Ukraine-Konflikt: Ausweg aus der Sackgasse KOFF

KOFF
Newsletter
Nr. 143, Dezember 2015
Ukraine-Konflikt:
Ausweg aus der Sackgasse
KOFF NEWSLETTER NR. 143 - DEZEMBER 2015. UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
2
Editorial
Seit fast zwei Jahren sieht sich die Ukraine mit einer noch nie dagewesenen Krise konfrontiert. Die Ereignisse vom Maidan, die viele Jahre der Unzufriedenheit der ukrainischen Bevölkerung mit der schlechten Regierungsführung zum Ausdruck brachten, entwickelten sich schnell zu einem ideologischen und bewaffneten Konflikt, der nicht an den Grenzen des
Landes Halt machte. Trotz des im Februar 2015 unterzeichneten Minsk II Abkommens bleibt die Situation im Osten des
Landes weiterhin instabil. Angesichts der Schwierigkeiten auf der offiziellen diplomatischen Ebene könnte die Zivilgesellschaft in der Lösung des Konflikts eine zentrale Rolle spielen und die sozio-ökonomischen und institutionellen Reformen
vorantreiben.
Diese Ausgabe präsentiert einige Initiativen, die in diesem Kontext von Schweizer NGOs lanciert und unterstützt worden
sind. Zudem beleuchtet sie Projekte und Aktivitäten staatlicher AkteurInnen aus der Schweiz und aus Deutschland, wo
sich die Regierung zurzeit auf die Übernahme des OSZE-Vorsitzes vorbereitet.
Marie Seidel
Redakteurin
Inhalt
SCHWERPUNKT
>> Zivile Friedensarbeit in der Ukraine:
eine Gratwanderung
3
DOSSIER
>> Dialog-Projekt von swisspeace
4
>> Unabhängige Medien im Dialog
5
>> Die Medien und der Krieg der Worte
in der Ukraine
6
>> Als SCI-Freiwilliger in Kharkiv
6
AKTUELLES
>> Aktivitäten von KOFF rund um die Botschaft
Internationale Zusammenarbeit 2017-2020
9
>> Friedensförderung durch Berufsbildung
in El Salvador
10
>> Kurs „Dealing with the Past”: von der Theorie
zur Praxis
10
>> Internationale Partnerorganisationen
11
PUBLIKATIONEN
>> Zwischen Stabilität und Labilität
11
>> Ukraine – Dezentralisierung unter
erschwerten Bedingungen
7
>> Gender in der Mediation – Ein Handbuch
12
>> Engagements der Schweiz zur
Beilegung des Ukraine-Konflikts
8
WEBTIPP
>> Analyse und Informationsportal zur Ukraine
12
AGENDA
>> Bevorstehende Veranstaltungen
13
>> Dialogveranstaltung zum
OSZE-Vorsitz Deutschlands 2016
8
Herausgeber:
Kompetenzzentrum
Friedensförderung KOFF
Sonnenbergstrasse 17
CH - 3000 Bern 7
Tel: +41 (0)31 330 12 12
www.koff.ch
KOFF
Kompetenzzentrum Friedensförderung
Centre pour la promotion de la paix
Centre for Peacebuilding
SCHWERPUNKT
3
Zivile Friedensarbeit in der Ukraine:
eine Gratwanderung
Angesichts des brüchigen Waffenstillstands und der politischen Sackgasse, in der die Ukraine sich derzeit befindet,
hätte die ukrainische Zivilgesellschaft eine zunehmend wichtige Rolle zu spielen. Neben diversen Aufgaben in finanzpolitischen und institutionellen Reformprozessen könnte sie unter anderem auch zur Entschärfung des Konflikts mit
Russland beitragen; jedoch stehen einer verstärkten Beteiligung verschiedene Hindernisse im Weg. Eine Analyse von
Cécile Druey, Programmverantwortliche bei swisspeace.
swisspeace
Cécile Druey
Programmverantwortliche
für Osteuropa, Kaukasus und
Zentralasien
Links
Aktivitäten von swisspeace
in Russland und der Ukraine
Mediationsprogramm von
swisspeace
Zwischen gesellschaftlichem Aufbegehren und Stagnation
Die Ukraine kommt nicht zur Ruhe, wobei die ursprünglich in erster Linie sozioökonomisch bedingte Krise seit bald zwei Jahren auch eine militärische Dimension
bekommen hat. Im März 2014, nach den „Maidan“-Unruhen und der Einsetzung
einer neuen, pro-westlichen Regierung in Kiew, wurde die Krim-Halbinsel im
Südosten der Ukraine quasi über Nacht von Soldaten der russischen Streitkräfte
besetzt. In den darauffolgenden Wochen entfaltete sich nach ähnlichem Muster
eine bewaffnete Konfrontation zwischen ukrainischen Streitkräften und separatistischen Gruppen im Donbass, in der Ostukraine. Mit den beiden Minsker Abkommen
vom September 2014 und Februar 2015, an denen VertreterInnen der Ukraine,
Russlands, der de-facto-Führung der beiden Donbass „Republiken“, der OSZE,
Deutschlands und Frankreichs beteiligt waren, hat sich die Situation militärisch
etwas beruhigt. Allerdings bleibt der Waffenstillstand bis heute brüchig und der
Konflikt ist politisch ungelöst.
Der Krieg im Donbass ist jedoch weniger der Ursprung, als vielmehr ein Wirkungsmesser weit tiefer liegender struktureller Probleme, mit denen das Land zu kämpfen hat. Seit dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion Anfang der 90er Jahre
schlittert das Land von einer wirtschaftlich misslichen Lage in die Nächste und
mehrmals konnte nur massive Hilfe aus dem Ausland den drohenden Staatsbankrott verhindern. Ein grosses Problem hierbei ist die Konzentration der politischen
und wirtschaftlichen Macht in den Händen einiger Weniger. Die Herrschaft dieser
Oligarchen, im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt seit 2014 oft auch
„Warlords“ genannt, basiert weitgehend auf den sozio-ökonomischen Strukturen
des alten, sowjetischen Systems. In den vergangenen Jahren haben sie ihre Mobilisierungsarbeit aber zunehmend auch auf ethnisch-nationalistischer Grundlage
geleistet.
Internationalisierung der Krise
Dass die Ukraine nicht auf die Beine kommt und die geforderten Reformen (Dezentralisierung, Bekämpfung der Korruption und der Vetternwirtschaft, Schaffung
transparenter Mechanismen der Machtverteilung) sich bestenfalls im Zustand der
Stagnation befinden, ist nicht zuletzt auch der zwiespältigen Rolle der internationalen Gemeinschaft zuzuschreiben: Die Europäische Union hat erheblich zur Internationalisierung des Konfliktes beigetragen, hat sie ihn doch für die Ukraine zum
Prüfstein einer Eingliederung in die westliche Wertegemeinschaft gemacht. Putins
Russland seinerseits will das „abtrünnige“ Kiew zurück in den russischen Orbit
holen. Kurz, die Ukraine ist zum Spielball der geopolitischen Interessen geworden,
was von den strukturellen Gegensätzen im Innern des Landes ablenkt.
Zu Beginn des jüngsten Aufstandes im Herbst 2013 durchgeführte Umfragen
ergaben, dass die sich rasch ausbreitenden Proteste sich in erster Linie gegen
sozio-politische und wirtschaftliche Probleme richteten: 88% der Befragten gaben
als wichtigsten Grund für ihre Wut die schlechte Gesundheitsversorgung an, 86%
demonstrierten gegen die desolate Wirtschaftslage, 78% gegen die grassierende
Korruption, und nur rund ein Drittel der Personen zeigten überhaupt Interesse an
den Beziehungen zu Europa oder Russland (Müller 2015).
KOFF NEWSLETTER NR. 143
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
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Dies führt deutlich vor Augen, dass die ukrainische Krise in ihrer ursprünglichen
Form auf einen innenpolitischen Konflikt zurückgeht und auch als solcher angegangen werden sollte. Eine wichtige Funktion kommt hierbei als eigentlicher Erbin
des „Maidan“ der Zivilgesellschaft zu. Neben diversen Aufgaben in finanzpolitischen
und institutionellen Reformprozessen spielt sie auch bei der Transformation des
bewaffneten Konflikts eine zunehmend wichtige Rolle.
Zivile Friedensarbeit vor dem schwierigen Hintergrund eines laufenden Konflikts
In den autoritären Staaten der ehemaligen Sowjetunion oft als ineffizient belächelt,
ist die Zivilgesellschaft in der Ukraine zu einem vielversprechenden „Track“ für
eine Normalisierung der Beziehungen geworden. Das inoffizielle Format zivilgesellschaftlicher Kontakte erlaubt nämlich, die Beziehungen zwischen VertreterInnen
der Ukraine und ihren (pro-)russischen Gegenspielern zu entpolitisieren und das
bröckelnde Netzwerk neu auszubauen.
Sowohl die inner-ukrainischen Probleme, die zum „Maidan“ geführt haben,
als auch der bewaffnete Konflikt um die Krim und den Donbass haben aufgrund
starker sozio-kultureller, politischer und wirtschaftlicher Verflechtungen auch
eine russische Dimension. Wer an ihrer Lösung arbeiten will, tut gut daran, dies
auch wahrzunehmen. Der offizielle Kurs der Kiewer Führung hingegen steht noch
immer ganz im Zeichen einer Auseinandersetzung „ohne Zurück”, wobei sogar eine
Eskalation zu einem vollumfänglichen Krieg in Kauf genommen wird: Man brauche
den Konflikt mit Russland, damit die Ukraine endlich lerne, auf eigenen Füssen zu
stehen. Diese schleichende Radikalisierung entlang ethnischer Linien ist eine sehr
gefährliche Entwicklung. Das von der Kiewer Propaganda hochstilisierte „Feindbild Russland“ und das von (pro-)russischer Seite propagierte Bild des „Kiewer
Faschisten“ öffnet in der Ukraine nicht nur geographische Gräben, sondern birgt
auch erhebliches gesellschaftliches Konfliktpotential, ist doch rund jede/r fünfte
Ukrainer/in russischer Herkunft.
Hingegen beinhaltet die demographische Verflechtung zwischen Russland
und der Ukraine nicht zuletzt auch grosses Potential zur Beilegung des Konflikts.
In Umfragen vom Frühling 2014 gaben BürgerInnen in verschiedenen Regionen
der Ukraine und Russlands an, persönliche Verbindungen zur anderen Seite zu
haben und diese trotz Schwierigkeiten aufrechterhalten zu wollen. Noch zaghaft
und unorganisiert entstehen denn auch Initiativen der „Bürgerdiplomatie“, die den
Konflikt in der Ukraine mit anderen, friedlichen Mitteln lösen wollen. Solche zivilgesellschaftliche Dialog-Projekte, wie zum Beispiel der in dieser Ausgabe erwähnte
Austausch zwischen russischen und ukrainischen JournalistInnen, gilt es noch viel
stärker zu nutzen und weiterzuentwickeln. Nicht als Alternative, sondern parallel
zu staatlichen Friedensbemühungen, die jedoch aufgrund ihrer stark politisierten
Umgebung oft ins Stocken geraten.
DOSSIER
Dialog-Projekt von swisspeace
swisspeace
Eliane Fitzé
Projektassistentin Mediation
KOFF NEWSLETTER NR. 143
Im Herbst 2014 hat swisspeace gemeinsam mit lokalen Partnern das Projekt
„Zivile Friedensförderung zwischen der Ukraine und Russland“ ins Leben gerufen.
Anhand dieses Projekts soll durch gezielte Dialog-Aktivitäten die Zivilbevölkerung,
eines der Hauptopfer des Konflikts, unterstützt und die Zivilgesellschaft beider
Länder gefördert werden. Des Weiteren werden mit dem Dialog Brücken geschlagen, wo der Konflikt diese zerstört hat, und Brücken gefestigt, die auseinanderzubrechen drohen – im Gegensatz zur diplomatischen Ebene, wo die Verhandlungen
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
5
Link
Aktivitäten von swisspeace
in Russland und der Ukraine
stagnieren, ist die Zivilgesellschaft der beiden Länder bereit zu diesem Schritt,
auch während der Konflikt noch andauert.
Das Projektdesign setzt auf eine enge Verknüpfung zwischen Analyse und Praxis
und auf einen Ansatz, der sich stark an lokalen Bedürfnissen orientiert. So wurden
zunächst anhand von Fokusgruppen in verschiedenen Regionen beider Länder die
Auswirkungen des Konflikts auf die Zivilbevölkerung analysiert. Danach fanden
zwei erste transnationale Dialog-Treffen statt, zwischen RepräsentantInnen von
Berufsfeldern, die in ihrer Arbeit täglich mit den Folgen des Konflikts in Berührung
kommen (PsychologInnen und weibliche Führungspersonen). Diese Treffen bieten
nun weiteres Material für die Konfliktanalyse und bilden gleichzeitig ein Netzwerk
für künftige Zusammenarbeit.
Diese ersten Schritte haben Bedürfnisse in verschiedenen Bereichen aufgezeigt: Erstens soll die Zivilbevölkerung in den Konfliktgebieten der Ostukraine
vermehrt in die Aktivitäten miteinbezogen und unterstützt werden, da sie am
stärksten leidet und am besten weiss, wo Hilfe benötigt wird. Zweitens sollen gezielte Berufsfelder und Bevölkerungsgruppen gefördert werden, wie zum Beispiel
JournalistInnen, LehrerInnen oder Jugendliche. Durch das Ausweiten der Aktivitäten soll die Kultur des Dialogs in andere Sphären der Gesellschaft getragen
werden.
Unabhängige Medien im Dialog
Europäische BürgerInnen
Forum
Michael Rössler
Links
Europäische BürgerInnen
Forum
Eliane Fitzé, swisspeace.
Ukraine/Russland, Journalismus im Konflikt. Archipel
Ausgabe 242 (EBF). November
2015.
Das Europäische BürgerInnen Forum (EBF) und das ukrainische „Komitee für medizinische Hilfe in Transkarpatien“ (CAMZ) veranstalteten vom 10. bis 13. September 2015 ein Treffen zwischen ukrainischen, russischen und ex-jugoslawischen
JournalistInnen in Budapest. Das Treffen hatte zum Ziel, unabhängigen JournalistInnen aus der Ukraine und Russland einen persönlichen Dialog zu ermöglichen.
Sieben JournalistInnen aus Russland konnten nach Budapest reisen und
ebenso viele aus der Ukraine. Dabei handelte es sich um Frauen und Männer, die
für meist renommierte unabhängige Medien (Zeitungen, Radio, Fernsehen) tätig
sind oder sich als BloggerInnen ein Publikum schaffen konnten. Zusätzlich eingeladen waren VertreterInnen des Alternativen Mediennetzwerkes für das ehemalige
Jugoslawien (AIM), mit dem das EBF zu Zeiten des Balkankrieges JournalistInnen
aus allen Republiken zusammengebracht hatte. Ihre Erfahrungen gaben einen
wichtigen Input für die Diskussionen. Insgesamt kamen rund dreissig Personen zusammen, darunter auch VertreterInnen von swisspeace und des Community Media
Forum Europe.
Auf der Tagung stand in erster Linie die Vertrauensbildung im Vordergrund:
Viele TeilnehmerInnen kannten sich zwar bereits virtuell, waren sich aber noch nie
persönlich begegnet. Zudem ging es bei den dreitägigen Diskussionen um Parallelen
und Unterschiede zwischen den Konflikten in der Ostukraine und im ehemaligen
Jugoslawien sowie um die Berufsethik für einen unabhängigen Journalismus. Die
Gefahr der Selbstzensur kam ebenso zur Sprache wie das Bestreben nach Wahrheitsfindung. Mit ihrer Arbeit wollen die JournalistInnen Partei für die wehrlosen
Opfer der Konflikte ergreifen. Alle TeilnehmerInnen machten klar, dass sie die
Dämonisierung der jeweils anderen Seite ablehnen.
Am Schluss überlegten die Anwesenden, wie weit sie sich in Zukunft vernetzen
wollen. Da mehrere TeilnehmerInnen immer wieder grossen Risiken ausgesetzt
sind, wurde der Aufbau eines Netzwerkes der gegenseitigen Hilfe vorgeschlagen.
Die meisten wünschen sich nun eine Fortführung des Dialogs.
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Die Medien und der Krieg der Worte
in der Ukraine
Fondation Hirondelle
Nicolas Boissez
Link
Fondation Hirondelle
Die Kämpfe im Osten der Ukraine werden von einem Krieg der Worte begleitet.
Immer weniger Medien in der Ukraine können der Propagandafalle entkommen.
Die meisten kippen entweder auf die nationalistische, „patriotische“ oder auf die
pro-russische Seite. Dieser parteiische Journalismus hat den Konflikt angeheizt,
die „anderen“ entmenschlicht und Spaltungen innerhalb der ukrainischen Gesellschaft geschaffen oder vertieft. Zudem fehlt der Bevölkerung das Vertrauen in die
Medien und es gibt grosse Lücken in der Berichterstattung zu den Anliegen der
meisten UkrainerInnen sowie kaum Raum für Dialog.
Wie auch bei anderen schwelenden Konflikten in der Region, bei denen der
Dialog und das Verständnis zwischen gegnerischen Bevölkerungen gering oder gar
nicht vorhanden sind, deutlich wird, fahren sich Konflikte fest und die Chancen auf
eine erfolgreiche Lösung schrumpfen. Erhalten jedoch alle Bevölkerungsgruppen der
Ukraine die Möglichkeit, Dialoge zu führen und zu kommunizieren, sowie Zugang
zu Nachrichten und Informationen, die ihnen helfen, einander und ihre jeweiligen
Probleme besser zu verstehen, können nationale Einheit, Toleranz und Respekt
unter allen UkrainerInnen gefördert werden.
Eine gewisse Anzahl JournalistInnen und unabhängige Medien sind sich der Risiken einer Beteiligung an diesem Propagandakrieg und der Notwendigkeit, Raum
für Dialog und Verständnis zwischen allen UkrainerInnen zu schaffen, bewusst.
Um diese Bemühungen zu unterstützen, plant die Fondation Hirondelle ein Projekt,
dessen Ziel es ist, ein Mediennetzwerk zu schaffen und vertrauenswürdige,
interaktive und auf die Bedürfnisse der ukrainischen Bevölkerung abgestimmte
Programme für Fernsehen, Radio und Printmedien zu produzieren. Bald wird ein
mediales Pilotprojekt lanciert, das zu Diskussionen und Dialogen ermutigen und
allen UkrainerInnen eine Stimme geben soll, indem über ihre Realitäten, Probleme,
Bedürfnisse und Hoffnungen berichtet wird.
Der Ukrainekonflikt spielt sich nicht nur auf dem Schlachtfeld ab. Für einen
dauerhaften Frieden muss die gesamte Bevölkerung auf den Frieden vorbereitet
werden. Das kann nur durch professionelle Medien erreicht werden, die allen UkrainerInnen eine Stimme geben.
Als SCI-Freiwilliger in Kharkiv
SCI Schweiz
Loretta Scherler
Verantwortliche
Öffentlichkeitsarbeit
Link
SCI Schweiz
Als SCI-Freiwilliger (Service Civil International) hat sich Raphael Aberer im April
2015 für knapp drei Wochen in Kharkiv, einer Stadt im Nord-Osten der Ukraine,
engagiert. Ziel des Freiwilligeneinsatzes „Making Peace in Kharkiv“ war es, sich
aktiv um Flüchtlinge zu kümmern, die zum Teil traumatisiert aus den Krisenregionen
geflohen waren. Zudem zeigte es den BewohnerInnen der Ukraine auf, dass es
weltweit Menschen gibt, die sich freiwillig für den Friedensprozess in der Ukraine
einsetzen – und dies ohne Gedanken an Profit und Eigennutzen. Die Betreuung
von Kindern, das Begleiten lokaler Freiwilligen, die täglich Kleider an Bedürftige
verteilten, oder die Unterstützung von PsychologInnen bei ihrer Arbeit mit Kindern
zählten zu den Einsatzmöglichkeiten.
Kharkiv befindet sich rund 150 km von der Grenze zur Krisenregion Donetsk
entfernt. Die Gruppe bestand aus sieben internationalen SCI-Freiwilligen, die sich
ein Zimmer in einem Wohnhaus teilten, wo sie mit mehreren Flüchtlingsfamilien
zusammenlebten. Jede Familie kam aus einem anderen Teil der Ukraine. Einige
KOFF NEWSLETTER NR. 143
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
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waren mit ihren Grosseltern geflohen, andere wiederum liessen ihre Ehemänner
zurück oder kamen mit knapp 19 Jahren Hochschwanger im Flüchtlingshaus an.
Viele der Binnenflüchtlinge waren erschöpft und wussten nicht, an wen sie
sich wenden konnten. „Es ging alles so schnell“, erzählten sie: „Ein Bus stand da,
der Chauffeur sagte, entweder kommst du mit oder bleibst du hier. Ich musste
weg aber ich hatte keine Zeit, irgendetwas mitzunehmen“. Die meisten verliessen
ihr Zuhause in der Hoffnung, ein paar Wochen später zurück zu kehren. Hunderte
Familien wurden getrennt, allein schon wegen tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten. Viele haben Familienangehörige in Russland, die den Kontakt nun zu
ihnen abgebrochen haben.
Obwohl Kharkiv eine wunderschöne Stadt ist und der Einsatz dort mit viel
Dankbarkeit, Liebe und Erstaunen wahrgenommen wurde, war Leid, Angst und
Ungewissheit allgegenwertig. Die Erfahrungen und Erlebnisse wird Raphael noch
einige Zeit in Erinnerung behalten.
Ukraine – Dezentralisierung unter
erschwerten Bedingungen
Schweizer Kooperationsbüro
der DEZA in der Ukraine
Christian Disler
Programmbeauftragter
Links
Schweizer Kooperationsbüro
in der Ukraine
Schweizer Kooperationsstrategie für die Ukraine
2015–2018
Schweizerisch-Ukrainisches
Projekt „Unterstützung der Dezentralisierung in der Ukraine“
DESPRO
Dezentralisierung der Macht
in der Ukraine
Die vom bewaffneten Konflikt im Osten des Landes und einer tiefen Wirtschaftskrise
arg gebeutelte Ukraine steht inmitten einer umfassenden Dezentralisierungsreform.
Dadurch erhalten vor allem die neu formierten Gemeinden mehr Verantwortung für
lokale Angelegenheiten und werden mit grösseren Mitteln ausgestattet. Dies soll
schliesslich zu effizienten kommunalen Dienstleistungen und einer bürgernahen
Verwaltung führen.
Mit dem Sturz des Janukowytsch-Regimes und der neu gewählten politischen
Führung in Kiew öffnete sich im Verlaufe des Jahres 2014 endlich jenes Reformfenster, auf welches die verschiedenen Geberstaaten, vor allem aber die ukrainische
Bevölkerung so lange gewartet hatten. Diverse neue Gesetze wurden auf den
Weg gebracht, und als Zeichen ihres guten Willens erhöhte die Zentralregierung
die lokalen Budgets um bis zu 40%. Trotz der ersten positiven Schritte steht die
Dezentralisierungsreform nach wie vor auf wackligen Beinen, harren doch die entsprechenden Verfassungsänderungen ihrer endgültigen Annahme durch das ukrainische Parlament. Umstritten ist vor allem der im Verfassungsentwurf enthaltene
Verweis auf den zukünftigen Status der abtrünnigen Gebiete in der Ostukraine
gemäss Minsker Vereinbarungen. Der Einfluss von Oligarchen und deren Partikularinteressen, die fehlenden politischen Transmissionsriemen vom Zentrum in die
Regionen sowie die schwachen Kapazitäten der Behörden auf allen Ebenen stellen
weitere Herausforderungen für die erfolgreiche Umsetzung der Dezentralisierung
in der Ukraine dar.
Die Schweiz engagiert sich bei diesem Reformvorhaben aktiv auf nationaler
Ebene und unterstützt beispielsweise ein Gremium innerhalb des Ministeriums für
Regionalentwicklung, welches die stufenweise Umsetzung der Dezentralisierung
koordinieren soll. Ausserdem leistet sie einen Beitrag zur besseren Kommunikation
über die Dezentralisierung und deren Konsequenzen. Schliesslich unterstützt die
Schweiz die laufende landesweite Territorialreform, mit welcher die bisher zersplitterten Gebietseinheiten zu leistungsfähigeren Gemeinden zusammengelegt
werden.
Die DEZA finanziert bereits seit gut zehn Jahren verschiedene Initiativen zur
Stärkung lokaler Selbstverwaltung in der Ukraine. Vor allem im Rahmen des Projekts DESPRO wurden konkrete Massnahmen für eine bessere Wasserversorgung
in ländlichen Gebieten getestet und erfolgreich umgesetzt. Dadurch konnten seit
2010 bis zu 100‘000 BürgerInnen in sechs Regionen der Ukraine von sauberem
Trinkwasser profitieren.
KOFF NEWSLETTER NR. 143
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
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Engagements der Schweiz zur
Beilegung des Ukraine-Konflikts
Task Force OSZE des EDA
Raphael Nägeli
Minister, Chef Task Force
Jonas Grätz
Abteilung Menschliche
Sicherheit des EDA
Layla Clément
Links
Task Force OSZE
Abteilung Menschliche
Sicherheit
Während ihres OSZE-Vorsitzes 2014 hat die Schweiz massgeblich dazu beigetragen,
die Rolle der OSZE bei der Beilegung des Konflikts in und um die Ukraine zu stärken und sie als Dialogplattform zu positionieren. Auch nach dem Schweizer OSZEVorsitz setzt die Schweiz ihr Engagement für eine Beilegung des Ukraine-Konflikts
fort.
Bis Juni 2015 spielte Botschafterin Heidi Tagliavini eine Schlüsselrolle als Sondergesandte der OSZE in der Trilateralen Kontaktgruppe, die zwischen Russland und der
Ukraine vermittelt und auch die Vertreter der bewaffneten Gruppierungen einbezieht.
Ihrem Nachfolger, der österreichische Botschafter Martin Sajdik, stellt die Schweiz
einen politischen Berater zur Seite. Die Arbeitsgruppe zu humanitären Fragen der
Trilateralen Kontaktgruppe koordiniert der Schweizer Botschafter Toni Frisch.
Die Schweiz unterstützt aber auch die OSZE-Sonderbeobachtungsmission
(SMM) durch die Entsendung von derzeit 14 der über 600 Beobachter, darunter
der erste stellvertretende Missionsleiter. Unter Schweizer Vorsitz war es im April
2014 gelungen, die SMM einzusetzen – die erste neue Feldpräsenz der OSZE seit
10 Jahren. Gemäss Mandat beobachtet die SMM das Geschehen in der gesamten
Ukraine und berichtet darüber täglich. Die OSZE-Beobachtungsmission an zwei
russischen Grenzposten unterstützt die Schweiz durch die Entsendung des Missionschefs. Er leitet ein Team von 20 OSZE-Beobachtern, die über den Grenzverkehr
zwischen Ukraine und Russland berichten.
Komplementär zu den Aktivitäten im Rahmen der OSZE setzt sich die Schweiz
auch bilateral für die Lösung des Ukraine-Konflikts ein. Sie versucht, mittels
Dialog die Beziehungen zwischen allen Lagern zu verbessern. Sie ist dabei mit
Schlüsselakteuren auf allen Seiten im Kontakt. Darüber hinaus fördert sie aktiv
Initiativen der UNO und aus der lokalen Zivilgesellschaft, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts einsetzen.
Dialogveranstaltung zum
OSZE-Vorsitz Deutschlands 2016
FriEnt
Andreas Wittkowsky
Links
Cécile Druey und Sidonia
Gabriel, swisspeace. Die
Ukraine als Herausforderung
für die Friedensförderung –
Erfahrungen aus dem Schweizer OSZE-Vorsitz und dem
Engagement mit der Zivilgesellschaft. FriEnt ImpulsArtikel. Mai 2015
KOFF NEWSLETTER NR. 143
Die Zivilgesellschaft soll im Rahmen des deutschen Vorsitzes 2016 der OSZE eingebunden werden und sich an deren Diskussionen und Aktivitäten beteiligen. Mit
Interesse nahmen rund 60 VertreterInnen der Zivilgesellschaft an einer Dialogveranstaltung teil, zu der das deutsche Auswärtige Amt und das Berliner Zentrum für
Internationale Friedenseinsätze (ZIF) am 2. November 2015 in Zusammenarbeit
mit der Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) und dem Forum
Menschenrechte eingeladen hatten. Auch der Koordinator der schweizerischen
NGO-Arbeitsgruppe OSZE trug mit seinen Erfahrungen der zivilgesellschaftlichen
Begleitung des Schweizer Vorsitzes 2014 zum Gelingen der Veranstaltung bei.
Eingangs stellte der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für den deutschen
OSZE-Vorsitz 2016, Gernot Erler, die Prioritäten für das kommende Jahr vor.
Angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Ukraine stehe der Vorsitz im
Zeichen der „schwersten Krise der europäischen Sicherheitsordnung seit dem
zweiten Weltkrieg“ – und diese wird den Vorsitz 2016 wesentlich prägen. Unter
dem Leitmotiv „Renewing dialogue, rebuilding trust, restoring security“ übernehme
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
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FriEnt
Zentrum für Internationale
Friedenseinsätze
Deutsches OSZE-Engagement
Forum Menschenrechte –
Netzwerk Deutscher Menschenrechtsorganisationen
Schweizerische NGO-Arbeitsgruppe OSZE
Deutschland Verantwortung in einer Situation, in der der Ausgang dieser Krise
äusserst unsicher sei.
Erler liess keinen Zweifel daran, dass es unter dem deutschen Vorsitz keine
Abstriche an dem in der Helsinki-Schlussakte und der Charta von Paris begründeten Acquis geben werde: Ohne die Achtung der Menschenrechte könne es keine
Sicherheit in Europa geben. Deutschland werde sich während des Vorsitzes für
eine verbesserte Umsetzung der menschenrechtlichen Verpflichtungen in allen
OSZE-Staaten einsetzen und Defizite klar benennen.
In den anschliessenden Gruppendiskussionen vertieften die VertreterInnen
der Zivilgesellschaft einzelne Aspekte zu Frieden, Sicherheit, Menschenrechten,
Minderheitenschutz, Toleranz sowie den zivilgesellschaftlichen Mitwirkungsmöglichkeiten. Besonderes Interesse wurde auch an zivilgesellschaftlichen Beiträgen
zu einem umfassenden Sicherheitsdialog angemeldet. In einem Abschlussplenum
wurden die Anliegen und Perspektiven der teilnehmenden zivilgesellschaftlichen
Organisationen mit Botschafterin Antje Leendertse, der Leiterin des Arbeitsstabs
OSZE-Vorsitz 2016 im Auswärtigen Amt, diskutiert. Alle Seiten betonten, den Austausch insbesondere zu konkreten Aktivitäten fortsetzen zu wollen.
AKTUELLES
Aktivitäten von KOFF rund um die Botschaft
Internationale Zusammenarbeit 2017-2020
KOFF
Sidonia Gabriel
Projektleiterin
Link
KOFF
Die Botschaft über Internationale Zusammenarbeit (IZA) 2017-2020 wird zum ersten Mal die Rahmenkredite der Regionalen Zusammenarbeit, der Humanitären Hilfe,
der Globalen Programme der DEZA, sowie des SECO und der Abteilung Menschliche
Sicherheit enthalten. Der Bundesrat wird diese dem Parlament in der nächsten
Frühjahrsession zur Beratung vorlegen. Deshalb fand bereits dieses Jahr ein
Konsultationsprozess mit der Zivilgesellschaft, VertreterInnen der Forschung und
Wirtschaft statt.
KOFF und 22 Trägerorganisationen haben sich nach der zivilgesellschaftlichen
Konsultation zu einer Stellungnahme entschieden, die folgende Punkte betonte: a)
die Synergien zwischen den verschiedenen Schweizer Instrumenten; b) die Wichtigkeit der Friedensförderung und Menschenrechtsarbeit als eigenständiges Ziel;
c) die spezifische Rolle der Zivilgesellschaft in der Umsetzung der gemeinsamen
Botschaft und d) die Zusammenarbeit mit dem Sicherheitssektor. In ihrer Antwort
stellen die zuständigen Verwaltungsstellen einen weiteren Austausch mit der
Zivilgesellschaft für Anfang 2016 in Aussicht. Für KOFF und die unterzeichnenden
Organisationen ist es wichtig, eine inhaltliche Diskussion zu führen und eigene
Erfahrungen einzubringen. Die erfolgreiche Umsetzung der Botschaft setzt angesichts der aktuellen Herausforderungen in fragilen und konfliktbetroffenen Kontexten das Zusammenspiel aller Partner voraus. Mit dem Dialog möchten wir die
Umsetzung vorbereiten, um das Wirkungspotential dieses Beitrages der Schweiz
an Entwicklung und Frieden zu erhöhen.
KOFF NEWSLETTER NR. 143
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
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Friedensförderung durch
Berufsbildung in El Salvador
Brücke · Le pont
Andreas Jahn
Kommunikation und
Entwicklungspolitik
Links
Brücke · Le pont
Projekt Creando Futuro
FUSALMO
Die eskalierende Gewalt in El Salvador war in den letzten Wochen auch in vielen
Schweizer Medien ein Thema: Auf den Pressebildern sind von schwerbewaffneten
Spezialkräften eskortierte Jugendliche in Handschellen zu sehen, das T-Shirt über
den Kopf gezogen. Die Mitglieder der Jugendbande Mara18 sehen in ihren Jeans
und Adidas-Turnschuhen wie ganz normale Teenager aus. Auf den ersten Blick unterscheidet sie nichts von Henry Portillo. Auch Henry ist in El Salvador aufgewachsen – einem Land in dem rund 72‘000 meist junge Männer einer „Mara“ (kriminelle
Jugendbande) angehören. Auch Henry hätte leicht in die Fänge der Bandenmitglieder
geraten können. Als ihm seine Eltern das Psychologiestudium nicht weiterfinanzieren konnten, stand er plötzlich vor grosser Ungewissheit.
Durch seine Tante erfuhr Henry zufällig vom Kurs „Englisch für Call Centers“
bei FUSALMO, einer Partnerorganisation von Brücke · Le pont. Der Englischkurs ist
psychologisches Coaching und Berufsbildung in einem. So werden die meist miserablen allgemeinen Sprachkenntnisse verbessert und spezifisches Vokabular für
die Arbeit in einem Call Center aufgebaut. Daneben wird das Vertrauen in die eigenen
Mobilisierungskräfte und soziale Kompetenzen gestärkt. Zentrales Element aller
Kurse von Brücke · Le pont im schwierigen Gewaltkontext von El Salvador ist auch
die Förderung einer sogenannten „cultura de paz“ – einer Friedenskultur. 475 salvadorianische Jugendliche werden in den nächsten drei Jahren von den Berufskursen profitieren, die im Rahmen des Projekts Creando Futuro von Brücke · Le pont
angeboten werden.
Der zuvor schüchterne Henry hat, ermutigt durch das motivierende Coaching
im Kurs, seine Berufung entdeckt. Er will Gleichaltrigen aus einem schwierigen
Umfeld helfen: „Den Kurs habe ich nicht nur für mich gemacht. Ich will eine Arbeit
finden, anderen Jugendlichen helfen und meine Familie unterstützen“.
Kurs „Dealing with the Past“:
von der Theorie zur Praxis
swisspeace
Ursina Bentele
Links
Weitere Informationen
Anmeldung
Nachdiplomstudiengänge
KOFF NEWSLETTER NR. 143
Einen Weg zu finden, um mit einer konfliktreichen Vergangenheit – beispielsweise nach einem Bürgerkrieg, dem Ende eines autoritären Regimes oder einer
Besatzung – umzugehen, wird oft als Schlüssel zu einem dauerhaften Frieden,
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit angesehen. Internationale Interessensnetzwerke, Normen und Rechtsrahmen unterstützen nationale und lokale Akteure
beim Entwerfen von Mechanismen und Prozessen, wie Wahrheitskommissionen,
Tribunalen oder Gedenkfeiern. Nebst weiteren Faktoren bestimmt die Art, mit der
sich diese verschiedenen Akteure gegenseitig beeinflussen, ob ein spezieller Prozess zur Vergangenheitsbewältigung vor Ort überhaupt relevant und wirksam ist.
Dieser Kurs legt den Schwerpunkt auf Möglichkeiten und Herausforderungen beim
Entwerfen und Umsetzen eines Prozesses zur Vergangenheitsbewältigung und auf
die Art und Weise, wie Akteure zusammenarbeiten können, um einen effizienten,
politischen Entscheidungsfindungsprozess sicherzustellen. Die Themenschwerpunkte sind dabei lokale Ansätze zur Vergangenheitsbewältigung, „internationale“
Normen und Rechtsrahmen, Staats- und Nationsaufbau, soziale Transformation
sowie Folgenabschätzung.
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
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Dieser fünftätige Kurs findet vom 9. bis 13. Mai 2016 in Basel statt. Er richtet sich
an PraktikerInnen und AkademikerInnen, die ihre eigene Erfahrung mit aktuellen
Forschungserkenntnissen und praktischem Wissen zum Thema Vergangenheitsbewältigung verbinden möchten. Der Kurs kann als Modul im Rahmen der Nachdiplomstudiengänge in ziviler Friedensförderung (CAS, DAS und MAS) von swisspeace
und der Universität Basel belegt werden. Anmeldeschluss ist der 29. Februar 2016.
Internationale Partnerorganisationen
Neuigkeiten aus der internationalen Friedensförderung und
den Partnerorganisationen
von KOFF
Friedensnobelpreis 2015
forumZFD
Mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis wurde das tunesische Quartett für den
nationalen Dialog für dessen massgeblichen Beitrag zur Bildung einer pluralistischen Demokratie in Tunesien geehrt. Inmitten der hohen Spannungen und
der wachsenden politischen Gewalt nach der Jasminrevolution 2011 vermittelte
das Quartett erfolgreich zwischen gegnerischen politischen Kräften und stellte
sicher, dass der Übergangsprozess in Tunesien fortgesetzt werden konnte. Dies
führte 2014 zur Verabschiedung einer neuen, fortschrittlichen Verfassung sowie zu
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Die Erfahrungen der letzten vier Jahre
in Tunesien haben erneut die entscheidende Bedeutung einer gut organisierten
Zivilgesellschaft gezeigt, die grosse Teile der Gesellschaft wirksam vertreten und
politische sowie ideologische Kluften überwinden kann. Im Hinblick auf die erheblichen Herausforderungen, die dem Land noch bevorstehen, darf diese Erfahrung
daher mit vorsichtigem Optimismus bedacht werden.
FriEnt
Positive Peace Report 2015
GPP
Dieser neue Bericht des Institute for Economics and Peace (IEP) misst den Status
des positiven Friedens – einen Wert, der sich durch die Haltungen, Institutionen
und Strukturen definiert, die auf der ganzen Welt friedliche Gesellschaften entstehen und weiterbestehen lassen. Der Bericht deckt 162 Länder und 99 Prozent der
Weltbevölkerung ab und bildet so eine Basis für Forschende, um die empirischen
Zusammenhänge zwischen Frieden, kulturellen Faktoren, Gouvernanz und wirtschaftlicher Entwicklung besser zu verstehen. Die Resultate zeigen eine Verbesserung des positiven Friedens über die letzten zehn Jahre, insbesondere in den
Entwicklungsländern. Dies sind gute Nachrichten, denn Länder mit einem höheren
Grad an positivem Frieden können überraschende Schocks eher überwinden und
mit lokalen Widerstandsbewegungen besser umgehen.
Berghof Foundation
CDA
Conciliation Resources
EIP
EPLO
GIZ
GPPAC
International Alert
Plattform Zivile
Konfliktbearbeitung
PUBLIKATIONEN
Zwischen Stabilität und Labilität
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Nikolay Mitrokhin, Friedrich
Ebert Stiftung. Zwischen
Stabilität und Labilität – Die
gesellschaftspolitische Situation im Süden und Osten der
Ukraine. September 2015
KOFF NEWSLETTER NR. 143
Diese Studie untersucht die gesellschaftspolitische Lage in den drei ukrainischen
Regionen Charkiw, Dnipropetrowsk und Odessa. Gemäss dem Autor scheint in diesen
drei Regionen ein Übergreifen separatistischer Bewegungen nach dem Muster
der benachbarten „Volksrepubliken“ in Donezk und Luhansk vorerst abgewendet.
Allerdings ist angesichts der komplexen Gemengelage aus Politik und Wirtschaftsoligarchie, der Konfrontation von „pro-russischen“ und „pro-ukrainischen“ AktivistInnen und der wirtschaftlichen und sozialen Krise die Situation im Kern labil. Um
dem entgegenzuwirken empfiehlt er unter anderem Folgendes: Die Durchführung
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
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wirksamer und vor Ort spürbarer schneller Reformen, die Zusammenarbeit der
Kiewer Zentralregierung mit lokalen AnhängerInnen des pro-europäischen Wegs
sowie eine eche Korruptionsbekämpfung auf der lokalen und regionalen Ebene.
Gender in der Mediation – Ein Handbuch
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Simon Mason, Anna Hess,
Rachel Gasser, Julia Palmiano
Federer. Gender in Mediation:
An exercise Handbook for
Trainer. November 2015
Dieses Handbuch beinhaltet 47 praktische Übungen, die dabei helfen, Verhandlungsund Mediationstrainings gender-sensitiver zu machen. Durch den Fokus auf die
Überschneidung von Mediation, Geschlechtergleichstellung und interaktive Didaktik unterstützt das Handbuch partizipative und konsensorientierte Entscheidungsfindungsmethoden in Konfliktsituationen. Dabei bietet es einen praxisorientierten
und pragmatischen Zugang zum Thema Gender-Inklusivität und liefert Werkzeuge
und Übungen, welche effektiv auf die Realitäten, mit denen MediatorInnen konfrontiert sind, angewendet werden können. Entwickelt wurde das Handbuch von
MediationsexpertInnen des Center for Security Studies (CSS) und swisspeace. Die
gedruckte Ausgabe kann bei [email protected] bestellt werden.
WEBTIPP
Analyse und Informationsportal
zur Ukraine
Link
International Center
for Policy Studies
KOFF NEWSLETTER NR. 143
Das International Center for Policy Studies (ICPS) ist eine Denkfabrik mit Sitz in
Kiew, die sich auf Gouvernanz, Aussenpolitik, Wirtschaftsanalysen sowie Energiepolitik fokussiert. Die Internetseite des ICPS, die sowohl auf Ukrainisch als auch
auf Englisch verfügbar ist, bietet BesucherInnen Informationen zu vergangenen
und laufenden Studien und Projekten des Centers. Letztere reichen von einem
Dialogprojekt mit Interpeace hin zu einem Projekt mit der Britischen Botschaft in
Kiew für ein besseres Monitoring der öffentlichen Finanzen auf lokaler Ebene. Das
ICPS entwickelt unter anderem auch periodische Publikationen wie beispielsweise
„Inside Ukraine“ und „Foreign Policy Insight“, die aktuelle politische Entwicklungen
und aussenpolitische Themen, welche die Ukraine betreffen, analysieren. Gegründet wurde das ICPS 1994 auf Initiative des Open Society Institute (OSI). Seither hat
es Partnerschaften mit einer Vielzahl anderer Organisationen in der Region und
darüber hinaus, abgeschlossen.
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
AGENDA
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Bevorstehende Veranstaltungen
3. - 6. Dezember 2015
Anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte werden zum sechsten
Mal die „FilmTage Luzern: Menschenrechte“ im stattkino Luzern durchgeführt.
Ziel dieser Veranstaltungsserie ist es, Menschenrechtsfragen in der Öffentlichkeit
präsent zu halten. Jeder gezeigte Film wird dabei von einer Diskussion begleitet,
bei der MenschenrechtsexpertInnen, die sich weltweit für den Schutz der Menschenrechte einsetzen, zu Wort kommen. Weitere Informationen.
Bis am 6. Dezember 2015
Seit einem Monat bereits präsentiert das Hilfswerk der Vereinten Nationen für
Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNWRA) eine Fotoaustellung in Zürich, die
das Leben der palästinensischen Flüchtlinge dokumentiert. Die Ausstellung mit
dem Titel „The Long Journey of Palestine Refugees“ zielt darauf ab, die Öffentlichkeit für die Notsituation dieser Menschen zu sensibilisieren. Weitere Informationen.
9. - 13. Dezember 2015
Vom 9. bis am 13. Dezember findet in Zürich das „Human Rights Film Festival“
statt. Teil des Programms sind insbesondere Filme, die von der schwierigen Menschrechtslage in zahlreichen Regionen der Welt berichten. Weitere Informationen.
9. Dezember 2015 - 9. Januar
2016
Die Bevölkerungen des Südkaukasus leiden seit 25 Jahren unter den Folgen des
Krieges in der Region. Hunderttausende Menschen wurden vertrieben, entwurzelt und gezwungen, ihr Land zu verlassen. Professor Jan Zychlinski hat sich zum
Ziel gesetzt, das Leben und Schicksal dieser Menschen zu dokumentieren. Seine
Fotoausstellung „Jenseits der Grenzen – Erkundungen bei den Flüchtlingen der
Süd-Kaukasus“ findet gegenwärtig in Bern statt und wird dort bis am 9. Januar
2016 zu sehen sein. Weitere Informationen.
16. Dezember 2015
Die Flüchtlingsdebatte hat die Tagesthemen dieses Jahres weitgehend dominiert.
Eine am 16. Dezember in Zürich stattfindende Konferenz wird die Rolle der
Schweiz und der UNO in diesem Kontext genauer beleuchten. Organisiert wird die
Konferenz vom Schweizerischen Friedensrat zusammen mit KOFF. Weitere Informationen.
25. - 29. Januar 2016
Der Kurs „Gender Equality and Peacebuilding“ von swisspeace untersucht Konzepte und Methoden für das Verständnis der geschlechterspezifischen Dimensionen von Konflikten und deren Bedeutung für die Friedensförderung, sowie der
Einfluss der Friedensförderung auf Geschlechterverhältnisse; die Bedeutung des
Rahmenwerks für Frauen, Frieden und Sicherheit für gendergeprägte Politik und
den Diskurs zur Friedensförderung; und die Rolle der Frauenstelle, der Frauenrechte, der Männlichkeiten und die Auswirkung von Geschlechter-Stereotypen auf
Konflikte und Friedensförderung. Weitere Informationen und Anmeldung (bis am
15. Dezember 2015).
Bis am 30. Januar 2016
Friedensförderung, Entwicklung und humanitäres Eingreifen sollen zu positiven
Auswirkungen auf die Kontexte, in denen sie erfolgen, beitragen. Im Rahmen
dieses vom 27. bis am 29. April 2016 stattfindenden Trainings soll das Konzept der
Konfliktsensitivität besser verstanden und praktische Tools für dessen Anwendung in strategischen und operativen Aspekten des Programmmanagements zur
Verfügung gestellt werden. Weitere Informationen und Anmeldung.
Bis am 31. Januar 2016
Fragile Staaten sind zu einem wichtigen Anliegen für die internationale Gemeinschaft geworden. Aber was genau ist staatliche Fragilität? Der Kurs „Fragility &
Statebuilding“ von swisspeace nimmt sich dessen an und untersucht die konzeptuellen, politischen und umsetzungsbezogenen Herausforderungen des Staatsaufbaus in fragilen und konfliktbetroffenen Kontexten. Weitere Informationen und
Anmeldung.
17. - 19. Februar 2016
Im Zentrum des Trainings „Theories of Change in Fragile Contexts“, das von swisspeace vom 17. bis am 19. Februar 2016 organisiert wird, steht das Aufstellen von
„guten“ Theorien des Wandels, die den PraktikerInnen dabei helfen, ein vertieftes
Verständnis ihrer eigenen Programme und deren Auswirkungen zu erhalten. Weitere
Informationen und Anmeldung (bis am 31. Dezember 2015).
KOFF NEWSLETTER NR. 143
UKRAINE-KONFLIKT: AUSWEG AUS DER SACKGASSE
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29. Februar - 4. März 2016
Zusammen mit der Berghof Foundation bietet swisspeace den Kurs „National
Dialogue & Peace Mediation“ an. Dieser gewährt Einblicke darin, wie Prozesse für
einen Nationalen Dialog verstanden, entwickelt und unterstützt werden können,
bietet ein Training zur Verbesserung der Dialog- und Mediationsfähigkeiten und
liefert kritische Betrachtungen der Lehren, die aus vergangenen Fällen gezogen
werden können. Weitere Informationen und Anmeldung (so bald wie möglich).
KOFF-Veranstaltungen
Auf der KOFF-Webseite finden Sie weitere Informationen zu den aktuellen
Rundtischen und Veranstaltungen des KOFF.
KOFF
Kompetenzzentrum Friedensförderung
Centre pour la promotion de la paix
Centre for Peacebuilding
Herausgeber
KOFF von swisspeace
Kontakt
Sonnenbergstrasse 17
Postfach, CH-3000 Bern 7
Tel.: +41 (0)31 330 12 12
Redaktion
Marie Seidel, Andreas Kaufmann
Layout
Liliana Rossier
Übersetzung
Furrer Übersetzungen
Übersetzergruppe Zürich
Bildmaterial
Kinder in der Strassen von Kiew.
Copyright: Creative Commons/
Ivan Bandura
KOFF ist ein Projekt der Schweizerischen Friedensstiftung swisspeace. Es wird gemeinsam
getragen vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten und den
folgenden Schweizer Nichtregierungsorganisationen:
Alliance Sud
APRED
artasfoundation
BAHA’I
Brücke · Le pont
Caritas Schweiz
Caux - Initiativen
der Veränderung
cfd
DCAF
Eirene Schweiz
Fastenopfer
Fondation Hirondelle
FriedensFrauen Weltweit
Frauen für den Frieden
Schweiz
Gesellschaft für bedrohte
Völker
Geneva Call
Graines de Paix
Green Cross Schweiz
GSoA
HEKS
HELVETAS Swiss Int.
IAMANEH Schweiz
Institute for Conflict Transformation and Peacebuilding
IFOR-Schweiz
Interpeace
Luzerner Initiative für Frieden
und Sicherheit (LIPS)
medico international schweiz
Medienhilfe
mission 21
miva Schweiz - transportiert Hilfe
Palmyrah
Peace Watch Switzerland
Peace Brigades International
Quaker United Nations Office
Schweizerische Flüchtlingshilfe
Schweizerischer Friedensrat
Schweizerischer Katholischer
Frauenbund
Schweizerisches Rotes Kreuz
SCI Schweiz
Solidar Suisse
SOS Kinderdorf
Stiftung Kinderdorf Pestalozzi
Swiss Academy for Development
SWISSAID
Terre des Femmes Schweiz
terre des hommes schweiz
TRIAL
World Vision Schweiz
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