Zusammenarbeit erfolgreich gestalten

BERUFSBILDUNGSEXPORT 2014
DIE ZUSAMMENARBEIT MIT
SCHLÜSSELPARTNERN
ERFOLGREICH GESTALTEN
BEX
meta
Berufsbildungsexport
BERUFSBILDUNGSEXPORT 2014:
ÜBERSICHT HANDLUNGSLEITFÄDEN
1. Schlüsselpartner für den Berufs­bildungs­export auswählen
2. Die Zusammenarbeit mit Schlüsselpartnern erfolgreich gestalten
3. Kundengerechte Zertifizierungsmodelle entwickeln
4. Bedarfsermittlung systematisch gestalten
5. Kosten im Griff halten
6. Erlös- und Preismodell gestalten
7. Vertriebswege auswählen und nachhaltiger Akquiseerfolg
durch höhere Kundenzufriedenheit
8. Kundennutzen verdeutlichen und Kunden erreichen
9. Qualität sichern
BEX
meta
Berufsbildungsexport
2
DIE ZUSAMMENARBEIT MIT S
­ CHLÜSSEL-
DIE ZWEI LEITFRAGEN
Leitfrage 1:
PARTNERN ERFOLGREICH GESTALTEN
S. 6
Der Berufsbildungsexport lebt von Kooperationen mit strategischen
Welche Erfolgsfaktoren und Risiken sind bei
Schlüssel­partnern. Die Zusammenarbeit verschiedener Organisationen oder
­interkultureller Kooperation im
Einzelpersonen stellt vor dem grenzüberschreitenden Kontext im Berufs­
Berufsbildungsexport zu beachten?
Leitfrage 2:
bildungsexport eine komplexe Aufgabe dar. Um diese Aufgabe zu bewäl­
S. 16
tigen, werden interkulturelle Kompetenz und Zeit in der Planung benötigt.
Das verlangt ein effektives und vor allem umsichtiges Management. Die
Wie gestaltet man einen Kooperationsvertrag im
unterschiedlichen kulturellen Hintergründe und Besonderheiten sind zu
Berufsbildungsexport?
berücksichtigen.
In der Theorie mag der Schritt zu interkultureller Zusammenarbeit ein
­leichter sein – die Praxis im Berufsbildungsexport zeigt jedoch immer wie­
der, dass Kooperationen zu unbefriedigenden Ergebnissen führen oder
sogar fehlschlagen. Aufgrund von Missverständnissen in der Kommu­
nikation oder mangelnder Geduld können Unternehmungen scheitern.
4
Kontaktadresse
Sandra Dijk
Fraunhofer MOEZ
Fraunhofer MOEZ
Berufsbildungsexport
Tel.: +49 341 97 33-863
Neumarkt 9-19
Fax: +49 341 97 33-699
D-04109 Leipzig
[email protected]
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LEITFR AGE 1: WELCHE ERFOLGSFAK TOREN UND R
­ ISIKEN
S I N D B E I ­I N T E R K U L T U R E L L E R K O O P E R A T I O N I M
BERUFSBILDUNGSEXPORT ZU BEACHTEN?
Abbildung 1: Erfolgsvariablen und Risiken im Berufsbildungsexport
E R F O L G S VA R I A B L E N
• Bereitschaft und Fähigkeit, mit der externen Organisation
wie auch untereinander zu kooperieren
ALLGEMEIN
• Gemeinsame Treffen und hoher Stellenwert informeller
Kommunikation
• Gemeinsame Integrationsmaßnahmen durchführen
• Verfahren um Konflikte zu bewältigen vereinbaren
• Kulturelle Faktoren und die strategischen Bedeutungen
der Projekte in allen Phasen/Entwicklungsstufen
berücksichtigen
Interkulturelle Zusammenarbeit stellt im
Vergleich zu Kooperationen mit hiesigen
werden. Hieraus ergeben sich allerdings
Partnern andere Anforderungen an eine
zahlreiche, nicht zu unterschätzende
Unternehmung.
­Risiken. Nach „Schwierigkeiten in Bezug
RISIKEN
• Verfehlen des Ziels, aufgrund unterschiedlicher Erwar­
tungen der Partner, mehrdeutiger/uneindeutiger Kom­
munikation und rechtlich unverbindlicher Aufgabenver­
teilungen
• Konflikte aufgrund mangelnder Leistungserbringung
eines Partners
• Verhältnis von Nutzen und Aufwand eines P­ artners
verschlechtert sich
Weiterbildungen durchzuführen) genutzt
auf Rechtssicherheit“, „Handelsbarrieren
Was Sie erwartet
und zu wenig Marktkenntnisse“ rangie­
ren kulturelle Unterschiede bereits auf
Dieser Leitfaden bietet Einblick in Beson­
Platz drei der Liste von Hürden, die von
derheiten interkultureller Kooperationen.
Berufsbildungsexporteuren im Rahmen
Risiken, die sich aus dieser Form der
ihrer Arbeit zu überwinden sind. Mit Hilfe
Zusammenarbeit ergeben, können im
eines gut durchdachten und effektiven
• Zu große Abhängigkeit eines Partners vom anderen,
die tatsächlich besteht oder von einem Partner emp­
funden wird
Vorfeld durch Kooperationsverhandlungen
Kooperationsmanagements sind spezi­
und den Abschluss eines geeigneten Ver­
fische Risiken im Vorfeld zu adressieren,
• (unberechtigte) Informationsweitergabe, die nach Ende
der Kooperation die Existenz des Unternehmens
bedroht
trags minimiert und die Zusammenarbeit
um diese möglichst zu minimieren. Abbil­
im Berufsbildungsexport somit effektiver
dung 1 gibt einen Überblick über Erfolgs­
• Konflikte aufgrund mangelnder interkultureller Kompe­
tenz seitens der Mitarbeiter oder der Organisationen
auf beiden Seiten
gesteuert werden. Was bei dem
faktoren und Risiken von Kooperationen
Abschluss eines solchen Vertrags zu
im Berufsbildungsexport.
I N T E R K U LT U R E L L
beachten ist, ist ebenfalls Gegenstand
• Interkulturelle bzw. soziale Kompetenzen bei der Auswahl
der Mitarbeiter, die kooperieren sollen, b
­ erücksichtigen
• Schwierigkeiten aufgrund unterschiedlicher Hintergründe,
wenn Verhaltensweisen und Prozesse abzustimmen sind
• Interesse an der Landeskultur, der Organisationskultur der
Partner und den soziokulturellen Besonderheiten der Ziel­
gruppe
• Höhere Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen und
„Fettnäpfchen“, welche die Kooperation insgesamt behin­
dern oder gar beenden können
• Verständnis beider Seiten für den Einfluss kultureller
Unterschiede auf die Zusammenarbeit
dieses Handlungsleitfadens.
Es gibt aber auch eine Reihe von Chancen:
Die fehlende Reputation vor Ort kann
zum Beispiel durch einen einheimischen
Partner kompensiert und der Markt­
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Meyer/Thomas
(2004): Interkulturelle Kooperationskompetenz sowie
Howaldt et al. (2003): Netzwerke des Wissens.
6
eintritt beschleunigt oder dessen Infra­
struktur (zum Beispiel Räumlichkeiten um
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LEITFR AGE 1: WELCHE ERFOLGSFAK TOREN UND R
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BERUFSBILDUNGSEXPORT ZU BEACHTEN?
„Die größte Herausforderung ist tatsäch-
Erfahrungs­berichte aus der Praxis des
„So etwas kollidiert dann schon mit der
Berufsbildungsexports ­weisen immer
deutschen Mentalität, der Punkt mit den
lich die richtige Hierarchieebene zu tref-
schreitenden Zusammen­arbeit ein. „Fett­
wieder auf Herausforderungen hin, die
Gastgeschenken. Über drei Jahre kann
fen und dafür zu sorgen, dass die oberste
näpfchen“ können auf diesem Weg
insbesondere auf interkulturelle Unter­
sich das ja wirklich läppern. Es ist wirklich
Hierarchieebene nach unten durchdele-
verhindert oder zumindest eingeschränkt
schiede zurückzuführen sind. Geschäfts­
nicht ohne! Und die erwarten das. Wenn
giert. Man muss die richtigen Entscheider
werden. Das hilft nicht nur Missverständ­
beziehungen werden in anderen Ländern
Sie dort ohne aufschlagen, sind Sie unten
am richtigen Ort treffen und zwar die,
nissen entgegenzuwirken. Sogar Konflikte
häufig deutlich anders als in Deutschland
durch!“
die auch wirklich Entscheidungskompe-
lassen sich durch die Berücksichtigung der
gepflegt. In vielen Ländern sind beispiels­
Quelle: eigene Erhebung mit Berufsbildungsexporteur
tenz haben. Weil es haben uns sehr, sehr
unterschiedlichen Verhaltens­weisen ver­
viele Menschen immer gesagt, das ist
meiden. Selbst die Effizienz der grundle­
weise Gastgeschenke im beruflichen
wert bei einer erfolgreichen grenzüber­
Umfeld ein Muss. Dabei kommt es beson­
Moderne Kommunikationstechniken
überhaupt kein Problem, das können wir
genden Arbeitsprozesse ist dadurch positiv
ders darauf an, die geeigneten Präsente
(zum Beispiel Videochats) ersetzen keine
ohne Weiteres realisieren, aber im Nach-
zu beeinflussen.
auszuwählen und entsprechend zu über­
persönlichen Treffen. Beratungen und der
hinein haben wir erfahren, dass diese
geben. Hier spielen hierarchische Struktu­
Aufbau von Vertrauen ziehen sich oft
Person überhaupt null Entscheidungs-
Ein unterschiedliches Zeitverständnis zum
ren eine wichtige Rolle, die es zu überbli­
über Jahre hin. Selten ist mit schnellen
kompetenz hatte. Aber in dem Moment
Beispiel kann zu großen Missverständnis­
cken gilt. Nicht zu unterschätzen ist bei
Erfolgen und Ergebnissen zu rechnen. Für
das berühmte Gesicht nicht verlieren
sen führen. Während in sogenannten
dieser Thematik auch der finanzielle
deutsche Berufsbildungsanbieter kann
wollte, und deswegen gesagt hat, ich
monochronen Kulturen Zeitpläne und Ter­
Aspekt. So berichteten Berufsbildungsex­
dies auf dem Weg zum Export ihrer
mache das für euch, ich realisiere das.“
minfristen das Leben bestimmen, ist dies
porteure, dass vor allem zu Beginn der
­Dienstleistungen sehr ungewohnt sein
Quelle: eigene Erhebung mit Berufsbildungsexporteur
in polychronen Ländern weniger der Fall.
Zusammenarbeit wiederholt Geschenke
und anfänglich zu hoher Frustration füh­
vonnöten sind, um Geschäftsbeziehun­
ren. In der Regel lohnt es sich jedoch, am
Bei der Planung und Durchführung von
Unterschiedliche Länder und Regionen las­
gen zu pflegen. Das bleibt im Rahmen
Ball zu bleiben. Gefestigte Beziehungen
Vorhaben im Berufsbildungsexport sollte
sen sich nicht immer eindeutig mono-/
der finanziellen Projektplanung häufig
sind die Grundvoraussetzung, um inter­
unbedingt darauf geachtet werden, dass
polychron einordnen. Als Orientierung gilt,
unberücksichtigt.
kulturelle Kooperationen nachhaltig
Mitarbeiter mit entsprechenden Qualifika­
dass Russland und China als gemäßigt
gestalten zu können.
tionen und Länderexperten einbezogen
monochron und die Länder Südostasiens,
Weitere Informationen siehe Handlungs­
werden. Kenntnisse über Verhaltensnor­
Lateinamerikas und im arabischen Raum
leitfaden Nr. 5 „Kosten im Griff halten“
men nehmen einen sehr hohen Stellen­
als eher polychron zu verstehen sind.
8
Die Zeit tritt in den Hintergrund.
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LEITFR AGE 1: WELCHE ERFOLGSFAK TOREN UND R
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BERUFSBILDUNGSEXPORT ZU BEACHTEN?
Termine sind weniger bindend und der
„Es gibt erstmal einen Leitfaden der Dos
B E S T P R A C T I C E : L O K A L E R PA R T N E R I M Z I E L L A N D —
Arbeitsrhythmus während des Tages ist
and Don‘ts, also Hinweise zur Verhaltens-
­V E R T R A U E N S P E R S O N U N D D I E N S T L E I S T E R
ein anderer. Es ist nicht immer ange­
weise gegenüber oder mit den chinesi-
bracht, innerhalb von 24 Stunden eine
schen Teilnehmern. Und was wir für die
Erin­nerungs-E-Mail zu versenden, wie es
Dozenten machen werden, ist ein separa-
in westlichen Länder ausgeprägt ist. Nor­
tes oder eigenständiges interkulturelles
men pauschal zu unterstellen, kann ein
Training. Es wird ja im Rahmen des Pro-
Trugschluss sein. Beispielsweise anzuneh­
jektes auch ein Coach­ing erfolgen, wo
men, dass im gesamten arabischen Raum
deutsche Dozenten nach China geschickt
ähnliche Verhaltensweisen gelten, wäre
werden. Und umgekehrt ist für die Teil-
zu kurz gedacht. Aus diesem Grund ist zu
nehmer aus China, die nach Deutschland
empfehlen, Experten bei der Vorberei­
kommen, in jedem Fall ein interkulturelles
tung des Berufsbildungsexports zu Rate
Training geplant.“
zu ziehen. Erfahrene Berufsbildungs­
Quelle: eigene Erhebung mit Berufsbildungsexporteur
exporteure unterstreichen immer wieder
die hohe Bedeutung von interkulturellen
Trainings oder den Austausch mit einhei­
mischen Experten als optimale
Vorbereitung.
Für deutsche Berufsbildungsexpor­
einheimische Person, die für uns vor
teure kann eine lokale Vertrauens­
Ort ist.“
person einen entscheidenen Wettbe­
Quelle: eigene Erhebung mit Berufsbildungsexporteur
werbsvorteil darstellen. Auf diese
Weise können gleich zwei Herausfor­
Wie wurde die Vertrauensperson
derungen adressiert werden. Erstens
im Zielland gefunden?
kann die Distanz zum Zielland teil­
weise überwunden werden, indem
Eine geeignete Person im Zielland
eine vertrauenswürdige Person stän­
wurde über eine entsprechende
dig vor Ort ist und Projektinteressen
­Koordinierungsstelle* in Deutschland
vertritt. Zweitens sind Schwierigkei­
ausfindig gemacht und daraufhin mit
ten aufgrund interkultureller Unter­
der Betreuung des Projekts beauftragt.
schiede leichter zu handhaben, da
Die Institution in Deutschland fun­
lokale Personen das notwendige kul­
gierte als Dienstleister, vermittelte und
turelle Hintergrundwissen für den
bot Vermittlung, auch interkulturelle
Umgang im Zielland mitbringen.
Trainings, an. Sie stand als ständiger
Ansprechpartner zur Verfügung. Die
„Wir hatten ja dort so einen lokalen
Koordinierungsstelle bezahlte die Ver­
Ankermann, also eine Person, die für
trauensperson im Zielland. Als Anreiz
uns organisiert und sich noch dieses
wurde eine Sonderzahlung im Falle
Projekt-­Hütchen aufgesetzt und
besonderer Bemühungen vereinbart.
Akquise gemacht hat, also quasi eine
*Handlungstipp auf Seite 12
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LEITFR AGE 1: WELCHE ERFOLGSFAK TOREN UND R
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BERUFSBILDUNGSEXPORT ZU BEACHTEN?
HANDLUNGSTIPP
Im konkreten Fall handelte es sich um
Da es sich bei der lokalen Partnerin um
Gepflogenheiten ihres Landes. In vielen
An welche Koordinierungsstellen in
eine Dame, die insbesondere wegen ihres
eine Einheimische handelte, die zudem
Fällen konnten so Konflikte vermieden
Deutschland wenden sich Unter­nehmen
langjährigen Aufenthalts in Deutschland
aus einer Familie mit sehr gutem Ruf
oder geklärt werden. Das deutsche Team
konkret, um Ansprechpartner im Ziel-
für das Projekt geeignet ist. Sie spricht
stammt, war es für sie viel leichter an
profitierte vom regelmäßigem Feedback
beide Sprachen und versteht die unter­
bestimmte Informationen zu gelangen,
und konstruktiver Kritik zum Auftreten
schiedlichen Kulturen.
als es für das deutsche Team jemals mög­
und Umgang gegenüber dem Unterneh­
lich gewesen wäre. Sie konnte das Pro­
men im Zielland. Auf der anderen Seite
Bausteine der Zusammenarbeit
jektteam über die hierarchische Struktur
leistete sie Überzeugungsarbeit und
und Zuständigkeiten im Unternehmen
begleitete die langwierigen Verhandlun­
Im Lauf des Projektes übernahm die
aufklären. Diese Informationen waren
gen mit dem Auftraggeber im Zielland
lokale Vertrauensperson zahlreiche Auf­
vorab nicht ersichtlich, aber von Relevanz,
und legte immer wieder „ein gutes Wort“
für das deutsche Team ein.
land ausfindig zu machen?
Institutionen, die im Bereich Weiter­
bildung und Beschäftigung tätig sind,
kommen als Koordinierungsstellen in
Frage.
Industrie- und Handelskammern (IHKs)
gaben. Schnell wurde deutlich, dass diese
um zu wissen, wer dort verbindliche
und die entsprechend zuständigen
Aktivitäten von hoher Relevanz waren
Zusagen treffen kann.
Außenhandelskammern (AHKs) können
und die Projek­tarbeit des deutschen
in vielen Fällen vermitteln.
Teams enorm unterstützten.
Gerade zu Projektbeginn führten falsch
phase änderte sich der Aufgabenbereich
verstandene Versprechungen zu Irritatio­
der lokalen Vertrauensperson. Sie beglei­
Neben organisatorischen Aspekten wie
nen im deutschen Projektteam. Diesem
tete anfangs die Bedarfserhebung und
Sie verfügen über ein großes und
belastbares Netzwerk.
In Abhängigkeit der jeweiligen Projekt­
Terminabsprachen für die deutschen Part­
Umstand konnte dank den entsprechen­
schließlich auch die Gestaltung der ersten
In Zeiten digitaler Kommunikation ist
ner mit dem Kunden vor Ort, der kom­
den Informationen entgegengewirkt
Schulungen vor Ort. In jeder Phase
es denkbar und ausgesprochen effizi­
pletten Planung von Geschäftsreisen ins
werden.
konnte das Projekt durch Impulse der
ent über soziale Medien, zum Beispiel
Zielland, der Koordination und Hilfe bei
Partner vor Ort angereichert und
in internationalen Foren der geschäft­
der Auswahl geeigneter Dolmetscher
Als Einheimische fungierte die lokale Pro­
geplante Vorgehensweisen auf ihre Eig­
lichen Plattform Xing oder vergleich­
stellten sich vornehmlich die folgenden
jektmitarbeiterin als bedeutende Vermitt­
nung im Zielland geprüft werden.
baren Portalen (LinkedIn) Kontakt­
Aspekte als äußerst wertvoll heraus:
lerin. Auf der einen Seite schaffte sie Ver­
personen im Zielland anzuwerben.
ständnis für ihre Landsleute und erläu­
terte immer wieder bestimmte
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LEITFR AGE 1: WELCHE ERFOLGSFAK TOREN UND R
­ ISIKEN
S I N D B E I ­I N T E R K U L T U R E L L E R K O O P E R A T I O N I M
BERUFSBILDUNGSEXPORT ZU BEACHTEN?
Lessons Learned:
Durch die enge Zusammenarbeit mit einer lokalen Vertrauens­
person kann ein Vorhaben im Berufsbildungsexport enorm
erleichtert werden.
Dies trifft dann zu, wenn es sich um Einsteiger handelt und
keine Ressourcen für eine Niederlassung oder ein Repräsentanz­
büro vor Ort vorhanden sind.
Die jeweilige Kultur und die Geschäfts­gepflogenheiten können
durch diese Art der Zusamenarbeit besser verstanden und vor
allem berücksichtigt werden. Für das deutsche Team wurden so
viele wertvolle Einblicke in das Zielland ermöglicht. Dies hatte
wiederum einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des
Projektes.
Die Praxis im Berufsbildungsexport zeigt, dass bereits viele Vor­
haben von einer lokalen Vertrauensperson profitieren konnten.
E X K U R S : W A N N S O L LT E M A N E I N E KO O P E R AT I O N
IM BERUFSBILDUNGSEXPORT ABBRECHEN?
Grundsätzlich lässt sich in der Praxis zwischen der planmäßi­
gen und der außerplanmäßigen Beendigung einer Koopera­
tion unterscheiden. Für die planmäßige Beendigung können
zuvor sachliche oder zeitliche Kriterien definiert werden, die
regelmäßig von allen Partnern überprüft werden. Sind Kri­
terien erfüllt, wird eine Kooperation beendet.
Im Gegensatz zur planmäßigen Auflösung, bedeutet die
außerplanmäßige Beendigung ein frühzeitiges Ende der
Kooperation. Wirtschaftliche Anlässe, Probleme in der
Zusammenarbeit, Strategieänderungen eines Partners oder
andere externe Gründe sind dabei häufige Anlässe für einen
frühzeitigen Kooperationsabbruch im Berufsbildungsexport.
Wichtig ist vor diesem Hintergrund, dass eine sogenannte
Exit-Strategie, die klare Abbruchkriterien und Ausstiegssze­
narien definiert, existiert. Diese sollte unbedingt bei Koope­
rationsverhandlungen berücksichtigt und systematisch fest­
gelegt werden.
14
15
L E I T F R AG E 2 : W I E G E S TA LT E T M A N E I N E N
KO O P E R AT I O N S V E R T R AG I M B E R U F S B I L D U N G S E X P O R T ?
Abbildung 2: Drei Schritte zum Kooperationsvertrag
Ist-Soll-Analyse der eigenen Organisation
Der Weg zum Kooperationsvertrag im Berufsbildungsexport
Risiken, die sich aus der interkulturellen
Schritt 1: Ist-Soll-Analyse der eigenen
Zusammenarbeit ergeben, können mit
Organisation
verschiedenen Maßnahmen adressiert
„Die Nadel im Heuhaufen“ suchen
werden. Eine Basisabsicherung ist die ver­
Besonderes Augenmerk verdient im ers­
tragliche Regelung. Auf diese Weise kön­
ten Schritt die Analyse der Stärken der
nen zumindest kalkulierbare Risiken mini­
eigenen Organisation.
miert werden.
Kooperationsverhandlungen und
Kooperationsvertrag
Berufsbildungsexporteure unterstreichen aus praktischen Erfah­
rungen die Notwendigkeit von schriftlichen Vereinbarungen mit
internationalen Partnern im Zielland.
Quelle: Eigene Darstellung
16
Folgende Fragen sind zu beantworten:
Es lassen sich zwar kaum alle auftreten­
Wie können die Stärken der eigenen
den Hindernisse und Risiken vorhersehen
Organisation im Hinblick auf ein Vorha­
und regeln. Dennoch können mit Hilfe
ben im Berufsbildungsexport ausgebaut
der vertraglichen Festlegung von wichti­
werden? Welche Partner verfügen über
gen Eckpunkten von Anfang an Grund­
spezifisches Marktwissen und erleichtern
satzdiskussionen vermieden werden, die
mir den Zugang zu den Endkunden?
ansonsten zu einem späteren Zeitpunkt
Welcher strategische Partner kann bei der
im Projektablauf auftreten und die
Leistungserbringung unterstützen und
Zusammenarbeit beeinträchtigen könn­
eigene (Kompetenz-)Defizite ausgleichen?
ten. Es sollte daher unbedingt ein Koope­
Es sollte in Betracht gezogen werden, die
rationsvertrag zwischen den Partnern im
eigene Bildungsdienstleistung durch die
Berufs­bildungs­export geschlossen wer­
Zusammenarbeit mit anderen Anbietern
den. Der Weg zum Vertragsabschluss
zu ergänzen. Das kann zum Beispiel ein
lässt sich idealtypisch den folgenden drei
Angebot von Lehr- und Lernmitteln in
Schritten zusammenfassend darstellen
Kombination mit der eigenen Dienstleis­
­(Abbildung 2):
tung sein.
17
L E I T F R AG E 2 : W I E G E S TA LT E T M A N E I N E N
KO O P E R AT I O N S V E R T R AG I M B E R U F S B I L D U N G S E X P O R T ?
Schritt 2: „Die Nadel im Heuhaufen“
Schritt 3: Kooperationsverhandlun-
suchen
gen und Abschluss eines Vertrages
GUT ZU WISSEN!
WA S I S T D E R U N T E R S C H I E D Z W I S C H E N E I N E M
Der zweite Schritt widmet sich dem Fin­
Nachdem ein passender Partner für das
­M E M O R A N D U M O F U N D E R S TA N D I N G ( M o U ) U N D
E I N E M KO O P E R AT I O N S V E R T R A G ?
den der am besten geeigneten Koopera­
Exportvorhaben gefunden ist, empfiehlt
tionspartner für den Berufs­
es sich, die Kooperation­s­verhandlungen
bildungsexport. Dieser wesentlichen Auf­
offen und allumfassend zu gestalten. Das
MoU – Die Absichtserklärung
gabe geht die Antwort voraus, welche
bedeutet neben offensichtlich anmuten­
Erwartungen innerhalb der eigenen
den Verhandlungs­punkten wie den
Grundsätzlich handelt es sich bei einem Memorandum of Under­
Organisation an den oder die Partner
gemeinsamen Zielen, der Absprache der
standing um die Absichtserklärung einen Vertrag abzuschließen, die von
gestellt werden. Es bietet sich eine Ana­
jeweiligen Erwartungen und Absichten
allen Seiten unterzeichnet wird. Typisch ist, dass keinerlei Inhalte eines
lyse mehrerer potenzieller Kooperations­
und einer klaren Aufgaben- und Manage­
möglichen Vertrages enthalten sind, sondern lediglich der Wunsch der
partner an, um die Wahrscheinlichkeit
mentverteilung, „unangenehme“
Kooperation und das Vorhaben, ernsthafte Vertragsverhandlungen zu füh­
einer erfolglosen Kooperation auszu­
Aspekte wie Konfliktbeilegungsmechanis­
ren, bekundet werden. Die Vorteile eines MoUs liegen insbesondere in der
schließen oder zu verringern.
Ausführliche Informationen dazu fin­
den sich im Handlungsleitfaden Nr. 1
men oder die Möglichkeit der vorzeitigen
Vertrauensbildung, die vor allem im Kontext einer interkulturellen Koopera­
Beendigung der Kooperation ebenso zu
tion von enormer Bedeutung ist. Da ein MoU in keiner Weise und für keine
verhandeln.
Seite rechtlich bindend ist, sollte es bei Bedarf als vertrauens­bildende Maß­
nahme eingesetzt werden.
„Schlüsselpartner für den Berufsbil­
dungsexport auswählen“
Erfahrungen aus dem Berufsbildungsexport zeigen, dass insbesondere im asiatischen Raum der Unterzeichnung von Absichts­
erklärungen eine sehr große Bedeutung zugesprochen wird. Im
Mittelpunkt dessen steht dabei der zeremonielle Aspekt der Vertragsunterzeichnung als symbolischer Beginn der Zusammenarbeit.
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L E I T F R AG E 2 : W I E G E S TA LT E T M A N E I N E N
KO O P E R AT I O N S V E R T R AG I M B E R U F S B I L D U N G S E X P O R T ?
WIE GESTALTET MAN EINEN
Abbildung 3: Ausarbeitung eines Kooperationsvertrages im Berufsbildungsexport
KOOPERATIONSVERTRAG?
Nachdem geeignete Partner gefunden
Zunächst ist zu klären, welche Vertrags­
sind und eine entsprechende Kooper­
sprache für die Vertragsabwicklung
ations­­bereitschaft beider Seiten geklärt
gewählt wird. Dann ist der Staat zu
ist, gilt es, in die Kooperationsverhandlun­
bestimmen, dessen Recht dem Vertrag
gen einzusteigen und einen entsprechen­
zugrunde liegt. Jeder Vertragspartner
den Vertrag auszuarbeiten. Zuvor soll-
wird Interesse daran haben, dass das
ten die folgenden Kriterien beachtet
Recht seines Heimatlandes Anwendung
werden:
findet. Sofern keine Vereinbarung dazu
Angesichts der Vielfalt unterschiedlicher
getroffen wird, kommt üblicherweise das
Kooperationsbeziehungen kann es keinen
Recht des Staates zur Anwendung, in
allgemeingültigen Mustervertrag geben.
dem die für die Vertragserfüllung charak­
Für jedes Vorhaben im Berufsbildungs­
teristische Leistung erbracht wird. Bei der
export sollte daher ein eigener, auf die
Übersetzung des Kooperationsvertrages
spezifischen Belange der Kooperation
sollte unbedingt ein professioneller Über­
abgestimmter Vertrag erstellt werden.
setzer beauftragt werden, der das nötige
Welche Punkte hierbei beachtet und wel­
Fachvokabular beherrscht.
che Fragen in einem solchen Vertrag
geregelt werden sollten, ist Gegenstand
Tauschen Sie sich mit anderen Experten
der folgenden Ausführungen, die eine
aus dem Berufsbildungsexport aus und
Orientierung für den Abschluss eines
fragen nach konkreten Erfahrungsberich­
Kooperationsvertrages bieten.
Gesellschaftsrecht mit der Prüfung Ihres
EXPERTISE
Vertrages oder binden Sie diesen von
Anfang an in die Vertragsausarbeitung
mit ein.
I N D I V I D U A L I TÄT
ZEIT
Musterverträge können als Orientierung
Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die
dienen – ersetzen keinesfalls einen indivi­
Auswahl der Partner und die Ausarbei­
duell nach den Bedürfnissen Ihrer Organi­
tung des Vertrages.
sation geschneiderten Kooperations­vertrag.
ten, Empfehlungen oder bereits erstell­
ten Kooperationsverträgen als Vorlage.
20
Beauftragen Sie einen Spezialisten für
Quelle: Eigene Darstellung
21
L E I T F R AG E 2 : W I E G E S TA LT E T M A N E I N E N
KO O P E R AT I O N S V E R T R AG I M B E R U F S B I L D U N G S E X P O R T ?
Wesentliche Inhalte des Kooperationsvertrages
3. Umgang mit Arbeitsergebnissen ­– Nutzungsrechte
Jeder Kooperationsvertrag sollte neben den Formalien wie Name und Sitz
•
der Kooperation, Gerichtsstand, Schlussbestimmungen sowie den Ort,
Wie geht man mit gemeinsam erarbeiteten Konzepten und ­
Materialien um?
Datum und Name der Kooperationspartner und (mindestens) die folgenden
inhalt­lichen Aspekte verbindlich regeln. Dabei ist zu beachten, dass es sich
Können diese nach dem gemeinsamen Kooperationszeitraum
von allen Kooperationspartnern genutzt werden oder nicht?
hierbei um keine vollständige Aufzählung handelt, sondern um die wich­
tigsten Punkte zur Orientierung.
4. Vertragslaufzeit
1. Gegenstand der Kooperation
•
Beginn, Dauer und Kündigung einer Kooperation, Befristungen
•
Welche Erwartung liegt der Kooperation zugrunde?
•
Welche Ziele sollen erreicht werden?
5. Ergebnisregelung
•
Stimmen alle Beteiligten wirklich überein?
•
Verteilung von Gewinnen und Verlusten
Es sollte unbedingt eine präzise Formulierung hinsichtlich der
6. Rechte und Pflichten der Kooperationspartner
Ziele und des Zwecks der Kooperation formuliert werden.
•
Rechte und Pflichten aller beteiligten Kooperationspartner
2. Aufgabenbereiche und Leistungsumfang
7. Wettbewerbsverbot
•
•
•
Klare Zuordnung der Verantwortlichkeit eines jeden
Regelungen bezüglich Wettbewerbsverbot, Abwerbungsregelungen
Kooperationspartners
von Kunden oder Mitarbeitern und der Umgang mit vertraulichen
Konkrete Regelungen zur Projektdurchführung, um spätere
Informationen
­Streitigkeiten zu vermeiden
•
Präzises Einbinden von Arbeits- und Zeitplänen
8. Sanktionen und Konfliktregelung
•
Was passiert bei Fehlverhalten der Kooperationspartner?
Vertragsgrundlage kann beispielsweise eine zuvor vereinbarte
Absichtserklärung oder eine Konzeptskizze sein.
22
23
CHECKLISTE: INHALTE DES
KOOPERATIONSVERTRAGES
Es liegen Informationen zu den
­folgenden Aspekten vor:
1
Ja
√
Nein
×
Offen
?
Nicht
relevant
Alle Formalien des Kooperationsvertrages sind erfüllt. Dazu zählen folgende Punkte:
Name und Sitz der Kooperation
Gerichtsstand
Schlussbestimmungen
Ort, Datum und Namen der
Kooperationspartner
2
Alle wesentlichen inhaltlichen Aspekte, welche die Kooperation rechtlich verbindlich regeln
s­ ollen, sind im Vertrag beachtet worden und enthalten. Hierzu zählen:
Ziele der Kooperation sind so präzise wie
möglich ausformuliert.
Die Aufgabenbereiche der Kooperation,
deren Verteilung unter den Partnern und
deren Leistungsumfang sind eindeutig
geregelt.
Die Rechtsbeziehungen zwischen den
Kooperationspartnern und zwischen ihnen
und Dritten sind präzise formuliert und
geregelt.
Beginn, Dauer und Kündigung der
­Kooperation sind eindeutig
festgeschrieben.
Die Kapitaleinlage und Beitragsregelung
sind zwischen den Kooperationspartner
verbindlich vereinbart.
Es liegen Informationen zu den
­folgenden Aspekten vor:
Ja
√
Nein
×
Offen
?
Nicht
relevant
Die Rechte und Pflichten aller
Kooperations­partner sind präzise
­formuliert und vereinbart.
Die personelle Ausgestaltung der
Geschäftsführung und deren Befugnisse
sind geregelt.
Die Ergebnisregelung zwischen den
­Kooperationspartnern ist verbindlich
vereinbart.
Die Kooperationspartner haben sich über
Haftung und Gewährleistung geeinigt.
Die Kooperationspartner haben ein Wett­
bewerbsverbot untereinander und gegen­
über gemeinsamen Kunden vereinbart.
Alle Kooperationspartner haben sich auf
Sanktionsverfahren bei Nichtbeachtung
oder unvollständiger Beachtung der Pflich­
ten seitens eines Partners geeinigt.
Verfahrensweisen bei Ausschluss eines
Gesellschafters aus wichtigem Grund sind
zwischen den Kooperationspartnern
festgeschrieben.
Verfahrensweisen bei Ausscheiden eines
Gesellschafters und Auflösungsregelungen
(Kündigungsfristen, Abfindungen,
­Z ahlungsweisen) sind zwischen den Koope­
rationspartnern festgeschrieben.
Maßnahmen und Verfahrensweisen zur
Bewältigung von Konflikten sind
vereinbart.
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IMPRESSUM
Danksagung:
Dieser Leitfaden ist im Rahmen des Metaprojektes „Berufsbildungs­
export durch deutsche Anbieter“ entstanden, das vom Bundes­
ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde.
Der Leitfaden beinhaltet die Überlegung der Autoren.
Herausgeber:
Fraunhofer-Zentrum für Mittel- und Osteuropa (MOEZ)
Städtisches Kaufhaus, Neumarkt 9-19, 04109 Leipzig
Telefon: +49 341 231 039 0
Fax: +49 341 231 039 190
E-Mail: [email protected]
Website: www.moez.fraunhofer.de
Redaktion: Prof. Dr. Thorsten Posselt (V.i.S.d.P.), Sandra Dijk
Grafisches Konzept: Albrecht Gäbel ([email protected])
Alle Abbildungen, wenn nicht anders angegeben
© 2014, Fraunhofer MOEZ
Das Fraunhofer MOEZ legt großen Wert auf eine ausge­wogene
­Darstellung der geschlechterspezifischen Bezeichnungen.
Sollten im Text vereinzelt männliche Bezeichnungen gewählt worden
sein, so ist dies aus Gründen der besseren Lesbarkeit geschehen.
Copyright: Fraunhofer MOEZ 2014
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A L L E W E I T E R E N P U B L I K AT I O N E N S I N D
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