung nur Sinn, wenn nun nicht statt dominanten ärztlichen Paternalismus die Ver sklavung und Behaftung auf früheren «autonomen» Äusserungen zu pauschaliert-formularkonformer (Nicht-)Behandlung folgt.162 Man muss sich bewusst sein und bleiben, dass die Suche nach dem effektiven persönlichen Willen und das Abwägen der medizi nischen Optionen und der technischen und finan ziellen Möglichkeiten im Behandlungszeitpunkt eher selten zu einer eindeutigen, «berechenbaren» Lösung führt, sondern dass oft ein Spektrum von Lö sungen resultieren wird, und die konkrete Behand lung unter Berücksichtigung breiterer Entscheidkri terien abgewogen werden muss. Das ist mit nicht unbeträchtlichem Aufwand und Engagement ver bunden – DRG fördert indes nicht das Denken und Abwägen, sondern das Abarbeiten von punkterele vanten Formularkatalogen und Checklists. G. Exkurs: der nicht (mehr) entscheidungsfähige Patient Wird der Titel des Beitrags zum Untertitel eines Ex kurses, zeigt sich, dass die Fragestellung in einen brei kaum Prognostizierbares und Belastendes zu überfor dern, und Urteilsunfähige bezüglich emotional durch aus erfassbarer Belange durch eine allzu sachliche Betrachtung zu ignorieren. Skeptisch gegenüber der Wahrung von Autonomie durch Angehörige m. E. zu Recht auch Lipp/Brauer, 226 f.: «Die Beteiligung von Familienangehörigen am Entscheidungsfindungspro zess dient der Absicherung der Autonomie des Einzel nen. Warum aber gerade Familienangehörige als Garan ten für die Autonomie des Betroffenen fungieren bzw. fungieren sollen, ist bis jetzt nicht beantwortet.» 162 Vgl. dazu nun Bobbert Monika, Patientenverfügung zwischen Antizipation, Selbstbestimmung und Selbst diskriminierung, in: Jusletter 25. Januar 2016. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 tern Kontext einzubetten war. Hauptanwendungsfall eines nicht entscheidungsfähigen Patienten ist wohl (nur), wer als Patient in einem Zustand in ein Spital eingeliefert wird, in dem er nicht mehr ansprechbar oder fähig ist, in eine Behandlung einzuwilligen (Un fall bzw. entsprechende unfallbedingte Verletzun gen, Koma, Verwirrtheit, Bewusstlosigkeit, Schock zustand, psychische Ausnahmezustände usw.):163 Wie kann das Recht auf Selbstbestimmung beim urteilsunfähigen Patienten gewährleistet werden? In der Schweiz muss der Patient von seinem Arzt einer seits über eine Heilbehandlung hinreichend auf geklärt werden, in einem weiteren Schritt ist seine Einwilligung nötig, damit der Mediziner ihn behan deln darf. An die Stelle des so gebildeten «informed consent»164 treten bei Behandlungsbedürftigkeit trotz Urteilsunfähigkeit sogenannte «Willenssurrogate», nämlich:165 −− Eine Möglichkeit bieten erwachsenenschutzrechtli che Massnahmen. Ein Beistand oder Angehörige haben zu entscheiden, je nachdem ob eine kon fliktuelle (Art. 373 und 376 ZGB) oder eine zwi schenmenschlich unproblematische Situation mit Beistandsleistung besteht (Art. 377 ff. ZGB). Ne benbei: Wie ist im Einzelfall diese Differenzierung in Patchwork- und beziehungsmässigen «Über gangsstadien» zu treffen?166 −− Weiter denkbar ist das Handeln aufgrund des mut masslichen Willens des Patienten (Art. 372 und Art. 377 ZGB). Bei einem urteilsunfähigen Men 163 Marti, 1 ff., zum Behandlungsspektrum einer chirur gischen Notfallstation in der Schweiz. 164 Roggo, 76; Schnell, 23 f.; Ritzenthaler-Spielmann, Therapeutische Umschau 2009, 585; Baumann-Hölz le, 73. 165 Zu den einzelnen nachfolgenden Willenssurrogaten: Seelmann, SAeZ 2006, 101; Schweizerische Akademie medizinischer Wissenschaften SAMW, Medizinischethische Richtlinie der SAMW zum Recht der Patientin nen und Patienten auf Selbstbestimmung (2005, jedoch zurückgezogen durch den Senat am 29. 11. 2012), v. a. zu 2: Nicht urteilsfähiger Patient. Am 1. November 2008 trat für die Schweiz die Biomedizinkonvention in Kraft. In Art. 6 wird dabei der Schutz einwilligungsunfähiger Personen vorgesehen. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. a des Bun desbeschlusses über die Genehmigung des Überein kommens über Menschenrechte und Biomedizin vom 20. März 2008 (AS 2008, 5125) wurde zu Art. 6 Abs. 3 der Biomedizinkonvention ein Vorbehalt angebracht und auf die kantonale Gesetzgebung verwiesen; Ber ger/Haarhoff, 140, grundsätzlich sind Art. 5–9 der Biomedizinkonvention von grosser Bedeutung. Nach Art. 5 der Konvention ist die Einwilligung des Patienten unverzichtbar. Gemäss Art. 9 ist eine Patientenverfü gung eines von einem Arzt aufgeklärten Patienten gül tig; vgl. auch Federspiel, 23; Steffen/Guillod, 351 ff. und 359 ff., ein Landesbericht aus der Schweiz zur Bio medizinkonvention. 166 S. die ebenfalls skeptischen Hinweise in Fn. 161 und 162. Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 23 schen stellt sich die Frage, was er bei vollem Be wusstsein gewollt hätte. Die Patientenverfügung gilt je nach Lehrmeinung als ein wichtiges Indiz für den mutmasslichen Willen eines Patienten – diesen zu ermitteln ist Teil des (fremd)anamnesti schen Vorgehens im sozialen Umfeld. −− Zuletzt stellt sich die Frage nach dem objektiven Interesse eines Patienten. Es gilt, sich an einem «objektivierten Menschenwohl» zu orientieren, das natürlich gleichermassen diffus bleibt wie das bekanntere Kindeswohl (Art. 301 Abs. 1 ZGB).167 Zu erinnern ist auch an das Abwehrrecht jedes Men schen. Er darf eine Erkrankung so leben, wie er es gerne möchte. Patienten dürfen auch eine Behand lung ablehnen,168 was indes im Falle (somatischer) dringlicher Behandlungsbedürftigkeit oft zum Vorn herein ausscheiden dürfte. Realistisch gesprochen könnte man hier – wenn auch vielleicht etwas über spitzt – durchaus von einer somatischen Zwangsbe handlung sprechen; die Absicht hinter dieser Formu lierung ist keinesfalls, diese lege artis durchgeführte somatische Zwangsbehandlung zu stigmatisieren, sondern die (typischerweise im psychiatrischen Be reich stigmatisierte) Zwangsbehandlung insoweit zu entstigmatisieren (s. dazu im übrigen unten lit. H), als ein strikt patientenzentriertes Vorgehen unter gewissen, restriktiven Voraussetzungen durchaus ein mitmenschliches und damit medizinisch-ethisches Gebot sein kann – weniger der motivierende Zwang als die mangelnde (auch empathische) Qualität der gegen den vordergründigen Willen von Patien ten vorgenommenen Behandlungsschritte irritiert, denn grundsätzlich tendiert der Mensch zu einem Zu stand der Gesundheit, sofern er sich nicht gegen das Ende seiner Lebensspanne hin zum Tode hingezogen fühlt. H. Zusammenfassend: Was gilt wirklich unter dem Erwachsenenschutzrecht?169 Bundesrechtlich ist es möglich, verbindlich medizi nische Behandlungs- oder Nichtbehandlungsanord nungen zu treffen und einer natürlichen Person ein Vertretungsrecht einzuräumen, welche befugt ist, den Kranken bei vorliegender Urteilsunfähigkeit 167Vgl. Aebi-Müller, in: Jusletter 22. September 2014, Rz. 136, zu den objektiven Interessen des Patienten im Einzelnen. 168 Albers, MedR 2007, 140. 169 Vgl. die einschlägigen Kommentare zu Art. 370 ff. ZGB. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 23 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 nach aussen hin zu vertreten und medizinische Massnahmen anzuordnen (Art. 370 ff. und 372 ZGB).170 Ebenfalls gibt es als Möglichkeit den Eintrag der Patientenverfügung in der Karte des Krankenver sicherers (Art. 371 Abs. 2 ZGB).171 Verfasser tragen selbst die Verantwortung, wie die Ärzteschaft und das Pflegefachpersonal von der Patientenverfügung Kenntnis erlangen, z. B. indem der Aufbewahrungs ort auf der Karte eingetragen wird. Auch urteilsfähi ge Minderjährige können eine Patientenverfügung gültig verfassen, denn die Handlungsfähigkeit ist keine Voraussetzung, einzig die Urteilsfähigkeit.172 Der Inhalt der Verfügung hat sich im gesetzlichen Rahmen zu bewegen.173 Gemäss dem Erwachsenenschutzrecht ist die Pa tientenverfügung schriftlich zu errichten, mit dem aktuellen Datum zu versehen und von der Verfasse rin bzw. vom Verfasser zu unterzeichnen (Art. 371 ZGB).174 Für den Widerruf ist ebenfalls die Schrift lichkeit vorgesehen. Dieser ist jederzeit möglich. Grundsätzlich gelten analog die Bestimmungen des Vorsorgeauftrages,175 doch bleibt zu bedenken, was soeben unter lit. B ausgeführt worden ist. Bestehen Hinweise, dass die Anliegen nicht be rücksichtigt werden (können), so kann die mit der Vertretung in medizinischen Angelegenheiten be traute Person die Erwachsenenschutzbehörde ein schalten (Art. 373 und 368 ZGB).176 Diese hat jedoch keine Möglichkeit, in einem wie oben beschriebenen Fall der Zeugen Jehovas einzuschreiten, wenn der Ehegatte einer Blutübertragung im «objektiven Inte resse des Patienten» zugestimmt hat. Damit dürfte 170 Pfändler, plädoyer 2007, 31; Affolter, AJP/PJA 2006, 1061; Haas, 126; Häfeli, FamPra.ch 2007, 5; Minger, ZKE 2010, 21 ff., zur Haftung der Erwachsenenschutz organe im Erwachsenenschutzrecht. 171 Fankhauser, BJM 2010, 251. 172 Botschaft des Bundesrates zur Änderung des schweize rischen Zivilgesetzbuches (Erwachsenenschutz, Perso nenrecht und Kindsrecht) vom 28. Juni 2006, BBl 2006, 7001 ff., 7031 f. (Gesetzesentwurf 7139 ff. sowie die de finitive Fassung vom 19. Dezember 2008 in BBl 2009, 141 ff.); vgl. auch Fn. 107. 173 Vgl. Medizinisch-ethische Richtlinie der SAMW zu Pa tientenverfügungen (2009, aktualisiert 2012), 7, abruf bar unter: <http://www.samw.ch/de/Ethik/Richtlinien/ Aktuell-gueltige-Richtlinien.html> (letztmals abgeru fen am 14. 11. 2015). 174 Häfeli, FamPra.ch 2007, 5; Jossen, 194. 175 Arter, ST 2007, 558 ff.; Affolter, AJP/PJA 2006, 1060 f. 176 Botschaft des Bundesrates zur Änderung des schweize rischen Zivilgesetzbuches (Erwachsenenschutz, Perso nenrecht und Kindsrecht) vom 28. Juni 2006, BBl 2006, 7001 ff., 7031 (Gesetzesentwurf, 7139 ff., sowie die de finitive Fassung vom 19. Dezember 2008 in BBl 2009, 141 ff.); Breitschmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 27. 24 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 24 wohl dem mutmasslichen Willen des Patienten nicht entsprochen werden.177 Die Patientenverfügung ist bei einem urteilsunfä higen psychisch Kranken, der sich mittels einer fürsor gerischen Unterbringung in einer Einrichtung befindet (Art. 433 und 435 ZGB) im Rahmen des Erwachse nenschutzrechts zwar nur wenn möglich zu beach ten («zu berücksichtigen». Art. 433 Abs. 3 ZGB) und in den Behandlungsplan zu integrieren. Prinzipiell muss die Verfügung nicht zwingend berücksichtigt werden. Demnach ist sie in einer Notfallsituation von untergeordneter Bedeutung (Art. 379 ZGB),178 doch muss es Ziel jedes Behandlungsplans (Art. 433 ZGB) sein, sich anbahnende Notfallsituationen möglichst frühzeitig zu erkennen und dadurch zu vermeiden oder zumindest abzufedern. Die Ausnahmeklausel ändert nichts daran, dass der Autonomievorrang grundsätzlich eine Tendenz zur Orientierung an der Patientenverfügung gebietet. I. Rechtsvergleichender Flash: das österreichische Patienten verfügungsgesetz Das Patientenverfügungsgesetz (PatVG) trat am 1. Juni 2006 in Österreich in Kraft mit dem Ziel, mehr Transparenz für den Arzt und den Patienten zu errei chen. Ebenso wurde die Patientenverfügung durch das Gesetz als für das medizinische Personal verbind lich erklärt.179 Die österreichische Patientenverfügung hat nach dem PatVG die Schriftform einzuhalten. Aus ihr muss hervorgehen, dass der Verfasser die Folgen des 177 Geth/Mona, ZSR 2009, 178; vgl. Anm. 135, zu den Zeu gen Jehovas. – Auch einem Exponenten einer Religions gemeinschaft dürfte die Aktivlegitimation abgehen, um die zuständige KESB zu einem Einschreiten gegen die Anliegen des vertrauten sozialen Umfelds zu bewegen, da nicht nur Patientenverfügungen, sondern auch reli giöse Bekenntnisse abänderbar sind. 178 Affolter, AJP/PJA 2006, 1066; Affolter, plädoyer 2007, 23; Botschaft des Bundesrates zur Änderung des schweizerischen Zivilgesetzbuches (Erwachsenen schutz, Personenrecht und Kindsrecht) vom 28. Juni 2006, BBl 2006, 7001 ff., 7034 (Gesetzesentwurf 7139 ff. sowie die definitive Fassung vom 19. Dezember 2008 in BBl 2009, 141 ff.); Breitschmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 28; CHK-Breitschmid/Matt/ Pfannkuchen-Heeb, Art. 433 ZGB N 4 und Art. 434 ZGB N 4. Massgebend sind auch die SAMW-Richtlinien zu «Zwangsmassnahmen in der Medizin», Fassung vom 19. November 2015. 179 Das österreichische Patientenverfügungsgesetz ist ab rufbar unter: <http://www.ris.bka.gv.at> (letztmals ab gerufen am 12. 11. 2015). Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 Inhaltes abschätzen konnte und sich in der Zwi schenzeit nicht davon distanziert hat (§ 4 PatVG). Eine weitere Voraussetzung ist, dass ein ärztliches Testat beiliegen muss, welches bestätigt, dass der Autor der Patientenverfügung bei ihrer Erstellung einsichts- und urteilsfähig war sowie dass er durch den Arzt aufgeklärt wurde (§ 5 PatVG). Weiter wird die Errichtung der Patientenverfügung vor einem Rechtsanwalt, Notar oder Juristen verlangt (§ 6 PatVG). Sie ist maximal fünf Jahre gültig und muss danach aktualisiert werden (§ 7 PatVG).180 Durch die se eher strengen Formvorschriften wird einem Arzt praktisch keine Möglichkeit mehr geboten, vom «vorgegebenen» Patientenwillen abzuweichen. Ein Spielraum ist hier kaum mehr möglich. Formale Gül tigkeitserfordernisse schränken zudem die Willens umsetzung ein: So kann z. B. ein ärztliches Testat (wird an diesem Erfordernis festgehalten, das unter gewissen Umständen sinnvoll sein kann) auch nach träglich beigebracht werden. Zum österreichischen Patientenverfügungsgesetz sind mithin kritische Bemerkungen anzubringen.181 Ob die Patientenverfügung in einem selbstständigen Gesetz geregelt werden soll, scheint Ermessensfrage, erschwert aber den Überblick über die gesetzliche Ordnung und deren Kohärenz. Schriftform und die beschränkte Gültigkeitsdauer von fünf Jahren sind mit unserer Patientenverfügung vergleichbar. Was den Beobachter wohl eher stutzig machen dürfte, sind die strengen Formvorschriften, vom Testat des Arztes bis hin zur «öffentlichen Beurkundung». Was damit bewiesen und erreicht werden soll, ist zweifel haft und der Nutzen fraglich. J. Fazit Grundsätzlich wurde durch das Institut der Patien tenverfügung den verschiedenen Lehrmeinungen über die Bindungswirkung der Patientenverfügung (weitgehend …) ein Ende gesetzt. Gewisse Unschär fen und «Grauschleier» verschwinden allerdings nicht von heute auf morgen durch Federstrich des Gesetzgebers. Es soll mit dem Gesetz auf Bundesebe ne für das medizinische Personal und all jene, die mit der Patientenverfügung zu tun haben und sich mit ihr beschäftigen, mehr Transparenz und Sicherheit geschaffen werden. Nach wie vor sind aber Krankheit und Tod von gewissen Irrationalitäten umgeben und ein Ausnahmezustand im Leben. Dieses Problem lässt sich mit keinem Gesetz lösen und dürfte weiter 180 Bachinger, 97 ff. und 102. 181 Bachinger, 97 ff. Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 25 hin Diskussionen um die «Verbindlichkeit» nach sich ziehen.182 Die Erwähnung der Patientenverfügung auf der Versichertenkarte erscheint als logischer Schachzug und auch sinnvoll. Denn beim Eintritt in eine Insti tution nach Wahl soll diese Information ja auch den betreffenden betreuenden und behandelnden Perso nen zur Verfügung stehen, ansonsten die Patienten verfügung wenig Sinn ergibt. Über den Weg, wie dieser Datenaustausch erfolgt, mag gestritten wer den. Entscheidend ist, dass die Information fliesst, aber auch das Bewusstsein für eine mögliche Entwick lung des persönlichen Meinungsstandes des Patien ten erhalten bleibt. Dass der Inhalt der Patientenverfügung frei gestal tet werden kann, ist so lange zweckmässig, als die gewünschten medizinischen Massnahmen realis tisch ausgestaltet sind und «Bodenhaftung» aufwei sen. Nicht erfüllbar werden künftig wohl mit «Hotel leriewünschen» ausgestaltete Patientenverfügungen sein, oder solche, die einfach an unrealistische Er wartungen geknüpft sind. Wo die Grenzen zu ziehen sind, muss die weitere Entwicklung von Möglichkei ten und Kosten zeigen. Ebenso kann die freie Gestal tung des Lebens und Sterbens durch die Patienten verfügung in der besonderen Situation der Unfreiheit eingeschränkt sein. Das Thema ist im Zusammen hang mit den Fällen des Babyquälers René Osterwal der183 und des Hanfbauers Rappaz breit diskutiert worden, liegt aber ausserhalb des vorliegenden Bei trags. Es ist allerdings festzustellen, dass die Mühsal des Strafvollzugs auf die freie Willensbildung in einer Art Einfluss nimmt, die auch aus grund- und zivil rechtlicher Betrachtungsweise Zweifel an der Urteils fähigkeit nicht unbegründet erscheinen lässt.184 Schon Osterwalder hatte sich auf die SAMWRichtlinien berufen.185 Zwar besteht unter straf(voll zugs)rechtlichen Gesichtspunkten sowie nach Art. 3 EMRK keine Pflicht zur Zwangsernährung eines schuld- sowie urteilsfähigen Menschen,186 doch bleibt die Entwicklung der Urteilsfähigkeit im Ver 182 Dreyer/Stadt Zürich/Altersheime (Hrsg.), 21 ff., ob der Mensch in besagter Situation nicht anders reagiert als er zuvor dachte?; Gächter/Büchler, 107 ff., der ster bende Patient; Näf, Krankenpflege 2011, 13. 183 Der Fall von Osterwalder findet sich auch in: Breit schmid/Wittwer, in: Jusletter 31. Januar 2011, Rz. 52 f. 184 Vgl. dazu den Beitrag Breitschmid, Urteilsfähigkeit, 143 ff. 185 Osterwalder berief sich auf die medizinisch-ethische Richtlinie der SAMW zum Recht der Patientinnen und Patienten auf Selbstbestimmung (2005, jedoch zurück gezogen durch den Senat am 29. 11. 2012); «Osterwalder im Hungerstreik», Tages-Anzeiger vom 11. Juli 2009, 11. 186 Trechsel/Fingerhuth, STGB-PK, Art. 115 StGB N 5; Stratenwerth/Wohlers, STGB-HK, Art. 74 StGB N 1, zur Zwangsernährung. Pflegerecht – Pflegewissenschaft 25 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 lauf des Haftprozederes offen.187 Als Motive hierfür können die Fürsorgepflicht des Gefängnisses als In stitution einerseits und die SAMW-Richtlinie als soft-law andererseits angeführt werden,188 die eine Zwangsernährung von «nicht entscheidungsfähi gen» inhaftierten Menschen in bestimmten Situa tionen189 untersagen, sowie Strafvollzugsgrundsätze vonseiten des Europarats i. V. m. Bestimmungen der EMRK und einzelnen verfassungsrechtlichen Nor men, welche eine Zwangsernährung nicht ausschlies sen. Dadurch handelt es sich bei einer Zwangsernäh rung im Strafvollzug aus rechtlicher Sicht um eine «Grauzone».190 Zwischenzeitlich hat das höchste Gericht der Schweiz im Fall von Rappaz einen kont rovers diskutierten Entscheid getroffen. Das Bundes gericht hielt fest, dass sich der Staat nicht erpressen lassen dürfe und ein Unterbruch des Strafvollzuges nicht gerechtfertigt sei. Vielmehr sei der Staat ver pflichtet, den Strafvollzug zu vollziehen, damit die Strafe nicht ihren Sinn und Zweck verliere. Damit wurde der Weg frei für eine Zwangsernährung im Strafvollzug. Es bleibt die Frage, ob sich Ärzte (bzw. Verfahren) finden lassen, die ermöglichen, den Ent scheid des höchsten Gerichtes in menschenwürdiger Weise in die Tat umzusetzen. Gerade die FMH hatte das Urteil scharf kritisiert und sich auf die Richtli nien der SAMW berufen, die allerdings der besonde ren Situation des Strafvollzugs kaum Rechnung tragen. Zudem dürfte weiterhin Bedarf an einem Rahmen gesetz auf Bundesebene bestehen, denn einzig die Kantone Bern, Zürich und Neuenburg haben die Zwangsernährung bis heute gesetzlich geregelt.191 187 «Osterwalder wird nach Bern verlegt und zwangser nährt», abrufbar unter: <http://www.nzz.ch/nachrich ten/panorama/osterwalder_hungerstreik_inselspital_ 1.3380708.html?printview=true> (letztmals abgerufen am 14. 11. 2015). 188 Medizinisch-ethische Richtlinie der SAMW zur Aus übung der ärztlichen Tätigkeit bei inhaftierten Personen (2002, aktualisiert 2012, Anhang Lit. G ergänzt 2015), abrufbar unter: <http://www.samw.ch/de/Ethik/Richt linien/Aktuell-gueltige-Richtlinien.html>, vgl. Ziff. 9; vgl. Rüetschi, 1222 ff. zur rechtlichen Verbindlichkeit der medizinisch-ethischen Richtlinien der SAMW. 189 Z. B. wenn zu einem Zeitpunkt der Urteilsfähigkeit eine gültige Patientenverfügung verfasst wurde im Zusam menhang mit einem Sterbewunsch. 190 Tag, 17 f., zur Zwangsernährung im Strafvollzug; Maus bach, Podiumsdiskussion, 428 f.; Mausbach, Diss., 212 ff., zum Hungerstreik; Tag, forum poenale 2011, 153 ff., mit Bemerkungen zum Bundesgerichtsentscheid vom 16. November 2010, Fall «Rappaz». 191 BGE 6B_599/2010, 26. August 2010; Diethelm Ri chard, Rappaz soll notfalls zwangsernährt werden, Tages-Anzeiger vom 27. August 2010, 1 und 3; Brägger, in: Jusletter 16. August 2010, Rz. 1 ff.; Tag, forum poe nale 2011, 155. Nach dem Wesen der SAMW-Richtlinien als zwar fachlichem, aber doch nicht staatlichem soft law scheint mir ihre Tragweite im Rahmen intramuraler Medizin doch eingeschränkt. 26 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 26 VII. Folgerungen Abschliessend sei angemerkt, dass nicht «das Juris tische» den Kern der Sache ausmacht, sondern le diglich Begleiterscheinung in Krisenfällen bzw. Monitoring am Rande ist: Im Rahmen juristischer Kontrollprozesse im präventiven (Gesetzgebung bzw. Richtlinien staatlicher wie privater Stellen) wie «repressiven»/kurativen Bereich (Nachkontrolle prob lematischer Verläufe durch Ombudsstellen, Gerichte, behördeninterne Supervision etc.) wäre stärker der sachbezogene, wenn auch kontroverse Diskurs zu pflegen als sozusagen eine Haftungsperspektive ein zunehmen.192 Ethische Grenzfragen entziehen sich teilweise der gesetzlichen, generell-abstrakten Nor mierung und erfordern eine reflektierte Umsetzung (unter Umständen haben auch Ärzte – wie Gerichte – nach der Methode des Gesetzgebers im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB Regeln zu bilden). Reflektier te Umsetzung erfordert Zeit, Information, gegebenen falls auch Unterstützung in der Entscheidfindung. Entscheiden bedeutet allerdings immer auch, eine Diskussion abzuschliessen, ein bestimmtes Vorgehen zu wählen und diesen Behandlungsansatz in fach lich-kritischer Art weiterzuführen. Medizinische Behandlung (und Nichtbehandlung) ist eine biogra fische Wegmarke, und die unbehandelte Lungenent zündung193 Höchstbetagter leitet über zum Endpunkt des von Art. 31 ZGB gesetzten Lebensrahmens. Letztlich soll ein solches «Papier» wie das vorlie gende nicht als «Schulbuch» vorgeben, was «richtig» oder «falsch» ist: «Schule» soll anregen, auch in der Praxis kritisch und fallbezogen mitzudenken. Im Lich te der vorangehenden Ausführungen stellen sich z. B. vertiefter klärungsbedürftige Fragen bezüglich a) Zustimmung zu Organtransplantation (Form/ Gestaltung des Organspenderausweises) b) Willensbildungsprozedere bei terminalen Be handlungs-/Nichtbehandlungsentscheiden c) Willensbildung im Zuge der Abgabe einer Patien tenverfügung d) Willensbildung, Willensentwicklung/-änderung, Dokumentation des Willens, stellvertretende Ent scheide: Auf wie lange Zeit hinaus ist man ent scheidungs-/prognosefähig? 192 Ich habe andernorts (vgl. CHK-Breitschmid, Vorb zu Art. 360 ff. ZGB N 2 und N 6 mit weitern Hinweisen) von den besonderen Schwierigkeiten eines «Reparatur-Ge schäfts» gesprochen, das kaum grosse Würfe, sondern Geduld und Verständnis für ambivalente Aspekte erfor dert. 193 Ein Beispiel dafür der «Fall K» (u. a. NZZ vom 15. Januar 2000, Nr. 12, 97; NZZ vom 7. März 2000, Nr. 56, 48): Wären die Begleitumstände unspektakulärer gewesen, wäre der Arzt wohl für seine kluge Zurückhaltung gelobt worden. Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 e) Situationen der Behandlung von Nichturteilsfä higen; Behandlungsentscheide bei Minderjähri gen an der Grenze der Urteilsfähigkeit/Finanzie rung von Behandlungswünschen beschränkt handlungsfähiger Urteilsfähiger f) Demarchen um Kenntnis der eigenen Abstam mung: Wer weiss, was er wissen möchte? Und: Hatte man wissen wollen, was man dann weiss? g) Sterbefasten Als letzte Frage bleibt vielleicht: Wann ist man krank? Ist man heutzutage angesichts zunehmend vertieften Wissens über Krankheiten (und genetisch analysier te Dispositionen) überhaupt noch gesund? Ist das trotz zunehmender, gesetzlich und gesellschaftlich einge forderter und geschützter Autonomie wachsende Gefühl des Ausgeliefertseins ein Mangel des Gesetzes oder des Systems oder nicht allenfalls auch Folge des Umstands, dass es uns wirtschaftlich und gesund heitlich doch überdurchschnittlich gut geht und wir deshalb umso schmerzlicher empfinden, dass Ge sundheit und Wohlbefinden nicht im Gratisabon nement verteilte Güter sind? Eigentlich leiden wir an unserer Autonomie: Wir sind restlos autonom – uns selbst überlassen – in der Ambivalenz, die wir gegen über unseren eigenen, womöglich terminalen Ent scheiden empfinden. Dass daneben auch das Verhält nis von Fachpersonen und Laien ambivalent bleiben wird, liegt auf der Hand: Die Stärkung der Patienten autonomie bedeutet nicht Autoritätsverlust der Ärzte schaft, sondern allenfalls gewisse «Komplikationen», weil vor-informierte Patient/innen wohl skeptischer sind; was für Fachpersonen offensichtlich ist, muss im Laien erst reifen, und weil selbst aus fachlicher Sicht Manches ambivalent ist, löst die Informations asymmetrie bei seriöser Aufklärung einen desto komplexeren Meinungsbildungsprozess aus. Ein ver feinertes System muss zunehmend diese Komplexität aushalten. Literaturhinweise Aebi-Müller Regina E., Der urteilsunfähige Patient – eine zivilrechtliche Auslegeordnung, in: Jusletter 22. September 2014 Aebi-Müller Regina E./Tanner Debora, Das behinderte Kind im Zivilrecht, in: Sprecher Franziska/Sutter Patrick (Hrsg.), Das behinderte Kind im schweizerischen Recht, Zürich 2006, 81–113 Affolter Kurt, Die Aufwertung der Selbstbestimmung im neuen Erwachsenenschutzrecht, AJP/PJA 2006, 1057–1067 Affolter Kurt, Mehr Rechte für Handlungsunfähige, plädo yer 2007, 22–25 Alderson Priscilla, Die Autonomie des Kindes – Über die Selbstbestimmungsfähigkeit von Kindern in der Medizin, in: Wiesemann Claudia et al. (Hrsg.), Das Kind als Patient, Ethische Konflikte zwischen Kindeswohl und Kindeswille, Frankfurt a. M. 2003, 28–47 (= Kultur der Medizin, Bd. 7) Arter Oliver, Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung, Das neue Erwachsenenschutzrecht als erweitertes Tätigkeits feld für Berater und Treuhänder, ST 2007, 657–660 Bachinger Gerald, Das neue Patientenverfügungs-Gesetz in Österreich, in: Körtner Ulrich/Kopetzki Christian/Kle tecka-Pulker Maria (Hrsg.), Das österreichische Patienten verfügungsgesetz, Wien 2007, 97–107 (= Schriftenreihe Ethik und Recht in der Medizin, Bd. 1) Barta Heinz/Kalchschmid Gertrud, Die «Patientenverfü gung» in Europa, in: Barta Heinz/Kalchschmid Gertrud (Hrsg.), Die Patientenverfügung – zwischen Selbstbestim mung und Paternalismus, Münster 2005, 13–58 (= Recht und Kultur, Bd. 2) Battmer Rolf-Dieter, 25 Jahre Cochlear-Implantat in Deutschland, eine Erfolgsgeschichte mit Perspektiven: Indikationserweiterung, Reliabilität der Systeme, in: Ernst Arne/Battmer Rolf-Dieter/Todt Ingo (Hrsg.), Cochlear Im plant heute, Heidelberg 2009, 1–9 Baumann Max, Vorsorgeauftrag für medizinische Massnah men und Patientenverfügung, ZVW 2005, 58–69 Baumann-Hölzle Ruth, Gelungenes Altwerden und Sterben im Spannungsfeld von Macht und Menschenwürde, in: Mettner Matthias (Hrsg.), Wie menschenwürdig sterben?, Zürich 2000, 71–82 Baumann-Hölzle Ruth/Strebel Urs, Betreuung von chro nisch Kranken und Sterbenden, in: Bondolfi Alberto/ Müller Hansjakob (Hrsg.), Medizinische Ethik im ärztli chen Alltag, Basel 1999, 323–353 Baumann-Hölzle Ruth/von Siebenthal Kurt, Das inter disziplinäre «Zürcher Modell» zur Urteilsbildung für medizin- und pflegeethische Fragestellungen in der neona talen Intensivmedizin, in: Universitätsspital Zürich (Hrsg.), Medizin-Ethischer Arbeitskreis Neonatologie des Univer sitätsspitals Zürich, An der Schwelle zum eigenen Leben, Lebensentscheide am Lebensanfang bei zu früh geborenen, kranken und behinderten Kindern in der Neonatologie, 2. Aufl., Bern 2003, 79–90 (= Interdisziplinärer Dialog – Ethik im Gesundheitswesen, Bd. 3) Baumgarten Mark-Oliver, The right to die?, Rechtliche Probleme um Sterben und Tod: Suizid – Sterbehilfe – Pa tientenverfügung – «health care proxy» – Hospiz im inter nationalen Vergleich, 2. Aufl., Diss., Bern 2000 Begert Roland M., Lange Jahre fremd, 3. Aufl., Bern 2009 Belling Detlev W./Eberl Christina/Michlik Frank, Das Selbstbestimmungsrecht Minderjähriger bei medizini schen Eingriffen: Eine rechtsvergleichende Studie zum amerikanischen, englischen, französischen und deutschen Recht, Neuwied 1994 (= Schriftenreihe Familie und Recht, Bd. 6) Bellonzi Manuele, La contenzione del paziente anziano fra diritti fondamentali, etica e rischio clinico: una compara zione italo-svizzera, in: Jusletter 16. August 2010 Albers Marion, Zur rechtlichen Ausgestaltung von Patien tenverfügungen, MedR 2007, 138–144 Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 27 Pflegerecht – Pflegewissenschaft 27 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 Berger Christian/Haarhoff Ina, Absicherung der Patien tenautonomie am Ende des Lebens, in: Taupitz Jochen (Hrsg.), Das Menschenrechtsübereinkommen zur Biome dizin des Europarates – Taugliches Vorbild für eine weltweit geltende Regelung? = The convention on human rights and biomedicine of the Council of Europe: A suitable model for worldwide regulation?, Berlin 2002, 131–140 (= Veröffentlichun gen des Instituts für Deutsches, Europäisches und Interna tionales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim, Bd. 7) Bernhart Christof, Handbuch der fürsorgerischen Unter bringung: die fürsorgerische Unterbringung und medizi nische Behandlung nach dem neuen Erwachsenenschutz recht sowie dessen Grundsätze, Basel 2011 Biaggini Giovanni, Wie sind Kinderrechte in der Schweiz geschützt? – Tragweite, Umsetzung und Durchsetzung des Übereinkommens in der Schweiz, Bedeutung des «Kinder schutz-Artikels» (Art. 11) der neuen Bundesverfassung, in: Jenni Regula/Hausammann Christina (Hrsg.), Die Rechte des Kindes – Das UNO-Übereinkommen und seine Auswir kungen auf die Schweiz, Basel 2001, 25–55 Biderbost Yvo, Beistandschaft nach Mass, das revidierte Handwerkszeug des Erwachsenenschutzes, AJP 2010, 3–13 Biderbost Yvo, Der neue Erwachsenenschutz im Überblick, SJZ 2010, 309–320 Biderbost Yvo, Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und Kind, in: Jusletter 10. Februar 2003 Bobbert Monika, Patientenverfügung zwischen Antizipa tion, Selbstbestimmung und Selbstdiskriminierung, in: Jusletter 25. Januar 2016 Bockenheimer-Lucius Gisela, «Wachkoma» und Ethik, Ethik Med 2005, 85–89 Bollag Fiona, Das Mädchen, das aus der Stille kam, Bergisch Gladbach 2006 (zit. Bollag, Das Mädchen) Bollag Fiona, Sprechen lernen – Hören lernen, ein Weg aus der Gehörlosigkeit, a tempo 02 (2007) 2–5 (zit. Bollag, a tempo) Brägger Benjamin F., Zwangsernährung im Strafvollzug – Replik zu «Hungerstreik und Strafvollzug» von Markus Müller, in: Jusletter 16. August 2010 Breitschmid Peter, Die erwachsenenschutzrechtliche Be handlung künftiger Erblasserinnen und Erblasser, succes sio 2008, 16–29 (zit. Breitschmid, successio 2008) Breitschmid Peter, Vorsorgevollmachten, ZVW 2003, 269–280 (zit. Breitschmid, ZVW 2003) Breitschmid Peter, Wenn Organe Sachen wären …, in: Hon sell Heinrich/Portmann Wolfgang/Zäch Roger/Zobel Die ter (Hrsg.), Aktuelle Aspekte des Schuld- und Sachenrechts, Festschrift für Heinz Rey, Zürich 2003, 13–19 (zit. Breit schmid, FS Rey) Breitschmid Peter, Wer ist wann urteilsfähig? Und wer ist wann nicht (mehr) urteilsfähig? Und wird er es allenfalls je wieder? Ist man in Haft urteilsfähig?, in: Tag Brigitte/Gross Dominik (Hrsg.), Tod im Gefängnis – Hungerstreik, Suizid, Todesstrafe und «normaler» Tod aus rechtlicher, histo rischer und ethischer Sicht, Frankfurt am Main 2012, 143–147 (zit. Breitschmid, Urteilsfähigkeit) Breitschmid Peter, Über die Urteilsunfähigkeit des Urteils fähigen und die Urteilsfähigkeit des Urteilsunfähigen; The sen zur Urteilsfähigkeit aus rechtlicher Sicht, in: Petermann Frank (Hrsg.), Urteilsfähigkeit, St. Gallen 2014, 91–119 (zit. Breitschmid, Thesen) Breitschmid Peter/Matt Isabel, Im Vorfeld des Vorsorge auftrags: Wirrungen um die (altrechtliche) Vorsorgevoll macht (BGE 134 III 385 ff.), Pflegerecht 2012, 223–234 Breitschmid Peter/Rumo-Jungo Alexandra (Hrsg.), Handkom mentar zum Schweizer Privatrecht, Personen- und Fami lienrecht, inkl. Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, Art. 1–456 ZGB, 3. Aufl., Zürich 2016 (zit. CHK-Autor/in) Breitschmid Peter/Reich Johannes, Vorsorgevollmach ten – ein Institut im Spannungsfeld von Personen-, Vor mundschafts-, Erb- und Obligationenrecht, ZVW 2001, 144–166 Breitschmid Peter/Steck Daniel/Wittwer Caroline, Der Heimvertrag, FamPra.ch 2009, 867–898 Breitschmid Peter/Wittwer Caroline, Die Stellung der Medizinalberufe im neuen Erwachsenenschutzrecht unter Berücksichtigung der Haftung von Medizinalpersonen, in: Jusletter 31. Januar 2011 Brückner Christian, Erfahrungen und Empfehlungen aus der Schweiz, materiellrechtliche und prozessuale Grund lagen, praktische Handhabungen und Erfahrungen, in: Wienke Albrecht/Lippert Hans-Dieter (Hrsg.), Der Wille des Menschen zwischen Leben und Sterben – Patienten verfügung und Vorsorgevollmacht, ausgewählte medi zinrechtliche Aspekte, Berlin 2001, 139–154 (= MedR: Schriftenreihe Medizinrecht) Büchler Andrea, Persönlichkeitsgüter als Vertragsgegen stand, in: Honsell Heinrich/Portmann Wolfgang/Zäch Roger/Zobel Dieter (Hrsg.), Aktuelle Aspekte des Schuld- und Sachenrechts, Festschrift für Heinz Rey, Zürich 2003, 177–195 Cignacco Eva, Kinder mit chronischen Erkrankungen – Die vergessene Kindheit, Pflege 2009, 325–328 del Pozo Emilio, Der UNICEF-Bericht zur Situation der Kin der in der Welt, in: Schweizerische Gesellschaft für ein Soziales Gesundheitswesen (Hrsg.), Kinder – Recht auf Zu kunft: Kind und Gesundheit, Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für ein soziales Gesundheitswesen SGSG und der SM Soziale Medizin, für eine kindergerechte Umwelt/ Tagung von Terre des hommes Schweiz, WWF Schweiz und Kinag, Basel 1995, 131–133 Dettmeyer Reinhard, Medizin & Recht, Rechtliche Sicher heit für den Arzt, 2. Aufl., Heidelberg 2006 Deutsch Erwin/Spickhoff Andreas, Medizinrecht: Arzt recht, Arzneimittelrecht, Medizinprodukterecht und Transfusionsrecht, 6. Aufl., Berlin 2008 Donatsch Andreas, Strafrecht III, Delikte gegen den Einzel nen, 10. Aufl., Zürich 2013 Dreyer Philipp/Stadt Zürich/Altersheime (Hrsg.), Mein Leben ist mit vielen Geschichten verbunden: Würde des Alters – 17 Porträts, Zürich 2010 Druey Jean Nicolas, Grundriss des Erbrechts, 5. Aufl., Bern 2002 Breitschmid Peter, Meldepflicht des Beauftragten gemäss Art. 397a OR – in welchen Fällen zwingend?, SJZ 2013, 251–253 (zit. Breitschmid, SJZ 2013) 28 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 28 Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 Dunger Christine, Die Stellung der Patientenverfügung in Deutschland, Österreich und Schweiz, in: Schnell Mar tin W. (Hrsg.), Begleitung am Lebensende im Zeichen des verfügten Patientenwillens, Kurzlehrbuch für die Palliative Care, Bern 2009, 35–63 Eichenberger Thomas/Marti Mario, Recht für Ärzte, Ein führung in die Grundlagen, Gesundheitsrecht für Ärzte und Juristen, Bern 2004 Eisenberg Jon B., The right vs. the right to die, Lessons from the Terri Schiavo case and how to stop it from happening again, New York 2005/2006 Erni Stefan, Das Cochlea-Implantat als ethische Herausfor derung, Zürich 2002 (= Informationsheft/Verein zur Un terstützung der Gebärdensprache der Gehörlosen, Nr. 39) Fankhauser Roland, Die gesetzliche Vertretungsbefugnis bei Urteilsunfähigen nach den Bestimmungen des neuen Erwachsenenschutzrechts, BJM 2010, 239–266 Fankhauser Susanne, Sachverhaltsabklärung in der Invali denversicherung – ein Gleichbehandlungsproblem, Ausge wählte Fragen zur Feststellung des rentenanspruchserheb lichen Sachverhalts, Diss., Zürich 2010 Federspiel Barbara, Patientenverfügung zur Auftragsklä rung für Entscheidungen am Lebensende: Ärztlicher Not falldienst und Abteilung Innere Medizin Lindenhofspital Bern, Masterarbeit med., Zürich 2004 (= Schriftenreihe der SGGP, Nr. 79) Fellmann Walter, Arzt und das Rechtsverhältnis zum Pa tienten, in: Kuhn Moritz W./Poledna Tomas (Hrsg.), Arzt recht in der Praxis, 2. Aufl., Zürich 2007, 103–231 Freiburghaus-Arquint Dieter, Kinderrechte – Kinder und Recht, in: Gerber Jenni Regula/Hausammann Christina (Hrsg.), Kinderrechte – Kinderschutz, Basel 2002, 11–24 Früh Beatrice, Die UNO-Kinderrechtskonvention, ihre Um setzung im schweizerischen Schulrecht, insbesondere im Kanton Aargau, Diss., Zürich 2007 Fountoulakis Christiana, Die Teilnahme urteilsunfähiger Erwachsener am Rechtsverkehr, BJM 2015, 189 ff. Gächter Thomas/Büchler Andrea, Medical Law – Switzer land, in: Nys Herman (Ed.), Medical Law, International Encyclopedia of Laws, Alphen aan den Rijn 2010 Gächter Thomas/Vollenweider Irene, Gesundheitsrecht: Ein Grundriss für Studium und Praxis, 3. Aufl., Basel 2013 Gauch Peter/Schluep Walter R./Schmid Jörg, Schweize risches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I, 10. Aufl., 2014 Geiser Thomas, Über den Tod hinaus wirksame Voll macht und wirksamer Auftrag, in: Bernasconi Giorgio A. et al. (Hrsg.), Temi scelti di diritto ereditario, atti della g iornata di studio del 16 ottobre 2000, Lugano 2002, 21–42 (= Commissione Ticinese per la Formazione Permanente dei Giuristi/Atti della giornata di studio, Bd. 28/Collection latine, vol. 5) Geiser Thomas et al./Konferenz der Kantonalen Vormund schaftsbehörden (Hrsg.), Mustersammlung Erwachsenen vormundschaft, Basel 1996 Genna Anton, Rechtliche Aspekte der stationären psychiat rischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen, ZVW 2000, 91–116 Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 29 Geth Christopher, Die Patientenverfügung als Konservie rung des gegenwärtigen Willens – präventiver Schutz vor ärztlicher Fremdbestimmung?: Ein Beitrag zur Revision des Vormundschaftsrechts aus der Sicht des Strafrechts, in: Wolf Salome/Mona Martino/Hürzeler Marc (Hrsg.), Präven tion im Recht, Basel 2008, 81–94 (zit. Geth, Patientenver fügung) Geth Christopher, Passive Sterbehilfe, Diss., Basel 2010 (zit. Geth, Passive Sterbehilfe) Geth Christopher/Mona Martino, Widersprüche bei der Regelung der Patientenverfügung im neuen Erwachsenen schutzrecht – Verbindlichkeit, mutmasslicher Wille oder objektive Interessen?, ZSR 2009, 157–180 Güntner Rudolf, Aktuelle Entscheidungen zum Patienten recht – ein Überblick, PaPfleReQ 2009, 96–101 Gunther Daniel F./Diekema Douglas S., Attenuating Growth in Children With Profound Developmental Disa bility – A New Approach to an Old Dilemma, Arch Pediatr Adolesc Med. 2006, 1013–1017 Guillod Olivier, Le consentement éclairé du patient – auto détermination ou paternalisme?, Diss., Neuchâtel 1986 (zit. Guillod, Diss.) Guillod Olivier, Soins et respect de la volonté du patient en fin de vie: regard de droit comparé, in : Jusletter 31. Januar 2011 (zit. Guillod, Jusletter) Gutzwiller Peter Max, Zur Bedeutung der Urteilsfähig keit im Rahmen des «Vorsorgeauftrages», AJP/PJA 2007, 556–560 Haas Raphaël, Die Einwilligung in eine Persönlichkeitsver letzung nach Art. 28 Abs. 2 ZGB, Diss., Zürich 2007 (= Lu zerner Beiträge zur Rechtswissenschaft, Bd. 18) Häfeli Christoph, Der Entwurf für die Totalrevision des Vor mundschaftsrechts: mehr Selbstbestimmung und ein rhe torisches (?) Bekenntnis zu mehr Professionalität, FamPra. ch 2007, 1–24 Hausheer Heinz/Aebi-Müller Regina E., Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 3. Aufl., Bern 2012 (zit. Hausheer/Aebi-Müller, Personenrecht) Hausheer Heinz/Aebi-Müller Regina E., Urteilsfähigkeit und Zwangsmassnahmen, in: Wiegand Wolfgang/Koller Thomas/Walter Hans Peter (Hrsg.), Tradition mit Weitsicht, Festschrift für Eugen Bucher zum 80. Geburtstag, Bern 2009, 237–255 (zit. Hausheer/Aebi-Müller, FS Bucher) Hausheer Heinz/Geiser Thomas/Aebi-Müller Regina E., Das Familienrecht des schweizerischen Zivilgesetzbuches: Eheschliessung, Scheidung, allgemeine Wirkungen der Ehe, Güterrecht, Kindesrecht, Vormundschaftsrecht, Erwachsenenschutzrecht, eingetragene Partnerschaft, 5. Aufl., Bern 2014 Hegnauer Cyril, Grundriss des Kindesrechts und des übrigen Verwandtschaftsrechts, 5. Aufl., Bern 1999 Hess Christian, Ernähren und Hydrieren − eine unphysiolo gische Antwort auf die Frage des Sterbens, Schweiz. Rund schau Med. (PRAXIS) 1993, 1039–1043 Höfling Wolfram/Schäfer Anne, Leben und Sterben in Richterhand?, Köln 2006 Pflegerecht – Pflegewissenschaft 29 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 Holzem Christoph, Patientenautonomie, bioethische Er kundungen über einen funktionalen Begriff der Autono mie im medizinischen Kontext, Diss., Münster 1999 (Stu dien zur Moraltheologie, Bd. 11) Honsell Heinrich/Vogt Nedim Peter/Wiegand Wolfgang (Hrsg.), Basler Kommentar zum Schweizerischen Privat recht, Obligationenrecht I, Art. 1–529 OR, 6. Aufl., Basel 2015 (zit. Autor/in, BSK-OR I) Honsell Heinrich/Vogt Nedim Peter/Geiser Thomas (Hrsg.), Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Z ivilgesetzbuch I, Art. 1–456 ZGB, 5. Aufl., Basel 2014 (zit. Autor/in, BSK-ZGB I) Hoppler-Wyss Josef, Recht im Alter, Ein Leitfaden für so ziale Dienste, Spitex-Organisationen, Institutionen der Beratung, Verwaltungen und Behörden, Einrichtungen in Altersarbeit, Pflege und Betreuung, Zürich 2011 Hotz Sandra, Zum Selbstbestimmungsrecht des Vorsorgen den de lege lata und de lege ferenda, die Vorsorgevollmacht de lege ferenda, ZKE 2011, 102–115 Hotz Sandra, Zum Selbstbestimmungsrecht des Vorsorgen den. Kritische Bemerkungen zu BGE 134 III 385, in: Juslet ter 14. Februar 2011 Huonker Thomas, Diagnose: «moralisch defekt»: Kastration, Sterilisation und Rassenhygiene im Dienst der Schweizer Sozialpolitik und Psychiatrie, 1890–1970, Zürich 2003 Jonsen Albert R./Siegler Mark/Winslade William J., Kli nische Ethik, Eine praktische Hilfe zur ethischen Entschei dungsfindung, 5. Aufl., Köln 2006 Jossen Rochus, Ausgewählte Fragen zum Selbstbestimmungs recht des Patienten beim medizinischen Heileingriff, Diss., Bern 2009 Jox Ralf J., Bewusstlos, aber autonom?, Ethik Med. 2004, 401–414 Jox Ralf J./Hessler Hans-Joachim/Borasio Gian Domeni co, Entscheidungen am Lebensende – Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, Nervenarzt 2008, 729–739 Kälin Oliver, Das neue Erwachsenenschutzrecht – Pflegefall, Demenz und Vermögen, ST 2008, 1048–1054 Kerschensteiner M. et al., Die Broca-Aphasie, Journal of Neurology 1978, 223–242 Kiessling Jürgen et al., Versorgung und Rehabilitation mit Hörgeräten, 2. Aufl., Stuttgart 2008 Kren Kostkiewicz Jolanta et al. (Hrsg.), ZGB Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2011 (zit. Autor, OFK-ZGB) Landolt Hardy, Pflegerecht, Bd. II, Schweizerisches Pflege recht: Eine Darstellung der verfassungs- und bundesrecht lichen Grundlagen des Schweizerischen Pflegerechts unter besonderer Berücksichtigung des privat- und sozialrecht lichen Pflegesicherungssystems sowie des Pflegeschaden ersatz- und des Pflegehaftpflichtrechts, Habil., Bern 2002 Lipp Volker/Brauer Daniel, Autonomie und Familie in medizinischen Entscheidungssituationen, in: Steinfath Holmer/Wiesemann Claudia (Hrsg.), Autonomie und Ver trauen, Wiesbaden 2016, 201–237 Loewy Erich H., Advance directives – good, bad or indiffe rent, in: Barta Heinz/Kalchschmid Gertrud (Hrsg.), Die Patientenverfügung – Zwischen Selbstbestimmung und Paternalismus, Münster 2005, 195–207 (= Recht und Kultur, Bd. 2) 30 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 30 Mameghani Jussi Raafael, Der mutmassliche Wille als Kri terium für den ärztlichen Behandlungsabbruch bei ent scheidungsunfähigen Patienten und sein Verhältnis zum Betreuungsrecht, Diss., Frankfurt a. M. 2009 (Recht & Me dizin, Bd. 102) Manaï Dominique, Les droits du patient face à la bioméde cine, Bern 2006 Marti Lukas M., Das Diagnose- und Behandlungsspektrum einer chirurgischen Notfallstation im Schwerpunktspital, untersucht am Spital Männedorf, Diss. med., Zürich 2000 Maul Stefan, Schutz der Patientenautonomie – Das Patien tenverfügungsgesetz – Juristischer Regulierungsversuch ei ner moralischen Norm, Pflegewissenschaft 2010, 307–312 Mausbach Julian, Die ärztliche Schweigepflicht des Vollzugs mediziners im schweizerischen Strafvollzug aus strafrecht licher Sicht: Bedarf es für die im Strafvollzug tätigen Medi ziner und Medizinerinnen einer speziellen Regelung zum Offenbaren von Tatsachen, die der ärztlichen Schweige pflicht unterliegen?, Diss., Zürich 2010, (zit. Mausbach, Diss.) (= Zürcher Studien zum Strafrecht, Bd. 55) Mausbach Julian, Zusammenfassung der Podiumsdis kussion des internationalen Symposiums «Intramurale Medizin», in: Tag Brigitte/Hillenkamp Thomas (Hrsg.), Intramurale Medizin im internationalen Vergleich, Ge sundheitsfürsorge zwischen Heilauftrag und Strafvollzug im Schweizerischen und internationalen Diskurs, Berlin 2008, 423–431 (zit. Mausbach, Podiumsdiskussion) (= Ver öffentlichungen des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim, Bd. 32) McEwan Ian, Kindeswohl, Zürich 2015 Meier Sara, Patientenverfügung auf der Intensivstation, Diss. med., Zürich 2008 Meran Johannes G. et al. (Hrsg.), Möglichkeiten einer standar disierten Patientenverfügung: Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit, Münster 2002 (= Ethik in der Praxis, Materialien, Bd. 6) Michel Margot, Der Fall Ashley oder von Grenzen und Massstäben elterlicher Entscheidungskompetenz, in: Dörr Bianka S./Michel Margot (Hrsg.), Biomedizinrecht: Heraus forderungen – Entwicklungen – Perspektiven, Zürich 2007, 141–174 (zit. Michel, Ashley) (= Analysen und Perspekti ven von Assistierenden des Rechtswissenschaftlichen Ins tituts der Universität Zürich, Bd. 9) Michel Margot, Zwischen Autonomie und fürsorglicher Fremdbestimmung, FamPra.ch 2008, 243–276 (zit. Mi chel, FamPra.ch 2008) Michel Margot, Rechte von Kindern in medizinischen Heil behandlungen, Diss., Basel 2009 (zit. Michel, Diss.) Minger Christian, Die Haftung der Erwachsenenschutzor gane nach dem neuen Erwachsenenschutzrecht, ZKE 2010, 21–33 Mitaftsis Konstantin Achill, Über die luciden Intervalle in psychiatrischer und juristischer Hinsicht, International Journal of Legal Medicine 1937, 125–131 Müller Rainer, Die Beurteilung der Testierfähigkeit, eine empirische Untersuchung, Diss., München 1991 Näf Ernst, Patientenverfügung: Dem Patientenwillen mehr Gewicht geben, Krankenpflege 2011, 10–14 Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53 Peter Breitschmid, Der nicht entscheidungsfähige Patient 1| 16 Nägeli Max, Die ärztliche Behandlung handlungsunfähiger Patienten aus zivilrechtlicher Sicht, Diss., Zürich 1984 Niethammer Dietrich, Menschenwürdig sterben aus der Sicht eines Arztes, in: Jens Walter/Küng Hans (Hrsg.), Men schenwürdig sterben, ein Plädoyer für Selbstverantwor tung, München 2009, 125–135 Noll Peter, Diktate über Sterben & Tod, Zürich 1984 Oswald Ueli, Abschied, Zürich 2009 Panagopoulou-Koutnatzi Fereniki, Die Selbstbestimmung des Patienten, eine Untersuchung aus verfassungsrechtli cher Sicht, Diss., Berlin 2009 (= Schriften zum öffentlichen Recht, Bd. 1123) Rosch Daniel, Sorgfaltspflichten des Beirates und dessen Haf tung, Kommentar zum Entscheid BGer 5A_342, ZKE 2010, 115–122 Rosch Daniel/Büchler Andrea/Jakob Dominique, Das neue Erwachsenenschutzrecht: Einführung und Kommen tar zu Art. 360 ff. ZGB, Basel 2011 (zit. Autor/in, KuKo ESR) Rudolf Michael/Bittler Jan/Roth Wolfgang, Vorsorge vollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung, 3. Aufl., Bonn 2011 (= Schriftenreihe der Deutschen Verei nigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge, Bd. 6) Rüetschi David, Die Medizinisch-ethischen Richtlinien der SAMW aus juristischer Sicht, SAeZ 2004, 1222–1225 Peter Christian, Wünsche der Patienten und Pflichten der Ärzte, rechtliche Probleme bei der medizinischen Behand lung von Zeugen Jehovas, in: Jusletter 16. August 2010 Schlatter Christina, Lebenserhaltung in der Neonatologie: Entscheidungsbefugnis, Entscheidungsfindung, Entschei dungsverantwortung, Diss., Basel 2014 Petermann Frank Thomas, Demenz-Erkrankungen und Selbstbestimmung – ein Widerspruch in sich?, in: Peter mann Frank Thomas (Hrsg.), Sicherheitsfragen der Sterbe hilfe, St. Gallen 2008, 153–243 (zit. Petermann, Sterbehil fe) (= Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis, Bd. 54) Schmid Hermann, Erwachsenenschutz: Kommentar zu Art. 360–456 ZGB, Zürich 2010 (zit. Schmid, ESK-ZGB) Petermann Frank Thomas, Urteilsfähigkeit: Generelle As pekte, Urteilsfähigkeit als Ehevoraussetzung, zum Testie ren, zum willentlichen Sterben sowie Screening-Tools, Zürich 2008 (zit. Petermann, Urteilsfähigkeit) Pfändler Kurt, Klare Patientenverfügung geht dem Gesetz vor, plädoyer 2007, 31–32 Quaas Michael/Zuck Rüdiger, Medizinrecht: Öffentliches Medizinrecht, Pflegeversicherungsrecht, Arzthaftpflicht recht, Arztstrafrecht, 3. Aufl., München 2014 (= NJW-Pra xis, Bd. 72) Ratzel Rudolf/Luxenburger Bernd (Hrsg.), Handbuch Medi zinrecht, Bonn 2008, 601–782 (zit. Ratzel/Luxenburger/ Autor/in, HB-Med. Recht) Reusser Kathrin, Patientenwille und Sterbebeistand, Diss., Zürich 1994 (= Zürcher Studien zum Privatrecht, Bd. 112) Riemer Hans Michael, Willensvertretung bei Betagten, Eine Schnittstelle zwischen Auftrags-, Personen-, Vormund schafts-, Erb- und Immobiliarsachenrecht, recht 1998, 21–24 Ritzenthaler-Spielmann Daniela, Die Patientenverfügung als Kommunikations- und Entscheidungsinstrument, The rapeutische Umschau 2009, 585–589 Rixen Stephan/Reinecke Siegfried, Casebook Patientenver fügung: Vorausverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungs verfügung mit Fallbeispielen, Formulierungshilfen, Check listen, Berlin 2004 Röthel Anne/Hesseler Benjamin, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im englischen Erwachsenenschutz recht: Mental Capacity 2005, FamRZ 2006, 529–531 Roggo Antoine, Aufklärung des Patienten, Eine ärztliche Informationspflicht, Diss., Bern 2002 (= Abhandlungen zum schweizerischen Recht, Reihe 663) Roglmeier Julia, Live and let die – die gesetzlichen Neurege lungen zur Patientenverfügung, ZErb 2009, 236–239 Rosch Daniel, Die Begleitbeistandschaft: per aspera ad astra?, FamPra 2010, 268–294 Stämpfli Verlag WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 31 Schneider Peter, Recht im Pflegealltag: Ein Nachschlagwerk für den Berufsalltag, ein Lehr- und Arbeitsbuch für die Aus bildung, Aarau 1994 Schnell Martin W., Begleitung am Lebensende im Zeichen der Patientenverfügung, in: Schnell Martin W. (Hrsg.), Begleitung am Lebensende im Zeichen des verfügten Pat ientenwillens – Kurzlehrbuch für die Palliative Care, Bern 2009, 21–33 Schreiber Hans-Ludwig, Patientenverfügung als Lösung des Problems der Sterbehilfe? in: Ahrens Hans-Jürgen et al. (Hrsg.), Medizin und Haftung: Festschrift für Erwin Deutsch zum 80. Geburtstag, Berlin 2009, 493–504 Schwab Dieter, Selbstbestimmung im Alter, ZBJV 2006, 561–579 Schwarzenegger Christian, Das Mittel der Suizidbeihilfe und das Recht auf den eigenen Tod, SAeZ 88 (2007) 1 ff. Schwarzenegger Christian/Manzoni Patrik/Studer Da vid/Leanza Catia, Was die Schweizer Bevölkerung von Sterbehilfe und Suizidbeihilfe hält, in: Jusletter 13. Septem ber 2010 Schwenzer Ingeborg, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 6. Aufl., Bern 2012 Seelmann Kurt, Umgang mit urteilsunfähigen Patientinnen und Patienten, SAeZ 2006, 101–102 Seichter Jürgen, Einführung in das Betreuungsrecht, Ein Leitfaden für Praktiker des Betreuungsrechts, Heilberufe und Angehörige von Betreuten, 3. Aufl., Berlin 2010 Seymour Christopher W. et al., Change in Prevalence of Hearing Loss in US Adolescents, JAMA 2010, 747–754 Smole Daniel/Ensner Rolf, Der unwillige Patient, ist Pa tientenwille oder Patientenwohl oberstes Gesetz?, Schwei zerisches Medizin-Forum 2009, 165–170 Sprecher Franziska, Patientenrechte Urteilsunfähiger, Veto- und Partizipationsrechte Urteilsunfähiger in medizini schen Angelegenheiten und ihre (spezialgesetzliche) Rege lung im schweizerischen Recht, FamPra 2011, 270–301 Staubli Georg, Das Kind als Patient: Unmündigkeit bedeutet nicht fehlende Urteilsfähigkeit, in: Meier-Allmendinger Diana/Baumann-Hölzle Ruth (Hrsg.), Der selbstbestimmte Patient, Basel 2009, 71–82 (= Handbuch Ethik im Gesund heitswesen, Bd. 1) Pflegerecht – Pflegewissenschaft 31 10.03.16 13:53 W IS SENS CH A F T 1| 16 Steffen Gabrielle/Guillod Oliver, CH-Landesbericht Schweiz, in: Taupitz Jochen (Hrsg.), Das Menschenrechts übereinkommen zur Biomedizin des Europarates – taugli ches Vorbild für eine weltweit geltende Regelung? = The convention on human rights and biomedicine of the Council of Europe: A suitable model for world-wide regulation?, Berlin 2002, 351–394 (= Veröffentlichungen des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizin recht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim, Bd. 7) Ummel Marinette, Testament et directives anticipées, in: Bertrand Dominique et al. (Hrsg.), Médecin et droit médical: présentation et résolution de situations médicolégales, 3e éd., Chêne-Bourg 2009, 141–148 Steffens Thomas, Bilaterale Cl-Versorgung heute, in: Ernst Arne/Battmer Rolf-Dieter/Todt Ingo (Hrsg.), Cochlear Im plant heute, Heidelberg 2009, 53–61 Van Spyk Benedikt, Das Recht auf Selbstbestimmung in der Humanforschung, zugleich eine Untersuchung der Grund lagen und Grenzen des «informed consent» im Handlungs bereich der Forschung am Menschen, Diss., Zürich 2011 Stolz Konrad et al., Betreuungsrecht und Pflegemanage ment: Konzepte, Beratung, Unterstützung, Stuttgart 2008 Stratenwerth Günter/Wohlers Wolfgang, Schweizeri sches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 3. Aufl., Bern 2013 (zit. Stratenwerth/Wohlers, STGB-HK) Tag Brigitte, Bemerkungen zum BG-Entscheid vom 16. 11. 2010 im Fall «Rappaz», forum poenale 2011, 153–155 Tag Brigitte, Intramurale Medizin in der Schweiz − Über blick über den rechtlichen Rahmen, in: Tag Brigitte/ Hillenkamp Thomas (Hrsg.), Intramurale Medizin im in ternationalen Vergleich, Gesundheitsfürsorge zwischen Heilauftrag und Strafvollzug im Schweizerischen und internationalen Diskurs, Berlin 2008, 1–38 (= Veröffentli chungen des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bio ethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim, Bd. 32) Thommen Marc, Medizinische Eingriffe an Urteilsunfähigen und die Einwilligung der Vertreter: Eine strafrechtliche Analyse der stellvertretenden Einwilligung, Diss., Basel 2004 (= Basler Studien zur Rechtswissenschaft, Reihe C: Strafrecht, Bd. 15) Trechsel Stefan et al., Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, Zürich 2013 (zit. Trechsel/Autor/In, STGB-PK) Ursprung Rudolf, Hilfsmittel im Spannungsfeld von So zialversicherung und Sonderpädagogik?, in: Riemer-Kafka Gabriela (Hrsg.), Kinder und Jugendliche mit Behinderun gen – Zwischen Sozialversicherung und Sonderpädagogik, Zürich 2011, 179–198 (= Luzerner Beiträge zur Rechtswis senschaft, Bd. 54) Venetz Petra, Feststellung der Urteilsfähigkeit als gesetzliche Vorgabe – juristische Aspekte, in: Petermann Frank T homas (Hrsg.), Sterbehilfe im Fokus der Gesetzgebung, St. Gallen 2010, 45–84 (= Institut für Rechtswissenschaft und Recht spraxis, Bd. 66) Walhalla Fachredaktion (Hrsg.), Das gesamte Patienten- und Pflegerecht: Kranke, Pflegebedürftige und deren An gehörige unterstützen und qualifiziert beraten, 3. Aufl., Regensburg 2010 Wassem Stephanie, In dubio pro vita? Die Patientenverfü gung, Eine Analyse der neuen Gesetze in Deutschland und der Schweiz, Berlin 2010 Wenzel Frank, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 3. Aufl., Köln 2013 Werlen Mirjam, Persönlichkeitsschutz des Kindes, höchst persönliche Rechte und Grenzen elterlicher Sorge im Rah men medizinischer Praxis, Diss., Bern 2014 Widmer Blum Carmen Ladina, Urteilsunfähigkeit, Vertre tung und Selbstbestimmung – insbesondere: Patientenver fügung und Vorsorgeauftrag, Diss., Zürich 2010 (= Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft, Bd. 48) Tuor Peter/Schnyder Bernhard/Schmid Jörg/Jungo Alexandra, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 14. Aufl., Zürich 2015 Wittwer Caroline/Breitschmid Peter, Entwicklungen im Transplantationsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen des neuen Erwachsenenschutzrechts, in: Jusletter 22. November 2010 (zit. Wittwer/Breit schmid) Ulsenheimer Klaus, Die ärztliche Sterbehilfe, in: Laufs Adolf/Kern Bernd-Rüdiger (Hrsg.), Handbuch des Arzt rechts, 4. Aufl., München 2010, 1493–1516 Woolley S., Jehovah’s Witnesses in the emergency depart ment: what are their rights? Emerg Med J 2005; 22: 869–871 (www.emjonline.com) 32 Pflegerecht – Pflegewissenschaft WI_Breitschmid_Nicht_entscheidungsfaehiger_Patient.indd 32 Stämpfli Verlag 10.03.16 13:53
© Copyright 2024 ExpyDoc