Lesen Sie mehr

Unsere Pferde
Unsere Pferde
Carella
Die
Eigensinnige
Motivation im Parcours, Entspannungsmodus zu Hause
Text: Monika Schaaf | Fotos: Karl-Heinz Frieler
W
er Carella im Parcours erlebt, weiß sofort: Die will. Aufmerksam und mit allergrößter Vorsicht nähert sie sich jedem
Sprung, ist wendig und dabei in der Lage, auch
ohne großen Schwung ein Hindernis quasi aus
dem Stand zu springen. Und schnell ist sie.
Manchmal fast zu schnell, wie ihr Reiter Niklas
Krieg bestätigen kann. Dann lässt sich die Clearway-Tochter fast nicht mehr festhalten, so sehr ist
sie von ihrem Ehrgeiz angestachelt. Im Januar in
Leipzig allerdings, da war das Maß aus dem NachVorne-Drang und der Kontrollierbarkeit das richtige – und was dabei rauskommen kann, zeigt das
Ergebnis: Sieg im Weltcup, gegen die geballte internationale Konkurrenz. Wohlgemerkt im ersten
Weltcup-Springen der beiden überhaupt. Mit einem solchen Erfolg war nicht zu rechnen, auch
wenn sich die Grundschnelle, die aus einer Concerto II-Mutter stammt, bereits immer wieder mal
in Szene setzen konnte. So siegte sie im vergangenen Jahr im Großen Preis von Offenburg und gewann mit dem Reiter aus Villingen-Schwenningen
Mannschaftssilber bei der Europameisterschaft
2015 sowie Teamgold ein Jahr zuvor.
Schon jung fand Carella den Weg nach BadenWürttemberg, zweieinhalbjährig wurde sie in Holstein von dem befreundeten Züchter der Familie
Krieg, Leonhard Diez, in Holstein entdeckt und
kam dreijährig ins Südbadische. Dort brachte sie
zunächst ein Fohlen zur Welt, den heute achtjährigen Contender-Sohn Cameron, der mit Jennifer
Taxis erste internationale Erfahrungen sammeln
konnte und nun auch mit Niklas Krieg Platzierungen international einholte. Carella selbst wurde
damals von der Bereiterin Tanja Fuhrer sechsjährig in den Sport gebracht, dann übernahm Niklas‘
Vater Andreas Krieg und Ende siebenjährig
schließlich ihr heutiger Reiter. Eine nicht sehr
leichte Aufgabe, wie sich der 22-Jährige erinnert:
„Die ersten zwei Jahre waren wirklich schwierig.
36 | Reiterjournal
Sie kann schon zickig
sein, und eigensinnig.
Aber irgendwann haben
wir uns zusammengerauft
und uns beide gut verstanden.“
Ein Beleg für ihre Eigenarten: Während sie früher
nie ins Gelände wollte, geht heute beim morgendlichen Programm kein Weg daran vorbei. Da ist
Carella stur. Erst also Ausreiten, dann an die Arbeit. An der findet sie übrigens keinen Gefallen,
ob sie vorher die Seele baumeln lassen konnte
oder nicht. „Man kann das echt nicht glauben,
wenn man sie nur aus dem Parcours kennt“, lacht
der Reiter, der sich im ersten Jahr nach der Junge
Reiter-Zeit befindet. „Sie will zu Hause einfach
nicht vorwärts.“ Anders ist das auf dem Turnier.
„Wenn die Glocke ertönt, ist ihr alles egal“, so
Krieg weiter. „Dann ist sie auf Sendung und will
alles richtigmachen.“ Früher, da war Carella noch
wilder, noch heißer, jetzt bringt sie im Parcours
eine gewisse Abgeklärtheit mit. Ohnehin – so aufgedreht wie die Stall-Prinzessin über den Hindernissen wirkt, so viel Ruhe strahlt sie im normalen
Tagesgeschäft aus. „Sie ist super entspannt in allem“, erzählt der Pferdewirt. „Und total brav.“ Sogar richtig verschmust ist Carella, scharrt schon
mal in der Box, wenn ihr nicht genug Streicheleinheiten zuteilwerden. Klar, dass so auch der erste
Gang morgens von Niklas Krieg im Stall zu seinem
Ausnahmepferd führt. Inklusive Leckerchen. „Für
Leckerli und Karotten würde sie wohl sterben“,
schmunzelt der ambitionierte Jung-Profi. Und um
seinen Star im Stall bei Laune zu halten, wird natürlich das gemacht, was die braune Stute am
liebsten hat. Die beiden wissen mittlerweile, was
sie aneinander haben. Und sind somit bestens gerüstet für die weiteren kommenden Aufgaben in
der Saison. Eine ganz große steht Ende März an:
das Weltcup-Finale in Göteborg. Da gehören sie zu
den fünf Paaren, die deutsche Farben vertreten.
Capitol I
Clearway
Wodka II
Carella
Concerto II
Fafra
D-la Luna
Capitano
Folia
Lord
Gerona 2
Contender
Bagina
Platz fünf im Weltcup
von Zürich: Zusammen
mit dem Sieg in Leipzig
Lord Calando
reichte das für das
Razzia
Weltcup-Finale für
Niklas Krieg und Carella.
Reiterjournal | 37