Der folgende Bericht ist in Babypuppen, Ausabe

Der folgende Bericht ist in Babypuppen,
Ausabe 03/2011 erschienen.
www.babypuppen-magazin.de
Wissen
Preisgestaltung bei Reborns
Von Werten und Preisen
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Gedanken von Reborn-Künstlerin Ilona Grote
Der Preis eines Kunstwerks – wie es eine professionell gemachte Babypuppe ist – wird von vielen
Faktoren bestimmt. Die Summe der eingesetzten Materialien ist dabei nur ein vergleichsweise
kleiner Posten. Doch was bestimmt dann den Marktwert eines Reborns? Sind es Wertgegenstände
oder haben sie „nur“ ideellen Wert? Und lässt sich dieser überhaupt in Geld ausdrücken?
vor allem im Empfinden des Betrachters entsteht. Denn
wie es heißt es so treffend: Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Das gilt auch und gerade für die Kunst.
Doch was bedeutet das für die Reborn-Szene? Je bewusster sich ein Sammler mit seinem Sujet beschäftigt,
umso klarer erkennt er nicht nur seinen persönlichen Geschmack. Er lernt auch den Wert in Qualität, Verarbeitung und realistischer Darstellung zu schätzen – sowie
die künstlerische Dimension entsprechend einzuordnen.
Und wird dies auch nach seiner Vorstellung honorieren.
Angebot und Nachfrage
E
ine gut gemachte Rebornpuppe ist ohne Zweifel
Kunst. Aber was darf diese kosten? Bei Gebrauchsgegenständen ist der aufgerufene Preis anhand
einer Reihe von relativ transparenten Kriterien nachvollziehbar. Angefangen von den Materialkosten – in unserem Fall beispielsweise das verwendete Kit, der Körper,
die Füllung, Farben und anderes Equipment – über den
Zeiteinsatz bis hin zu Größen wie Lohnkosten, Sozialleistungen, Steuern und dergleichen. Bei Kunstwerken
kommt nun aber noch eine weniger greifbare Größe hinzu: Der Wert als Kunstobjekt.
Über den Tellerrand
Zum Glück stehen wir Reborner nicht alleine vor diesem
Problem. Überall, wo Menschen mit kreativen, schöpferischen Leistungen Geld verdienen, finden sich vergleichbare Diskussionen wie in der Babypuppenszene. Kunst ist
die Ausdrucksform, gewissermaßen die Sprache, die der
Künstler zur Übermittlung seiner emotionalen Botschaft
verwendet. Ob es nun die Kit-Designerin ist, die ihre Emotionalität, ihre Vision mit den Händen greifbar macht, oder
ob es die Rebornerin ist, die aus dem vorangegangenen
Kunstwerk ein naturgetreues Baby zaubert. Beide verleihen
dem verwendeten Material einen ideellen Mehr-Wert, der
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Für den Marktwert seiner Produkte spielt auch der Grad
der Bekanntheit eines Künstlers eine Rolle. Überregional
bekannte Rebornerinnen erzeugen logischerweise eine
ganz anders gelagerte Nachfrage als Newcomer, die ihre
Kundschaft zunächst vor allem im direkten, zum Teil persönlichen Umfeld generieren. Im Zusammenhang damit
steht die Zielgruppe, an die der Künstler sich mit seinem
Reborn wendet. Spricht er mit den von ihm gefertigten
Babypuppen in Qualität und Auflage die breite Sammlermasse an, so sind die Verkaufschancen zwar höher, die
erzielbaren Erlöse hingegen sind pro Objekt geringer als
bei Einzelstücken in Premium-Ausführung. Auch hier
gilt im Prinzip das Diktat von Angebot und Nachfrage.
Das Herz, die Emotionen spielen bei der Suche nach ­einem
Reborn eine entscheidende Rolle. Insbesondere bei unerfahrenen Sammlern, die vor allem aus dem Bauch heraus
entscheiden und viel stärker dem ersten „Haben-Wollen“Gefühl folgen als Szene-Kenner. Wobei letztere na­­türlich
auch auf den überspringenden Funken reagieren – aber den
ersten Impuls anhand einer inneren Checkliste in puncto
Verarbeitung und Qualität auf den Prüfstand stellen. Entspricht die Puppe dann nicht den Ansprüchen, wird diese
in der Regel nicht gekauft. Ganz egal, wie süß und niedlich
das Exponat auf den ersten Blick erscheint.
Vor einigen Jahren waren Alex (links) und eine Emily
„Celebration of Life“ von Linda Webb unter Sammlern sehr
beliebt. Mit den Jahren entwickeln sich die beiden zur
„Antiquität“. Steigt damit automatisch ihr Wert?
me, das Pfund, mit dem auch renommierte Rebornerinnen wuchern können. Denn bei den Babypuppen ist es
wie überall im Leben: Das Vertrauen in die Qualität und
die gesellschaftliche Akzeptanz bestimmter „MarkenProdukte“ entscheidet zu einem großen Teil über den zu
erzielenden Preis. Um es grob vereinfacht auszudrücken:
Boutiquen-Preise beim Discounter funktionieren einfach
nicht. Die Kunst erfahrener Sammler und Szene-Kenner
ist es daher, aufstrebende Talente frühzeitig zu erkennen
und deren Produkte zu kaufen, ehe der Markenfaktor
sich auch im aufgerufenen Preis wiederfindet.
Neben dem Qualitäts- und Renommee-Versprechen,
das stets im höheren Preis der Produkte einer bekannten
Künstlerin enthalten ist, findet sich darin auch die Option der Wertsteigerung hinterlegt. Denn klar ist, dass
„Massenware“ einen geringeren Sammlerwert hat als ein
Unikat. Und dieser Wert ist es, der über eine potenzielle
Preissteigerung entscheidet. Daher ist es ratsam, wenn
man nicht nur dem Herzen folgen sondern auch rationale
Kaufkriterien heranziehen möchte, für sich die Marktsituation insgesamt zu bewerten. Ein Aspekt dabei können
Art und Qualität von Ausstellungen sowie ein Blick auf
Veröffentlichungen und Berichte in Fachmagazinen sein.
Name: Ilona Grote/Litte Angel Doll
Adresse: Pestalozzistraße 24, 32699 Extertal
Telefon: 052 62/99 58 39
E-Mail: [email protected]
Internet: www.little-angel-doll.de
Lese-Tipp: atelier – Die Zeitschrift für
Künstler (www.atelier-verlag.de)
angesetzten Preisen werden nur sehr wenige Künstler geschäftlich überleben. Eine erfahren e Rebornerin, die den
Preis für ihr Kunstwerk festgelegt hat und nicht wesent­lich
mit sich handeln lässt, weiß um den Wert ihrer Puppe. Mit
dem latenten Risiko, dass sie sich verkalkuliert.
Alle Fragen offen?
So weit so gut. In letzter Konsequenz bedeuten dies, dass
der Marktwert eines Reborns objektiv kaum beschreibbar
ist. Auf den Punkt gebracht könnte man sagen, dass der
Marktwert der höchste Preis ist, den irgendjemand bereit
ist für die Puppe zu bezahlen. Denn noch einmal: Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Und damit korrespondierend auch die Summe, die dafür investiert wird.
Geteiltes Leid
„Markenprodukte“
Für viele Sammlerinnen und solche, die es werden wollen, mag es tröstlich sein, dass die Künstlerinnen vor
denselben Problemen stehen. Auch diese müssen stets
entscheiden, welchen Preis sie für ihre Kreationen festlegen. In der Regel werden die Verkaufspreise daher allein
nach der subjektiven Wertschätzung des Künstlers mit
vergleichendem Blick auf renommierte Kollegen festgelegt. Diese, oft in wenigen Minuten aus dem Bauch heraus getroffene Entscheidung, kann für eine Künstlerkarriere jedoch weitreichende Folgen haben.
Wie bereits erwähnt, ist nicht zuletzt auch der Name, den
sich der Künstler im Laufe seiner Karriere in der Szene
gemacht hat, ein Wert-Kriterium. Dies ist der Markenna-
Ein einmal festgesetzter Preis ist sinnvollerweise nur nach
oben korrigierbar. Absenkungen können hingegen sehr gefährlich sein. Denn einen Abschied von einstmals zu hoch
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Babypuppen-Autorin
Ilona Grote ist eine
profunde Kennerin der
Reborn-Szene und eine
anerkannte Künstlerin,
deren Produkte unter
Sammlern heiß begehrt
sind sowie regelmäßig
bei Film- und Fernsehproduktionen eingesetzt werden.
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Wer sich intensiver mit Reborns beschäftigt, der entwickelt
schnell ein Auge für objektiv messbare Qualitätskriterien
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