Es geht mir nicht schlecht dabei - Beate Müller

27.06.2015 Reutlinger General-­‐Anzeiger »Es geht mir nicht schlecht dabei« VON UWE SAUTTER LICHTENSTEIN. Er beende das Leiden, nicht das Leben, sagt Peter Puppe, einer der wenigen namentlich bekannten Sterbehelfer in Deutschland. Geht’s nach den Bundestagsabgeordneten Michael Donth (CDU) und Beate Müller-­‐Gemmeke (Grüne), dann darf Puppe das nicht mehr lange ungestraft tun. Die Bundestagsabgeordneten Michael Donth (CDU) und Beate Müller-­‐Gemmeke (Grüne) diskutierten mit den Moderatoren Sophie Först und Johannes Roth sowie dem Sterbehelfer Peter Puppe (von links) auf dem Traifelberg. GEA-­‐FOTO: SAUTTER Im Hof des Diakonischen Instituts für Soziale Berufe auf dem Traifelberg diskutierten die drei Gäste mit angehenden Heilerziehungspflegern über das Thema Sterbehilfe, kurz bevor der Bundestag am 2. Juli in die Beratungen über eine Gesetzesänderung einsteigt. Fünf Anträge liegen dem Bundestag vor. Das Spektrum reicht von einer weitgehenden Legalisierung bis zum völligen Verbot der Beihilfe zum Suizid. »Sie vertreten das Volk ja gar nicht. Zumindest nicht in dieser Sache«, schiebt Puppe nach. »70 Prozent der Deutschen wollen Erleichterungen bei der Sterbehilfe«, zitiert der Sterbehelfer Umfragen. Doch Donth und Müller-­‐Gemmeke machten das Gegenteil, wirft er ihren vor. Der Bremer, ehemaliger Schulrektor und langjähriges Mitglied der Gesellschaft für humanes Sterben, schweigt sich darüber aus, wie vielen Menschen er beim Sterben geholfen, oder, wie er es sagt, den letzten Liebesbeweis erwiesen hat. Geld will er dafür nie genommen haben. Seine Anfahrtskosten stellt er im Voraus in Rechnung, und »manchmal schenken mir die Leute etwas«, erklärt er auf Nachfrage. »Jeder hat das Recht, in den Freitod zu gehen«, findet Beate Müller-­‐Gemmeke. Dass Freunde und die Familie ihnen dabei helfen dürfen, das will die grüne Bundestagsabgeordnete auch in Zukunft nicht verbieten. Weiter will sie den Kreis aber nicht fassen. Kommerzielle Sterbehilfe oder Einzelpersonen wie Puppe, die immer wieder Beihilfe leisten, das will sie verboten wissen. Für sie ist dann die Schwelle zum Dienstleistungsangebot überschritten. Sie liegt damit auf einer Linie mit Michael Donth: »Ich wüsste nicht, dass wir sonst einmal gleich abgestimmt haben. « Beide befürchten, dass der Druck auf Alte und Behinderte wächst, »den anderen nicht zur Last zufallen «, die Angehörigen, die Gesellschaft durch ihren Tod zu entlasten, wenn die Sterbehilfe so einfach zu bekommen ist. Einwilligungsfähig müssten die Menschen sein und ein Bewusstsein dafür haben, dass dies der wirklich allerletzte Schritt sei. Sind diese Voraussetzungen gegeben, hilft Peter Puppe ihnen beim Sterben. Und wer sagt ihm, dass die Menschen unheilbar krank sind? »Ich sehe, wenn jemand leidet.« Das ist für ihn der entscheidende Punkt. Das andere liege in der Selbstbestimmung des Einzelnen. »Das sind Menschen, die zu Hause leiden, und wissen, was sie ausgehalten haben.« Es sei auch für ihn verwirrend, aber er komme gut zurecht, mit dem was er tue. »Es geht mir nicht schlecht dabei. «Der 90-­‐jährige Mann, den er zu Beginn seines Tuns in die Schweiz begleitet habe, sei in seinen Armen gestorben: Er habe ihn als Freund empfunden, der sein Ziel erreicht habe. »Es gibt ganz viele Menschen, die Hilfe brauchen und nur wenige die helfen«, sagt er. Darauf zielt auch eine Frage eines Schülers an die beiden Bundestagsabgeordneten: »Was ist, wenn ich sterben will, und niemand in meiner Familie mir helfen will?« Wäre es da nicht für beide Seiten menschwürdiger, da käme jemand und mache das klar? So einfach könne man es nicht machen. »Die Familie muss am Ende des Lebens miteinander reden«, sagt Beate Müller-­‐Gemmeke und für Donth ist klar: »Sterben ist immer eine Belastung, diese kann die Politik nicht wegnehmen.« Ziel müsse es aber sein, und dabei waren sich die drei Gäste auf dem Traifelberg ausnahmsweise einig, die Palliativ-­‐ Medizin und die Hospize auszubauen. »Die Menschen wollen leben, sagt auch Sterbebegleiter Peter Puppe. Oft steckten Einsamkeit oder eine unzureichende Versorgung hinter dem Sterbewunsch. Es wäre eine Bankrotterklärung für die Politik, findet Beate Müller-­‐Gemmeke, würde sie nicht bei den Ängsten ansetzen. Es gelte, die Lebensqualität am Ende zu erhöhen. Für Puppe ist aber auch klar, nicht jeder will zum Sterben in ein Hospiz oder Krankenhaus, sondern suche nach einem anderen Weg, wie auch ein Zuhörer fragte. Etwa 150 Fälle von Sterbehilfe gebe es in Deutschland jährlich, würde man diese weiter wie bisher tolerieren, könne er keinen Dammbruch sehen und auch keinen größeren Druck auf die Angehörigen: »Sie wollen einen guten Freitod durch Angehörige, und eine schlechten durch professionelle Helfer, so sein Vorwurf. (GEA)