Rohbau Tunnel Rastatt Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe–Basel Der Tunnel Rastatt Der Tunnelbau Rettungskonzept und Tunnelsicherheit Sonic Boom-Bauwerke Logistische Meisterleistung Die Basis der Zukunft. DB Netze. Dieses Projekt wird kofinanziert von der Europäischen Union – Transeuropäisches Verkehrsnetz (TEN-V) Rauental 5 5 Feste Fahrbahn Bauzeit: 2019 3 94,0 95,0 Tunnelportal Nord 462 96,0 2 Bauzeit: 2016–2018 3 1 4 2 rg 5 3 98,0 6 Trog Nord Bauzeit: 2013–2018 Ötigheim Mu 7 4 8 Trog Süd Tunnelportal Süd Bauzeit: 2015–2018 Offene Bauweise Süd Offene Bauweise Nord Bauzeit: 2015–2018 Niederbühl 99,0 Bf Rastatt Beinle 97,0 100,0 Bauzeit: 2015–2018 Bauzeit: 2019 Querschläge 1–8 1 Unterfahrung Rheintalbahn Leichtes Masse-Federsystem 1–4 Bauzeit: 2015–2018 Schildvortrieb Bf Rastatt Bauzeit: 2016–2017 Rastatt ba c h N Fe de r Der Tunnel Rastatt Der Tunnel Rastatt ist mit seinen 4.270 Metern Länge nach dem Katzenbergtunnel das zweitgrößte Einzelbauwerk im Großprojekt Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe–Basel. Beginnend östlich von Ötigheim unterquert er das gesamte Stadtgebiet von Rastatt und endet südlich im Bereich Niederbühl. Für die Anwohner bedeutet die Untertunnelung künftig deutlich weniger Lärmbelastung. Zudem werden die Eingriffe in die Natur auf ein Minimum reduziert: Die durch Rastatt verlaufenden Gewässer Murg und Federbach werden von dem Tunnel ohne dauerhafte Beeinträchtigung dieser unterquert. Die Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe–Basel Als Teil der Güterverkehrsachse von Rotterdam nach Genua ist die Ausbauund Neubaustrecke Karlsruhe–Basel von großer europäischer Bedeutung. 250 Züge des Nah-, Fern- und Güterverkehrs befahren täglich die bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erbaute Eisenbahnstrecke. Mit dem viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn soll die Streckenkapazität erhöht werden, um den prognostizierten Mehrverkehr aufnehmen zu können. Für Reisende verkürzt sich die Fahrtzeit von 100 auf 69 Minuten. Der Streckenausbau trägt zudem Schon gewusst? Die Rheintalbahn zählt zu den wichtigsten Strecken im Netz der Deutschen Bahn. Schon in den 1960er Jahren verkehrten hier mehr als 100 Züge täglich. Heute sind es mehr als doppelt so viele mit steigender Tendenz. 2 zur Entmischung der Verkehre bei: Die schnelleren Züge des Fernverkehrs werden von den langsameren Zügen des Nah- und Güterverkehrs getrennt, sodass sich die Verkehre gegenseitig nicht mehr beeinträchtigen. Der Streckenabschnitt 1 von Karlsruhe bis Rastatt-Süd Der Streckenabschnitt 1 verläuft von Karlsruhe bis Rastatt-Süd und ist in die drei Planfeststellungsabschnitte (PfA) Karlsruhe–Abzweig Bashaide (PfA 1.0), Abzweig Bashaide–Ötigheim (PfA 1.1) und Ötigheim–Rastatt-Süd (PfA 1.2) unterteilt. Im PfA 1.0 erfolgen lediglich Anpassungen an der Streckenausrüstung, wie zum Beispiel Signaltechnik. In den beiden südlich davon gelegenen PfA ist eine Neubaustrecke mit zwei zusätzlichen Gleisen auf einer Länge von rund 16 Kilometern vorgesehen. Der Tunnel Rastatt im PfA 1.2 bildet das Kernstück des gesamten Streckenabschnitts. Frank Roser, Projektabschnittsleiter „Ein Projekt dieser Größen ordnung benötigt nicht nur technisches und kaufmännisches Fachwissen innerhalb des Realisierungsteams, sondern auch eine hohe Kommunika tionsbereitschaft mit allen internen und externen Beteiligten.“ ICE und TGV auf der bereits fertiggestellten Neubaustrecke bei Baden-Baden Im Frühjahr 2016 startet der Rohbau des zweiröhrigen Tunnels mit dem Tunnelvortrieb. Dabei kommen zwei Tunnelvortriebsmaschinen zum Einsatz. Voraussichtlich ab 2019 folgt dann der Innenausbau: Das Bauwerk wird mit einer Festen Fahrbahn ausgestattet und die Oberleitungen sowie die Leit- und Sicherungstechnik werden eingebaut. Jürgen Kölmel, Projektingenieur „Ich bin als gebürtiger Durmers heimer sozusagen neben dem Streckenabschnitt 1 aufgewach sen und weiß daher, was das Projekt für die Region bedeutet und wie lange man schon darauf gewartet hat. Daher freut es mich umso mehr, dass ich als Teammitglied den Bau des Tunnels bis zur Inbetriebnahme unterstützen und vorantreiben darf.“ Geologie und Hydrologie Das Gebiet rund um Rastatt ist eingebettet in den Oberrheingraben, der im Westen durch den Pfälzerwald sowie im Osten durch den Schwarzwald und den Odenwald begrenzt ist. Im gesamten Tunnelbereich sind Lockergesteine des Tertiärs und Quartärs zu finden, die durch die Absenkung des Ober rheingrabens abgelagert wurden. Durch die Lage im Oberrheingraben befindet sich der gesamte Tunnel Rastatt unter dem Grundwasserspiegel. Für den Vortrieb unter Wasser kommt deshalb eine Tunnelvortriebsmaschine vom Typ Mixschild zum Einsatz, die einem Wasserdruck von bis zu 15 Bar standhält. Bindige Deckschichten aus sandigen Tonen und Schluffen überlagern fast überall die quartären Kiese und Sande. Die Schichten des Quartärs bestehen überwiegend aus Fein- und Großkiesen mit unterschiedlich hohem Sandanteil. Zudem kommen lokal schluffig-tonige und sandige Zwischenlagen vor. Die Untersuchungen zur Geologie haben ergeben, dass im Bereich des Tunnelquerschnitts vornehmlich mitteldicht bis dicht gelagerte Kiese und Sande vorkommen. In Höhe der Unterquerung der Murg werden zudem die deutlich älteren Schichten des Tertiärs angeschnitten. Die Grenze zwischen tertiären und quartären Schichten ist jedoch reliefartig durch Kuppen und Senken gegliedert. Die Tunnelbauer erwartet somit eine unregelmäßige Wechsellagerung von überwiegend bindigen Schichten (Schluff, Ton) mit bis zu zehn Meter mächtigen, grundwasserführenden Sandlagen. Immer wieder kommen vor allem in den feinkörnigen Lagen organische bis stark organische Beimengungen aus Holz und Pflanzenresten vor. Grundwasserwanne Nord im Bereich Ötigheim 3 Der Tunnelbau Der Auftrag für den Rohbau des Tunnels Rastatt wurde Ende 2014 an die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Tunnel Rastatt vergeben: Die Technik wird von der Firma Ed. Züblin AG betreut, die kaufmännische Federführung hat die Firma Hochtief AG übernommen. Das Auftragsvolumen für den Rohbau beläuft sich auf insgesamt rund 312 Millionen Euro. Für die Grundwasserwannen am nördlichen und südlichen Portal hat der Bau bereits begonnen. Im 2. Halbjahr 2015 startet die Montage der ersten Tunnelvortriebsmaschine, im Frühjahr 2016 kann dann der Tunnelvortrieb an der ersten Röhre beginnen. 4 Das Schneidrad der TVM hat einen Außendurchmesser von rund 11 Metern. Der Tunnelvortrieb Der Tunnel Rastatt beginnt im Norden mit einer 800 Meter langen Grundwasserwanne bei Ötigheim. Dabei handelt es sich um einen Stahlbetontrog, der dazu dient, die Bahntrasse vor dem Grundwasser zu schützen. Im Süden endet das Bauwerk mit einem 895 Meter langen Trog im Bereich Niederbühl. Im Anschluss an die Tröge werden rechteckige Tunnelabschnitte in offener Bauweise errichtet. Für den Hauptteil des Tunnels kommt jedoch wegen der geologischen und hydrologischen Situation nur eine geschlossene Bauweise mit einer Tunnelvortriebsmaschine (TVM) in Frage. Schon gewusst? Im Bauwesen beschreibt der Begriff „Weiße Wanne“ Bauwerke, die aus Wasserundurchlässigem Beton (WU-Beton) hergestellt werden. Diese Konstruktionsweise kommt auch beim Tunnel Rastatt zum Einsatz. Beispielsweise werden die Trogbauwerke am nördlichen und südlichen Ende des Tunnels mit WU-Beton hergestellt. Der Tunnelvortrieb startet im nördlichen Bereich bei Ötigheim und arbeitet sich Richtung Süden nach Niederbühl vor. Die TVM für die Tunnelröhre Ost wird im 2. Halbjahr 2015 in der Startgrube aufgebaut. Im Frühjahr 2016 beginnen die Vortriebsarbeiten. Die zweite TVM wird im 1. Halbjahr 2016 montiert. Die Vortriebsarbeiten für die Weströhre starten im 2. Halbjahr 2016, sodass die TVM rund vier Monate zeitversetzt im Einsatz sind. Im 2. Halbjahr 2018 werden die Vortriebsarbeiten für beide Röhren abgeschlossen sein. Die TVM vom Typ Mixschild nutzen eine Stützflüssigkeit und ein regelbares Luftpolster, um das vor der Maschine liegende Erdreich abzustützen. Der Mixschild setzt sich aus einer zweigeteilten Abbaukammer zusammen: Eine sogenannte Tauchwand teilt diese in eine Arbeits- und eine Druckkammer. Das ermöglicht eine Abdichtung zwischen der Maschine und dem Baugrund. Durch ein Luftpolster in der Druckkammer können Druck- und Volumenschwankungen in heterogenen Gesteinsschichten wie im Bereich Rastatt vorkommend reguliert und kontrolliert werden. Mit einer Arbeitsleistung von 4.500 Kilowatt wird der Ausbruch des Gesamtquerschnitts einer Tunnelröhre von etwa 95 Quadratmetern in einem Arbeitsgang abgetragen. Das vorne liegende Schneidrad hat einen Außendurchmesser von rund 11 Metern. Durch rotierende Bewegungen löst es das Gesteins- und Bodenmaterial. Dieses wird durch eine Öffnung in die Abbaukammer geleitet. Größere Steine werden mithilfe sogenannter Zangen- „Der Tunnel Rastatt wird in Zukunft viele Fern-, Regionalund Güterzüge unter Rastatt hindurchführen. Es ist sehr spannend, bei der Umsetzung eines Bauwerks dabei zu sein, das von so großer Bedeutung für das deutsche Schienennetz ist.“ Thomas Grundhoff, Teamleiter Tunnel Rastatt 5 Tunnelvortriebsmaschinen 90 m 1.750 t MDMD F S S 36€ Millionen Ø 10,97 m Lieferant der 2 Tunnelvortriebsmaschinen vom Typ Mixschild ist die Firma Herrenknecht aus Schwanau. Die beiden Maschinen sind jeweils rund 90 Meter lang und 1.750 Tonnen schwer. Das Schneidrad hat 10,97 Meter Außendurchmesser. brecher zerkleinert. Das Ausbruchs material wird über eine Förderleitung von der Maschine zu einer Separieranlage auf der Baustelleneinrichtungsfläche am Nordportal transportiert. Dort wird es für die Weiterverwendung aufbereitet. Das Investitionsvolumen für die TVM beträgt insgesamt 36 Millionen Euro. 24h 710.000 m3 Beim Tunnelvortrieb fallen rund 710.000 Kubikmeter Ausbruchsmasse an. maschine fräst ein etwas größeres Profil in die Gesteinsschichten. Dadurch entsteht ein etwa 17 bis 25 Zentimeter breiter Spalt zwischen Tübbingring und Gebirge. Dieser wird direkt mit Mörtel verfüllt. Der Ausbau mit Tübbingen Beim Vortrieb der beiden Röhren mit der TVM wird die Innenschale des Tunnels in einem Arbeitsschritt gesichert, abgedichtet und ausgekleidet. Dabei werden für die Auskleidung Stahlbetonfertigteile – sogenannte Tübbinge – verwendet. Die Tübbinge werden im Fertigteilwerk der Firma Bögl in der Oberpfalz produziert und anschließend mit Versorgungs zügen vom Tübbinglager zur TVM gebracht. An ihrem Einsatzort werden sie direkt im Anschluss an den Bohrvorgang im Schutz des Schildes mithilfe des sogenannten Erektors eingebaut. Die eingesetzten Tübbinge ergeben gemeinsam einen 2 Meter breiten, 50 Zentimeter starken und 80 Tonnen schweren Tübbingring. Die Herstellung eines Rings kann mit der TVM in circa 40 bis 50 Minuten ausgeführt werden. So sind Tagesleistungen von sechs bis sieben Tübbingringen möglich, was einem Vortrieb von 13 Metern entspricht. Während der Montage werden die Ringe in den Längs- und Ringfugen durch Schrägverschraubungen unter einander verspannt. Die Vortriebs 6 Eine fertige Tunnel-Innenschale aus Tübbingringen Für den Tunnelvortrieb wird an 7 Tagen in der Woche rund um die Uhr gearbeitet. Die Arbeiten werden nur an Weihnachten und am Barbaratag niedergelegt, dem Gedenktag an die Schutzpatronin der Mineure. Verbindungsbauwerke Das Sicherheitskonzept für den Tunnel Rastatt sieht vor, dass die beiden Röhren alle 500 Meter über Querstollen miteinander verbunden werden. Insge- Die Tübbinge werden über Gleise zur Tunnelvortriebsmaschine gebracht. samt wird es somit acht Verbindungen geben. Sie werden unmittelbar, nachdem die beiden TVM den Bereich passiert haben, hergestellt und können so schon während der Bauphase als Rettungsweg dienen. Zuerst muss das umliegende Erdreich wegen des hohen Grundwasserspiegels durch Vereisungsmaßnahmen stabilisiert werden. Dabei wird ein Kältemedium (Sole oder flüssiger Stickstoff) in den Boden eingelassen, um den Frostkörper zu erstellen. Die Verbindungsbauwerke werden dann mit der sogenannten Spritzbetonbauweise errichtet. Weichere Gesteinsund Erdmassen werden dabei durch Schon gewusst? In Deutschland gibt es insgesamt 798 Eisenbahntunnel mit einer Gesamtlänge von 515 Kilometern. Der Tunnel Rastatt gehört künftig mit seinen rund 4,3 Kilometern Länge zu den 25 längsten Tunneln in der Bundesrepublik. Spitzenreiter ist der Landrückentunnel in Hessen mit knapp 11 Kilometern. Der ebenfalls zum Projekt gehörende Katzenbergtunnel belegt mit seinen rund 9,4 Kilometern Platz vier. einen Baggervortrieb entfernt. Je nach Gestein können aber auch spezielle Schaufeln, Bohrhämmer oder Fräsvorsätze eingesetzt werden. Die Außenschale aus Spritzbeton muss in der Lage sein, den Belastungen durch den hohen Wasserdruck standzuhalten. Bevor die Innenschale eingebaut werden kann, wird eine Abdichtung aus Kunststoffbahnen mit wasserdichten Anschlüssen an die Hauptröhren hergestellt. Anschließend folgt der Einbau der Innenschale aus wasserdichtem Beton. Tübbinge 30.000 St. 7 St. Aug. 2015 Jan. 2017 340.000 t Die Firmengruppe Max Bögl produziert 30.000 Tübbinge für den Bau des Tunnels Rastatt. Zusammen wiegen die Tübbinge rund 340.000 Tonnen. 10,6 m 2m 7 Tübbinge bilden einen Tunnelbeziehungsweise Tübbingring von 2 Metern Länge. 9,6 m Die Produktion hat im August 2015 begonnen und dauert 18 Monate. Der Innendurchmesser eines Tübbingrings beträgt 9,6 Meter, der Außendurchmesser 10,6 Meter. 7 Die Verbindungsbauwerke werden mit der sogenannten Spritzbetonbauweise vorangetrieben. Besondere Hilfsmaßnahmen beim Tunnelbau Die Überdeckung der beiden Tunnelröhren liegt zwischen 4 und 20 Metern. Etwa 4 Meter ist sie beispielsweise bei der Federbachniederung, der Fußgängerunterführung Niederbühl und im Bereich des Rohngrabens. Diese Bereiche sowie die hydrologischen und geologischen Rahmenbedingungen erfordern besondere Hilfs- und Sondermaßnahmen beim Tunnelvortrieb. Hierzu zählen temporäre Aufschüttungen, Bodenverfestigungen oder Bodenvereisungen. In Teilbereichen, wie beispielsweise der Federbachniederung, wird der Tunnelbau im Schutze eines Frostdachs erfolgen. Im südlichen Tunnelbereich bei Niederbühl unterfahren die Röhren die Gleise der bestehenden Rheintalbahn mit relativ geringer Überdeckung von teilweise unter 5 Metern. Für die notwendige Stabilisierung des um- und überliegenden Erdbodens während des Vortriebs wird der Boden vereist. Diese Vereisung erfolgt mit einem Kältemittel, welches in Gefrierrohren zirkuliert. Diese werden über Bohrungen in den Boden eingebracht. Der Boden wird durch das gefrierende Bodenwasser nicht nur verfestigt, das Eis übernimmt zugleich eine wasserdichtende Funktion. Bei diesem geschlossenen System wird das Kältemedium nicht verbraucht, daher bietet es sich vor allem für größere und länger andauernde Bauvorhaben an. Besonders wichtig beim Bau des Tunnels Rastatt ist die Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs auf der Rheintalbahn, die durch die Vereisung gewährleistet werden kann. Da die Eiskörper anschließend wieder rückstandslos abtauen, ist dieses Verfahren zudem besonders umweltschonend. „Da der Tunnel teilweise eine geringe Überdeckung aufweist, können wir ihn nur mithilfe bestimmter Sicherungsmaß nahmen vorantreiben. Das sind Herausforderungen, die den Tunnelbau so spannend machen.“ Holger Müller, Projektingenieur Das zukünftige Südportal des Tunnels mit Blick in Richtung Süden 8 Der Tunnel Rastatt erhält eine Feste Fahrbahn, sodass er auch von Rettungswagen befahren werden kann. Rettungskonzept und Tunnelsicherheit Das Sicherheitskonzept basiert auf dem Prinzip der korrespondierenden Röhren: Der Tunnel besteht aus zwei eingleisigen Röhren, die alle 500 Meter über einen Querstollen miteinander verbunden sind. So kann im Falle eines Ereignisses die nicht betroffene Röhre als Fluchtweg und als Zugang für die Rettungskräfte dienen. Insgesamt wird es davon acht Stück geben. Die Verbin- dungsstollen werden mit Schleusenkammern ausgestattet, die eine Länge von mindestens zwölf Metern bei einer lichten Höhe und Breite von jeweils 2,25 Metern aufweisen. Selbstschließende Türen dichten die Schleusen rauchsicher ab. Im Abstand von 125 Metern sind Entnahmestellen für Löschwasser installiert. Rettungsplatz am Ende der Grundwasserwanne (verkürzte Darstellung) Am äußeren Ende der beiden Grundwasserwannen wird jeweils ein Rettungsplatz von 1.500 Quadratmetern Größe hergestellt. Zusätzlich gibt es Aufstellplätze für Rettungskräfte oberhalb der Tunnelportale. Da der Tunnelbereich sowie die Rampen mit einer Festen Fahrbahn ausgestattet werden, kann der gesamte Tunnel bis zu den Rettungsplätzen von Notfahrzeugen befahren werden. Die Rettungsplätze sind über Zufahrten an das öffentliche Straßennetz angeschlossen. Rettungsschleuse Grundwasserwanne Schon gewusst? Rettungsplatzzufahrt/ -anbindung Rettungsplatz Rettungsfahrzeuge Fluchtweg Die Sicherheitsmaßnahmen für neue oder bestehende Eisenbahntunnel werden durch die Richtlinie „Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau und Betrieb von Eisenbahntunneln“ des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) festgelegt. Von Fluchtwegen über Notbeleuchtung bis hin zur Löschwasserversorgung regelt sie die Anforderungen an die unterirdi schen Bauwerke. 9 Das zukünftige Nordportal des Tunnels mit Sonic Boom-Baumwerk Sonic Boom-Bauwerke Innovative Lösung gegen den Tunnelknall Zweiröhrige Tunnel haben im Gegensatz zu zweigleisigen Tunnelröhren bei schnellem Zugverkehr einen Nachteil: Durch den kleineren Querschnitt entstehen bei der Ausfahrt schneller Züge Knall-Geräusche. Sie werden durch Mikrodruckwellen hervorgerufen und von Experten auch als Sonic Boom bezeichnet. Nicht nur für die unmittelbare Nachbarschaft ist dies eine Lärmbelas tung, auch für die Zuginsassen kann der Effekt einen unangenehmen Druck auf den Ohren erzeugen. Der Tunnelknall-Effekt wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst: ie Geschwindigkeit bei der Einfahrt d in den Tunnel (beim Tunnel Rastatt wird diese bis zu 250 Stundenkilometer betragen) das Design des Zuges die Länge der Tunnel ie Ausführung des Oberbaus (die d Feste Fahrbahn begünstigt den Effekt) Spezielle Konstruktionen beim Tunnelbau Um dem Tunnelknall-Effekt entgegenzuwirken, werden in beiden Tunnelröhren in den Portalbereichen SonicBoom-Bauwerke realisiert. In der Tunneldecke sind unterschiedlich große Deckenöffnungen zur Druckentlastung eingebaut. Diese sorgen dafür, dass Druckwellen, die durch die Ausfahrt der Züge entstehen, abgeschwächt Entstehung des „Tunnelknall -Effekts“ (Sonic Boom) ! E rzeugung der Einfahrdruckwelle bei der Einfahrt des Zuges in den Tunnel " A ufsteilung der Druckwelle auf ihrem Weg durch den Tunnel 10 Schon gewusst? en Tunnelquerschnitt (enge und d glatte Tunnel begünstigen den Tunnelknall-Effekt) ! " § T eilreflexion und Transmission an Verzweigungen wie z. B. Lüftungsschächten $ E mission einer Mikrodruckwelle am gegenüber liegenden Tunnelausgang Wenn schnelle Züge durch einen Tunnel fahren, wird oft von einem „Kolbeneffekt“ gesprochen: Der Zug schiebt in Fahrtrichtung ein Luftpolster beziehungsweise Druckwellen vor sich her. Diese führen bei der Ausfahrt zu einem lauten Knall-Geräusch. werden. Der Druck entlädt sich somit nicht plötzlich, sondern die Luft kann gleichmäßig durch die Öffnungen entweichen. An beiden Enden jeder Röhre gibt es jeweils sieben Öffnungen unterschiedlicher Größe, die mittig über den Gleisen angeordnet sind. Diese innovative Maßnahme wurde zum ersten Mal 2012 beim Bau des Katzenbergtunnels im Streckenabschnitt Schliengen–Eimeldingen (PfA 9.1) realisiert. § $ Baustelleneinrichtungsfläche in Ötigheim Logistische Meisterleistung Eine Baustelle dieser Dimension erfordert einen reibungslosen Logistik- und Produktionsablauf. Um dies zu ermöglichen, besitzt die Baustelle mehrere Baustelleneinrichtungsflächen. „Die Steuerung einer solch komplexen Baumaßnahme wie der Tunnel Rastatt mit der nördlichen und südlichen Anbindung an das bestehende Streckennetz erfordert einen Terminplan, der Bauwerke in Bezug zueinander setzt und so einen reibungslosen Bauablauf ermöglicht.“ Sebastian Roedig, Termin- und Kostensteuerer Die beiden größten befinden sich auf Höhe des Nordportals und der nördlichen Grundwasserwanne entlang der B37. Weitere werden beispielsweise an der Federbachniederung und bei Niederbühl entlang der bestehenden Rheintalbahn benötigt. Auf der Fläche in Ötigheim befinden sich die Baubüros für die Planer und Ingenieure der Bahn sowie für die Arbeitsgemeinschaft Tunnel Rastatt. Das Info-Center für die Öffentlichkeit wurde ebenfalls auf dieser Fläche eingerichtet. Die Baustelleneinrichtungsfläche in Ötigheim ist 129.000 Quadratmeter groß. Die Baustelle wird außerdem über ein eigenes kleines Infrastrukturnetz verfügen. Neben den Straßen für die Baufahrzeuge sind dabei auch Rettungszufahrten mit eingeplant. Die anfallenden Ausbruchsmassen aus dem Tunnelvortrieb werden in einer Separieranlage an der Baustelleneinrichtungsfläche am Nordportal sortiert und für die Weiterverwendung aufbereitet. Anschließend werden sie zu Verwertungs- oder Entsorgungsstellen transportiert. Eine ortsnahe Wiederverwertung wird dabei favorisiert. Um den Tunnelvortrieb nicht zu unterbrechen, wird rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche gearbeitet. Meike Rickers, Projektingenieurin „Für ein Projekt dieser Größenordnung werden alle Arbeitsschritte im Vorfeld detailliert geplant. Meine Aufgabe ist dabei, alle wichtigen Schritte in der Ausführungsplanung zu dokumentieren und zu steuern. Dazu werden diese nicht nur auf Papier, sondern auch digital festgehalten.“ 11 Mit diesem Prachtbau wird vom Zugverkehr kaum etwas zu hören und zu sehen sein. Max Maulwurf als „Türken-Louis“: Dies ist der Spitzname des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (1655–1707). Er erbaute das Schloss in Rastatt und erlag dort nach einer Schlacht seinen Verletzungen. Sein Spitzname basiert auf seinen Errungenschaften als Feldherr in den Türkenkriegen. Impressum Herausgeber: DB Netz AG Großprojekt Karlsruhe–Basel Schwarzwaldstraße 82 76137 Karlsruhe Telefon: 0761 212-4504 E-Mail: michael.bressmer@ deutschebahn.com www.deutschebahn.com Fotos: Erhard Hehl/Composing (Titel, S. 8 unten, S. 10) Sebastian Roedig (S. 2, S. 3 Mitte links, S. 5 unten, S. 6, S. 8 oben rechts u. unten rechts, S. 11 Mitte rechts u. unten) Robert Mosbacher (S. 3 oben) Jörg Steppuhn (S. 3 unten, S. 11 oben) Herrenknecht AG (S. 4, S. 5) DB Netz AG (S. 7, S. 8 oben links) Michael Peuckert (S. 9) Änderungen vorbehalten, Einzelangaben ohne Gewähr. Stand: September 2015
© Copyright 2024 ExpyDoc