Rohbau Tunnel Rastatt - Karlsruhe

Rohbau Tunnel Rastatt
Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe–Basel
Der Tunnel Rastatt
Der Tunnelbau
Rettungskonzept und
Tunnelsicherheit
Sonic Boom-Bauwerke
Logistische Meisterleistung
Die Basis der Zukunft. DB Netze.
Dieses Projekt wird kofinanziert von der
Europäischen Union – Transeuropäisches
Verkehrsnetz (TEN-V)
Rauental
5
5
Feste Fahrbahn
Bauzeit: 2019
3
94,0
95,0
Tunnelportal
Nord
462
96,0
2
Bauzeit: 2016–2018
3
1
4
2
rg
5
3
98,0
6
Trog Nord
Bauzeit: 2013–2018
Ötigheim
Mu
7
4
8
Trog Süd
Tunnelportal
Süd
Bauzeit: 2015–2018
Offene Bauweise Süd
Offene Bauweise Nord
Bauzeit: 2015–2018
Niederbühl
99,0
Bf Rastatt
Beinle
97,0
100,0
Bauzeit: 2015–2018
Bauzeit: 2019
Querschläge 1–8
1
Unterfahrung Rheintalbahn
Leichtes Masse-Federsystem 1–4
Bauzeit: 2015–2018
Schildvortrieb
Bf Rastatt
Bauzeit: 2016–2017
Rastatt
ba
c
h
N
Fe
de
r
Der Tunnel Rastatt
Der Tunnel Rastatt ist mit seinen 4.270 Metern Länge nach dem Katzenbergtunnel das zweitgrößte Einzelbauwerk
im Großprojekt Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe–Basel. Beginnend östlich von Ötigheim unterquert er das gesamte Stadtgebiet von Rastatt und endet südlich im Bereich Niederbühl. Für die Anwohner bedeutet die Untertunnelung künftig deutlich weniger Lärmbelastung. Zudem werden die Eingriffe in die Natur auf ein Minimum reduziert:
Die durch Rastatt verlaufenden Gewässer Murg und Federbach werden von dem Tunnel ohne dauerhafte Beeinträchtigung dieser unterquert.
Die Ausbau- und Neubaustrecke
Karlsruhe–Basel
Als Teil der Güterverkehrsachse von
Rotterdam nach Genua ist die Ausbauund Neubaustrecke Karlsruhe–Basel
von großer europäischer Bedeutung.
250 Züge des Nah-, Fern- und Güterverkehrs befahren täglich die bereits
Mitte des 19. Jahrhunderts erbaute Eisenbahnstrecke. Mit dem viergleisigen
Ausbau der Rheintalbahn soll die Streckenkapazität erhöht werden, um den
prognostizierten Mehrverkehr aufnehmen zu können. Für Reisende verkürzt
sich die Fahrtzeit von 100 auf 69 Minuten. Der Streckenausbau trägt zudem
Schon gewusst?
Die Rheintalbahn zählt zu den
wichtigsten Strecken im Netz der
Deutschen Bahn. Schon in den
1960er Jahren verkehrten hier
mehr als 100 Züge täglich. Heute
sind es mehr als doppelt so viele
mit steigender Tendenz.
2
zur Entmischung der Verkehre bei:
Die schnelleren Züge des Fernverkehrs
werden von den langsameren Zügen
des Nah- und Güterverkehrs getrennt,
sodass sich die Verkehre gegenseitig
nicht mehr beeinträchtigen.
Der Streckenabschnitt 1 von
Karlsruhe bis Rastatt-Süd
Der Streckenabschnitt 1 verläuft von
Karlsruhe bis Rastatt-Süd und ist in die
drei Planfeststellungsabschnitte (PfA)
Karlsruhe–Abzweig Bashaide (PfA 1.0),
Abzweig Bashaide–Ötigheim (PfA 1.1)
und Ötigheim–Rastatt-Süd (PfA 1.2)
unterteilt. Im PfA 1.0 erfolgen lediglich Anpassungen an der Streckenausrüstung, wie zum Beispiel Signaltechnik.
In den beiden südlich davon gelegenen
PfA ist eine Neubaustrecke mit zwei
zusätzlichen Gleisen auf einer Länge
von rund 16 Kilometern vorgesehen.
Der Tunnel Rastatt im PfA 1.2 bildet
das Kernstück des gesamten Streckenabschnitts.
Frank Roser,
Projektabschnittsleiter
„Ein Projekt dieser Größen­
ordnung benötigt nicht nur
technisches und kaufmännisches
Fachwissen innerhalb des
Realisierungsteams, sondern
auch eine hohe Kommunika­
tionsbereitschaft mit
allen internen und externen
Betei­ligten.“
ICE und TGV auf der
bereits fertiggestellten
Neubaustrecke bei
Baden-Baden
Im Frühjahr 2016 startet der Rohbau
des zweiröhrigen Tunnels mit dem Tunnelvortrieb. Dabei kommen zwei Tunnelvortriebsmaschinen zum Einsatz.
Voraussichtlich ab 2019 folgt dann der
Innenausbau: Das Bauwerk wird mit einer Festen Fahrbahn ausgestattet und
die Oberleitungen sowie die Leit- und
Sicherungstechnik werden eingebaut.
Jürgen Kölmel,
Projektingenieur
„Ich bin als gebürtiger Durmers­
heimer sozusagen neben dem
Streckenabschnitt 1 aufgewach­
sen und weiß daher, was das
Projekt für die Region bedeutet
und wie lange man schon darauf
gewartet hat. Daher freut es
mich umso mehr, dass ich als
Teammitglied den Bau des
Tunnels bis zur Inbetriebnahme
unterstützen und voran­treiben darf.“
Geologie und Hydrologie
Das Gebiet rund um Rastatt ist eingebettet in den Oberrheingraben, der im
Westen durch den Pfälzerwald sowie
im Osten durch den Schwarzwald und
den Odenwald begrenzt ist. Im gesamten Tunnelbereich sind Lockergesteine
des Tertiärs und Quartärs zu finden,
die durch die Absenkung des Ober­
rheingrabens abgelagert wurden.
Durch die Lage im Oberrheingraben
befindet sich der gesamte Tunnel Rastatt unter dem Grundwasserspiegel.
Für den Vortrieb unter Wasser kommt
deshalb eine Tunnelvortriebsmaschine
vom Typ Mixschild zum Einsatz, die
einem Wasserdruck von bis zu 15 Bar
standhält.
Bindige Deckschichten aus sandigen
Tonen und Schluffen überlagern fast
überall die quartären Kiese und Sande.
Die Schichten des Quartärs bestehen
überwiegend aus Fein- und Großkiesen
mit unterschiedlich hohem Sandanteil.
Zudem kommen lokal schluffig-tonige
und sandige Zwischenlagen vor. Die
Untersuchungen zur Geologie haben
ergeben, dass im Bereich des Tunnelquerschnitts vornehmlich mitteldicht
bis dicht gelagerte Kiese und Sande
vorkommen.
In Höhe der Unterquerung der Murg
werden zudem die deutlich älteren
Schichten des Tertiärs angeschnitten.
Die Grenze zwischen tertiären und
quartären Schichten ist jedoch reliefartig durch Kuppen und Senken gegliedert. Die Tunnelbauer erwartet somit
eine unregelmäßige Wechsellagerung
von überwiegend bindigen Schichten
(Schluff, Ton) mit bis zu zehn Meter
mächtigen, grundwasserführenden
Sandlagen. Immer wieder kommen vor
allem in den feinkörnigen Lagen organische bis stark organische Beimengungen aus Holz und Pflanzenresten
vor.
Grundwasserwanne Nord im Bereich Ötigheim
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Der Tunnelbau
Der Auftrag für den Rohbau des Tunnels Rastatt wurde Ende 2014 an die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Tunnel
Rastatt vergeben: Die Technik wird von der Firma Ed. Züblin AG betreut, die kaufmännische Federführung hat
die Firma Hochtief AG übernommen. Das Auftragsvolumen für den Rohbau beläuft sich auf insgesamt rund
312 Mil­lionen Euro. Für die Grundwasserwannen am nördlichen und südlichen Portal hat der Bau bereits begonnen.
Im 2. Halbjahr 2015 startet die Montage der ersten Tunnelvortriebsmaschine, im Frühjahr 2016 kann dann der
Tunnelvortrieb an der ersten Röhre beginnen.
4
Das Schneidrad der TVM hat einen Außendurchmesser von rund 11 Metern.
Der Tunnelvortrieb
Der Tunnel Rastatt beginnt im Norden
mit einer 800 Meter langen Grundwasserwanne bei Ötigheim. Dabei handelt
es sich um einen Stahlbetontrog, der
dazu dient, die Bahntrasse vor dem
Grundwasser zu schützen. Im Süden
endet das Bauwerk mit einem 895 Meter langen Trog im Bereich Niederbühl.
Im Anschluss an die Tröge werden
rechteckige Tunnelabschnitte in offener Bauweise errichtet. Für den
Hauptteil des Tunnels kommt jedoch
wegen der geologischen und hydrologischen Situation nur eine geschlossene Bauweise mit einer Tunnelvortriebsmaschine (TVM) in Frage.
Schon gewusst?
Im Bauwesen beschreibt der Begriff „Weiße Wanne“ Bauwerke, die
aus Wasserundurchlässigem Beton
(WU-Beton) hergestellt werden.
Diese Konstruktionsweise kommt
auch beim Tunnel Rastatt zum Einsatz. Beispielsweise werden die
Trogbauwerke am nördlichen und
südlichen Ende des Tunnels mit
WU-Beton hergestellt.
Der Tunnelvortrieb startet im nördlichen Bereich bei Ötigheim und arbeitet sich Richtung Süden nach Niederbühl vor. Die TVM für die Tunnelröhre
Ost wird im 2. Halbjahr 2015 in der
Startgrube aufgebaut. Im Frühjahr
2016 beginnen die Vortriebsarbeiten.
Die zweite TVM wird im 1. Halbjahr
2016 montiert. Die Vortriebsarbeiten
für die Weströhre starten im 2. Halbjahr 2016, sodass die TVM rund vier
Monate zeitversetzt im Einsatz sind.
Im 2. Halbjahr 2018 werden die Vortriebsarbeiten für beide Röhren abgeschlossen sein.
Die TVM vom Typ Mixschild nutzen
eine Stützflüssigkeit und ein regelbares
Luftpolster, um das vor der Maschine
liegende Erdreich abzustützen. Der
Mixschild setzt sich aus einer zweigeteilten Abbaukammer zusammen: Eine
sogenannte Tauchwand teilt diese in
eine Arbeits- und eine Druckkammer.
Das ermöglicht eine Abdichtung zwischen der Maschine und dem Baugrund. Durch ein Luftpolster in der
Druckkammer können Druck- und Volumenschwankungen in heterogenen Gesteinsschichten wie im Bereich Rastatt
vorkommend reguliert und kontrolliert
werden.
Mit einer Arbeitsleistung von 4.500
Kilowatt wird der Ausbruch des Gesamtquerschnitts einer Tunnelröhre
von etwa 95 Quadratmetern in einem
Arbeitsgang abgetragen. Das vorne liegende Schneidrad hat einen Außendurchmesser von rund 11 Metern.
Durch rotierende Bewegungen löst es
das Gesteins- und Bodenmaterial. Dieses wird durch eine Öffnung in die Abbaukammer geleitet. Größere Steine
werden mithilfe sogenannter Zangen-
„Der Tunnel Rastatt wird in
Zukunft viele Fern-, Regio­nalund Güterzüge unter Rastatt
hindurchführen. Es ist sehr
spannend, bei der Umsetzung
eines Bauwerks dabei zu sein,
das von so großer Bedeutung für
das deutsche Schienennetz ist.“
Thomas Grundhoff,
Teamleiter Tunnel Rastatt
5
Tunnelvortriebsmaschinen
90 m
1.750 t
MDMD F S S
36€
Millionen
Ø 10,97 m
Lieferant der 2 Tunnelvortriebsmaschinen
vom Typ Mixschild ist
die Firma Herrenknecht
aus Schwanau.
Die beiden Maschinen
sind jeweils rund 90 Meter
lang und 1.750 Tonnen
schwer. Das Schneidrad
hat 10,97 Meter Außendurchmesser.
brecher zerkleinert. Das Ausbruchs­
material wird über eine Förderleitung
von der Maschine zu einer Separieranlage auf der Baustelleneinrichtungsfläche am Nordportal transportiert. Dort
wird es für die Weiterverwendung aufbereitet.
Das Investitionsvolumen
für die TVM beträgt insgesamt 36 Millionen Euro.
24h
710.000 m3
Beim Tunnelvortrieb fallen
rund 710.000 Kubikmeter
Ausbruchsmasse an.
maschine fräst ein etwas größeres
Profil in die Gesteinsschichten.
Dadurch entsteht ein etwa 17 bis 25
Zentimeter breiter Spalt zwischen
Tübbingring und Gebirge. Dieser wird
direkt mit Mörtel verfüllt.
Der Ausbau mit Tübbingen
Beim Vortrieb der beiden Röhren mit
der TVM wird die Innenschale des Tunnels in einem Arbeitsschritt gesichert,
abgedichtet und ausgekleidet. Dabei
werden für die Auskleidung Stahlbetonfertigteile – sogenannte Tübbinge –
verwendet.
Die Tübbinge werden im Fertigteilwerk
der Firma Bögl in der Oberpfalz produziert und anschließend mit Versorgungs­
zügen vom Tübbinglager zur TVM gebracht. An ihrem Einsatzort werden sie
direkt im Anschluss an den Bohrvorgang im Schutz des Schildes mithilfe
des sogenannten Erektors eingebaut.
Die eingesetzten Tübbinge ergeben
gemeinsam einen 2 Meter breiten,
50 Zentimeter starken und 80 Tonnen
schweren Tübbingring. Die Herstellung
eines Rings kann mit der TVM in circa
40 bis 50 Minuten ausgeführt werden.
So sind Tagesleistungen von sechs bis
sieben Tübbingringen möglich, was
einem Vortrieb von 13 Metern entspricht. Während der Montage werden
die Ringe in den Längs- und Ringfugen
durch Schrägverschraubungen unter­
einander verspannt. Die Vortriebs­
6
Eine fertige Tunnel-Innenschale aus Tübbingringen
Für den Tunnelvortrieb
wird an 7 Tagen in der
Woche rund um die Uhr
gearbeitet. Die Arbeiten
werden nur an Weihnachten
und am Barbaratag niedergelegt, dem Gedenktag
an die Schutzpatronin der
Mineure.
Verbindungsbauwerke
Das Sicherheitskonzept für den Tunnel
Rastatt sieht vor, dass die beiden Röhren alle 500 Meter über Querstollen
miteinander verbunden werden. Insge-
Die Tübbinge werden über Gleise zur Tunnelvortriebsmaschine gebracht.
samt wird es somit acht Verbindungen
geben. Sie werden unmittelbar, nachdem die beiden TVM den Bereich passiert haben, hergestellt und können so
schon während der Bauphase als Rettungsweg dienen. Zuerst muss das umliegende Erdreich wegen des hohen
Grundwasserspiegels durch Vereisungsmaßnahmen stabilisiert werden.
Dabei wird ein Kältemedium (Sole oder
flüssiger Stickstoff) in den Boden eingelassen, um den Frostkörper zu erstellen. Die Verbindungsbauwerke werden
dann mit der sogenannten Spritzbetonbauweise errichtet. Weichere Gesteinsund Erdmassen werden dabei durch
Schon gewusst?
In Deutschland gibt es insgesamt
798 Eisenbahntunnel mit einer
Gesamtlänge von 515 Kilometern.
Der Tunnel Rastatt gehört künftig
mit seinen rund 4,3 Kilometern
Länge zu den 25 längsten Tunneln
in der Bundesrepublik. Spitzenreiter ist der Landrückentunnel in
Hessen mit knapp 11 Kilometern.
Der ebenfalls zum Projekt gehörende
Katzenbergtunnel belegt mit seinen
rund 9,4 Kilometern Platz vier.
einen Baggervortrieb entfernt. Je nach
Gestein können aber auch spezielle
Schaufeln, Bohrhämmer oder Fräsvorsätze eingesetzt werden.
Die Außenschale aus Spritzbeton muss
in der Lage sein, den Belastungen durch
den hohen Wasserdruck stand­zuhalten.
Bevor die Innenschale ein­gebaut werden kann, wird eine Abdichtung aus
Kunststoffbahnen mit wasser­­­dichten
Anschlüssen an die Hauptröhren hergestellt. Anschließend folgt der Einbau
der Innenschale aus wasserdichtem
Beton.
Tübbinge
30.000 St.
7 St.
Aug. 2015
Jan. 2017
340.000 t
Die Firmengruppe Max Bögl
produziert 30.000 Tübbinge
für den Bau des Tunnels Rastatt.
Zusammen wiegen die Tübbinge
rund 340.000 Tonnen.
10,6 m
2m
7 Tübbinge bilden einen Tunnelbeziehungsweise Tübbingring von
2 Metern Länge.
9,6 m
Die Produktion hat im August 2015
begonnen und dauert 18 Monate.
Der Innendurchmesser eines
Tübbingrings beträgt 9,6 Meter,
der Außendurchmesser 10,6 Meter.
7
Die Verbindungsbauwerke werden mit der sogenannten Spritzbetonbauweise vorangetrieben.
Besondere Hilfsmaßnahmen beim
Tunnelbau
Die Überdeckung der beiden Tunnelröhren liegt zwischen 4 und 20 Metern.
Etwa 4 Meter ist sie beispielsweise bei
der Federbachniederung, der Fußgängerunterführung Niederbühl und im
Bereich des Rohngrabens. Diese Bereiche sowie die hydrologischen und
geologischen Rahmenbedingungen erfordern besondere Hilfs- und Sondermaßnahmen beim Tunnelvortrieb.
Hierzu zählen temporäre Aufschüttungen, Bodenverfestigungen oder Bodenvereisungen. In Teilbereichen, wie
beispielsweise der Federbachniederung, wird der Tunnelbau im Schutze
eines Frostdachs erfolgen.
Im südlichen Tunnelbereich bei Niederbühl unterfahren die Röhren die
Gleise der bestehenden Rheintalbahn
mit relativ geringer Überdeckung von
teilweise unter 5 Metern. Für die notwendige Stabilisierung des um- und
überliegenden Erdbodens während des
Vortriebs wird der Boden vereist. Diese
Vereisung erfolgt mit einem Kältemittel, welches in Gefrierrohren zirkuliert.
Diese werden über Bohrungen in den
Boden eingebracht. Der Boden wird
durch das gefrierende Bodenwasser
nicht nur verfestigt, das Eis übernimmt
zugleich eine wasserdichtende Funktion. Bei diesem geschlossenen System
wird das Kältemedium nicht verbraucht, daher bietet es sich vor allem
für größere und länger andauernde
Bauvorhaben an. Besonders wichtig
beim Bau des Tunnels Rastatt ist die
Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs
auf der Rheintalbahn, die durch die
Vereisung gewährleistet werden kann.
Da die Eiskörper anschließend wieder
rückstandslos abtauen, ist dieses Verfahren zudem besonders umweltschonend.
„Da der Tunnel teilweise eine
geringe Überdeckung aufweist,
können wir ihn nur mithilfe
bestimmter Sicherungsmaß­
nahmen vorantreiben.
Das sind Herausforderungen,
die den Tunnelbau
so spannend machen.“
Holger Müller,
Projektingenieur
Das zukünftige Südportal des Tunnels mit Blick in Richtung Süden
8
Der Tunnel Rastatt
erhält eine Feste
Fahrbahn, sodass er
auch von Rettungswagen befahren
werden kann.
Rettungskonzept und Tunnelsicherheit
Das Sicherheitskonzept basiert auf
dem Prinzip der korrespondierenden
Röhren: Der Tunnel besteht aus zwei
eingleisigen Röhren, die alle 500 Meter
über einen Querstollen miteinander
verbunden sind. So kann im Falle eines
Ereignisses die nicht betroffene Röhre
als Fluchtweg und als Zugang für die
Rettungskräfte dienen. Insgesamt wird
es davon acht Stück geben. Die Verbin-
dungsstollen werden mit Schleusenkammern ausgestattet, die eine Länge
von mindestens zwölf Metern bei einer
lichten Höhe und Breite von jeweils
2,25 Metern aufweisen. Selbstschließende Türen dichten die Schleusen
rauchsicher ab.
Im Abstand von 125 Metern sind Entnahmestellen für Löschwasser installiert.
Rettungsplatz am Ende
der Grundwasserwanne
(verkürzte Darstellung)
Am äußeren Ende der beiden Grundwasserwannen wird jeweils ein Rettungsplatz von 1.500 Quadratmetern
Größe hergestellt.
Zusätzlich gibt es Aufstellplätze für
Rettungskräfte oberhalb der Tunnelportale. Da der Tunnelbereich sowie die
Rampen mit einer Festen Fahrbahn
ausgestattet werden, kann der gesamte
Tunnel bis zu den Rettungsplätzen von
Notfahrzeugen befahren werden. Die
Rettungsplätze sind über Zufahrten an
das öffentliche Straßennetz angeschlossen.
Rettungsschleuse
Grundwasserwanne
Schon gewusst?
Rettungsplatzzufahrt/
-anbindung
Rettungsplatz
Rettungsfahrzeuge
Fluchtweg
Die Sicherheitsmaßnahmen für
neue oder bestehende Eisenbahntunnel werden durch die Richtlinie
„Anforderungen des Brand- und
Katastrophenschutzes an den Bau
und Betrieb von Eisenbahntunneln“
des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA)
festgelegt. Von Fluchtwegen über
Notbeleuchtung bis hin zur Löschwasserversorgung regelt sie die
Anforderungen an die unterirdi­
schen Bauwerke.
9
Das zukünftige Nordportal des Tunnels mit
Sonic Boom-Baumwerk
Sonic Boom-Bauwerke
Innovative Lösung gegen den
Tunnelknall
Zweiröhrige Tunnel haben im Gegensatz zu zweigleisigen Tunnelröhren bei
schnellem Zugverkehr einen Nachteil:
Durch den kleineren Querschnitt entstehen bei der Ausfahrt schneller Züge
Knall-Geräusche. Sie werden durch Mikrodruckwellen hervorgerufen und von
Experten auch als Sonic Boom bezeichnet. Nicht nur für die unmittelbare
Nachbarschaft ist dies eine Lärmbelas­
tung, auch für die Zuginsassen kann
der Effekt einen unangenehmen Druck
auf den Ohren erzeugen.
Der Tunnelknall-Effekt wird durch
verschiedene Faktoren beeinflusst:
ie Geschwindigkeit bei der Einfahrt
d
in den Tunnel (beim Tunnel Rastatt
wird diese bis zu 250 Stundenkilometer betragen)
das Design des Zuges
die Länge der Tunnel
ie Ausführung des Oberbaus (die
d
Feste Fahrbahn begünstigt den Effekt)
Spezielle Konstruktionen beim
Tunnelbau
Um dem Tunnelknall-Effekt entgegenzuwirken, werden in beiden Tunnelröhren in den Portalbereichen SonicBoom-Bauwerke realisiert. In der Tunneldecke sind unterschiedlich große
Deckenöffnungen zur Druckentlastung
eingebaut. Diese sorgen dafür, dass
Druckwellen, die durch die Ausfahrt
der Züge entstehen, abgeschwächt
Entstehung des „Tunnelknall -Effekts“ (Sonic Boom)
! E
rzeugung der Einfahrdruckwelle bei der Einfahrt
des Zuges in den Tunnel
" A
ufsteilung der Druckwelle auf ihrem Weg durch
den Tunnel
10
Schon gewusst?
en Tunnelquerschnitt (enge und
d
glatte Tunnel begünstigen den
Tunnelknall-Effekt)
!
"
§ T
eilreflexion und Transmission an Verzweigungen
wie z. B. Lüftungsschächten
$ E
mission einer Mikrodruckwelle am gegenüber­
liegenden Tunnelausgang
Wenn schnelle Züge durch einen
Tunnel fahren, wird oft von einem
„Kolbeneffekt“ gesprochen: Der
Zug schiebt in Fahrtrichtung ein
Luftpolster beziehungsweise
Druckwellen vor sich her. Diese
führen bei der Ausfahrt zu einem
lauten Knall-Geräusch.
werden. Der Druck entlädt sich somit
nicht plötzlich, sondern die Luft kann
gleichmäßig durch die Öffnungen entweichen. An beiden Enden jeder Röhre
gibt es jeweils sieben Öffnungen unterschiedlicher Größe, die mittig über den
Gleisen angeordnet sind. Diese innovative Maßnahme wurde zum ersten Mal
2012 beim Bau des Katzenbergtunnels
im Streckenabschnitt Schliengen–Eimeldingen (PfA 9.1) realisiert.
§
$
Baustelleneinrichtungsfläche in Ötigheim
Logistische Meisterleistung
Eine Baustelle dieser Dimension erfordert einen reibungslosen Logistik- und
Produktionsablauf. Um dies zu ermöglichen, besitzt die Baustelle mehrere
Baustelleneinrichtungsflächen.
„Die Steuerung einer solch
komplexen Baumaßnahme wie
der Tunnel Rastatt mit der
nördlichen und südlichen
Anbindung an das bestehende
Streckennetz erfordert
einen Terminplan, der Bauwerke
in Bezug zueinander setzt
und so einen reibungslosen
Bauablauf ermöglicht.“
Sebastian Roedig,
Termin- und Kostensteuerer
Die beiden größten befinden sich auf
Höhe des Nordportals und der nördlichen Grundwasserwanne entlang der
B37. Weitere werden beispielsweise an
der Federbachniederung und bei Niederbühl entlang der bestehenden
Rheintalbahn benötigt.
Auf der Fläche in Ötigheim befinden
sich die Baubüros für die Planer und
Ingenieure der Bahn sowie für die
Arbeitsgemeinschaft Tunnel Rastatt.
Das Info-Center für die Öffentlichkeit
wurde ebenfalls auf dieser Fläche eingerichtet. Die Baustelleneinrichtungsfläche in Ötigheim ist 129.000 Quadratmeter groß. Die Baustelle wird
außerdem über ein eigenes kleines
Infra­strukturnetz verfügen. Neben den
Straßen für die Baufahrzeuge sind dabei auch Rettungszufahrten mit eingeplant.
Die anfallenden Ausbruchsmassen aus
dem Tunnelvortrieb werden in einer
Separieranlage an der Baustelleneinrichtungsfläche am Nordportal sortiert
und für die Weiterverwendung aufbereitet. Anschließend werden sie zu
Verwertungs- oder Entsorgungsstellen
transportiert. Eine ortsnahe Wiederverwertung wird dabei favorisiert.
Um den Tunnelvortrieb nicht zu unterbrechen, wird rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche gearbeitet.
Meike Rickers,
Projektingenieurin
„Für ein Projekt dieser
Größenordnung werden
alle Arbeitsschritte im Vorfeld
detailliert geplant.
Meine Aufgabe ist dabei,
alle wichtigen Schritte in der
Ausführungsplanung zu
dokumentieren und zu steuern.
Dazu werden diese nicht
nur auf Papier, sondern auch
digital festgehalten.“
11
Mit diesem Prachtbau wird
vom Zugverkehr kaum etwas
zu hören und zu sehen sein.
Max Maulwurf als „Türken-Louis“: Dies ist der Spitzname des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (1655–1707). Er erbaute das Schloss in Rastatt und erlag dort nach einer Schlacht seinen Verletzungen.
Sein Spitzname basiert auf seinen Errungenschaften als Feldherr in den Türkenkriegen.
Impressum
Herausgeber:
DB Netz AG
Großprojekt Karlsruhe–Basel
Schwarzwaldstraße 82
76137 Karlsruhe
Telefon: 0761 212-4504
E-Mail: michael.bressmer@
deutschebahn.com
www.deutschebahn.com
Fotos:
Erhard Hehl/Composing
(Titel, S. 8 unten, S. 10)
Sebastian Roedig (S. 2, S. 3 Mitte links,
S. 5 unten, S. 6, S. 8 oben rechts u. unten
rechts, S. 11 Mitte rechts u. unten)
Robert Mosbacher (S. 3 oben)
Jörg Steppuhn (S. 3 unten, S. 11 oben)
Herrenknecht AG (S. 4, S. 5)
DB Netz AG (S. 7, S. 8 oben links)
Michael Peuckert (S. 9)
Änderungen vorbehalten,
Einzelangaben ohne Gewähr.
Stand: September 2015